Ist Qualität messbar?
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Ist Qualität messbar?

  1. 532 Seiten
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Ist Qualität messbar?

Über dieses Buch

Ohne die Entwicklung eines exakten Messwesens gäbe es keine modernen Naturwissenschaften, deren Ergebnisse unsere Kultur seit mehr als vierhundert Jahren nachhaltig prägen. Und auch die Sozialwissenschaften sowie zahlreiche gesamtgesellschaftliche Steuerungsvorgänge in Bildung, Wirtschaft und Politik basieren in immer größerem Umfang auf der Messung von Qualitäten. Aber ist Qualität wirklich messbar? Lassen sich Qualitäten ohne Realitätsverlust in Zahlenwerte umwandeln? Was genau bedeutet das Messen von Qualitäten? Die vorliegende Arbeit versucht, unter Anknüpfung an die von G. F. W. Hegel in seiner 'Wissenschaft der Logik' entwickelte Denkmethode, den logischen Prozess zu verfolgen, welcher von der Wahrnehmung von Intensitätsunterschieden zwischen Qualitäten zu deren Quantifizierung durch exakte Zahlenwerte führt. Nur durch ein genaues gedankliches Nachvollziehen des komplexen Weges bis hin zur Messbarkeit von Qualitäten lassen sich Messvorgänge und die auf sie aufgebauten gesellschaftlichen Steuerungsprozesse wirklich begreifen und ggf. methodisch korrigieren.

