Die Prekarisierungsgesellschaft
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Die Prekarisierungsgesellschaft

Prekäre Proteste. Politik und Ökonomie im Zeichen der Prekarisierung

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Die Prekarisierungsgesellschaft

Prekäre Proteste. Politik und Ökonomie im Zeichen der Prekarisierung

Über dieses Buch

Gesellschaft erscheint uns heute im flackernden Licht der Verunsicherung. Nicht erst seit der Finanzkrise erweisen sich stabil geglaubte Arbeits- und Lebensverhältnisse als prekär. Der Autor stellt die wichtigsten ökonomischen und soziologischen Theorien der Prekarisierung vor und zeigt: Prekarität hat die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit erfasst. Wir leben in der Prekarisierungsgesellschaft. Aber was ist daraus zu schließen? Marchart beschreibt die gegenwärtigen Sozialproteste und ihre Forderungen. Er untersucht ihre demokratiepolitischen Implikationen und führt hin zu einer Gesellschaftstheorie des Konflikts und der Kontingenz.

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1 Die Dislozierung des Sozialen

Vier sozialwissenschaftliche Perspektiven auf Prekarisierung

1.1 Regulationstheorie: Postfordismus und Regulationsweise der Prekarisierung

Die folgende Evaluation der vier im Einleitungskapitel erwähnten Theorieperspektiven – Regulationstheorie, Gouvernementalitätsstudien, Postoperaismus und pragmatische Soziologie – wird uns eine gesellschaftstheoretische Ausgangsbasis für die weitere Untersuchung verschaffen. Mit dem Versuch einer Theorie-Triangulation soll ein mehrdimensionales Bild des bislang noch recht flachen und unscharfen Objekts Prekarisierung gewonnen werden. Dabei wird zu beobachten sein, dass die Diagnosen, die von diesen vier Ansätzen entwickelt wurden, in vielerlei Hinsicht konvergieren. Vor allem die Rede von Prekarisierung als Prozess der Entsicherung der gesamten Arbeits- und Lebensverhältnisse und damit die metaphorisch verdichtende Bezeichnung der gegenwärtigen Gesellschaftsformation als Prekarisierungsgesellschaft wird sich im Durchgang durch die erwähnten Theorien, so steht zu hoffen, als plausibel erweisen. Eine wesentliche Referenztheorie, deren Beschreibung des Postfordismus (bzw. der Krise des Fordismus) auch für andere Ansätze einschlägig wurde, ist die Regulationstheorie, die daher auch den Ausgangspunkt bilden soll. Ich werde kurz den konzeptuellen Rahmen vor allem der Pariser Regulationsschule vorstellen, um anhand der hegemonietheoretischen deutschen Erweiterung die Bedeutung dieses Ansatzes für ein gesellschaftstheoretisch durchdringendes Verständnis von Prekarisierung darzulegen.
Die zunächst in Frankreich entwickelte ökonomische Theorie (Aglietta 1979) postuliert, dass ökonomische, soziale und politische Veränderungen nur in ihrem wechselseitigen Konstitutionsverhältnis begriffen werden können (Röttger 2003: 19). Die Regulationstheorie versteht sich als wirtschaftswissenschaftliche Weiterführung der Althusser-Schule des strukturalen Marxismus. Dieser hatte das Marx’sche Werk einer Relektüre unterzogen, um es gegen die stalinistische Dogmatik, gegen den ökonomischen Determinismus, gegen Humanismus und Subjektphilosophie zu verteidigen. Trotz gewisser rhetorischer Vorbehalte gegen den damals modischen Strukturalismus folgt der Althusserianismus dem strukturalistischen Grundgedanken: Das gesellschaftliche Ganze wird als ein relationales Ensemble gedacht, dessen Elemente ihre Bedeutung nur aufgrund ihres Verhältnisses zu allen anderen Elementen der Struktur gewinnen. Die Regulationstheorie schließt an diese Absetzbewegung von den dogmatischen Spielarten des Marxismus, wie sie von der Althusser-Schule eingeleitet wurde, an und treibt sie weiter (indem sie nicht zuletzt den bedeutenden Einfluss Gramscis, der von Althusser noch weitgehend verleugnet wurde, explizit macht und stärkt). Der Dogmatismus ging von einer ökonomischen »Basis« aus, bestehend aus – insbesondere technologischen – Produktivkräften und ihrem Entwicklungsgrad entsprechenden bzw. nachhinkenden Produktionsverhältnissen, worauf