»Wenn ein Mitglied der E Street Band nicht in der Lage wäre, zum Beispiel Wild Thing spontan live spielen zu können, dann würde es entlassen werden.«1
Sein Wissen up to date zu halten, ist heute enorm schwierig, hat sich die Halbwertszeit von Wissen doch stark verringert. Aus meiner Sicht existiert genau deswegen eine hohe Unzufriedenheit bei Millionen von Mitarbeitern aufgrund schlechter Führungsarbeit. Viele Führungskräfte haben einfach kein aktuelles Wissen, um die Rolle modern auszufüllen. Dies ist aus meiner Erfahrung der Fall, weil:
- die meisten Führungskräfte ohne Zusatzausbildung agieren.
- die meisten Unternehmen nicht ausreichend Budget für die Ausbildung ihrer Führungskräfte bereitstellen.
- die meisten Unternehmen nicht ausreichend Zeit für die Ausbildung ihrer Führungskräfte bereitstellen.
- die meisten Führungskräfte (verständlicherweise) zu wenig Privatbudget in ihr Wissen investieren.
- dem oberen Management die Fähigkeiten der Führungskräfte schlichtweg egal sind.
- viele Führungskräfte nicht Führungskraft geworden sind, um sich um die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu kümmern, sondern aus Anerkennungs- oder finanziellen Gründen.
Dass dann fehlendes modernes Wissen nicht gerade zum Erfolg beiträgt, ist selbstredend. Auf den nachfolgenden Seiten zeige ich einige Bereiche, in denen heutige Führungskräfte professionell und zeitgemäß handeln müssen, um der Mitarbeitermotivation nicht zu schaden und, um letztendlich die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Springsteen selbst betont immer wieder, u.a. auch in »The late show with Stephen Colbert« wie wichtig es ist, dass seine Band ausreichend Wissen und Fähigkeiten besitzt, denn sonst würde ein Mitglied gefeuert werden. Was er in 2019 mehr im Spaß gesagt hat, meinte er früher sehr ernst. Hat ein Musiker nicht ausreichendes Wissen gehabt, wurde dieser aufgefordert, es zu erlangen. Auch hier müssten Unternehmen viel mehr auf das Wissen der Führungskräfte achten, dieses öfters überprüfen und nachhalten. Nur so kann ein Unternehmen aktuell aufgestellt werden.
Selbstmanagement
Erfolgreiche Menschen besitzen ein funktionierendes Selbstmanagement. Entweder sie haben dafür bereits Talent in die Wiege gelegt bekommen oder sie verstehen eines Tages, wie wichtig ein professionelles Selbstmanagement ist, welche Möglichkeiten sich dadurch ergeben, und Sie erlernen die wichtigsten Methoden zur Umsetzung.
Selbstmanagement bezeichnet die Kompetenz, die persönliche und berufliche Entwicklung weitgehend unabhängig von äußeren Einflüssen selbst zu gestalten. Dazu gehören Teilkompetenzen wie selbständige Motivation, Zielsetzung, Planung, Zeitmanagement, Organisation, Lernfähigkeit und Erfolgskontrolle.2
Aus meiner Erfahrung trifft diese Definition den Inhalt von Selbstmanagement sehr gut. Ich beschreibe auf den folgenden Seiten die für mich wichtigen Kompetenzen des Zeitmanagements, Stressmanagements und Zielmanagements. Alle anderen Begrifflichkeiten der Definition sind meiner Einschätzung nach Bestandteile dieser drei Kategorien.
Bevor ich aber auf die drei Kategorien nähe eingehe, möchte ich Ihnen einen grundsätzlichen Tipp geben. Um ausreichend Zeit, wenig Stress und seine Ziele im Fokus zu haben, sollten Sie leichter werden. Stoppen Sie alle Tätigkeiten, die keine wirkliche Wertschöpfung erzielen, leeren Sie Ihre Server, Schränke und Schubläden. Werfen Sie alles weg, was Sie nicht benötigen, um Ihren Job zu erledigen. Meiden Sie alle Meetings, die sich nur mit internen Abläufen beschäftigen und zu keinen Entscheidungen führen. Seien Sie bitte skeptisch bei jeder Einladung, jeder zu füllenden Excel-Tabelle oder auch jedem Kundenbesuch. Lohnt sich die Aktivität wirklich? Bringt diese Wertschöpfung Sie Ihren Zielen näher? Wenn nicht, dann lassen Sie es bitte. Werden Sie leichter! Und sollten Sie bereits Führungskraft sein, fordern Sie auch Ihre Führungskollegen und Mitarbeiter dazu auf. Unterstützen und motivieren Sie sich gegenseitig.
