
eBook - ePub
Heilende Beziehung
Dialogische Gestalttherapie
- 240 Seiten
- German
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Heilende Beziehung
Dialogische Gestalttherapie
Über dieses Buch
Die dialogische Philosophie Martin Bubers gehört zu den wichtigsten Quellen der Gestalttherapie. Sie hat nicht nur Auswirkungen auf das Verständnis von der therapeutischen Beziehung, sondern z.B. auch auf Fragen der Diagnostik und Technik gehabt.Die in diesem Buch zusammengestellten Texte geben einen Eindruck von der Person Martin Bubers und seinem Werk und befassen sich eingehend mit jenen Dimensionen der gestalttherapeutischen Theorie und Praxis, die durch sein Denken maßgeblich beeinflusst wurden.
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Information
Gary M. Yontef
GESTALTTHERAPIE ALS DIALOGISCHE METHODE1
Die Theorie der Gestalttherapie ist eine Theorie darüber, woraus eine gute Psychotherapie besteht. Sie integriert Vorstellungen, Beobachtungen und Techniken aus verschiedenen Quellen; deshalb wird der Leser im folgenden manches finden, das nicht allein zur Gestalttherapie gehört.
Ein vollständiges System der Psychotherapie beinhaltet explizit oder implizit folgende Elemente: 1. eine Theorie des Bewußtseins, wozu auch ein Standpunkt gehört, welche Art von Bewußtheit oder Einsicht erstrebt wird, sowie eine Methodologie, dieses Ziel zu erreichen; 2. eine Einstellung bzw. eine Auffassung über die therapeutische Beziehung zwischen Therapeut und Patient; 3. eine wissenschaftliche Theorie.
Gestalttherapie kann als eine spezifische Verbindung von Prinzipien in diesen drei Bereichen bestimmt werden. Viele weitere Standpunkte von Gestalttherapeuten gehören nicht zum integralen Grundbestand der Gestalttherapie, z. B. allgemeine Ratschläge für das Leben, die oft von einem spezifischen »Zeitgeist« herrühren: »Mach deine eigene Sache«. Ebensowenig ist eine spezielle Technik (wie Kissen schlagen oder zu einem leeren Stuhl reden) oder ein spezieller Stil (wie Einzeltherapie im Rahmen der Gruppe) wesentlich (vgl. L. Perls 1978). Wesentlich ist, woraus eine gute Psychotherapie als Ganzes im Kern besteht.
Eine Definition der Gestalttherapie
Gestalttherapie ist ein System der Psychotherapie mit einer operationalen phänomenologisch-existentiellen Methodologie, um die für die organismische Selbstregulierung erforderliche Bewußtheit (Awareness) zu vergrößern. Die Methodologie ist ein vereinigtes Ganzes, in dem eine dialogische, existentielle Beziehung und ein experimentelles, phänomenologisches Erklären die beiden Aspekte sind.
Die drei Prinzipien der Gestalttherapie
Gestalttherapie wird durch drei Prinzipien getragen. Jede durch sie bestimmte Therapieform wäre von Gestalttherapie nicht zu unterscheiden, ungeachtet der Bezeichnung, der Technik oder dem Stil des Therapeuten; keine Therapie, die eines dieser drei Prinzipien verletzt, ist Gestalttherapie. Und jedes der drei Prinzipien, sofern es genau und voll verstanden ist, schließt die beiden anderen mit ein.
- Gestalttherapie ist phänomenologisch, ihr einziges Ziel ist Bewußtheit (Awareness), ihre Methode begünstigt die Erweiterung der Awareness (vgl. Yontef 1976).
- Gestalttherapie basiert vollständig auf einem dialogischen Verständnis von Beziehung, dem Rhythmus von Kontakt und Rückzug zwischen dem Ich und dem Du.
- Die begriffliche Grundlage oder Weltanschauung der Gestalttherapie bildet das »Gestaltkonzept«, das dem Holismus und der Feldtheorie entwachsen ist.
