Horst Hawemann - Leben üben
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Horst Hawemann - Leben üben

Improvisationen und Notate

  1. 230 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Horst Hawemann - Leben üben

Improvisationen und Notate

Über dieses Buch

Für den großen Theaterlehrer Horst Hawemann, Regisseur und langjähriger Lehrer an der renommierten Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" in Berlin, war das Leben selbst die unerschöpfliche Quelle für das Handeln auf der Bühne. Wie kaum ein anderer hat er es verstanden, mit Alltagssprache zu spielen. Den stattlichen Fundus seiner praktischen Übungen und "Nummern", die er den Spielern im Unterricht und auf der Probe angeboten hat, führt nun dieses Buch erstmals zusammen, begleitet von Kommentaren, in denen er seine "improvisierende Methode" erläutert. Ein unentbehrliches Übungsbuch für den Schauspielunterricht, die Improvisation oder beim Inszenieren.

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III

MIT SPRACHE HANDELN

Das handelnde Wort

Der Weg zur Sprache ist die Handlung. Das Wort bewegt den Satz. Es handelt. Der Beweis ist die Sammlung zum „Wort“:
Jemandem ins Wort fallen …
Das Wort verbieten. Das Wort gestatten.
Worte verschlucken. An Worten ersticken.
An Worten hängen.
Es mangelt an Worten. An den richtigen.
Zu Wort kommen. Oder nicht.
Kein Wort mehr! Ein Wort zu viel!
Sich an Worten berauschen. Aufgeilen.
Mit Worten einwickeln.
An Worten verzweifeln.
Das Wort im Mund verdrehen.
Mit Worten verletzen. Mit Worten fertig machen.
Kein Wort herausbringen.
Über Worte stolpern.
Worte, Worte, nichts als Worte.
Denk an meine Worte.
Das Wort auf der Zunge zergehen lassen.
Immer nur Worte.
Sein Wort geben.
Das Wort nehmen. Das Wort abgeben.
Das Wort halten.
Das letzte Wort. Das erste Wort.
Zu viele Worte machen.
Dafür gibt es keine Worte.
Mit einem Wort gesagt.
Es fällt auf, wie viele Worte es über den Gebrauch von Wörtern gibt. Einmal gesammelt, kann man sie oft als Idee für die Sprachbehandlung anwenden. Man kann Sprache sinnlich spüren, z. B. „ein Wort auf der Zunge zergehen lassen“. Also: Das Wort schmecken, genießen. Will man mit Worten verletzen, dann müssen sie auch treffen, Wunden hinterlassen, Spuren. Das ist ein starker Vorgang. Übrigens: Man versuche einmal, eine ähnliche Sammlung von Zusammensetzungen zu machen – und was entdeckt man?
Wortblasen!
Widerworte!
Machtwort!
Wortsalat!
Wortverdreher!
Reizwort!
Schlusswort: „Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns nun endlich Taten sehen.“
Befreit man sich von etwas, hat eine Befreiung stattgefunden!
Wird man belastet, weiß man schließlich, was eine Belastung ist!
Bricht etwas aus oder heraus, hat man den Ausbruch kennengelernt!
Wird man bedroht, hat man erfahren, was eine Bedrohung ist.
Demütigt man mich, habe ich eine Demütigung erlebt.
Das Befreien und das Bedrohen sind eine Handlung, während die Befreiung und die Bedrohung ein Resultat sind. Man kann natürlich auch sagen: Es findet eine Befreiung statt. Das wäre auch ein Prozess. Aber warum nimmt man nicht gleich das starke handelnde Verb? Das aktiviert. Das macht den Vorgang spürbarer und empfindsamer, zudem auch körperlicher und konkreter. Man verwechselt auch nicht Handlung und Gefühl. Das „Befreien“ ist weniger Gefühl als die „Befreiung“. Man handelt sich zu einem Gefühl hin. Man handelt sich ein Gefühl ein!
Nummer: Die einfache körperliche Erfahrung einer „Befreiung“
Eine Ausprobiererin wickelt sich in einen Vorhang und verschwindet völlig in ihm. Befragt, was sie in dieser Situation bemerkt, soll sie einfache konkrete Auskünfte geben wie:
Ich sehe nichts oder nur schwarz…
Ich höre nichts oder nur wenig…
Ich kann mich kaum bewegen…
Ich kann kaum atmen oder nur schwer…
Jetzt kann sie sich aus der Umwicklung herausschälen – also befreien. Sie sieht wieder und nicht nur schwarz, sie hört und bewegt sich, atmet freier. Sie empfindet die Befreiung als ein Gefühl, als ein Gegenteil von Begrenzung. Sie hat diese Erfahrung auf einem sehr einfachen Weg gemacht, der aber sehr sinnlich ist. „Befreien“ heißt also, Begrenzungen loswerden!
Natürlich weiß man das. Aber wie viele Dinge weiß man, kennt man und hat sie doch noch nie sinnlich erfahren. Also sollte man sich diesen kleinen physischen Umweg zur Befreiung gestatten.
Varianten der „Befreiung“:
Das Öffnen des oberen Hemdknopfes kann durchaus eine besondere Form der Befreiung, in bestimmten Kreisen sogar ein Protest sein.
Vom Ausziehen weiß man, wie befreiend das sein kann. In manchen Fällen allerdings auch entblößend.
Wie ist das mit dem Fluchen? – Man befreit sich Wort für Wort, und der ganze ausgespuckte Satz ist die Befreiung.
Wie befreit man sich von einem Partner? So: Man braucht den Platz, nicht nur räumlich, der durch den Partner besetzt war, für seine Freiheit! Die Methoden einer solchen Befreiung sind sehr unterschiedlich.
Wer solche einfachen Übungen, sich zu befreien, einmal gemacht hat, wird eine Erfahrung haben, die er für kompliziertere Befreiungen nutzen kann. Er hat das Wesentliche erfahren. Griffig formuliert: Man muss das Eine loswerden, um das Andere zu bekommen.

