Wiederaufnahme
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Wiederaufnahme

Lübbecke 1933 - 1945

  1. 356 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Wiederaufnahme

Lübbecke 1933 - 1945

Über dieses Buch

Warum gibt es in der kleinen Stadt Lübbecke in Westfalen eine Karl-Haddewig-Straße, aber keine Von-Borries-Straße und keine Ernst-Meiring-Straße? Was sagt uns eine Reihe von ehemaligen Fabrikgebäuden und Fabrikantenvillen im Stadtbild?Was geschah mit den einst florierenden Kleiderfabriken Nathan Ruben K. G. und A. Hecht K. G. mit ihren über 200 Mitarbeitern? Wer gehörte der einst vitalen jüdisch gläubigen Gemeinde in Lübbecke an und was widerfuhr den einzelnen Menschen?Dieses Buch möchte erinnern an die Entrechtung, Verfolgung, Vertreibung und Verschleppung Andersdenkender, Andersgläubiger und der Menschen, die im Altkreis Lübbecke den Mut hatten, 1933 - 1945 gegen den Strom zu schwimmen.Anhand von Quellen wird nachgezeichnet, wie der rücksichtslos agierende ehemalige Kreisleiter der NSDAP und der seine preußischen Tugenden in den Vordergrund stellende ehemalige Landrat im Kreis Lübbecke die nationalsozialistischen Vorhaben mit großem Engagement und unnachgiebig in die Tat umsetzten. Auch wird die Frage beantwortet, wo sich der ehemalige Kreisleiter der NSDAP von März 1945 bis Anfang 1950 versteckt hielt.Nur wenigen Menschen sind die in diesem Buch geschilderten Sachverhalte bekannt. Der Verfasser möchte dazu beitragen, dass Vergangenes nicht vergessen wird - auch indem er Parallelen zu aktuellen Ereignissen aufzeigt und analysiert. Die oft unzulängliche juristische Aufarbeitung des Unrechts und die zur Farce geratenen Entnazifizierungsverfahren im Nachkriegsdeutschland sind ein weiteres umfassendes Thema dieses Buches. Schlussstrich! Vergessen! Nicht wieder aufrühren!Doch ist das eine Lösung?Nur lebendige Erinnerung schützt vor Wiederholung!

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Information

Jahr
2017
ISBN drucken
9783743177437
eBook-ISBN:
9783744843027
Auflage
3
Thema
History

