Mysterienrede
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Mysterienrede

Zum Selbstverständis romantischer Intellektueller

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Mysterienrede

Zum Selbstverständis romantischer Intellektueller

Über dieses Buch

Die Arbeit geht von der Beobachtung aus, daß dem Zeichenkomplex der antiken Mysterien und seiner Adaption in einer Mysterientradition eine für die Selbstdeutung der frühromantischen Generation zentrale Rolle zukommt. Die romantische Mysterienmetaphorik dient zur Konturierung eines nicht mythologisch-allgemeinen, sondern exklusiven 'Wissens', das nur in besonderen ästhetischen Redeweisen sagbar ist. Relevant wird die entsprechende Form der Identitätsbestimmung dort, wo rezeptionsgeschichtliche Enttäuschungen, der Einbruch der Revolutionskriege in Deutschland und generelle Einsichten in die Partikularisierung des modernen Wissens und der Gesellschaft zu einer Erschütterung der frühen universalistischen Emphase führen. Die untersuchten kunsttheoretischen Schriften und Dichtungen von Schelling, Schlegel, Schleiermacher, Novalis, Loeben und Eichendorff reflektieren die Einsicht in die eigene Minorität und deuten sie in Formen, die für die gesamte moderne Kunst wegweisend sind (Avantgardestilisierung; Ästhetizismus; Anschluß der Kunst an positive gesellschaftliche Größen wie Staat, Kirche). Um der konnotativen Fülle der romantischen Schriften gerecht zu werden, setzt die Arbeit in der Antike ein und analysiert dort Schriften Platons, der Neuplatoniker und christlicher Denker, die das Sprachfeld Mysterien als Symbolkomplex erschlossen haben. Anschließend werden die unmittelbaren Voraussetzungen der Romantik betrachtet: Denn schon in der Spätaufklärung - und hier wird ausführlich auf das Werk Wielands eingegangen - kommt es zur Reflexion der problematischen Identität als Intellektueller in der Moderne, geraten die Idee einer möglichen Einheit der Gesellschaft und der universalistische Wahrheitsbegriff ins Wanken. Die Arbeit ist ideen- und sozialgeschichtlich ausgerichtet. Sie nimmt Bezug auf die (oft apologetischen) Forschungen zu einer Neuen Mythologie in der Romantik, thematisiert Probleme einer autonom werdenden Kunst und ist auch als Beitrag zu einer Geschichte der Intellektuellen in der Moderne lesbar.