sich ein »Überbau« von Politik und Ideologie erhebt, der durch die Vorgänge in der Basis determiniert wird und diese umgekehrt mit Legitimation ausstattet. Der strukturale Marxismus wendet sich von diesem Modell weitgehend ab: Althusser zufolge ergibt sich die Gesamtheit einer Produktionsweise aus der Artikulation der drei Elemente oder Instanzen des Ökonomischen, des Politischen und des Ideologischen, doch determiniert die Instanz des Ökonomischen nicht länger die Instanzen des Ideologischen und des Politischen, sondern der Moment der Determination durch die Ökonomie wird auf die »letzte Instanz« verschoben (deren Stunde jedoch, Althusser zufolge, nie schlägt).[1]
Die Regulationstheorie wird einen vergleichbaren Schritt über den Althusserianismus hinausmachen und dennoch, wie auch der Postmarxismus Laclaus und Mouffes, auf den wir noch kommen werden, an einem wichtigen Merkmal strukturalistischer Theorie festhalten: ihrem Relationismus. Nach Alain Lipietz (1992: 44), einem Hauptvertreter der Pariser Regulationsschule, ist soziale Wirklichkeit »ein Gewebe, eine Artikulation von relativ autonomen und spezifischen Verhältnissen«, die einander überdeterminieren. Damit dieses Netzwerk sozialer Verhältnisse (darunter ökonomische Verhältnisse wie etwa das Lohnverhältnis), aus welchem Gesellschaft gebildet ist, auf Dauer gestellt werden kann, muss es reproduziert werden. Bereits die Althusserianer hatten den marxistischen Begriff der Reproduktion ausgeweitet und darunter nicht nur die Reproduktion der Arbeitskraft verstanden, sondern die aller gesellschaftlichen Verhältnisse (vgl. Althusser 1995; Althusser/Balibar 1972: 268-365; Demirovic 1992: 136). Die strukturalistische Marx-Lektüre tendierte jedoch zur funktionalistischen Unterstellung, die Gesamtheit der Strukturen würde durch die Erfordernisse der Reproduktion in Gang gehalten. Dies schien aus zwei paradigmatischen Vorannahmen zu folgen: der strukturalistischen Vorannahme, strukturelle Verknüpfungen seien nur in ihrer Synchronizität zu beschreiben (während sich qualitative Veränderung jenseits bloßer Variation innerhalb einer strukturellen Gesamtheit innerhalb des strukturalistischen Paradigmas nur schwer denken ließe), sowie der spinozistischen Vorannahme, eine Struktur tendiere ihrer Bestimmung nach dazu, in ihrem Wesen zu verharren (vgl. Lipietz 1992: 45). So wurde der kapitalistische Produktionsprozess von Balibar vor dem Hintergrund der Reproduktion der Stellungen von Menschen – als den Trägern der Struktur – und Dingen innerhalb der synchronen Struktur der Produktionsweise analysiert: ihre jeweilige Funktion als Produzenten und Produkte sei durch die Erfordernisse der Reproduktion festgelegt. Damit wurde aber Reproduktion auf eine endogenen ökonomischen Gesetzen gehorchende Stabilisierungsfunktion reduziert. Laut regulationstheoretischer Kritik werde die Instabilität der Ausbeutungsverhältnisse innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise übersehen (denn wird zum Beispiel zu viel Mehrwert abgepresst, gibt es nicht mehr genügend Kunden, so Lipietz 1992: 39). Die Althusser-Marxisten insistierten in einem Ausmaß auf der Funktion von Reproduktion, »dass sie dabei vergaßen, dass diese Verhältnisse widersprüchlich sind und dass sie in jedem Moment der Krise unterworfen sind« (Lipietz 1998: 15).
Die Regulationisten wollen einen Perspektivwechsel anregen und dem widersprüchlichen Charakter jeder elementaren Struktur des Kapitalismus wieder zu eigenem Recht verhelfen: Aufgrund der ursprünglichen Widersprüchlichkeit sozialer Verhältnisse funktioniere Reproduktion nie reibungslos, vielmehr sei »die Krise das Normale, der natürliche Zustand, und die Nicht-Krise ist ein eher zufälliges Ereignis« (Lipietz 1998: 13). Aus dieser Perspektive wird gerade die temporäre, scheinbare Überwindung des Normalzustands der Krise durch die (vorübergehend) stabile Reproduktion des Kapitalismus erklärungsbedürftig. Mit Hilfe des gegen das struktural-marxistische Konzept der Reproduktion in Stellung gebrachten Konzepts der Regulation soll