So also fühlt es sich an, wenn man stirbt
Und irgendwie. Plötzlich. Irgendwie lasse ich jäh alles geschehen. Ich füge mich dem Sterben. Der letzte Atemzug scheint gekommen. Augenblicklich breitet sich ein besonderes Gefühl in mir aus: Ich kann meine eigenen Gedanken als Außenstehende beobachten. »So also, so also«, denke ich, »fühlt es sich an, wenn man vom Diesseits ins Jenseits übertritt.«
In diesem tobenden, alles und jeden mit sich reißenden Chaos des Untergangs breitet sich unsagbare Stille in mir aus. Gerade so, als würde man einen Film auf »Stopp« geschaltet haben. Ich verspüre keine Abwehr. Keine Angst. Nur Ruhe. Stille. Es geschieht – und ich lasse es geschehen – eine Welle in der Welle.
»Sana, willst du leben?« Ich höre sie deutlich und betont klar, diese mir bekannte Stimme. Es ist meine Stimme. Meine innere Stimme, die mir diese Frage stellt. Ein Moment des Abwartens. Eine Pause in der Pause.
Doch dann höre ich mich, höre meine Stimme klar und deutlich antworten: »Ja, ich will leben.« Mit dieser Antwort zerbricht die Stille. Der Film rennt weiter.
Meine Arme beginnen erneut zu ringen, um irgendwie auftauchen zu können. Arme, Beine, Gedanken – alles an mir arbeitet, um an die Oberfläche zu gelangen. Ich will leben. Ich will jetzt überleben.
Gleichzeitig schießt es mir durch den Kopf: die Tennisplätze. Mit den immens hohen Gitterzäunen! Ich treibe dorthin. Wenn ich jetzt dort stecken bleibe, mich womöglich in diesen verfange?
»Es geht alles gut, du schaffst es«, sage ich mir. »Durchhalten. Nur durchhalten, du schaffst es«, geht es mir tausend Male durch den Kopf.
Und tatsächlich. Luft. Endlich Luft. Ich atme durch. Huste, atme, huste, atme. Immer und immer wieder. Es brennt und schmerzt, das Atmen, ja, doch der Anblick der Hölle, der ich entronnen bin, nimmt mir den gerade zurückgewonnenen Atem beinahe wieder.
Längst bin ich aus der Hotelanlage raus. Hunderte Meter von ihr entfernt. »Was ist das hier?« Eine Frage. Meine Frage. Ein Gedanke. Das Wasser fordert mich noch immer. Ich versuche, mich an der Oberfläche zu halten. »Es ist die Sintflut. Und ich mitten drin.« Der nächste Gedanke: »Ich muss handeln.« Da, vor mir treibt ein Auto. Ein silberner Van. Instinktiv, schnell packe ich den Seitenspiegel.
»Vater, Vater, bitte, hilf! Hörst du mich?« Ich lasse mich mit dem Auto weitertreiben, schaue gleichzeitig um mich, frage mich: »Was, was mache ich als Nächstes? Wo sind andere Menschen? Es waren doch vor Minuten noch so viele Menschen da! Wo sind sie alle?«
Alles Mögliche treibt im Wasser. Ich ziehe meinen Körper noch fester an den Wagen, um so sperrigen Hindernissen auszuweichen. Ich fühle mich durch die Größe des Wagens geschützt. Mein Verstand weigert sich wahrzuhaben, was die Augen sehen. Nein, das ist nicht wahr. Es ist ein Albtraum. Es ist nicht wahr.
Es ist jetzt Mittag. Die Sonne brennt. Doch wirklich heiß sind die Tränen, die mein Gesicht bedecken. Unwillkürlich. Auf einmal will es raus aus mir. Mein Herz gibt das drängende Wort frei und ich höre mich »danke« sagen.
Die Fluten rauschen an mir vorbei. Ich werde ihrer gewahr. Werde meiner Situation gewahr. Ich bin weit außerhalb der Anlage und treibe auf einen Wald im Landesinneren zu.
