
Marburger Theologie im Nationalsozialismus
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Marburger Theologie im Nationalsozialismus
Über dieses Buch
Gerade die Marburger Theologische Fakultät wurde bislang als eine Art oppositioneller "Musterfakultät" gesehen, was den Zugang zu einem angemessenen Verständnis der Fakultätsgeschichte eher erschwerte. Tatsächlich gibt es, im Vergleich mit anderen theologischen Fakultäten, bemerkenswerte Zeugnisse von Unabhängigkeit gegenüber dem nationalsozialistischen Staat und seiner Ideologie: beispielsweise das viel beachtete Marburger Gutachten zum Arierparagraphen 1933. Doch auch hier vollzogen sich Entwicklungen, welche die anfängliche Distanz zur NS-Kirchenpolitik zunehmend auflösten. In der vorliegenden Untersuchung wird nach dem Grad der "Gleichschaltung" an der Fakultät gefragt und wieweit die verbliebenen institutionellen Freiräume konsequent genutzt wurden. Die Studie weist nach, dass die Marburger Theologische Fakultät der nationalsozialistischen Einflussnahme auf den Studien- und Wissenschaftsbetrieb keineswegs geschlossen kritisch gegenüberstand. Die Untersuchung führt zu einer weitgehenden Neubewertung des Spektrums zwischen Widerstand und Opposition, Mitläufertum und bewusster ideologischer Unterstützung des Systems. So zeigt sich beispielsweise, dass sich die zunehmende Fraktionierung in der Fakultät keineswegs auf eine einfache Konfrontation zwischen den bekenntniskirchlich gebundenen Exponenten (Hans von Soden und Rudolf Bultmann) und ihren deutsch-christlichen Gegenspielern beschränkte: Gerade die Beachtung der scheinbar Neutralen eröffnet neue Perspektiven. Neben Professoren und dem übrigen Lehrkörper werden erstmals auch die Studierenden in die Untersuchung mit einbezogen. In getrennten Übersichten werden die Rektoren der Universität, die Dekane, Ordinarien und Extraordinarien sowie die sonstigen Lehrenden der Theologischen Fakultät namentlich aufgelistet, die Studierenden der Theologie tabellarisch nach Semester und Geschlecht. Mit dem Personenregister sind Informationen über einzelne Mitglieder der Fakultät und andere Personen leicht auffindbar. Am Beispiel der evangelisch-theologischen Fakultät der ersten protestantischen Universität werden die Spannungen zwischen Widerstand und vorauseilendem Gehorsam im Universitätsbetrieb zur Zeit des Nationalsozialismus herausgearbeitet. Zugleich weist die Studie über den Rahmen der Fakultät hinaus auf übergeordnete kirchen- und universitätspolitische Zusammenhänge und stellt so einen wichtigen Baustein im Prozess der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Herrschaft durch Universität und Theologie dar.
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Information
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort
- Danksagung
- 1 Einleitung
- 1.1 Problemstellung und Aufriss
- 1.2 Forschungslage
- 2 Die Jahre 1918-1933
- 2.1 Zeitenwende im Zeichen demokratischer Erneuerung
- 2.1.1 Kirche und Universität
- 2.1.2 Marburg und seine Universität zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus
- 2.1.3 Theologen in Marburg
- 2.2 Herausforderungen durch den Nationalsozialismus
- 2.2.1 Kirchliche Standortbestimmung
- 2.2.2 Marburg, seine Universität und der Nationalsozialismus
- 2.2.3 Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus innerhalb der Theologischen Fakultät
- 2.2.4 Auseinandersetzung mit NS-Publikationen
- 2.2.5 Religiöser Sozialismus
- 2.2.6 Opposition zum Nationalsozialismus? Eine Zwischenbilanz
- 2.2.7 Studenten
- 2.2.8 Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund
- 2.2.9 Studenten der Theologie
- 2.2.10 Erste Gegenpositionen
- 3 Das Jahr der „Machtergreifung“
- 3.1 Kirchliche und universitätspolitische Veränderungen
- 3.2 Marburger Theologie und die „Machtergreifung“
- 3.2.1 Vorübergehendes Arrangement