Häufig gestellte Fragen

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Logik des Grades

1) Intensitäten

1.1 Es gibt unterschiedliche Objekte mit unterschiedlichen Eigenschaften.

Es gibt unterschiedliche Mengen. Jede Menge ist qualitativ durch ihre Elemente und quantitativ durch die Anzahl ihrer Elemente bestimmt. Da einerseits unterschiedliche Elemente derselben Menge angehören können, während andererseits jedes Element unterschiedlichen Mengen angehören kann, unterscheiden sich mehrere mögliche Mengenzugehörigkeiten jedes Elementes voneinander. Jedes Mengenelement ist Element nur in Bezug auf seine Mengenzugehörigkeiten, existiert aber unabhängig von diesen und ist für sich als Objekt bestimmt. Jedes Objekt ist als ein Objekt homogen und als Vielheit mehrerer Eigenschaften diskret, weswegen jedes Objekt als Inbegriff seiner Eigenschaften bestimmt ist.
Jedes Objekt hat bestimmte Eigenschaften. Weil jedes andere Objekt mindestens teilweise andere Eigenschaften hat, unterscheiden sich unterschiedliche Eigenschaften unterschiedlicher Objekte voneinander. Mehrere Eigenschaften desselben Objektes lassen sich in ein Spektrum zusammenfassen, worin sie nach ihrer Wesentlichkeit für das jeweilige Objekt angeordnet sind, so dass jedes Eigenschaftsspektrum eines Objektes die qualitative Ordnung aller in ihm enthaltenen Eigenschaften bildet. Da jedes Objekt unendlich viele Eigenschaften haben kann und jede Eigenschaft eines Objektes mit jeder beliebigen Kombination anderer Eigenschaften desselben Objektes zu einem Spektrum zusammenstellbar ist, kann es kein objektives Eigenschaftsspektrum eines Objektes geben.
Mengen, Objekte und Eigenschaften: Die Logik des Gewichtes führte bis hin zur Bildung von Mengenspektren, das sind Mengen, die ihrerseits aus unterschiedlichen Mengen bestehen, von denen jede einen bestimmten prozentualen Anteil am Gesamtspektrum – d.h. ein bestimmtes Gewicht innerhalb desselben – hat.
  • Naheliegendes Beispiel wäre ein Parlament, das aus unterschiedlichen politischen Fraktionen besteht. Jede Fraktion ist eine bestimmte Menge von Abgeordneten; das gesamte Parlament bildet daher ein Spektrum unterschiedlicher Mengen, von denen jede an der Gesamtgröße des Parlamentes – d. h. an der Summe aller seiner Abgeordneten – einen bestimmten prozentualen Anteil und damit ein bestimmtes Gewicht hat.
Jede Menge besteht aus ihren Elementen (4.4.5). Jedes Element ist für sich – wenn es nicht in seiner Eigenschaft als Element einer oder mehrerer Mengen betrachtet wird – ein bestimmtes Objekt. Ein Objekt ist ein einzelnes für sich Seiendes, d.h. ein Individuum (2.4.10), das als Exemplar eines bestimmten Begriffes bestimmt ist (3.4.10), von dessen begrifflicher Bestimmtheit aber abstrahiert wurde. Für ein Objekt ist es also wesentlich, dass es begrifflich bestimmt, nicht aber, wie es begrifflich bestimmt ist. Der entsprechende dialektische Dreischritt lautet:
  1. begrifflich noch unbestimmtes Individuum
  2. als Begriffsexemplar begrifflich konkret bestimmtes Individuum: Hier ist die anfängliche begriffliche Unbestimmtheit negiert.
  3. als Objekt begrifflich abstrakt bestimmtes Individuum: Die konkrete begriffliche Bestimmtheit ist negiert und die begriffliche Unbestimmtheit damit zurückgekehrt.
  • Die Menge aller gegenwärtig existierenden Löwen hat alle zur Zeit lebenden Löwen als ihre Elemente. Jeder einzelne Löwe ist ein Individuum, welches als Exemplar des Begriffes Löwe bestimmt ist. Wenn wir nur die Tatsache festhalten, dass ein Löwe ein begrifflich bestimmtes Individuum ist, ohne zu berücksichtigen, dass er als Löwe (und nicht etwa als Tiger oder als ein bestimmter Gebrauchsgegenstand) bestimmt ist, dann wird er zu einem bloßen Objekt.
Jedes Individuum bzw. Objekt ist qualitativ durch seine Eigenschaften bestimmt (3.2.7). Quantitativ lässt sich jedes Objekt damit auch als Menge auffassen, nämlich als Menge seiner Eigenschaften. Damit gibt es, logisch betrachtet, zunächst drei unterschiedliche Typen von Mengen, die nicht miteinander verwechselt werden dürfen, nämlich
  1. Mengen von Objekten = Mengen im ursprünglichen und engeren Sinne,
  2. Mengen von Mengen = Mengenspektren,
  3. Mengen von Eigenschaften = Objekte. Hinzu kommen
  4. Mengen von Mengenspektren.