»Mein Gott, viel zu eng stehen die Bäume nebeneinander. Da werde ich zerschmettert.« In diesem Moment beginnt auch der Wagen zu sinken. Ich will mich verzweifelt weiter festhalten, doch lasse los. Muss loslassen, los- und zulassen.
»Was – passiert – jetzt?«, geht es mir durch den Kopf. Das Wasser kommt zurück. Ja, es treibt wieder in die andere Richtung. In Richtung der Anlage, dem Meer zu.
Ich schaue mich nach etwas um, an dem ich mich wieder festhalten kann. Auf einen Baum hinauf möchte ich, das wäre gut. Eine Palme kommt für mich aber nicht in Frage. Das Wasser hat eine viel zu hohe Geschwindigkeit. Ich könnte mich an ihr nicht für längere Zeit festhalten. Und klettern kann ich auf so hohe Palmen erst recht nicht. Nicht einmal in Todesangst, wie jetzt.
Ich nehme einen Nadelbaum ins Visier. Er befindet sich in etwa jener Richtung, in die das Wasser mich treibt. Ja, diesen Baum schaffe ich. Unzählige Gegenstände haben sich am und um den Baum verfangen. An einem der Gegenstände würde ich mich zuerst festhalten, um mich dann langsam auf den Baum hinaufzuhangeln. Ich denke pragmatisch, und dementsprechend handle ich. Es gelingt mir nicht, direkt auf den Baum zuzutreiben. Ich halte mich erst einmal an einem ins Wasser hängenden Ast fest. Hänge, gleich einer schiefen Fahne, an ihm. Atme ein. Atme aus. Vorsichtig ziehe ich mich Stück für Stück weiter. Bis ich eines der Bretter, die sich zwischen dem restlichen Gerümpel verkeilt haben, zu packen bekomme. Halte mich am Brett fest und steige vorsichtig auf irgendetwas drauf. Zuerst ganz leicht. Dann fester, als ich merke, dass es mein Gewicht hält. Dann klettere ich weiter hinauf. Ich schaffe es, an den Stamm des Baumes zu kommen. Steige auf den nächsten Ast und bleibe stehen.
Durchhalten. Abwarten. Atmen. Mein Überleben ist vorerst gesichert! »Interessant«, denke ich, »dass man letztlich doch überleben will!«
Ich meine, wünsche, hoffe, dass ich mich mitten in einem Film befinde. »Lass es, bitte, ein Film sein, Vater, himmlischer Vater. Bitte, lass es nur ein Film sein!« Mit dieser Bitte im Herzen höre ich meine innere Stimme sagen: »Alles hat einen Sinn. Je schneller du annehmen kannst, akzeptieren kannst, desto besser. Du weißt das. Du weißt, dass alles einen Sinn im Leben hat. Nichts passiert, ohne dass es passieren soll. Du weißt das! Das gilt auch jetzt.«
Ursache und Wirkung. Ein ewiges Gesetz. Ich werde aus meiner inneren Kommunikation gerissen. Es gibt Stimmen. Ich höre da und dort Stimmen. Es sind Zurufe, Schreie, Menschen, die sich bemerkbar machen. Die ersten Lebenszeichen von Menschen, außer mir.
Auch ich will schreien. Ich will schreien nach meinen Kindern. Nach meinem Mann. Nach all den anderen Lieben. Ich rufe, nein, schreie verzweifelt: »Helmut, Alexander.« Und wieder: »Helmut, Alexander.« Sie sind jene Menschen, die in meiner Nähe sein müssten. So war es jedenfalls vor dem Unglück, jene, die mich hören könnten, meine ich. Doch keine Antwort.
Was soll ich tun? Erst einmal gar nichts, wird mir klar. Ich weiß nicht einmal, was überhaupt passiert ist. Was weiter passiert. Das Wasser zieht sich zurück. Endlich. Aber wird es wiederkommen? Und wo sind meine Lieben?!