erklärbar werden, »wie ungeachtet des widersprüchlichen Charakters der sozialen Verhältnisse und durch ihn hindurch eine Einheit von Verhältnissen reproduziert wird« (5). Das Konzept füllt jene Leerstelle aus, die sich auftut, sobald nicht länger davon ausgegangen werden kann, dass sich der Kapitalismus auf Basis endogener Gesetzte entfaltet und die Reproduktion sozialer Verhältnisse also nicht »von selbst« vor sich geht, obwohl sie über lange Perioden – bis sie in eine große Krise gerät – durchaus den Anschein erweckt, als würde sie von selbst vor sich gehen. So lautet die Ausganghypothese des Regulationsansatzes: »Der Kapitalismus ist eine Macht der Veränderung, die ihr Regulationsprinzip nicht in sich trägt«, da dieses in der Kohärenz der sozialen Vermittlungen, i.e. Regulationen zu suchen sei (Aglietta 2000:40). Um nun zu verstehen, wie dies vor sich geht und wie die Regulationisten die spezifische Funktionsweise des Kapitalismus bzw. Veränderungen in dessen Funktionsweise erklären, ist es erforderlich, die Grundkategorien der Regulationstheorie darzustellen. Es geht den Regulationisten nämlich nicht darum, den Kapitalismus in seiner abstrakten Form als Produktionsweise zu erklären. Dies wäre schon alleine deshalb unmöglich, weil eine gegebene Gesellschaftsformation immer durch die Ungleichzeitigkeit verschiedener Produktionsweisen bestimmt ist (»Reine Produktionsweisen gibt es nicht«, so Lipietz 1992: 26, weshalb auch die Rede von der kapitalistischen Produktionsweise eine im besten Fall abstrahierende Verkürzung darstellt). Sie wollen vielmehr ein konkretes, über eine lange Periode wirksames historisches »Entwicklungsmodell« erklären, welches sich aus – wiederum jeweils spezifischen – technologischen Paradigmen, bestimmten Akkumulationsregimes und entsprechenden Regulationsweisen zusammensetzt. Was genau ist unter diesen Kategorien also zu verstehen?
Unter einem industriellen Paradigma wird ein Modell technischer und gesellschaftlicher Arbeitsteilung verstanden – wie etwa die Mechanisierung und Taylorisierung von Massenproduktion. Der Begriff des Akkumulationsregimes bezeichnet einen makroökonomischen »Modus systematischer Verteilung und Reallokation des gesellschaftlichen Produktes« durch längerfristige Abstimmung von sich verändernden Normen der Produktion und der Nachfrage, also durch Herstellung eines Entsprechungsverhältnisses zwischen »einerseits der Transformation von Produktionsverhältnissen (Volumen des eingesetzten Kapitals, Aufteilung unter den Branchen und Produktionsnormen) und andererseits der Transformation von Verhältnissen der tatsächlichen Konsumtion (Konsumtionsnormen der Lohnabhängigen und anderer sozialer Klassen, Kollektivausgaben etc.)« (Lipietz 1998: 161).[2] Allerdings, und dies ist die wesentliche Pointe der Regulationstheorie, ergibt sich keine automatische Konvergenz zwischen Produktions- und Konsumtionsnormen, sondern Übereinstimmungen im Sinne eines bestimmten Akkumulationsregimes werden erst durch verschiedene vermittelnde Regulationsformen gewährleistet, die sich zu einer Regulationsweise zusammenschließen, d.h. einer »Gesamtheit von Vermittlungen, die die von der Kapitalakkumulation hervorgerufenen Verwerfungen so eingrenzen, dass sie mit dem sozialen Zusammenhalt innerhalb der Nationen vereinbar sind« (Aglietta 2000: 11). Oder in der Definition von Lipietz (1998: 163): »Wir nennen Regulationsweise die Gesamtheit der institutionellen Formen, der Netze, der expliziten oder impliziten Normen, die die Kompatibilität der Verhaltensweisen im Rahmen eines Akkumulationsregimes in Übereinstimmung mit den jeweiligen sozialen Verhältnissen und durch die Widersprüche und den konfliktuellen Charakter der Beziehungen zwischen den Akteuren und gesellschaftlichen Gruppen hindurch gewährleistet.