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Information

Jahr
2012
ISBN drucken
9783484181397
eBook-ISBN:
9783110923728

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. I. Die Bedeutung der Mysteriensprache im Werk Platons, in der Spätantike und in der italienischen Renaissance
  3. 1. Mysterienterminologie und philosophische Esoterik bei Platon
  4. 2. Adaptationen des Mysteriencodes in der antiken Religionsgeschichte
  5. 2.1 Mysterienrede als Allegorese bei Philon von Alexandrien
  6. 2.2 Offenbarung und esoterische Lehre im frühen Christentum
  7. 2.3 Die Lesemysterien des Neuplatonismus
  8. Exkurs: Die Plotin-Rezeption Friedrich von Hardenbergs (Novalis)
  9. 3. Die neuplatonische Arkantradition in der italienischen Renaissance
  10. II. Zeitgenössische Voraussetzungen der romantischen Esoterik. Das ›Erbe‹ der Aufklärung
  11. 1. Der theoriegeschichtliche Rahmen: Die Auseinandersetzungen um Öffentlichkeit und Geheimsphäre
  12. 2. Die wissensgeschichtlichen Grundlagen. Kenntnis und Bewertung der Mysterientradition im 18. Jahrhundert
  13. 2.1 Die Abgrenzung der Mysterientradition von der öffentlichen Mythologie der griechischen Antike
  14. 2.2 Die Gründe für die Aufwertung der Mysterientradition
  15. 2.3 Die Diskussionen um die Stellung Platons
  16. 2.4 Die spätantike Religion
  17. 2.5 Ägypten als Mutterland der Schwärmerei
  18. 2.6 Spuren der Mysterientradition im 17. Jahrhundert
  19. 2.7 Anmerkungen zum Verhältnis von Philosophie und Poesie in der deutschen Aufklärung
  20. Exkurs: Mythologie und Mysterien bei Karl Philipp Moritz
  21. III. Aufklärung und Esoterik im Werk Christoph Martin Wielands
  22. 1. Mysterien, literarisch. Ein erstes Beispiel: Agathon und die »erregte Neugierigkeit«
  23. 2. Die ewige Schwärmerei. Diskussionen im publizistischen Werk
  24. 2.1 Die historische Sicht auf die Mysterientradition
  25. 2.2 Die Revision geschichtsphilosophischer Gewißheiten und die Relevanz anthropologischer Denkmuster
  26. 2.3 Die Einsamkeit der Spätaufklärer: »Das Geheimniß des Kosmopolitenordens«
  27. 3. Mehrfaches Scheitern. Esoterik im literarischen Spätwerk
  28. 3.1 Wie man zum Esoteriker wird: »Peregrinus Proteus«
  29. 3.2 Der gescheiterte Aufklärer als Musikliebhaber: »Agathodämon«
  30. 4. Die ideen- und sozialgeschichtliche Bedeutung der Mysterienmetaphorik (Fazit)
  31. IV. Romantische Entwürfe intellektueller Identität
  32. 1. Friedrich Schlegel: Zwischen ästhetischer Esoterik und katholischer Mythologie
  33. 1.1 Die romantische Entdeckung der antiken Mysterien. Die Antike-Studien (1794-1798)
  34. 1.2 Kritik der Unverständlichkeit und erste Aufweichungen dieser Position
  35. 1.3 Universalismus und Selbstreflexion. Die »Rede über die Mythologie«
  36. 1.4 Romantische Esoterik. Ihre Integration in den Katholizismus. Die Lessing-Schriften und die Kölner Vorlesungen
  37. 1.5 »In einen kleinen Kreis gebannt«. Ein Aufsatz aus der Zeitschrift »Europa«
  38. 1.6 Die Bedeutung der Mysterientradition für Schlegels Identitätsbildung nach 1800
  39. 2. Schelling: Revolutionäre Emphase und inneres Exil
  40. 2.1 ›Menschheit‹ und ›bessere Menschheit‹. Die Frühschriften
  41. 2.2 ›Neue Mysterien‹. Schellings Ästhetik
  42. 2.3 Von der Tröstung Demeters und vom dreifachen Dionysos. Exegese in Schellings Spätwerk
  43. 3. Schleiermacher: Eine Religion für Intellektuelle
  44. 3.1 Schweigen und Sprechen. »Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern«
  45. 3.2 Schleiermachers »Monologen« und die romantische vita contemplativa
  46. 4. Die zeitgenössische Kritik romantischer Esoterik
  47. 4.1 Die »philosophia arcani« als ästhetische Negation einer rationalen und lebenspraktischen Kommunikation
  48. 4.2 Der romantische Zirkel und die Literaturkritik
  49. 5. Friedrich von Hardenberg (Novalis): Dichtung zur Einweihung
  50. 5.1 Eine pädagogische Anstalt im Zeitalter des Relativismus: »Die Lehrlinge zu Sais«
  51. Exkurs: Die Dialogisierung der Wahrheit im Rahmen der Geschichtsphilosophie. Lessings »Ernst und Falk. Gespräche für Freimäurer«
  52. 5.2 Die »Hymnen an die Nacht« als Initiationstext einer romantischen Religion
  53. Exkurs: Die Romantik romantisiert sich selbst. Die ›Europa‹-Rede Hardenbergs
  54. 6. Romantische Mysterien als Lebensform. Der ›Eleusische Bund‹ um Otto Heinrich Graf von Loeben
  55. 6.1 Die Gruppenbildung in Heidelberg
  56. 6.2 Esoterik als Gegenwartsverlust
  57. 6.3 Die Reduktion der Geschichtsphilosophie auf Mentalitätsprozesse
  58. 6.4 Schwundformen der frühromantischen Naturphilosophie
  59. 6.5 Die Irrelevanz frühromantischer Religionsspekulation
  60. 6.6 Esoterik, Ästhetizismus, Salonkultur. Eichendorffs Revision als Appell an das ›Leben‹
  61. 6.7 Die Anthologie »Dichtergarten« als Dokument der Transformation zur Spätromantik
  62. 7. Strukturelle Gemeinsamkeiten in der Identitätsbildung romantischer Autoren (Fazit und Ausblick)
  63. Literaturverzeichnis
  64. 1. Quellen
  65. 2. Forschungsliteratur