Da ist sie wieder. Die Stimme. Die innere Stimme: »Sorge dich nicht. Es wird auch für sie gesorgt.« »So wie für euch hier und weiter weg dort«, denke ich, als ich all die kleinen Insekten, Spinnen und anderes Kleingetier sehe, das sich auf dem Baum herumbewegt. »Auch für euch wird gesorgt.« Es ist, als ob mir jemand aus der geistigen Welt mitteilen möchte: »Du bist jetzt in einer Situation, in der du nur auf dich schauen kannst. Schau, dass du selbst überlebst.«
Und tatsächlich, wenn ich mich so anschaue, dann stehe ich splitternackt, mit blutenden Schnittwunden an meinem ganzen Körper auf diesem Baum. Ich röchle mehr, als dass ich atme, und halte mich gerade noch an meinem Ast fest. Doch wie lange noch?
Jedes Zeitgefühl ist dahin. Mein Kopf ist klar. Keine Hysterie. Pure Verzweiflung über die Situation, ja. Eindeutig. Das auf jeden Fall. Gleichzeitig eine innere Gewissheit, dass hier etwas seinen Lauf genommen hat, das mein Leben für immer verändern wird.
Ich beginne zu überlegen, was ich als Nächstes tun soll. Es drängt mich zum Hotel. Ich will es wissen. Ich will wissen, was hier vor sich geht. Ich will wissen, wo der Rest meiner Familie ist. Die Hotelanlage ist aus meiner jetzigen Position ungefähr hundert Meter entfernt. Ich habe die Stufen zur Rezeption im Visier. Ich schätze, es sind an die dreißig Stufen, die hinaufführen. Die Baumallee vor der Anlage ist weggeschwemmt. Das Hotel ist architektonisch so gebaut, dass das Gebäude einer Pyramide gleicht, deren Spitze fehlt. Die Rezeption befindet sich auf der obersten Etage dieser Pyramide.
Ich schaue also zu den Stufen und beobachte das Wasser. Es zieht sich zurück. Nun, sobald es eine Höhe erreicht, bei der ich mich sicher fühle zu schwimmen, steige ich hier runter und springe ins Wasser. Irgendwann ist es so weit. Bestimmt!
Und dann ist der Moment da. Vorsichtig setze ich meinen Fuß auf irgendeinen Gegenstand des inzwischen noch größer gewordenen Berges aus Treibgut aller Art. Nun gilt es, den Ast loszulassen und sich auf allen Vieren ins Wasser hinunterzutasten. Ich habe mich bis jetzt ohne Brüche durchgeschlagen. »Das soll so bleiben«, denke ich.
Ich lasse mich ins Wasser hinab, kann mit den Zehenspitzen sogar den Boden berühren. »Langsam vorschwimmen, mich vorbewegen«, ich rede mit mir. Wie eine Führerin sage ich mir, was ich als Nächstes zu tun habe. Ich spüre ein Gefühl der Sicherheit, dass es gut gehen wird. Ich fühle kaum den Schmerz, den ich mir zufüge, als meine Schienbeine gegen irgendetwas im Wasser prallen. Es muss wohl ein Stück von der abgebrochenen Mauer der Auffahrt sein.
Gehen. Immer weitergehen. Ja nicht stehen bleiben. Das Wasser sinkt. Ich habe stets die Stufen vor Augen. Die Hälfte des Weges ist geschafft. Inzwischen sehe ich Menschen, die sich auf der Etage, auf der sich die Rezeption befindet, aufhalten. Einige Thailänder gehen bereits die Treppen hinunter. Sie haben hohe schwarze Gummistiefel an. Sie gehören zum provisorischen Hilfseinsatz des Hotels, vermute ich. Jetzt sehe ich immer mehr von der Rezeption.
Auf den Holzbalken des Daches sitzen Leute. Sie haben sich dort in Sicherheit gebracht. Sie kauern dort oben und warten ab. Ich bin beinahe bei den Stufen angelangt. Einer der Thailänder sieht mich. Er kommt mir entgegen. Er sieht, dass ich nackt bin. Zieht sich sein durchnässtes T-Shirt aus und reicht es mir. Mir laufen die Tränen über das Gesicht – und ich sage: »Danke.«
Die Leute starren mich an. Ich steige die Stufen weiter hinauf. Ich muss dabei aufpassen, nicht auf Nägel, Glasscherben oder anderes zu treten. Es ist rutschig. Es ist schlammig. Das Wasser war also auch hier oben, doch hat es hier wenig Schaden verursacht. Ich schaue mich um. Viele Menschen haben sich hierher gerettet. Es herrscht geradezu reger Betrieb.
