
- 456 Seiten
- German
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Über dieses Buch
Die Arbeit geht von der Beobachtung aus, daß dem Zeichenkomplex der antiken Mysterien und seiner Adaption in einer Mysterientradition eine für die Selbstdeutung der frühromantischen Generation zentrale Rolle zukommt. Die romantische Mysterienmetaphorik dient zur Konturierung eines nicht mythologisch-allgemeinen, sondern exklusiven 'Wissens', das nur in besonderen ästhetischen Redeweisen sagbar ist. Relevant wird die entsprechende Form der Identitätsbestimmung dort, wo rezeptionsgeschichtliche Enttäuschungen, der Einbruch der Revolutionskriege in Deutschland und generelle Einsichten in die Partikularisierung des modernen Wissens und der Gesellschaft zu einer Erschütterung der frühen universalistischen Emphase führen. Die untersuchten kunsttheoretischen Schriften und Dichtungen von Schelling, Schlegel, Schleiermacher, Novalis, Loeben und Eichendorff reflektieren die Einsicht in die eigene Minorität und deuten sie in Formen, die für die gesamte moderne Kunst wegweisend sind (Avantgardestilisierung; Ästhetizismus; Anschluß der Kunst an positive gesellschaftliche Größen wie Staat, Kirche). Um der konnotativen Fülle der romantischen Schriften gerecht zu werden, setzt die Arbeit in der Antike ein und analysiert dort Schriften Platons, der Neuplatoniker und christlicher Denker, die das Sprachfeld Mysterien als Symbolkomplex erschlossen haben. Anschließend werden die unmittelbaren Voraussetzungen der Romantik betrachtet: Denn schon in der Spätaufklärung - und hier wird ausführlich auf das Werk Wielands eingegangen - kommt es zur Reflexion der problematischen Identität als Intellektueller in der Moderne, geraten die Idee einer möglichen Einheit der Gesellschaft und der universalistische Wahrheitsbegriff ins Wanken. Die Arbeit ist ideen- und sozialgeschichtlich ausgerichtet. Sie nimmt Bezug auf die (oft apologetischen) Forschungen zu einer Neuen Mythologie in der Romantik, thematisiert Probleme einer autonom werdenden Kunst und ist auch als Beitrag zu einer Geschichte der Intellektuellen in der Moderne lesbar.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Die Bedeutung der Mysteriensprache im Werk Platons, in der Spätantike und in der italienischen Renaissance
- 1. Mysterienterminologie und philosophische Esoterik bei Platon
- 2. Adaptationen des Mysteriencodes in der antiken Religionsgeschichte
- 2.1 Mysterienrede als Allegorese bei Philon von Alexandrien
- 2.2 Offenbarung und esoterische Lehre im frühen Christentum
- 2.3 Die Lesemysterien des Neuplatonismus
- Exkurs: Die Plotin-Rezeption Friedrich von Hardenbergs (Novalis)
- 3. Die neuplatonische Arkantradition in der italienischen Renaissance
- II. Zeitgenössische Voraussetzungen der romantischen Esoterik. Das ›Erbe‹ der Aufklärung
- 1. Der theoriegeschichtliche Rahmen: Die Auseinandersetzungen um Öffentlichkeit und Geheimsphäre
- 2. Die wissensgeschichtlichen Grundlagen. Kenntnis und Bewertung der Mysterientradition im 18. Jahrhundert
- 2.1 Die Abgrenzung der Mysterientradition von der öffentlichen Mythologie der griechischen Antike
- 2.2 Die Gründe für die Aufwertung der Mysterientradition
- 2.3 Die Diskussionen um die Stellung Platons
- 2.4 Die spätantike Religion
- 2.5 Ägypten als Mutterland der Schwärmerei
- 2.6 Spuren der Mysterientradition im 17. Jahrhundert