Unsere Theorie der Beziehung basiert auf einem dialogischen Existentialismus, unsere Methode der Awareness auf der Phänomenologie, die wissenschaftliche Theorie der Gestalttherapie auf der Feldtheorie. Die Feldtheorie ist wichtig für das Verständnis mehrerer zentraler Begriffe, wie »jetzt«, »Prozeß«, »Polarität«. Der vorliegende Beitrag erörtert das zweite Prinzip in seiner Beziehung zum ersten.
Warum eine Abhandlung über den Dialog?
Was ist ein Dialog? Im allgemeinen Sprachgebrauch ist es ein Miteinander-Reden. Ein existentieller Dialog geschieht, wenn zwei Personen sich als Personen begegnen, wobei jede Person auf die andere einwirkt und auf sie reagiert. Das ist keine Aufeinanderfolge von vorbereiteten Monologen. Ein Dialog ist eine spezielle Form von Kontakt. In diesem letzteren Sinne wird dieser Terminus in der Gestalttherapie verwendet. Der Ausdruck »existentieller Dialog« bezeichnet ein Verhalten, das eine Ich-Du-Beziehung beinhaltet (Friedman 1976b). »Dialog« wurde in der Gestalttherapie ausgeweitet, um eine Begegnung von zwei Personen als Personen auch ohne Worte durch Gesten oder nonverbale Laute einzubeziehen. Ein Pianist vollzieht einen Dialog mit dem Orchester, oder zwei Tänzer bewegen sich im Dialog; beides geschieht ohne Worte.2
Seit ihren Anfängen betonte die Gestalttherapie, das wichtigste Werkzeug in der Behandlung sei die aktive Gegenwärtigkeit des Therapeuten. Damit geschah ein Abweichen von der traditionellen Rolle des Psychoanalytikers. Er verhielt sich passiv, und Interpretationen waren die einzige Form des Kontaktes zwischen Therapeut und Patient. Die Funktion der Übertragungsneurose in der Psychoanalyse übernimmt der Ich-Du-Dialog in der Gestalttherapie. Während wichtige Ziele der herkömmlichen Psychoanalyse und der Gestalttherapie ähnlich sind, ist die Definition der Beziehung unterschiedlich.
Obwohl der Sprachgebrauch in der frühen Literatur der Gestalttherapie sich von dem hier verwendeten unterscheidet und zudem nicht sehr präzise war, so war doch schon die frühe Form eine Therapie durch den Dialog. Perls selbst (1980) verweist für das »I and Thou in the Here and Now« auf Buber und Marcel als Gewährsmänner, wenn auch das Wort »Dialog« bei ihm und anderen Gestalttherapeuten in entsprechendem Kontext nicht explizit auftaucht (vgl. Enright 1975; Kempler 1965, 1966, 1967, 1968, 1973; F. Perls 1947, S. →, →, 185; F. Perls et al. 1951, S. XI-XII; Polster 1966; Polster and Polster 1973; Shostrom 1967; Simkin 1962, 1976; Yontef 1969, 1976). Es fehlte damals eine theoretische Ausarbeitung, wie es bei vielen Konzepten der Gestalttherapie der Fall war. In der Praxis der Gestalttherapie wurde zwar die Gegenwärtigkeit des Therapeuten ausgeübt, womit die Behandlung durch den Dialog ihren Anfang fand. Aber dieser Gegenwärtigkeit fehlte oft die Anleitung durch klare theoretische Reflexion. Ohne eine genaue Bestimmung gab es natürlich eine verminderte Zuordnungsmöglichkeit.
Im ersten Teil dieser Abhandlung sollen die Hauptkonzepte zum Verständnis des Dialogs in der Psychotherapie erörtert werden. Im zweiten Teil werden die Charakteristika der Ich-Du-Beziehung behandelt.
Phänomenologie und Awareness
Die Literatur der Gestalttherapie hat das erste Prinzip betont als Methode für eine erweiterte Bewußtheit. Zahlreiche Artikel erörtern den Ansatz der Gestalttherapie im Hinblick auf das Ziel der Awareness und die Techniken, Übungen und Experimente, die für die Arbeit an der Awareness verwendet werden (Hatcher and Himelstein, Hg., 1976; F. Perls 1947, 1948, 1951, 1973; L. Perls 1956; Polster 1966; Polster and Polster 1973; Zinker 1977). In dieser Literatur fehlte lange Zeit eine mehr technische Erörterung der Awareness selbst.3 Eine solche Erörterung begann mit »Gestalt Therapy: Clinical Phenomenology« (Yontef 1976), dessen Inhalt zum leichteren Verständnis unserer Erörterung des zweiten Prinzips im folgenden kurz zusammengefaßt dargestellt werden soll.