Ich sehe mich um – und werde der vielen weißen Leintücher gewahr. Auch Menschen sehe ich, Menschen, die gleich Zombies einige Schritte in die eine, dann in die andere Richtung gehen. Ihr Blick zeigt, dass sie »abgeschaltet« haben. Ja, gerade so, als wäre innerlich ein Schalter auf körperliches Funktionieren bei gleichzeitiger Abwesenheit des Geistes gestellt.
Es liegt einiges Verbandsmaterial herum. Hier ist man also schon länger tätig. Man konnte anscheinend einiges organisieren. Rezeptionistinnen – sie sind an ihrer Hoteluniform zu erkennen – versorgen notdürftig die Gestrandeten. Der Shop, der sich auf derselben Etage befindet, hatte noch weiße Badeschlapfen aus weichem Gummi. Ich bekomme ein Paar in die Hand gedrückt.
Eine Frau sitzt auf einer meterhohen breiten Marmorplatte mit ausgestreckten Beinen und rücklings an eine hohe Säule gelehnt. Ich schätze sie auf etwa fünfzig Jahre. Sie ist aschfahl, hat blaue Ringe um die Augen. Ihr Blick schaut durch mich hindurch. Sie atmet schwer. Ich gehe weiter in Richtung unseres Gebäudekomplexes. Da sehe ich – endlich! – meine Schwester, schräg vor mir, nur etwa zwanzig Meter entfernt. Ich schreie: »Teresa, Teresa!« Sie schaut mich an. Unsere Augen treffen sich. Sie dreht den Kopf in die andere Richtung und ruft: »Sana, Sana ist da!«
Heiße Tränen rollen wieder über mein Gesicht. Ich schreie ihr zu: »Wer ist dort?« Und höre: »Helmut mit Alexander und Felix.«
»Oh Gott, Gott Vater, wie danke ich dir. Sie leben also!«
Meine Schwester kommt mir entgehen. Ihr Gesicht ist schmerzverzerrt. Ihre Hände halten ihren Nacken. Wir fallen uns in die Arme. Ich frage nichts. Ich spüre ihre panische Angst, die sie zu lähmen scheint. Sie schluchzt, will sprechen. Ich schaue, dass ich für sie einen Platz zum Sitzen bekomme. »Ich krieg keine Luft. Mein Gott, ich krieg keine Luft«, röchelt sie. »Beruhige dich, Teresa, alles wird gut.«
Wie vom himmlischen Vater geschickt, kommt ein Mann mit einer Schachtel zu uns herüber. In einer Hand hält er einen Nasenstift mit Pfefferminzaroma. Ich nehme den Stift, gebe ihn meiner Schwester in den einen Nasenflügel, dann in den anderen. Neben uns hat eine ältere Dame Platz genommen, oder sie war bereits da. Keine Ahnung. Alles geht schnell. Sehr schnell. Ihr Sohn steht vor ihr und schreit auf sie ein. Es sind Schweden, nehme ich an. Sie kriegt ebenfalls kaum Luft. Ich reiche dem Sohn den Stift. Halte gleichzeitig die Hand hin, um ihn auch wieder zurückzubekommen. Mache ihm verständlich, dass wir ihn teilen. Jetzt kriegt ihn wieder meine Schwester. Sie ist inzwischen zu Atem gekommen, doch beginnt sie hysterisch zu sprechen: »Ich habe solche Schmerzen im Nacken, alles tut weh. Was ist, wenn ich gelähmt bleibe? Ich kann nicht gehen. Mein Gott, ich will nicht im Rollstuhl leben.« Ich werde wütend: »Halt deinen Mund. Du hast gesehen, dass Felix lebt, du lebst. Jetzt reiß dich zusammen. Atme. Atme ein. Atme aus. Ein. Aus. Atme!« Ich sage es ihr immer wieder vor.
