Studien zur Wirtschafts-, Sozial- und Rezeptionsgeschichte der Antike
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Studien zur Wirtschafts-, Sozial- und Rezeptionsgeschichte der Antike

  1. 520 Seiten
  2. German
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Studien zur Wirtschafts-, Sozial- und Rezeptionsgeschichte der Antike

Über dieses Buch

Ausgehend von Studien zur attischen Demokratie, dem Phänomen des Cäsarenwahnsinns oder den Überlegungen Max Webers zum antiken Kapitalismus versammelt der Band unterschiedliche Beiträge zur Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte und bezeugt damit zugleich die ungebrochene Aktualität der Alten Welt.

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Teil IV: Rezeption

Karl Kautsky und die Antike

Rojahn Jürgen
Schelz Till
Steinberg Hans-Josef
„Man könnte die Frage aufwerfen, ob es zweckmäßig sei, daß Arbeiter von dem bißchen freier Zeit, über die sie verfügen, einen Bruchteil für die Beschäftigung mit dem Altertum opfern, statt ihr ganzes Interesse auf die Gegenwart zu konzentrieren. Darauf ist zu erwidern, daß die Gegenwart sicher ihr ganzes Interesse erheischt, daß aber volles Verständnis der Gegenwart einige Bekanntschaft mit der Vergangenheit voraussetzt. Wenn wir eingangs gesehen haben, daß das räumlich und zeitlich Entfernte nicht begriffen werden kann, solange wir uns in der nächsten Umgebung nicht zurechtfinden, so kann man auch wieder umgekehrt sagen, daß für ein tieferes Verständnis des Nächstliegenden ein Vordringen in das Weiterliegende erforderlich ist.“1
Die unvermindert aktuelle Frage, warum in aller Welt sich der Arbeiter mit dem Altertum bzw. der Antike auseinandersetzen solle, beantwortet Kautsky in seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe von Salviolis Buch, die 1912 unter dem Titel Der Kapitalismus im Altertum bei seinem Freund Dietz erschien, auf eine für ihn typische Weise. Die gegenwärtige Situation, so läßt sich resümieren, wird nur dann verständlich und in der geistigen Auseinandersetzung überwindbar, wenn wir sie als historisch gewordene begreifen, und das heißt für Kautsky in diesem Zusammenhang konkret: wenn wir die kapitalistische Produktionsweise konfrontieren mit dem, was vorher war, analysieren, woraus sie unmittelbar erwachsen ist, und daraus ableiten, wohin sie unter tätiger Mithilfe der Massen führen wird.
Diese im marxistischen Denkhorizont kommune Antwort erfordert allerdings einige zusätzliche Überlegungen, warum die postulierte Einsicht in den historischen Prozeß gerade von der Antike bzw. von antiken Verhältnissen ihren Ausgang nimmt. Die Antike scheint zwar lediglich eine Epoche unter anderen; aber sie ist dies doch nur auf den ersten Blick.
Die Beschäftigung mit dem klassischen Altertum, die seit der Renaissance den bewährten Fundus für Wissenschaft, Kunst und Moral bereitstellte, hatte sich mit dem beginnenden 19. Jahrhundert in zwei Richtungen bewegt. Die von Johann Winckelmann (1717–1768) ausgehende Antiken- und speziell Griechenbegeisterung, die von Wilhelm von Humboldt in ein theoretisches und pädagogisches Konzept gebracht wurde, war nicht nur zur Grundlage bürgerlicher Bildung in den Gymnasien geworden,2 hatte nicht allein die Dichtung, die bildende Kunst und die Architektur des neuen Jahrhunderts stark beeinflußt, sondern hat auch der wissenschaftlichen Forschung an den Universitäten nachhaltig den Weg gewiesen. Aber zugleich entwickelte sich im Umkreis eines neuen historischen Denkens, das wir allgemein als „Historismus“ bezeichnen, abseits der ästhetisierenden Vergegenwärtigung ein pragmatisches, an antiken Lebensumständen, Wirtschaftsfragen und sozialen Auseinandersetzungen orientiertes Interesse. 1817 veröffentlichte Philipp August Boeckh sein epochemachendes Buch Die Staatshaushaltung der Athener, ein Werk, das sich in seiner Zielrichtung wie in seiner Quellenbehandlung fundamental von den euphorischen Lebensbeschreibungen der Griechen, wie sie in Deutschland üblich waren, abhob.3 „War es denn nicht überhaupt eine Profanation“, wie Wilamowitz 100 Jahre später formulierte, „bei den Athenern der perikleischen Zeit, der Blüte des freien Menschentums, nach Tagelohn und Weizenpreis, nach Zöllnern und Schreibern, nach Schuldhaft und Staatsanleihe zu fragen?“4 Aber die Profanierung der griechischen Klassik durch Boeckh blieb kein Einzelfall.