Lebensläufe Lübbecker mit jüdischem Glauben ab 1933

In Lübbecke hatte sich im Laufe der vergangenen Jahrhunderte eine Vielzahl von Bürgern mit jüdischem Glauben niedergelassen. Der Verfasser möchte an dieser Stelle den Versuch unternehmen, einen Überblick über die jüdische Einwohnerschaft Lübbeckes 1930 – 1945 und deren Schicksal zu geben. Dieser Überblick mag nicht vollständig sein. Im Falle von Auslassungen oder Unvollständigkeiten sind diese nicht wissentlich erfolgt. In einem solchen Fall bittet der Verfasser um Verzeihung und einen Hinweis. Der Überblick soll neben der wichtigen Erinnerung an das Unglück der hier erwähnten jüdisch gläubigen Menschen auch dazu dienen, die Aussage des ehemaligen NSDAP-Kreisleiters Meiring vor dem Spruchgericht 1950 zu widerlegen, in Lübbecke (1933 – 1945) hätten ohnehin lediglich nur noch wenige jüdische Familien gelebt. Die übrigen seien freiwillig fortgezogen. Meiring verschwieg dabei, dass auf Grund der Verfolgungen und Übergriffe seitens des Staates, der „GESTAPO“, der SA und SS viele jüdisch gläubige Familien in größere Städte in sog. „Judenhäuser“ umziehen mussten. Es wurden damit zwar keine größeren Gettos, wie in Polen, in der Tschechoslowakei oder den eroberten Gebieten der Sowjetunion, geschaffen. Allerdings erreichten die nationalsozialistischen Ämter und die „GESTAPO“ damit, dass alles übersichtlich blieb, bis sie die Aufforderung zur Deportation („Arbeitseinsatz im Osten“) erhielten. Andere jüdisch gläubige Familien erlangten ein Visum zur Einreise in die USA, nach Südafrika oder Großbritannien und konnten sich mit knapper Not noch rechtzeitig in Sicherheit bringen. Dass eine Flucht immer mit dem Verlust der Heimat, des eigenen Vermögens und der Staatsangehörigkeit verbunden war, sei nur am Rande erwähnt. Die Flüchtenden konnten in der Regel nur das eigene Leben retten. Das Vermögen wurde allen jüdisch gläubigen Menschen, derer der damalige deutsche Staat habhaft werden konnte, wie geschildert, in vielfältigen Varianten geraubt.
Bei dem vielfach von den Nationalsozialisten in Bezug auf die Verschleppung von Menschen mit jüdischem Glauben verwendeten Begriff „verzogen nach“ handelte es sich überwiegend um einen erzwungenen Umzug an einen anderen Ort. Erzwungene Umzüge erfolgten zum Teil auf Grund eines Runderlasses von Göring vom 28. Dezember 1938. Dort heißt es:
„[…] Der Führer hat auf meinen (Görings, d. Verf.) Vortrag folgende Entscheidung in der Judenfrage getroffen:
Unterbringung der Juden
1.a) Der Mieterschutz für Juden ist generell nicht aufzuheben. Dagegen ist es erwünscht, in Einzelfällen nach Möglichkeit so zu verfahren, daß Juden in einem Haus zusammengelegt werden, soweit die Mietverhältnisse dies gestatten. […]“401
Göring hatte zuvor am 14. Dezember 1938 per Runderlass alle wichtigen Entscheidungen, die Menschen mit jüdischem Glauben betreffend, an sich gerissen. Göring wollte vor allen Dingen die Wertsachen und Kunstgegenstände der jüdisch gläubigen Eigentümer erfassen und für sich selbst einen Großteil dieser Beute sichern.402
In einer Kleinstadt wie Lübbecke beispielsweise gab es keine jüdischen Hilfsorganisationen. Im Zeitraum 1933 bis zum Reichspogrom 1938 verließen viele Menschen jüdischen Glaubens die Kreisstadt Lübbecke, um in größeren Städten wie Bielefeld, Osnabrück, Hannover, Rheydt, Trier, Aachen oder im Landschulheim Herrlingen Wohnung zu nehmen. Ältere Menschen jüdischen Glaubens nahmen einen Platz in einem jüdischen Altersheim oder zogen zu Verwandten, jüngere Menschen mit jüdischem Glauben suchten einen Ort mit jüdischen Ausbildungsstätten.
Dieser Migrationsprozess hatte nichts mit dem Urbanisierungsprozess des 19. Jahrhunderts gemein, sondern war durch die antisemitische nationalsozialistische Ausgrenzungspolitik bedingt. Unter normalen, vielleicht demokratischen Bedingungen hätten Bürger mit jüdischem Glauben Lübbecke sicherlich nicht verlassen, sondern weiterhin das kulturelle Leben und das Wirtschaftsleben bereichert.
Nach dem Reichspogrom verstärkte sich dieser Verdrängungsprozess aufgrund der massiven Repressionsspolitik des „GESTAPO“- und SS-Staats und der endgültigen wirtschaftlichen Ausgrenzung zu einer weiteren Fluchtbewegung in andere deutsche Städte, europäische und außereuropäische Länder.403
Meiring gehörte dem Führungskorps der NSDAP an, somit dem engsten Kreis der Täter. Er sagte vor dem Spruchgericht am 07. November 1950 zu der Situation der jüdisch gläubigen Bevölkerung in Lübbecke im Jahre 1938 aus:
„[…] In Lübbecke waren etwa 5 oder 6 jüdische Familien, die zum Teil freiwillig abgewandert sind […]“404
Dass Meiring vor dem Schwurgericht eine solche unwidersprochene dämpfende Aussage in Bezug auf die in Lübbecke lebenden jüdisch gläubigen Familien machen konnte, hatte seinen Grund möglicherweise darin, dass 1950 die unfassbare Zahl der im Holocaust getöteten Menschen noch nicht bekannt war.
Meiring wollte selbstverständlich seine Rolle bei der von ihm mitgetragenen und vorangetriebenen Verfolgung der Menschen mit jüdischem Glauben im Kreis Lübbecke abschwächen.
Nach eigener Zählung auf Grund der dem Verfasser zur Verfügung stehenden Archivalien lebten zwischen 1930 und 1938 etwa 19 Familien jüdischen Glaubens mit insgesamt etwa 58 Personen in Lübbecke.405 Bei einer objektiven Betrachtung ist wohl eher von dieser Zahl auszugehen. Denn keine jüdische Familie hatte freiwillig Lübbecke verlassen.
Im Weiteren sagte Meiring zu den Übergriffen und Vertreibungen der jüdischen gläubigen Bevölkerung aus Lübbecke in seiner Aussage vor dem Spruchgericht am 07. November 1950 wörtlich:
„[…] Das Parteiprogramm und die Nürnberger Gesetze waren mir bekannt. Ich wusste, dass die Juden aus dem wirtschaftlichen und öffentlichen Leben – überhaupt aus dem deutschen Volkskörper – ausgemerzt werden sollten. […] Auch die Rede Hitlers 1939, dass die Juden im Falle eines erneuten Weltkrieges vernichtet würden, war mir bekannt.[…] In Lübbecke waren etwa 5 oder 6 jüdische Familien, die zum Teil freiwillig abgewandert sind, weil ihre Geschäfte wegen der Boykottmaßnahmen zurückgingen. Vom Abtransport der Juden habe ich gehört, mir aber über ihre Verfrachtung keine Gedanken gemacht. Ich wusste nicht, dass die Transporte nach Osten gingen und dort vernichtet wurden. […] Ich wusste nur, dass Bestrebungen im Gange waren, den Juden einen eigenen St...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. Danksagung
  4. Einleitung
  5. Karl Haddewig
  6. Kurt von Borries
  7. Ernst Meiring
  8. Meiring nach 1940
  9. Meiring nach 1950
  10. Menschen jüdischen Glaubens in Lübbecke und Praktiken des Regimes Teil I
  11. Menschen jüdischen Glaubens in Lübbecke und Praktiken des Regimes Teil II
  12. Lebensläufe Lübbecker mit jüdischem Glauben ab 1933
  13. Abkürzungen
  14. Geschlechterbezeichnung
  15. Literaturverzeichnis
  16. Quellenverzeichnis
  17. Impressum