Sie beginnt zu erzählen: »Ich weiß nicht, wo Mama und Anita sind. Sie wollten auf die Toilette gehen. Sie waren kaum weg, da riefen und deuteten die Leute in Richtung Meer. Die meisten liefen hin. Sie wollten fotografieren. Keiner kapierte, was hier vor sich ging. Und im nächsten Moment war das Wasser schon überall! Es hat mich wie ein Sog hinuntergezogen. Zusammen mit dem Sand glaubte ich, im Schlamm zu ersticken. Es riss mich mit sich. Hinein zwischen die Bungalowreihe, durch die wir zum Frühstück gingen. Aus dem zweiten Stock haben mich dann Leute am Arm gepackt und über das Geländer gezogen. Als das Wasser zurückging, kam ich hier hoch zur Rezeption. Zuerst habe ich Helmut und die Buben gesehen, danach bist auch schon du erschienen.«
Während meine Schwester mir berichtet, gleitet mein Blick zu jener Frau, die sich auf der Marmorplatte befindet: Ihre Augen sind noch offen, alles starr durchdringend, alle Lebenszeichen erloschen.
»Teresa, alles wird gut. Du wirst jetzt mit diesen Leuten dort rübergehen. Sie haben begonnen, sich zu versammeln, um die Menschen von hier wegzutransportieren. Ich werde zu Helmut und den Kindern gehen.«
Tatsächlich haben Aufrufe zum Verlassen der Anlage die Leute in Bewegung versetzt. Aus der Ferne ist Motorengeräusch zu hören. An uns geht gerade ein junges Pärchen vorbei. Sie haben beide ihre Kleidung an und scheinen vollkommen unverletzt. Ich halte sie auf, bitte sie, meine Schwester hinüberzutragen. Sie mögen sie stützen. Sie könne kaum mehr gehen. Ich weiß nicht, wohin sie gebracht wird, nur würde sie ganz sicher in Sicherheit gebracht werden, und ich bin beruhigt, was ihre Person betrifft.
Ich drehe mich um. Ein weißes Leintuch ist über die Frau auf der Marmorplatte gelegt worden. Langsam gehe ich auf dem rutschigen, mit Schlamm bedeckten Boden weiter, um zu jenem Gebäude zu kommen, wo sich Helmut mit den zwei Buben befindet. Ich muss die Brücke hinuntergehen. Die Leiche eines älteren Thailänders liegt darauf ausgestreckt. Behutsam gehe ich vorbei. Ich habe keine Unterhose an, jedoch meine Blutung gestern Abend bekommen. Ich spüre das heiße Blut meine Innenschenkel hinunterrinnen.
An den Schenkeln und Waden habe ich mehrere Schnittwunden, besonders vorne, bei den Zehen, sind Fleischstücke, aller Wahrscheinlichkeit nach durch den Aufprall auf ein Mauerstück unter Wasser, abgeschürft worden. »Mami«, ruft plötzlich eine süße, zarte Stimme. Ich blicke auf und sehe: meinen Alexander! »Mami, komm zu uns.« Er schaut aus dem zweiten Stock vom Geländer des Ganges hinunter. Hinter ihm steht Helmut, neben ihm sein Cousin Felix. Helmut und ich schauen uns an. Es ist nicht die Zeit für irgendwelche Worte. Ich gehe weiter.
Ich muss aufpassen auf dem Weg die Brücke hinunter und hinüber zum anderen Gebäude. Teile der Hoteleinrichtung und des Gepäcks der Gäste liegen verstreut und in Stücke gerissen im Schlamm. Schlamm ist überall, wo ich auch hintrete, wo immer ich auch hinschaue, überall Schlamm. Der Sand ist zusammen mit dem Wasser zu dieser schweren lehmartigen Masse geworden. Kaum steige ich hinein, versinke ich und rutsche einmal mehr, einmal weniger aus. Nur Millimeter für Millimeter geht es voran.
Von überall her – von näher und von weiter entfernt – höre ich Menschen, die sich in den verschiedensten Sprachen bemerkbar machen. Das ist doch der Yogalehrer! Ja, er trägt Gummistiefe...