- 3.2.2 Fakultätsbeschreibungen
- 3.2.3 Kirchen- und universitätspolitische Standortbestimmung
- 3.2.4 Vorlesungserklärungen zu Semesterbeginn
- 4 Kirchenpolitische Konflikte
- 4.1 Diskussion um den Arierparagraphen
- 4.1.1 Theologische Stellungnahmen
- 4.2 Reichsbischof und Deutsche Christen
- 4.2.1 Widerstand gegen Ludwig Müller
- 4.2.2 Widerstand gegen deutschgläubige Religiosität
- 4.2.3 Bekenntniskirchliche Formierung
- 5 Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums
- 5.1 Die Betroffenen in der Theologischen Fakultät
- 5.1.1 Georg Wünsch
- 5.1.2 Martin Rade
- 5.1.3 Friedrich Heiler
- 5.1.4 Heinrich Hermelink
- 5.1.5 Samuel Bialoblocki
- 5.1.6 Hans von Soden
- 5.2 Folgen der staatlichen Disziplinierung
- 6 Aufbruch der Geschlossenheit
- 6.1 Interne Veränderungen
- 6.1.1 Unterschiedliche Verhaltensmuster
- 6.1.2 Gruppenbildung
- 6.1.3 Staatliches Schweigegebot: Zweiter ,,Maulkorberlass“
- 6.2 Externe Veränderungen
- 6.2.1 Personalpolitische Steuerungsmechanismen
- 6.2.2 Folgen der staatlichen Besetzungspolitik in Marburg
- 6.3 Aufbrechende Fronten
- 6.3.1 Die „neutralen“ Kräfte der Fakultät
- 6.3.2 Deutsche Christen an der Fakultät
- 6.3.3 Fortgesetzte Verweigerung: Hans von Soden
- 7 (Bekenntnis-) Kirchliche Ausbildungskonzepte
- 7.1 Kirchliche Hochschulen
- 7.1.1 Marburger Stellungnahmen
- 7.2 Kirchliche Ersatzveranstaltungen
- 7.3 Auseinandersetzungen um das Prüfungswesen
- 8 Studenten und Nationalsozialismus
- 8.1 Nationalsozialistische Studentenpolitik
- 8.2 Theologische Gruppenbildung
- 8.2.1 Studentenkampfbund Deutsche Christen
- 8.2.2 Jungreformatorische Kampfbruderschaft
- 8.3 Vorläufige Klammer: Fachschaftsarbeit 1933
- 8.4 Studentische Polarisierung
- 8.4.1 Nationalsozialistische Parteinahme
- 8.4.2 Studentische Bekenntnisgruppe
- 9 Antisemitismus und Reichspogromnacht
- 9.1 Marburger Theologie und Antisemitismus
- 9.1.1 Friedrich Heiler
- 9.1.2 Hans von Soden
- 9.1.3 Martin Rade
- 9.1.4 Rudolf Bultmann
- 9.1.5 Georg Wünsch
- 9.1.6 Persönlicher Einsatz
- 9.2 Studenten und Antisemitismus
- 9.3 Reichspogromnacht in Marburg
- 9.4 Fakultät und Synagogenbrand
- 10 Kirche und Theologie in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts
- 10.1 Staatliche Distanzierung
- 10.2 Die Fakultät im Vorfeld der Kriegsereignisse
- 10.2.1 Strategische Anpassung
- 10.2.2 Kampf um die Fakultät
- 10.3 Der Marburger Schlossplan
- 10.3.1 Erste Pläne
- 10.3.2 Taktische Anpassung
- 10.3.3 Hochschulpolitische Instrumentalisierung
- 10.3.4 Verweigerung und Verzicht
- 11 Der Zweite Weltkrieg
- 11.1 Kirchenpolitische Neubewertung
- 11.2 Die Fakultät im Krieg
- 11.2.1 Veränderte Studienbedingungen
- 11.2.2 Zunehmende Distanz(ierung)
- 11.2.3 Studienalltag
- 11.2.4 Fakultätspersonal
- 11.2.5 Briefe an die Front
- 11.2.6 Ambivalente Reaktionen
- 11.2.7 Katharina Staritz
- 12 Vergangenheitsbewältigung und Neuanfang
- 12.1 Kriegsschäden
- 12.2 Kapitulation und Besatzung
- 12.3 Gutachten zur Gehorsamspflicht
- 12.4 Wiedereröffnung
- 12.5 Standortbestimmung
- 12.5.1 Organisatorische und materielle Schwierigkeiten
- 12.6 Die Marburger Hochschulgespräche
- 12.6.1 Abstrakte Reflexion: Rudolf Bultmann
- 12.6.2 Theologische Stilisierung: Heinrich Frick
- 12.7 Entnazifizierung
- 12.7.1 Studenten
- 12.7.2 Professoren
- 12.7.3 Entnazifizierungsverfahren
- 12.7.4 Rehabilitierungen
- 12.7.5 Fehlende Zuständigkeit
- 12.7.6 Kontinuitäten und Brüche
- 12.8 Studentische Reaktion: Martin Niemöller in Marburg
- 13 Versuch einer Bilanz
- Abkürzungen
- Übersichten
- Rektoren der Universität Marburg, 1919-1948
- Dekane der Theologischen Fakultät, 1931-1948
- Die Studierenden der Theologie, 1932-1947
- Ordinarien und Extraordinarien der Theologischen Fakultät, 1933-1945 . 478 Sonstige Lehrende an der Fakultät, 1933-1945
- Quellen und Literatur
- Personenregister