Die Zusammenfassung von Mengen von Mengenspektren in Mengen von Mengen von Mengenspektren führt nicht zu einem neuen logischen Typus, da es sich hier ebenfalls um eine Zusammenfassung von Zusammenfassungen von Mengen handelt. Prinzipiell lässt sich demnach das Verfahren der Zusammenfassung von Zusammenfassungen, quantitativ betrachtet, unendlich fortsetzen, ohne dass dadurch qualitativ ein neuer Mengentypus entsteht. Die Mengenlehre entwickelt daher zunächst den einfachen Begriff der Menge und definiert ihn als Zusammenfassung von Objekten. Anschließend ergeben sich zwei abgeleitete Mengenbegriffe, nämlich derjenige des Mengenspektrums als Menge von Mengen sowie derjenige des Objekts als Menge von Eigenschaften. In einem weiteren Schritt lassen sich dann auch Mengenspektren zu Mengen zusammenfassen, die damit Mengen von Mengenspektren bilden.
Im Gegensatz zu Objekten lassen sich Eigenschaften nicht unmittelbar als Mengen auffassen. Während nun jedes Mengenspektrum durch die Anzahl seiner Mengen, jede Menge durch die Anzahl ihrer Elemente und jedes Objekt durch die Anzahl seiner Eigenschaften quantitativ bestimmt ist, lassen sich Eigenschaften, da sie keine Mengen sind, nicht unmittelbar quantifizieren. Sie sind also zunächst ausschließlich qualitativ bestimmt. Diesen logischen Missstand der Unberechenbarkeit von Qualitäten soll die Logik des Grades beseitigen, weswegen die Quantifizierung von Qualitäten das durchgehende Thema der gesamten Gradlogik sein wird. Wenn es gelänge, auch Qualitäten zu quantifizieren, dann wäre der gesamte reale Weltinhalt – der (logisch betrachtet) 1) aus Objekten, 2) aus deren Eigenschaften, 3) aus der Zusammenfassung von Objekten in Mengen sowie 4) aus der Zusammenfassung von Mengen in Mengen höherer Ordnung besteht – quantifizierbar und damit in eine quantitative Ordnung zu bringen.
Eine exakte qualitative Ordnung der Eigenschaften eines Objektes muss misslingen, denn zunächst ist niemals gewährleistet, dass wirklich alle Eigenschaften eines Objektes erfasst sind. Aber auch die bereits erfassten – d.h. begrifflich bestimmten – Eigenschaften lassen sich nicht exakt anordnen, sondern lediglich aufgrund äußerlich bestimmter Kriterien gruppieren. Die dem Objekt angemessene Ordnung seiner Eigenschaften wäre diejenige nach ihrer Wesentlichkeit für das jeweilige Objekt (2.7.2). Würde eine solche Anordnung gelingen, dann ergäbe sich eine Rangordnung der Eigenschaften eines Objektes bezüglich ihrer Wesentlichkeit. Da jede Rangordnung eine relative Quantifizierung darstellt (5.7.12), wäre damit immerhin eine relative Quantifizierung jeder Eigenschaft in Bezug auf alle anderen Eigenschaften desselben Objektes möglich, wenngleich an eine absolute Quantifizierung von Eigenschaften noch nicht zu denken ist: Gegenstand einer solchen Rangordnung wäre das Gewicht (d. h. die quantitative Bedeutung) jeder Eigenschaft eines Objektes für das jeweilige Objekt. Die Bildung einer solchen Rangordnung von Eigenschaften scheitert aber daran, dass sich Eigenschaften nicht exakt und eindeutig nach Graden ihrer Wesentlichkeit – d.h. nach größerer oder geringerer Wesentlichkeit – anordnen lassen. Ein objektives quantitatives Ordnungssystem aller Eigenschaften eines Objektes ist daher nicht realisierbar.
  • Ein bestimmter Tisch hat eine Auflagefläche, vier Beine, er ist aus Holz von einem bestimmten Braunton, hat zwei Schubladen, ein paar Kratzer auf der Oberfläche usw. Dass wir es hier mit Eigenschaften von unterschiedlicher Wesentlichkeit zu tun haben, ist offensichtlich: Ohne Auflagefläche handelte es sich überhaupt nicht um einen Tisch; dass er vier Beine hat, ist normal, aber nicht zwingend erforderlich (es gibt auch anders konstruierte Modelle). Die Schublade bietet zusätzliche Funktionalität, wäre aber möglicherweise verzichtbar (bei einem Bürotisch allerdings wohl kaum). Seine Beschaffenheit aus Holz ist ein relativ unwesentliches Merkmal, ebenso die Farbe des Holzes. Die paar Kratzer fallen schließlich kaum ins Gewicht; würden jedoch ab einer gewissen Tiefe den optischen Eindruck erheblich stören. Ist nun aber die Farbe, das Material oder das Vorhandensein einer Schublade wesentlicher für den Tisch? Über diese Frage lässt sich streiten, denn es lassen sich unterschiedliche subjektive Kriterien für die jeweils vorgenommene Gewichtung finden. Das bedeutet aber, dass es zumindest bezüglich einiger Eigenschaften keine objektiven Kriterien gibt, aufgrund derer sie sich eindeutig nach ihrer Wesentlichkeit ordnen ließen.