Zeitmanagement
Bevor ich etwas zu diesem Thema schreibe, möchte ich klarstellen, dass ich jetzt keine Diskussion anstacheln möchte, ob wir Zeit überhaupt managen können oder nicht. Diese Diskussionen langweilen mich zutiefst, denn wir wissen doch alle, worum es bei diesem Thema geht: Wir müssen unsere Aufgaben in der uns zur Verfügung stehenden Zeit erledigen können. Möglichst stress- und angstfrei.
Eines sollte Ihnen jedoch klar sein, wenn Sie sich entscheiden, Führungskraft zu werden oder weiterhin zu bleiben: Sie dürfen und müssen Ihr bisheriges Zeitmanagement komplett aufgeben und ein neues Zeit-System entwickeln. Wenn Sie glauben, dass Sie die Rolle einer Führungskraft mit derselben Zeitplanung erfüllen werden wie Ihre bisherige Rolle, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Da Sie neue Aufgaben, neue IT-Systeme, neue Prozesse und vieles mehr haben, sind diese aus Sicht des Zeitmanagements auch anders zu organisieren. Ich möchte Ihnen dies anhand eines Beispiels gleich zu Beginn dieses Kapitels näherbringen. Nehmen wir an, dass ein bisheriger, sehr erfolgreicher Key Account Manager zum Vertriebsleiter aufgestiegen ist. Lassen Sie uns einen Teil der Aufgaben eines Key Account Managers und eines Vertriebsleiters nun vergleichen:
| Key Account Manager | Vertriebsleiter |
- Analyse seines Kundenportfolios nach Potenzialen
| - Strategische Ausrichtung seines Bereichs
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- Planung der Kunden nach Potenzialen
| - Analyse seines Teams, ob die Kundenportfolios analysiert wurden
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- Terminvereinbarung mit dem Kunden
| - Analyse seines Teams, ob ausreichend Termine vereinbart wurden
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| | - Abstimmung der Gesprächsvorbereitung
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- Kundentermin live vor Ort
| - Analyse der Mitarbeitermotivation
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| | - Regelgespräche mit den Mitarbeitern
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- Abstimmung mit anderen internen Bereichen
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| | - Analyse der Daten im CRM-System
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- Pflege des Auftragssystems
| - Falsche Rahmenbedingungen klären
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| | - Nur bestimmte Kundenbeschwerden lösen
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- (Liegengebliebene) Angebote versenden
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Dieser Auszug der unterschiedlichen Rollen verdeutlicht hoffentlich, wie unterschiedlich die Aufgaben der jeweiligen Rollen sind. Dementsprechend unterschiedlich muss auch die Selbstorganisation der jeweiligen Rollen sein. Sie können selbstverständlich die gleichen Zeitmanagement-Methoden wie Eisenhower, Eat the frog, ALPEN, ABC-Priorisierung oder ähnliche verwenden, jedoch mit einer unterschiedlichen Interpretation und Zielsetzung. Um das Thema noch deutlicher darzustellen, nutze ich nachfolgend die Eisenhower-Methode, um zu zeigen, bei wem welche Aufgaben in welchem Quadranten liegen (sollten):
A-Quadrant Führungskraft - Entscheidungen treffen bei Krisen (wirklichen Krisen, keine Scheinkrisen!)