Nach dem Scheitern der Revolution von 1848/49 verfaßte Anfang der 1850er Jahre Theodor Mommsen eine Römische Geschichte, die ihre Faszination bis auf den heutigen Tag bewahrt hat, nicht allein deshalb, weil Mommsen die nationalstaatlichen und konstitutionellen Ideale seiner Zeit in die historische Entwicklung der römischen Republik hineingewoben, sondern auch, weil er die hohe Politik als den zugespitzten Ausdruck, die höchste Form von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur verstanden und dargestellt hat. „Wollen Sie eins bedenken“, schrieb er am 26. November 1854 an seinen Freund Wilhelm Henzen nach Rom, „es gilt doch vor allem, die Alten herabsteigen zu machen von dem phantastischen Kothurn, auf dem sie der Masse des Publikums erscheinen, sie in die reale Welt, wo gehaßt und geliebt, gesägt und gezimmert, phantasiert und geschwindelt wird, den Lesern zu versetzen – und darum mußte der Konsul ein Bürgermeister werden…“5 Dieser realistische und aktualisierende Ton, der naturgemäß auf die Indignation vieler Fachgenossen stieß, ist nicht auf die römische Geschichte beschränkt geblieben. Rund 30 Jahre später, 1884, legte der in Erlangen lehrende Althistoriker Robert Pöhlmann seine Untersuchung Die Überbevölkerung der antiken Großstädte im Zusammenhange mit der Gesammtentwicklung städtischer Civilisation vor, in welcher er die Überbevölkerung als „sociale Krankheitserscheinung“ analysierte und den Zusammenhang von städtischem Reichtum und sozialem Elend mit Zitaten aus dem Kapital von Marx untermauerte.6 Pöhlmanns Hauptwerk, die Geschichte der sozialen Frage und des Sozialismus in der antiken Welt, führte diesen Konnex von sozial-ökonomischen Bedingungen und Gegenwartsfragen bewußt fort,7 eine eigenwillige und oft kritisierte Darstellung antiker Klassenauseinandersetzung, über deren Kritik nur zu oft die reale Materialgrundlage der Argumentationen übersehen wird, die Pöhlmann erschlossen hatte.8
Zu den vehementesten Kritikern Pöhlmanns zählte auch Karl Kautsky, und die Heftigkeit seiner Auslassung wird verständlich, wenn man bedenkt, daß der Althistoriker sich von seinem Material und seinem Spezialgebiet her auf ein Terrain wagte, für das Personen wie Kautsky Kompetenz beanspruchten.
Die Auseinandersetzung mit Pöhlmann,9 die nicht eben zimperlich geführt wurde, leitet zu der Frage über, was Kautsky denn nun von der Antike und ihren Publikationen überhaupt wahrgenommen und wie und mit welchem Interesse er sie verwertet hat. Wenn unsere idealtypische Aufteilung in einen bürgerlichen Neuhumanismus mit stark literarischem und ästhetischem Einschlag auf der einen und einem historischen Realismus, der nun freilich auch von bürgerlichen Kreisen getragen wurde, auf der anderen Seite halbwegs zutreffend ist, dann lassen sich die Präferenzen Kautskys leicht einordnen.
Die an der Antike orientierte humanistische Bildung war wichtiger Bestandteil der bürgerlichen Weltanschauung im 19. Jahrhundert, für deren Verbreitung die Architektur, die schönen Künste, aber auch Wissenschaften wie die Nationalökonomie, die Jurisprudenz und die Staatswissenschaften Zeugnis ablegten.10
Für sie alle bildete die Antike ein vielfältiges Beziehungs- und Legitimationsreservoir, freilich in unterschiedlicher Dichte und, aufs Ganze gesehen, mit abnehmender Tendenz. Es ist von diesem Bildungs- und Legitimationshorizont her verständlich, daß sich Marx und Engels in vielfältiger Weise auf antike Verhältnisse bezogen, sich in einzelnen Punkten auch mit der Forschung auf dem Gebiet der Philosophie und Geschichte auseinandergesetzt und sie für ihre Zwecke benutzt haben.11 Auf welche Weise sie die Antike in ihr philosophisches und historisches Weltbild eingebaut haben, darauf ist hier nicht näher einzugehen; aber ohne Zweifel hat Kautsky den instrumentellen und eklektischen Charakter seiner Beschäftigung mit der Antike von ihnen übernommen. Es ging ihm nicht um die Antike als solche, sondern um den historischen Prozeß insgesamt, um Lebensbedingungen und ökonomische Strukturen, deren Erhellen auch die Gegenwart ins rechte Licht rückte.
Dieser permanente Gegenwartsbezug ist greifbar in seinen drei Hauptwerken, in denen er antike Verhältnisse ansprach. In seiner Untersuchung über Die Vorläufer des neueren Sozialismus waren es Platon und die urchristliche Utopie, für die er den historischen Gesamtrahmen bereitstellte. In seinem vielgelesenen Buch Der Ursprung des Christentums versuchte er, die christliche Religion als Resultante antiken und jüdischen Erbes zu verstehen und die christliche Botschaft von ihren historischen Voraussetzungen her zu relativieren. Sein großes Florilegium Die materialistische Geschichtsauffassung, von den drei Werken wahrscheinlich das bizarrste und angreifbarste, entwickelt im Anschluß an Engels in seinem zweiten Teil den Übergang von der Stammesorganisation zum Staat als gesellschaftliche Zwangsorganisation, eine Entwicklung, die durch antike Beispiele vielfältig untermauert wird. Weniger bekannt, aber darum nicht weniger aussagekräftig sind die Notizen bei Wege, die Kautskys kenntnisreiches und selbständiges Urteil in de...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Teil I: Theorie
  5. Teil II: Politik
  6. Teil III: Wirtschaft
  7. Teil IV: Rezeption
  8. Personenregister
  9. Sachregister