Arrangement macht Haltung oder Die Macht der Worte

Hinterm Rücken finden Intrige, Kabale, Mobbing statt, werden Pläne geschmiedet, wird Politik gemacht und manche Entscheidung getroffen.
Ins Gesicht gesagte Worte sind Worte, die wichtig sind. Es hat mit Mut, Überwindung, Stolz, Rebellion oder Verzweiflung zu tun. Es zeigt Haltung.
An der Schulter findet man Halt oder seine Haltung wieder. Notwendige Nähe.
Im Griff hat man sich oder eine Sache. Davor gab es Probleme, die einen ins Wanken brachten. Die Haltung ist eher eine innere.
In der Umarmung kommt man sich näher, während man in der der Umklammerung nach Luft ringt.
Die hier beschriebenen Haltungen sind Folgen von Handlungen und diese haben wiederum Folgen für das Handeln. Sie zeigen sich in Beziehungen. Diese Beziehungen sind dargestellt in einem körperlichen oder räumlichen Arrangement. Vorschlag: Man stelle das Arrangement auf die Szene und lasse es die Spieler empfinden und entwickeln. Haltungen werden gefunden. Worte. Fragen.
Leute reden hinterm Rücken, unter vier Augen, hinter vorgehaltener Hand, durch die Blume, ins Ohr und sagen etwas direkt ins Gesicht, sprechen aneinander vorbei. Wörter werden fallen gelassen, herumgeschmissen, vor die Füße und um die Ohren gehauen, dringen ein, gehen daneben … Es sind zumeist Situationen, die Sätze formen. Was kann man nur durch die Blume sagen oder unter vier Augen? Die räumlich-körperlichen Beziehungen, also die Arrangements, führen zu Worten. (Geht man von einem vorliegenden Text aus, ist das umgekehrt.) „Händchen halten“ erzählt doch schon etwas – und nicht nur, dass die Händchen gehalten werden. Die Worte kommen dazu, wenn das „Händchen halten“ sie braucht, um sich zu entwickeln. Das Körperliche ist der Anfang.
Übrigens: Jede Beziehung beginnt mit dem Abstand und entwickelt sich durch Vergrößerung oder Verringerung dieses Abstandes.„Schau mir in die Augen“ kann doch nur ein Anfang sein, wie lange das auch immer stattfindet. Aber es kann nicht so bleiben. Was dann irgendwann gesagt wird, bezieht sich immer auf diesen Anfang. Natürlich handelt auch die Atmosphäre mit, die Stimmung. „Sag es mir ins Gesicht!“ birgt ganz sicher auch eine Stimmung, die ein entsprechendes Arrangement braucht. Wobei nicht unbedingt die Nähe gemeint ist. Die steht schon im Satz. Es wird zu einer Haltung aufgefordert.
Welche Sätze entstehen, wenn einer einem anderen „an den Kragen“ will oder ihn „im Griff“ hat, ihm „um den Hals“ fällt, an ihm „klebt wie eine Klette“, sich „an ihn klammert“ und „nicht loslassen“ kann? Auch hier gilt: Bemerken und empfinden beim Machen, nicht sofort eilfertig ausführen! Man kann sich auch mit Sätzen „aus dem Wege gehen“ oder „in den Weg stellen“, sich zu „nahetreten“ oder sogar „auf die Füße“. Man kann sich mit Sätzen „querstellen“ oder jemandem „an die Gurgel springen“, wenn man ihm vielleicht vorher Sätze um die „Ohren gehauen“ hat, bevor man ihn damit „erschlägt“, also mit „Worten umbringt“.