1.2 Jede Eigenschaft eines Objektes ist als Ausprägung einer abstrakten Qualität bestimmbar.

Es gibt unterschiedliche Objekte mit unterschiedlichen Eigenschaften. Jedes Objekt hat bestimmte Eigenschaften; jedes andere Objekt hat ebenfalls bestimmte Eigenschaften. Zwischen den Eigenschaften zweier Objekte besteht jeweils ein bestimmtes qualitatives Verhältnis. Jede Eigenschaft eines Objektes hat daher zur Eigenschaft jedes anderen Objektes ein bestimmtes qualitatives Verhältnis, so dass zwischen jeweils unterschiedlichen Eigenschaften unterschiedlicher Objekte unterschiedliche qualitative Verhältnisse bestehen: Zwei Eigenschaften unterschiedlicher Objekte sind qualitativ entweder wesentlich voneinander verschieden oder wesentlich identisch. Allen wesentlich identischen Eigenschaften unterschiedlicher Objekte liegt jeweils dieselbe abstrakte Qualität zugrunde. Jede Eigenschaft eines Objektes ist damit zugleich eine Ausprägung einer bestimmten abstrakten Qualität. Indem alle wesentlich identischen Eigenschaften von Objekten Ausprägungen derselben abstrakten Qualität sind, ist jede abstrakte Qualität die qualitative Einheit aller jeweils wesentlich identischen Eigenschaften von Objekten.
Jede abstrakte Qualität ist für sich einheitlich, kann sich aber in mehreren Ausprägungen konkretisieren, so dass sich jede abstrakte Qualität von ihren konkreten Ausprägungen bzw. Realisierungen unterscheidet. Weil es unendlich viele Eigenschaften von Objekten geben kann und jede Eigenschaft eines Objektes zugleich Ausprägung einer abstrakten Qualität ist, kann es unendlich viele Ausprägungen jeder abstrakten Qualität geben. Indem jede abstrakte Qualität unmittelbar für sich und lediglich mittelbar durch ihre Ausprägungen bestimmt ist, negiert jede abstrakte Qualität die Differenz ihrer konkreten Ausprägungen.
Abstrakte Qualitäten: Zwei rote Kreise (Objekte) haben beide die Eigenschaft, rot zu sein; sie haben also dieselbe Eigenschaft. Das Rot des einen Kreises ist aber numerisch mit dem Rot des anderen Kreises nicht identisch, denn die roten Flächen beider Kreise unterscheiden sich voneinander: Die Farbe Rot tritt einmal am einen und einmal am anderen Kreis als dessen Eigenschaft auf und ist demnach an zwei unterschiedlichen Gegenständen als deren gemeinsame Eigenschaft lokalisiert. Die Farbe Rot als solche ist folglich weder mit dem Rot des einen noch des anderen Kreises, noch ist sie mit der Eigenschaft irgendeines anderen Objektes identisch. Da sie nicht unmittelbar als konkrete Qualität an irgendeinem Objekt auftritt, handelt es sich bei ihr um eine abstrakte Qualität (2.2.6). Wenn eine abstrakte Qualität nun auch nicht unmittelbar als solche in Erscheinung tritt (denn dann wäre sie konkret), so muss es aber doch abstrakte Qualitäten geben, um etwa von zwei unterschiedlichen roten Flächen behaupten zu können, sie hätten dieselbe Farbe. Eben dieses Identische, sich in unterschiedlichen Fällen Konkretisierende ist die abstrakte Qualität Rot. Abstrakte Qualitäten sind daher das qualitativ Identische gemeinsamer Eigenschaften von Objekten.
