
Immanentismus und konjunktives Denken
Die Entstehung eines modernen Weltverständnisses aus dem strategischen Einsatz einer >psychologia prima< (1830-1880)
- 384 Seiten
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Immanentismus und konjunktives Denken
Die Entstehung eines modernen Weltverständnisses aus dem strategischen Einsatz einer >psychologia prima< (1830-1880)
Über dieses Buch
Die Untersuchung lenkt die Aufmerksamkeit auf eine Tradition der Naturphilosophie, deren Konturen im philosophiehistorischen Bewußtsein vollkommen unscharf geworden sind, und erschließt ihre Bedeutung für Ästhetik und Literaturforschung. Sie betrifft vor allem Johann Friedrich Herbart, Rudolph Hermann Lotze und Gustav Theodor Fechner, die einerseits zum Teil selbst Naturwissenschaftler waren, andererseits die Ergebnisse der Naturforschung auf eine monistische Weltinterpretation anzuwenden bestrebt waren, in der der Kantische Dualismus von Sinnen- und Verstandeswelt keine Geltung mehr besitzen sollte. In der unter wissenssoziologischen Gesichtspunkten systematisch analysierten Situation, die gekennzeichnet ist durch den erneuten Zerfall der durch den Kritizismus "konzentrierten" Theoreme, findet Lotze zur Darstellung der Möglichkeit einer zwar partikularen, aber gewissen Erkenntnis. Ihr Kriterium liegt in der "Anschaulichkeit" und sieht in der immanenten Beschreibung von Naturgesetzen die Vollständigkeit der Welterklärung gegeben. Die physiologische Konzeption der Natur als gleichzeitig "geregelt" und doch kontingent hat jedoch notwendig eine Diskussion zur Folge, in der das Problem des Seelischen als einer "Sinnprovinz" der Natur zum Gegenstand offener Polemik werden mußte. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich die Ästhetik nicht nur zu einer desillusionierenden Instanz, sondern auch zu einer Logik der emotiv und voluntativ gesteuerten Bewußtseinsakte, die sie als eine Erlebnisform von "Werten" erkennt. Die paradoxen Entwicklungsbedingungen der Moderne werden durch Aufklärung dieser komplexen Sachverhalte durchsichtig.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Geschichtliche Einordnung der Probleme
- 2. Zur Methode: Diachronie und thematische Relevanzen; das Problem des Wirklichen
- 3. Die doppelte Funktion des »Zusammenhangs«
- 4. Ablauf der Untersuchung
- ERSTER TEIL: Die theoretischen Grundlagen für die Konstruktion des Immanentismus und seine historische Bedeutung
- I. Die Aporien der ›romantischen‹ Naturphilosophie: »Lebenskraft«, »Chemismus des Stoffwechsels« und die Autonomie der Natur
- II. Aufklärerische Tradition und ›Metakritik‹ der idealistischen Zwischenperiode: Lotze und Herbart
- 1. Über »Substanz« und »Causalität«: Analyse der Urteilsformen und Theorie der »Induktion«
- 2. Logische und psychologische »Nothwendigkeit«: Die Suche nach einem evidenten Neueinsatz der Philosophie
- 2.1. Der Sinn der »Hypothesen«
- 2.2. Anfänge der Geltungslogik in der Bearbeitung der Skepsis
- III. Lotzes Konzeption des Mikrokosmus zwischen statischer Ordnung und »organischer Entwicklung«
- 1. Vertiefung des innerweltlichen Zusammenhangs
- 2. Mit Herder zu denken: Der natürliche und soziale Kosmos als chemische Ausgleichsvorrichtung
- 3. Abwehr des »Nichts«
- 4. Narrative Wissensordnung: Lotze und Alexander von Humboldt
- 5. Die Verwandlung der Seinsfrage in eine Wertfrage
- IV. Der intransigente Hintergrund: Das Problem des Seelischen
- 1. Der »Geist« als Sinnprovinz der Natur
- 2. Aufhebung der Grenzen zwischen Materie und Seelensubstanz
- 3. Überwindung der Statik durch »Wechselwirkung«
- ZWEITER TEIL: Der Aufstieg der Psychologie zur ›philosophia prima‹
- I. Fechners Anfänge: Satirisch bewältigter Skeptizismus
- II. Analogisches Entdecken und »Überzeugung des Gefühls«: Von der ›Krankheit‹ des Zeitalters zur sinngeschichtlichen Prophetie
- 1. Literarisierte Naturphilosophie als ›Proto-Psychophysik‹
- 2. Oken als Anreger eines ›mathetischen‹ Forschungsprogramms
- 3. Kulturelles Erinnern als Erkenntnisparadigma: Fechner und Hemsterhuis
- III. Die Stellung des Bewußtseins im »Gewebe« der Phänomene
- 1. Der Mechanismus der »Vorstellungen«
- 2. Der Entwurf einer Philosophie aus »Reiz« und »Bewegung«
- DRITTER TEIL: Die ästhetische Deutung des neuen Weltverständnisses selbstregulierter Zusammenhänge
- I. Realistisches Bewußtsein und »Scheu vor dem Heterokosmischen«
- 1. Das Problem der Kontingenz
- 2. Abbildung des Ideals in der Realität: Ungelöste Dualismen in der Kunstprogrammatik der Jahrhundertmitte; ihr Rekurs auf den Begriffsapparat des 18. Jahrhunderts
- 3. Lotzes Lösungsversuch: Ästhetik als konjunktive Wertphilosophie
- 3.1. Kritik des »naiven« Kunstcharakters
- 3.2. Die Deutung des Reflektierten in anthropologischer Perspektive
- 3.3. Das Schöne und das Wirkliche
- 3.4. Unterschiedliche Bewertung des Geschmacksurteils: Lotze und die Herbartianer
- 3.5. Ästhetische Psychologismuskritik: Kunst und »Wert«
- II. Die Verselbständigung der schönen »Form« gegenüber dem normativen »Gehalt«
- 1. Ästhetik als »objektive Wissenschaft« bei Zimmermann
- 2. Vom Herbartianismus zur Experimentalästhetik Fechners: Die Macht der subjektiven Vorstellungswelten
- Ausblick: »Ende« und Erneuerung der Metaphysik im Horizont künstlerischer »Abstraktion«
- ANHANG
- I. Abkürzungen
- II. Literaturverzeichnis
- 1. Quellen
- 2. Sekundärliteratur
- III. Register
- 1. Namen
- 2. Sachen