Im folgenden Kapitel soll anschaulich gemacht werden, wie eine komplette Hypnosesitzung inklusive Coaching-Elementen praktisch ablaufen kann. Dazu bedienen wir uns vor allem einiger der wichtigsten Methoden des NLP (Neurolinguistische Programmierung). Zum weiteren Verständnis ist ebenso wichtig zu erkennen, in welchem Zusammenhang ressourcenreiche und ressourcenlose Zustände stehen und wie Hypnosetexte inhaltlich aufgebaut sein können, um gezielt bestimmte Themen zu bearbeiten.
Den Teilnehmern vermittle ich in meinen Hypnose-Ausbildungen, dass bereits der erste Kontakt zu einem an einer Sitzung interessierten Menschen den Startschuss darstellt. Ab jetzt wird die richtige Erwartungshaltung gesetzt und der Kontext im Rahmen der Hypnose vorbereitet. Wichtige Elemente sind hierbei der Aufbau von Vertrauen (vgl. Kapitel „Rapport“) und das Ankern von Selbstsicherheit und Wohlempfinden.
Sobald der Klient sich dann in den Räumlichkeiten des Hypnotiseurs befindet, kann dieser mit dem Vorgespräch beginnen. Dann wird noch einmal eine prozessuale Unterbrechung genutzt, beispielsweise schickt der Hypnotiseur den Klienten auf die Toilette, bevor die Hypnose selbst startet. Nach der Auflösung wird noch ein kurzes Nachgespräch geführt, einerseits, um den Erfolg der Hypnose zu fixieren und andererseits, um dem Hypnotisanden etwas Zeit zu geben, wieder zurück in den normalen Wachzustand zu finden.
Die meisten Hypnotiseure arbeiten standardmäßig mit einer Sitzung à zwei bis zweieinhalb Stunden. Ich empfehle jedoch eine andere Vorgehensweise – nämlich zwei bis drei Sitzungen - um möglichst effektiv zu arbeiten und individuell auf jeden Klienten eingehen zu können.
1. Sitzung
Beim ersten Treffen wird die Erwartungshaltung abgeklärt und die Eingrenzung des Themas vorgenommen. Zudem erhält der Klient bereits hier Einblick in den Nutzen seines unerwünschten Verhaltens und was dieses auslöst. Nun kann er einen Selbstbeobachtungszeitraum starten, um zu prüfen, ob wirklich alle das negative Verhalten auslösenden Reize bekannt sind.
2. Sitzung
Nachdem der Klient bereits gelernt hat, was sein Verhalten auslöst, hat er wahrscheinlich bereits erfolgreich Korrekturen vorgenommen und mehr Selbst-Bestimmtheit erlernt. Nun geht es um das saubere Nacharbeiten und Formulieren von Suggestionen, sowie die nachhaltige Integration der Verhaltensveränderung. Nach dieser 2. Sitzung startet erneut ein Selbstbeobachtungszeitraum. Idealerweise hat der Klient den erwarteten Erfolg und die Betreuung kann (für dieses Thema) abgeschlossen werden.
3. Sitzung
Je nach Themenumfang kann es von Haus aus zu mehr Sitzungen kommen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn ein Verhalten relativ komplex ist und durch unterschiedlichste Momente ausgelöst wird oder mit vielen in sich verknüpften Werten und Glaubenssätzen verbunden ist. Oder aber im vorigen Selbstbeobachtungszeitraum sind weitere Reize erkannt worden, die das unerwünschte Verhalten nach wie vor auslösen (selbst wenn es in den bekannten Situationen bereits erfolgreich verändert wurde).
Nach Eintreffen des Klienten in der Praxis des Hypnotiseurs findet meist nach kurzem Small-Talk ein ausführliches Vorgespräch statt. Hierbei soll die grundsätzliche Motivation geklärt werden, die die Person zum Hypnotiseur geführt hat. Es kann durchaus vorkommen, dass der Klient nicht aus freien Stücken hier ist.
Beispiel: Ein junger Mann kommt zu einer Raucherentwöhnung, wirkt aber deutlich unmotiviert und hat eine eher geringe Erwartungshaltung, was den Erfolg der Hypnosesitzung angeht. Nach kurzem Nachfragen wird klar, dass er nur hier ist, weil sich sein privates Umfeld wie Frau, Kinder oder Eltern schon seit langem dafür einsetzen, dass er das Rauchen endlich aufgibt. Er selbst jedoch raucht aus Leidenschaft und ist fest davon überzeugt, dass es sowieso keine Möglichkeit gibt, diese Sucht loszuwerden.