Awareness ist eine Form des Erfahrens. Es ist der Prozeß, in wachem, aufmerksamen Kontakt zu stehen mit den wichtigsten Vorgängen in dem Feld von Individuum / Umwelt bei voller sensomotorischer, emotionaler, kognitiver und energetischer Unterstützung. Ein fortlaufendes und nicht unterbrochenes Kontinuum der Awareness führt zu einem Evidenzerlebnis, zu einem unmittelbaren Begreifen der offensichtlichen Einheit von disparaten Elementen in dem Feld. Neue sinnhafte Ganzheiten werden durch bewußten Kontakt geschaffen. Somit ist die Awareness in sich bereits die Integration und Lösung eines Problems.
- Folgesatz: Awareness ist nur dann wirksam, wenn sie im vorherrschenden gegenwärtigen Bedürfnis des Organismus verankert ist und von ihm angetrieben wird.
- Folgesatz: Awareness ist unvollständig, wenn man nicht die Wirklichkeit der konkreten Situation unmittelbar kennt und nicht weiß, wie man sich in ihr befindet. Awareness ist verbunden mit der Haltung des Zu-sich-selbst-Bekennens (Owning). Jeder kann die Kontrolle über, seine Wahl von, seine Verantwortung für sein Verhalten und seine Gefühle kennen und anerkennen.
- Folgesatz: Awareness ist immer Hier und Jetzt und immer sich verändernd, sich entwickelnd und sich selbst überschreitend.
Die Menschen regulieren sich selbst entweder durch Gewohnheit (eine Regulierung unterhalb der Schwelle der Awareness) oder durch bewußte Wahl. Awareness ist das Mittel, durch das ein Mensch sich durch Wahl regulieren kann. Der Weg der Gestalttherapie, den Prozeß der Awareness kennenzulernen, geht über die Phänomenologie. Unser Ziel ist, so viel zu lernen, daß sich die für die organismische Selbstregulierung erforderliche Awareness entwickeln kann.
Phänomenologie ist Nachzeichnen und Verstehen, ausgehend von dem, was offensichtlich ist, was sich in der Situation zeigt; zur Situation gehören der Organismus ebenso wie das Umfeld. Sie geht nicht aus von den Interpretationen des Beobachters. Der Phänomenologe betrachtet das Offensichtliche als »gegeben«. Seine Arbeit besteht darin, in die Situation erlebnismäßig einzutreten, um durch seine Sinnesbewußtheit (sensory awareness) entdecken zu können, was offensichtlich/gegeben ist. Das erfordert eine Schulung, insbesondere zu fühlen, was gegenwärtig ist, was ist, wobei keinerlei Fakten im voraus ausgeschlossen noch eingeschlossen werden.
Die phänomenologische Einstellung besteht darin, vorgefaßte Meinungen über das, was relevant ist, zu erkennen und auszuklammern. Ihre Art zu beschreiben verbindet beobachtetes Verhalten mit erfahrungsmäßigen persönlichen Berichten. Eine phänomenologische Exploration erstrebt eine zunehmend klare und detaillierte Beschreibung dessen, was ist, und vernachlässigt, was sein würde, sein könnte, war, sein sollte.
Man versäumt oft zu sehen, was gerade unmittelbar vor einem ist, und man begreift es nicht. Stattdessen verliert man sich in Vorstellungen, Argumenten, Träumereien. Der Unterschied zwischen einer solchen gefilterten Wahrnehmung und einem unmittelbaren, voll körperlichen »Begreifen« der gegenwärtigen Situation kann am besten von jemandem verstanden werden, der sich um eine esoterische Lösung bemüht hat und stattdessen die Freude eines einfachen und offensichtlichen Aha! erlebte.
Die Phänomenologie der Gestalttherapie ist eine experimentelle Phänomenologie, die, teilweise von der Gestaltpsychologie kommend, anstelle von Erklärungen und Interpretationen das Experiment in seiner Selbstevidenz setzt.