« Unter kapitalistischen Bedingungen erfordert das eine ganze Reihe von Regulationsformen: Es muss das Lohnverhältnis reguliert werden, indem zeitlicher Umfang, Intensität und Wert der Arbeit bestimmt, Arbeitsmärkte organisiert, Qualifikations- und Aufstiegswege festgelegt werden. Das Geld muss – qua Kapital- und Kreditsystem – in seiner Verwaltung, Emission, Zirkulation und Allokation für Produktionszwecke reguliert werden. Die Form und interne Organisation von Unternehmen wie auch deren wechselseitiges Verhältnis (Verbindung und Konkurrenz) muss reguliert werden. Die Rolle des Staates in Form von Interventionen und die Institutionalisierung von Kompromissen zwischen Arbeit und Kapital stellt eine wichtige Regulationsform dar, so wie auch das Arrangement der internationalen Beziehungen zwischen Staaten (Handel, zwischenstaatliche Abkommen etc.) (sh. Lipietz 1998: 163; Jessop 2007: 237).[3]
Damit die Akkumulation von Kapital innerhalb eines gegebenen Regimes auf längere Zeit gewährleistet werden kann, ist also die vermittelnde Intervention einer Reihe von Regulationsformen vonnöten. Obwohl, wie Lipietz (1992: 46) selbst eingesteht, auch die Regulationstheorie gelegentlich einem gewissen Funktionalismus erliegt, sofern »Regulation« in manchen Formulierungen einfach bezeichnet, »was nötig ist, damit die Reproduktion trotzdem funktioniert«, steht für Regulationstheoretiker fest, dass Akkumulationsregime und Regulationsweise in keinem natürlichen Entsprechungsverhältnis stehen. Transformiert sich ein Akkumulationsregime, wie etwa aufgrund fallender Profitraten, können Diskrepanzen gegenüber der vorherrschenden Regulationsweise auftreten, die nun nicht mehr als Garantin der Akkumulation, sondern womöglich als Akkumulationshindernis verstanden wird. Es kommt zur Suche nach neuen Regulationsformen. Genau das geschah im Übergang vom Akkumulationsregime des Fordismus zu jenem des Postfordismus, der aus einer am Ende der 60er-Jahre einsetzenden und Mitte der 70er-Jahre kulminierenden großen Krise hervorging und zum historischen Ausgangspunkt der regulationstheoretischen Überlegungen wurde. Die neue Regulationsform der Prekarisierung entsteht als Antwort auf diese Krise des Fordismus. Was landläufig mit dem für den Postfordismus einschlägigen Begriff der »Deregulierung« gefasst wird, darf also keinesfalls als eine Art Selbstaufgabe von Regulation verstanden werden, vielmehr handelt es sich um eine spezifische, nämlich postfordistische Form von Regulation.
Was sind nun, aus regulationstheoretischer Sicht, die Charakteristika des Fordismus bzw. Postfordismus? Der Fordismus wurde am vielleicht bündigsten beschrieben als »ein intensives Akkumulationsregime mit Massenkonsumtion bei monopolistischer Regulation, das im ›Nordwesten‹ des Globus von 1950 bis 1970 vorherrschend war« (Lipietz 1998: 168). Es war gekennzeichnet durch eine zu Produktivitätszuwächsen führende Form der Arbeitsorganisation, die sich auf die Kurzformel »Taylorisierung + Mechanisierung« bringen lässt. Ein Teil des erzielten Profits wurde entsprechend der Zuwächse an die Lohnempfänger weitergegeben, was eine faktische Koppelung von Produktivitätszuwachs und Anstieg der Reallöhne bedeutete und wiederum den Massenkonsum antrieb. Daraus ergeben sich die folgenden Grundprinzipien fordistischer Regulation:
Das Herzstück der Regulation bestand in der Herstellung der Kohärenz zwischen den schnellen Produktivitätsfortschritten, der Expansion der Realeinkommen und der Stabilität ihrer Verteilung. Der Reallohn stieg regelmäßig, weil er auf das Wachstum der Arbeitsproduktivität abgestimmt war. Die funktionelle Verteilung des Gewinns zwischen Lohnabhängigen und Profiten blieb stabil mittels der Steigerung des Nominallohnes, die auf die Preisentwicklung abgestimmt war. […] Zu dieser ersten Säule des Akkumulationsregimes – der Verteilung der Reichtümer – kommt eine weitere, die viele Facetten hat: das hohe Investitionsniveau, die allgemeine Ausweitung der Beschäftigung, die Stabilität der Beschäf...

Inhaltsverzeichnis

  1. cover
  2. Titelei
  3. Inhaltsverzeichnis
  4. Vorwort
  5. Einleitung
  6. 01 Die Dislozierung des Sozialen
  7. 02 Hegemonie und integrale Ökonomie
  8. 03 Prekarisierung im Blick der Diskursanalyse
  9. 04 Medien des Protests
  10. Vom Protest der Prekären zur Prekarität des Protests
  11. Anhang
  12. Literatur