Bevor wir die Farbe Rot als Eigenschaft irgendeines Objektes erkennen und bestimmen können, muss sie uns als abstrakte Qualität bekannt sein, um sie dann an unterschiedlichen Objekten ‚wiederzufinden‘. Wir müssen daher von der abstrakten Qualität Rot, da sie niemals konkret als solche erlebbar sein kann, eine Vorstellung bilden können. Diese Vorstellung tragen wir als eine Erinnerung bzw. als etwas Erinnerbares mit uns herum, das jedes Mal, wenn wir auf ein konkretes Rot treffen, aktualisiert (ins Gedächtnis zurückgerufen) wird, woraufhin wir dann dem jeweiligen Objekt die Farbe Rot als Eigenschaft zusprechen. Bevor wir jedoch Vorstellungen von abstrakten Qualitäten erinnern und zur Identifikation konkreter Eigenschaften verwenden können, müssen wir uns die entsprechenden Vorstellungen zunächst einmal erwerben. Dies geschieht zunächst auf unmittelbare Weise durch konkrete Erfahrung: Wir sehen unterschiedliche Farben bzw. unterschiedlich gefärbte Gegenstände. Indem wir unsere Aufmerksamkeit ausschließlich auf eine Farbe richten, können wir diese aus ihrem Zusammenhang mit anderen Eigenschaften desselben Objektes isolieren – d. h. von ihrem jeweiligen Zusammenhang abstrahieren – und in dieser abstrahierten Form unserem Gedächtnis einprägen. Um sie aber eindeutig als eine bestimmte abstrakte Qualität identifizieren zu können, müssen wir sie mit einem bestimmten Namen bezeichnen. Üblicherweise lernen wir von anderen Menschen, welcher Name welcher abstrakten Qualität entspricht, wir könnten uns aber auch selber irgendeinen Namen ausdenken; entscheidend ist nur, dass wir immer dieselbe abstrakte Qualität mit demselben Namen verbinden. Bei einer solchen konstanten Verbindung zwischen Namen und Qualität ruft dann einerseits der Name die Vorstellung der abstrakten Qualität in unserem Bewusstsein hervor; andererseits assoziieren wir mit der Wahrnehmung der entsprechenden Farbe unmittelbar den Namen „Rot“ und können deswegen das Urteil fällen: „Dieser Kreis ist rot“. In diesem Fall haben wir die abstrakte Qualität Rot von einem bestimmten konkreten Gegenstand als dessen Eigenschaft ausgesagt.
  • Indem abstrakte Qualitäten sich als gemeinsame Eigenschaften mehrerer Objekte konkretisieren bzw. Eigenschaften unterschiedlicher Objekte zusammenfassen, repräsentieren sie – logisch betrachtet – das Begriffsmoment der Allgemeinheit. Die Eigenschaften, in denen sich eine abstrakte Qualität konkretisiert, stellen dann Besonderheiten dar, durch welche einzelne Objekte qualitativ bestimmt sind. Zusammengefasst können wir also sagen: Allgemeine abstrakte Qualitäten (A) konkretisieren sich an einzelnen Objekten (E) als deren besondere Eigenschaften (B) (vgl. 3.2.10).
Die Kenntnis abstrakter Qualitäten ist demnach die logische Voraussetzung jeder Charakterisierung von Objekten durch Eigenschaften. Und auch bevor wir irgendwelche Qualitäten quantifizieren können, muss uns die jeweilige abstrakte Qualität bekannt sein, auf die sich die Quantifizierung beziehen soll. Die gesamte Gradlogik hat daher in abstrakten Qualitäten ihre qualitative Grundlage, denn in allen möglichen natürlichen und kulturellen Gegenstandsbereichen haben wir es mit Objekten zu tun, denen wir bestimmte Eigenschaften zusprechen, die wir als jeweils bestimmte Konkretisierungen unterschiedlicher abstrakter Qualitäten auffassen.
  • Beispiele für abstrakte...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Einleitung
  3. Leitsätze (Übersicht)
  4. Theoretische und praktische Schlüsselaspekte
  5. 1. Kapitel: Intensitäten
  6. 2. Kapitel: Kontraste
  7. 3. Kapitel: Kontrastierende Qualitäten
  8. 4. Kapitel: Stärkegrade
  9. 5. Kapitel: Intensitätsklassen
  10. 6. Kapitel: Klassifizierungssysteme
  11. 7. Kapitel: Messskalen
  12. Zusammenfassung und Ausblick
  13. Verwendete Literatur
  14. Impressum