- Kundenbeschwerden lösen
- Falsche Rahmenbedingungen klären
| B-Quadrant Führungskraft - Strategische Ausrichtung
- Mitarbeiterentwicklung
- Teamentwicklung
- Analyse des Teams, ob die Kundenportfolios analysiert wurden
- Analyse des Teams, ob ausreichend Termine vereinbart wurden
- Analyse der Mitarbeitermotivation
- Regelgespräche mit den Mitarbeitern
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C-Quadrant Führungskraft - Analysen erstellen (lassen)
- Reiseorganisationen
| D-Quadrant Führungskraft - In diesem Quadranten sollten Sie als Führungskraft niemals Zeit verbringen!
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A-Quadrant Key Account Manager - Liegengebliebene Angebote versenden
- Kundenbeschwerden lösen
| B-Quadrant Key Account Manager - Analyse seines Kundenportfolios nach Potenzialen
- Planung der Kunden nach Potenzialen
- Terminvereinbarung mit Kunden
- Gesprächsvorbereitung
- Kundentermin live vor Ort
- Gesprächsnachbereitung
- Auftragsverfolgung
- Pflege des CRM-Systems
- Pflege des Auftragssystems
- Angebote versenden
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C-Quadrant Key Account Manager - Abstimmung mit anderen internen Bereichen
| D-Quadrant Key Account Manager - In diesem Quadranten sollten Sie als Key Account Manager niemals Zeit verbringen!
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Sie sehen also anhand dieses Modells, dass es gravierende Änderungen am Zeitmanagement geben muss. Um diese Falle zu vermeiden, ist es notwendig, dass Sie:
- sich anfangs sehr viel Zeit nehmen, um die genauen Erwartungen Ihrer eigenen Führungskraft zu kennen, Ihre Aufgaben inhaltlich wie qualitätstechnisch verstehen und dann
- entweder allein oder mit einem Coach alle Aufgaben zeitlich planen und Ihr neues, persönliches Zeitsystem erstellen.
- sich die ersten 3-6 Monate tracken, das heißt, Sie erfassen die zeitlichen Umfänge Ihrer Aufgaben, um so eine klare Übersicht der benötigten Zeiträume zu erhalten. Viele Führungskräfte machen den Fehler, dass sie ihre Zeitaufwendungen nur (emotional) schätzen, aber niemals professionell erfassen.3
- sich mit Ihren Kollegen auf der gleichen hierarchischen Ebene über deren Zeitaufwände und Zeitplanungen austauschen, um voneinander zu lernen und dadurch effizienter zu arbeiten.
Sehr häufig sind folgende Zeitmanagement-Fehler bei langjährigen Führungskräften zu beobachten:
- Sie haben kein Zeitmanagement.
- Sie delegieren zu selten und übernehmen auch nach Jahren noch zu viele Aufgaben, die in Wirklichkeit von den Mitarbeitern erledigt werden müssen.
- Sie sind zu häufig bei Kunden.
- Sie beschäftigen sich mehr mit Krisen als mit strategischen Entscheidungen, um Krisen zu verhindern.
- Sie nehmen sich zu wenig Zeit für die Mitarbeiter, um deren Bedürfnisse und Schwierigkeiten zu kennen.
- Sie nehmen sich dann zu wenig Zeit, um sich um die genannten Bedürfnisse und Schwierigkeiten kümmern.
- Sie nehmen an zu vielen (sinnlosen) Besprechungen teil. Damit fehlt Zeit für die wirklich wichtigen Aufgaben.
- Sie erstellen keine ausführlichen Rollenbeschreibungen der Mitarbeiter, so dass dann im Nachhinein viel Zeit für Erklärungen, Verbesserungen und Veränderungen verschwendet wird.
- Sie kennen die qualitativen Anforderungen an sich selbst nicht und interpretieren diese dann. Ebenso klären sie mit den eigenen Mitarbeitern die Qualitätsansprüche zu selten und zu oberflächlich. Dadurch entsteht sehr viel Nacharbeit.
- Sie sind zu inkonsequent in ihren Entscheidungen, in der Umsetzung von Vorgaben und im Nachhalten sowie der Kontrolle der Qualität.
Somit entstehen Missverständnisse, Fehlinterpretationen und falsche Priorisierungen, was wiederum zu einem meist hektischen Arbeiten führt. Von ruhigem, strategischen Arbeiten ist dann nur noch ...