Sätze über Sätze

Es ist wichtig, Sätze in der Arbeit auch mal wörtlich zu nehmen, pur zu nehmen als Möglichkeit des Ausdrucks.
Da kommt was auf mich zu.
Das haut mich um.
Das ist umwerfend.
Ich muss die Dinge in die Hand nehmen.
Ich hab dich so satt.
Was heißt das? Welche Vorgänge haben dazu geführt? Wie sieht das aus? Wie geht’s weiter?
Nicht bebildern, sondern den stark verdichteten Ausdruck wieder aufdröseln, wieder aufmachen. Bei Shakespeare z. B. kann man im Wörtlich-Nehmen große Szenen finden. „Beim Wort nehmen.“, das ist auch so ein Satz. „Ich nehme dich beim Wort“: Wie macht man das? Was ist das? Oder: „Das ist noch nicht das letzte Wort.“ Einfach mal anhalten und fragen: Was ist das letzte Wort? Ein Satz, der überhaupt keine Fragen erzeugt, ist sowieso ein dämlicher. Da muss kein Fragezeichen am Satzende stehen.
Ein weiteres Beispiel: „Es geht mit mir zu Ende.“ Wie viel Zeit brauche ich für die Darstellung dieses Satzes. Was ist das „Es“? Befragen, spielerisch befragen. Nicht inhaltlich erklären. Das ist manchmal müßig. Weil jeder sagen wird: „Es geht zu Ende. Weiß ich.“ Oder: „Ich verstehe, was damit gemeint ist.“ A...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Impressum
  3. Titel
  4. Inhalt
  5. Prolog
  6. Vorwort
  7. I ARBEITSBEGRIFFE
  8. II DIE SAMMLUNG
  9. III MIT SPRACHE HANDELN
  10. IV ALLES HANDELT MIT
  11. V EIN DIALOG IST MEHR ALS EIN GESPRÄCH
  12. VI ERREGENDE VORGÄNGE
  13. VII WIE ENTSTEHT EINE FIGUR?
  14. VIII AM ANFANG IST IMMER EIN RAUM DA
  15. IX DIE PROBE
  16. X AUSKÜNFTE
  17. Nachwort