- 2.7 Anmerkungen zum Verhältnis von Philosophie und Poesie in der deutschen Aufklärung
- Exkurs: Mythologie und Mysterien bei Karl Philipp Moritz
- III. Aufklärung und Esoterik im Werk Christoph Martin Wielands
- 1. Mysterien, literarisch. Ein erstes Beispiel: Agathon und die »erregte Neugierigkeit«
- 2. Die ewige Schwärmerei. Diskussionen im publizistischen Werk
- 2.1 Die historische Sicht auf die Mysterientradition
- 2.2 Die Revision geschichtsphilosophischer Gewißheiten und die Relevanz anthropologischer Denkmuster
- 2.3 Die Einsamkeit der Spätaufklärer: »Das Geheimniß des Kosmopolitenordens«
- 3. Mehrfaches Scheitern. Esoterik im literarischen Spätwerk
- 3.1 Wie man zum Esoteriker wird: »Peregrinus Proteus«
- 3.2 Der gescheiterte Aufklärer als Musikliebhaber: »Agathodämon«
- 4. Die ideen- und sozialgeschichtliche Bedeutung der Mysterienmetaphorik (Fazit)
- IV. Romantische Entwürfe intellektueller Identität
- 1. Friedrich Schlegel: Zwischen ästhetischer Esoterik und katholischer Mythologie
- 1.1 Die romantische Entdeckung der antiken Mysterien. Die Antike-Studien (1794-1798)
- 1.2 Kritik der Unverständlichkeit und erste Aufweichungen dieser Position
- 1.3 Universalismus und Selbstreflexion. Die »Rede über die Mythologie«
- 1.4 Romantische Esoterik. Ihre Integration in den Katholizismus. Die Lessing-Schriften und die Kölner Vorlesungen
- 1.5 »In einen kleinen Kreis gebannt«. Ein Aufsatz aus der Zeitschrift »Europa«
- 1.6 Die Bedeutung der Mysterientradition für Schlegels Identitätsbildung nach 1800
- 2. Schelling: Revolutionäre Emphase und inneres Exil
- 2.1 ›Menschheit‹ und ›bessere Menschheit‹. Die Frühschriften
- 2.2 ›Neue Mysterien‹. Schellings Ästhetik
- 2.3 Von der Tröstung Demeters und vom dreifachen Dionysos. Exegese in Schellings Spätwerk
- 3. Schleiermacher: Eine Religion für Intellektuelle
- 3.1 Schweigen und Sprechen. »Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern«
- 3.2 Schleiermachers »Monologen« und die romantische vita contemplativa
- 4. Die zeitgenössische Kritik romantischer Esoterik
- 4.1 Die »philosophia arcani« als ästhetische Negation einer rationalen und lebenspraktischen Kommunikation
- 4.2 Der romantische Zirkel und die Literaturkritik
- 5. Friedrich von Hardenberg (Novalis): Dichtung zur Einweihung
- 5.1 Eine pädagogische Anstalt im Zeitalter des Relativismus: »Die Lehrlinge zu Sais«
- Exkurs: Die Dialogisierung der Wahrheit im Rahmen der Geschichtsphilosophie. Lessings »Ernst und Falk. Gespräche für Freimäurer«
- 5.2 Die »Hymnen an die Nacht« als Initiationstext einer romantischen Religion
- Exkurs: Die Romantik romantisiert sich selbst. Die ›Europa‹-Rede Hardenbergs
- 6. Romantische Mysterien als Lebensform. Der ›Eleusische Bund‹ um Otto Heinrich Graf von Loeben
- 6.1 Die Gruppenbildung in Heidelberg
- 6.2 Esoterik als Gegenwartsverlust
- 6.3 Die Reduktion der Geschichtsphilosophie auf Mentalitätsprozesse
- 6.4 Schwundformen der frühromantischen Naturphilosophie
- 6.5 Die Irrelevanz frühromantischer Religionsspekulation
- 6.6 Esoterik, Ästhetizismus, Salonkultur. Eichendorffs Revision als Appell an das ›Leben‹
- 6.7 Die Anthologie »Dichtergarten« als Dokument der Transformation zur Spätromantik
- 7. Strukturelle Gemeinsamkeiten in der Identitätsbildung romantischer Autoren (Fazit und Ausblick)
- Literaturverzeichnis
- 1. Quellen
- 2. Forschungsliteratur