Kontakt
Kontakt ist der wichtigste Aspekt des zweiten Prinzips. Kontakt umfaßt den gesamten Prozeß, sich selbst und den anderen anzuerkennen, und zwar durch Verbindung/Verschmelzung ebenso wie durch Trennung/Rückzug. Dieser Kontakt erfordert, den Unterschied zwischen sich und dem anderen anzuerkennen (Perls 1948, 1973; Polster und Polster 1973; L. Perls 1978). Kontakt umfaßt vier Merkmale: Verbinden, Trennen, Bewegen und Awareness.
Obwohl der Ausdruck »Kontakt« den Prozeß von Verbindung und Trennung bezeichnet, wird er leicht mißbräuchlich verwendet, wenn aus dem gesamten Prozeß lediglich der Aspekt der Verbindung angesprochen ist. Hier, wie auch sonst gewöhnlich in der Gestalttherapie, wird mit dem Ausdruck »Kontakt« genauer der Prozeß von Kontakt / Rückzug bezeichnet.
Die Person existiert in einem Individuum/Umwelt-Feld. Das Feld wird durch Grenzen kenntlich. Eine Grenze ist ein Prozeß von Trennung und Verbindung zugleich. Die Grenze, die eine Person von ihrer Umwelt abtrennt, wird Ich-Grenze genannt. Indem das Individuum sich (Ich) von dem, was Nicht-Ich ist, abgrenzt, bestimmt es sich selbst als identisches Individuum. Durch die Verbindung mit der Umwelt nimmt es Nahrung auf und scheidet Überflüssiges aus. Der Kontakt-Prozeß ist das »Organ der Begegnung« (Perls et al. 1951), die Auseinandersetzung mit der Umwelt.
Wirksame Grenzen sind durchlässig und gestatten Transaktionen zwischen dem Organismus und der Umwelt. Eine geschlossene Grenze ist wie eine Mauer, hinter der sich der Organismus gegen die Außenwelt abschließt und Isolierung hervorruft. Die Person versucht, sich selbst zu genügen, sich selbst zu nähren. Eine zu offene Grenze bedroht die autonome Existenz durch den Verlust der ausgesonderten Identität, es tritt Verschmelzung ein. Die Person ist nicht mehr zu unterscheiden. Eine funktionsfähige Grenze erfordert einerseits genügend Durchlässigkeit, damit Nahrung aufgenommen werden kann, und andererseits genügend Undurchlässigkeit, damit Autonomie aufrechterhalten wird und Unbrauchbares ferngehalten wird. Funktionsfähige Grenzen sind flexibel genug, sich in verschiedenen Stufen von Offenheit/Geschlossenheit frei zu bewegen. Die Wiederherstellung der Regulierung gestörter Grenzen, die Sanierung des Rhythmus zwischen den polaren Extremen Verschmelzung und Isolierung kommt durch Awareness zustande.
Der Kontakt-Prozeß ist »die Arbeit, die Assimilierung und Wachstum bewirkt«, er ist »das Herausbilden einer Figur des Interesses gegen einen Grund oder Kontext des Organismus/Umwelt-Feldes« (Perls et al. 1951, S. →f). Jacobs bemerkt dazu: »Diese Definition enthält zwei wesentliche Merkmale des Kontakts: Erstens, Kontakt führt unvermeidlich zu Leben und Wachsen. Zweitens, Kontakt impliziert ein Verhalten, das eine Beziehung zu der Figur des Interesses herstellt, d.h. man muß sich entweder auf diese Figur hinbewegen oder sich von ihr entfernen« (Jacobs 1978, S. →).

Isolierung bildet den polaren Gegensatz zu Verschmelzung, die die Abwesenheit von Kontakt aufgrund eines Mangels an Trennung ist (Synonyme sind Fusion oder Konfluenz). Wir verstehen Kontakt am einfachsten als die Bewegung zwischen Verbindung und Trennung (vgl. Abbildung).