Nun liegt es in so einem Fall beim Hypnotiseur zu entscheiden, ob die Hypnose dennoch durchgeführt werden soll. Besonders, wenn oben angesprochener Klient nicht einmal selbst für die Sitzung zahlt, wird sich der Erfolg wahrscheinlich in Grenzen halten. Kommt es dem Hypnotiseur jedoch mehr auf die Weiterempfehlungsrate (also den langfristigen Erfolg seiner Tätigkeit) und nicht das schnelle Geld an, so wird er den Mann vielleicht fortschicken und bitten dann wieder zu kommen, wenn er ernsthaft vorhat, mit dem Rauchen aufzuhören. Diese Selektion der Klientel erhöht immens die durchschnittliche Erfolgsquote einer Hypnosesitzung bei Ihnen. Dies erklärt auch, wieso manche Hypnotiseure Raucherentwöhnung mit 98% Erfolgswahrscheinlichkeit und wieder andere mit nur 33% versprechen. Beide Angaben mögen ehrlich sein, doch hier ist eben auch der Faktor Erwartungshaltung des Hypnotisanden zu berücksichtigen.
Grundsätzlich sollte bei dem Vorgespräch mit dem Klienten auch geklärt werden, ob dieser sich schon einmal einer Hypnosesitzung unterzogen hat. Wenn nicht, so wird er wahrscheinlich wissen wollen, worum es dabei geht und wie das genau funktionieren wird (einen Beispieltext hierzu finden Sie in Kapitel 2.7). Ist er schon einmal in Hypnose gewesen, sind eher Fragen von Relevanz wie: „Wie wurden Sie hypnotisiert? War das angenehm? Erwarten Sie sich, diesmal genauso hypnotisiert zu werden?“ Dadurch können Sie eine Art Anker von Ihrem Vorgänger nutzen, um den Klienten schneller in Trance zu führen und Zeit zu sparen: Sie holen den Hypnotisanden damit aber auch bestmöglich ab, weil Sie seine Erwartungshaltung exakt erfüllen! Lassen Sie sich die Arbeit ruhig leichter machen, die Erfolgswahrscheinlichkeit der Hypnose steigt dadurch ebenso an. Eine weitere wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist jedoch auch: „Wieso möchten Sie nun bei mir hypnotisiert werden?“ Vielleicht verbirgt sich ja eine unangenehme Erfahrung dahinter, von der der Hypnotiseur Bescheid wissen sollte, bevor er den Klienten in Trance schickt.
Weiters wird im Vorgespräch geklärt, ob und welche Traumreise der Klient wünscht, um die Hypnose zu vertiefen, bevor die eigentlichen Suggestionen an das Unterbewusste gegeben werden. Diese sollten Sie sich in Stichworten notieren, um Sie später mittels des VAKOG-Modells (mehr dazu in Kapitel 5.3.4 Repräsentationssysteme) möglichst bildhaft erzählen zu können.
Nun folgt der eigentliche Kern des Vorgesprächs, die Frage nach der Umsetzung der Ziele des Klienten. Nutzen Sie hierfür unbedingt die Coaching-Werkzeuge wie etwa wohlgeformte Ziele, die neurologischen Ebenen und das T.O.T.E. Modell. Sie maximieren damit den Erfolg Ihrer Arbeit, deshalb sollten Sie sehr wohl ein großes Augenmerk auf diesen Teil der Sitzung legen. Bevor Sie die „schweren Geschütze“ auffahren, können Sie sich der Thematik auch mit den (für unsere Zwecke leicht adaptierten) „fünf W-Fragen“ annähern:
- Was möchtest du verändern?
- Wie soll es sich verändern?
- Liegt es in deiner eigenen Kontrolle?
- Woran wirst du erkennen, dass es funktioniert?
- Wenn du deine Ziele erreicht hast und sich dadurch deine Umwelt ändert, – willst du diese Änderung überhaupt?
Fragen Sie den Klienten auf jeden Fall bei jeder Suggestion, die Sie später geben werden, wie er diese in eigenen Worten formulieren würde, damit sein Unterbewusstsein diese auch umsetzt. Sie lassen sich damit nicht nur die Arbeit erleichtern, sondern bereiten gleichzeitig Verstand und Unterbewusstsein des Hypnotisanden darauf vor, dass gleich tiefgehende Veränderungsarbeit passieren wird und die Erwartungshaltung steigt.
Nachdem Sie alle relevanten Informationen gesammelt und niedergeschrieben haben, starten Sie den weiteren Verlauf der Sitzung wie gleich beschrieben. Ich persönlich ziehe es vor, dem Klienten zu zeigen, was ich mitschreibe, damit er sich nicht wie bei einem Psychiater fühlt, der ihn vielleicht abwertend behandelt (Glaubenssatz des Klienten). Ich verspreche ihm sogar, dass er diese Mitschrift nach der Trance mit nach Hause nehmen darf, um noch einmal in bewusstem Zustand durchzugehen, was wir gearbeitet haben. Zusätzlich dient ihm diese Mitschrift als Anker für die Sitzung! Sie können ebenfalls ein Tonband mitlaufen lassen und dem Klienten nach der Trance auf CD brennen oder eine Kassette mitgeben.
Zu guter Letzt, und um die Erwartungshaltung beim Klienten weiter zu steigern, sollte vor dem Beginn der Hypnose noch eine Einverständniserklärung unterschrieben werden. Diese finden Sie im Anhang unter Punkt X.IV Vereinbarung mit dem Klienten. Sie dient sowohl Ihrer eigenen rechtlichen Absicherung, sollten Sie keine Heilerlaubnis haben, aber auch dem Klienten als Beweis, dass hier echte Veränderungsarbeit geleistet wird, die funktioniert.