Wenn ein Mensch Kontakt aufnimmt, so hat er eine Verbindung und behält zugleich seine eigenständige Existenz, seine Autonomie. Wenn zwei Menschen miteinander in Kontakt treten, so stehen sie in einer Verbindung, die zeitweilig verschmelzend sein kann und trotzdem gestattet, die eigenständige Identität zu behalten. Während man sich unbeschadet einseitig verbinden und sich trennen kann von einem nicht-reagierenden Wesen, sei es unbelebt oder eine nicht kontaktbereite Person, ist demgegenüber ein voll entwickelter menschlicher Kontakt ein wechselseitiger Prozeß. Eine dialogische Beziehung ist eine spezielle Form dieses wechselseitigen Kontakts. Im dialogischen Kontakt ist die Figur des Interesses für beide Beteiligten die Interaktion mit dem anderen als dieser unverwechselbaren Person.
Die Personen zeigen einen Teil von sich selbst, wie es jeweils ihrem Bedürfnis und den Erfordernissen der Situation entspricht. Andere Aspekte bleiben im Hintergrund. Indem die Situation sich ändert, wird ein Teil des bisherigen Hintergrundes relevant und wird mitgeteilt. Durch die Bewegung auf den anderen zu und von ihm fort werden also mit der Zeit verschiedene Aspekte des Selbst mitgeteilt. Ohne Bewegung würden bestimmte Aspekte des Selbst im Hintergrund fixiert und wären nicht zugänglich. Damit wäre auch die Verbindung fixiert, sie würde zum Stereotyp. Ohne Bewegung findet keine Awareness statt, es gibt nur Feststellung des Gewohnten und Isolation.
Der Isolierte zieht sich andauernd und gewohnheitsmäßig von der Grenze zurück und hat keine Verbindung zur Umwelt, eine schützende Mauer tritt zwischen das Selbst und die Außenwelt. Aus phänomenologischer Sicht gibt es dann keinen »anderen«, von dem er sich unterscheiden könnte. Aber ohne Beziehung, ohne »anderes« kann ein Mensch nicht bestehen, nicht existieren – d. h. eine abgegrenzte Person sein und sich lebendig fühlen. Um diese Isolierung zustande zu bringen und trotzdem leben zu können, muß eine Person sich aufspalten und Beziehungen zwischen Teilen seines Selbst entwickeln (Retroflektion). Selbstbespiegeln und Reden mit sich selbst sind Beispiele isolierender Verhaltensweisen. In der Retroflektion, die eine Wendung gegen sich selbst ist, entwickelt ein Mensch immer Beziehungen in der Phantasie, um den fehlenden äußeren Kontakt zu ersetzen. Gewöhnlich ist er konfluent mit irgendwelchen introjizierten Bildern von »anderen«. Er erlebt ein Verlangen nach...
Inhaltsverzeichnis
- Inhaltsverzeichnis
- Zur Künstlerin des Covers: Georgia von schlieffen
- Frank-M. Staemmler / Erhard Doubrawa: Vorwort
- Heik Portele: Martin Buber für Gestalttherapeuten Fritz und Laura Perls und Buber
- Gary M. Yontef: Gestalttherapie als dialogische Methode
- Rich Hycner: Für eine dialogische Gestalttherapie Erste Überlegungen
- Rich Hycner: Die Ich-Du-Beziehung Martin Buber und die Gestalttherapie
- Lynne Jacobs: Ich und Du, hier und jetzt Zur Theorie und Praxis des Dialogs in der Gestalttherapie
- Frank-M. Staemmler: Die Kraft der Beziehung Was eine Gestalttherapie in Bewegung hält
- Frank-M. Staemmler: Kultivierte Unsicherheit Gedanken zu einer gestalttherapeutischen Haltung
- Stephen Schoen: Der Vogel singt wieder Ein Kapitel aus dem Roman »Greenacres« mit Einführung und Bemerkungen
- Renate Becker: Gestalttherapie und die Wiederverzauberung der Welt
- Erhard Doubrawa:Die Politik des Ich-Du Der Anarchist Martin Buber
- Rich Hycner / Erving und Miriam Polster: Die dialogische Dimension der Gestalttherapie
- Das Interview
- Edition der Gestalt-Institute Köln & Kassel (GIK) im Hammer Verlag hg. v. Erhard Doubrawa
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