Nach dem Vorgespräch, in dem alle offenen Fragen geklärt und die Suggestionen mit dem Klienten gemeinsam erarbeitet werden, was nebenbei auch die Erwartungshaltung weiter steigert, legen Sie noch eine kurze Pause ein. Schicken Sie den Hypnotisanden auf die Toilette und lassen Sie ihn einen Schluck frisches Wasser trinken. Dann soll er sich für die Hypnose bereitmachen, am besten an einem neuen Ort (in einem Nebenrau moder oder auf einer Couch oder in einem anderen Stuhl).
Sie induzieren nun die Hypnose mit einer der Techniken aus Kapitel 3 und vertiefen diese dann durch Gesprächshypnose, Fraktionierung, Wachhypnose oder sonstige Techniken aus Kapitel 4, die zur Steigerung der Suggestibilität geeignet sind, weil Sie dem Klienten beweisen, dass Hypnose funktioniert (beispielsweise durch Armlevitation oder Katalepsie). Diese Suggestibilitäts-Tests sind jedoch nicht zwingend Bestandteil der Hypnose und ich wende diese nur bei extrem kritischen Klienten an, um dem Verstand zu zeigen, dass er sich auf das Unterbewusste verlassen kann.
Gegebenenfalls bauen Sie einen Sicherheitsort ein, bevor Sie mit der eigentlichen Traumreise starten (vgl. Kapitel 3.1.2 Sicherheitsort). Sie können an diesem Punkt auch einen posthypnotischen Befehl der Amnesie einbauen, um alles, was ab jetzt geschieht, für den Zugriff durch das Bewusstsein nach der Trance zu sperren. Möchten Sie, dass sich der Klient an die Sitzung auch im wachen Zustand erinnert (vielleicht damit er weiß, wofür er gezahlt hat), so können Sie auch diese Suggestion geben und bei Wunsch sogar eine kurze Hypermnesie sprechen.
Nun starten Sie aus dem Sicherheitsort, falls vorhanden, zum Beispiel durch eine Tür oder einen Spiegel aus flüssigem Glas in die Traumreise. Hier gehen Sie auf die Wünsche des Klienten ein und erzählen möglichst malerisch in allen Sinneskanälen von seiner idealen Vorstellung von Entspannung. Achten Sie hier besonders auf die Körperreaktion des Klienten; wenn er sich nicht zu entspannen können scheint, vertrauen Sie Ihrer Intuition und wechseln die Situation zu einer Ihnen vertrauten Metapher für Entspannung. Vielleicht hat das Unterbewusstsein des Hypnotisanden eine andere emotionale Verknüpfung mit dem Moment der Entspannung, als der Klient im wachen Zustand gedacht hat, und es würde ihn nur daran hindern, tiefer zu gehen beziehungsweise im Extremfall wieder ganz aufwecken.
Nachdem der Klient tief genug ist, können Sie anknüpfend an die Traumreise Ihre direkten Suggestionen (quasi als Befehle an das Unterbewusstsein) geben. Bedienen Sie sich dabei zuerst Sätzen wie:
„Alles, was ich jetzt zu dir sage, tritt genau so ein, wie ich es sage und ist absolut wahr. Weil dein Unterbewusstes weiß, wie wichtig dir das ist, wird es alles direkt und genauso umsetzen, wie ich es sage. Es nimmt dabei alles Positive mit und setzt es für dich so um, dass du dein selbst gesetztes Ziel erreichst.“
Nun lesen Sie die mitgeschriebenen Suggestionen vor und können zusätzlich eigene Alternativsuggestionen vorschlagen. Geben Sie hier besonders gut Acht auf das, was Sie sagen. Es dürfen keine ungewollten Ambiguitäten (Doppeldeutigkeiten) enthalten sein!
Kurz vor Abschluss der Trance verfestigen Sie die gerade eben gesagten Suggestionen erneut. Dies können Sie durch Formulierungen erreichen, die dem Unterbewussten klar kommunizieren, dass die gesetzten Ziele erreicht werden und bereits fest im Klienten verankert sind. Eine detailliertere Beschreibung dieser Verfestigung finden Sie in Kapitel 3.15.
„Alles, was ich jetzt zu dir gesagt habe, tritt genau so ein, ja dein Unterbewusstes hat es schon längst tief in dir eingebettet, fest verankert und ganz klar programmiert. Alle Suggestionen sind tief verwurzelt und sicher abgespeichert und werden jeden Tag stärker, mit jeder Minute intensiver und mit jedem Abruf, egal, ob bewusst oder unbewusst, denn das ist nicht wichtig, wirst du automatisch und mit jedem Mal besser darauf zugreifen können.“
Nachdem diese Verfestigung programmiert worden ist, kann ein letzter „convincer“, also ein überzeugender Effekt, eingebaut werden. Dies lässt sich beispielsweise mit der Ideomotorik bewerkstelligen....