Der Missbrauch des Glaubens
Herr, bitte gib mir die Kraft,
zu ändern, was schlecht ist.
Bitte, gib mir die Geduld,
zu ertragen, was schlecht ist
und ich nicht ändern kann.
Und bitte gib mir die Intelligenz,
zwischen beidem zu unterscheiden.
(Franz von Assisi)
Glaube ist das Fundament, der Boden, auf dem sich die unendliche Vielfalt des liebevollen Gottdienens entfalten kann. Sich einfach auf dem Boden des Glaubens in eine ruhige Ecke zu setzen, wird jedoch niemanden ans Ziel, zu Gott, führen. Genausowenig wie wir unsere materiellen Bedürfnisse erfüllen können, wenn wir uns untätig irgendwo hinsetzen.
Durch sein überliefertes Beispiel hat Jesu selbst gezeigt, was unter Barmherzigkeit, Einfachheit u.s.w. zu verstehen ist. Heute messen vor allem die in den letzten Jahrzehnten entstandenen Freikirchen dem persönlichen Beispiel Jesu keine große Bedeutung mehr bei, sondern reduzieren seine Heilsbotschaft einzig auf seinen „Opfertod“ mit dem er angeblich allen Erlösung schenkt, die an ihn glauben.
Doch Jesu selbst hat nachdrücklich von dieser Art des Glaubens gewarnt:
„Meinet nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn wahrlich, ich sage euch: Bis der Himmel und die Erde vergehen, wird nicht ein einziges Jota oder Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist. Wer nun eins dieser kleinsten Gebote auflöst und die Menschen so lehrt, wird der Kleinste heißen im Reich der Himmel. Wer sie aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Reich der Himmel.“ (Mt. 5.17-19)
„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel kommen, sondern wer den Willen meines Vaters in den Himmeln tut...... Und dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch nie gekannt; weichet von mir, die ihr begeht, was wider das Gesetz ist.“ (Mt. 7.21/23)
„Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, ist einem klugen Manne zu vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute.“ (Mt. 7.24)
„Denn wer den Willen meines Vaters in den Himmeln tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter.“ (Mt. 12.50)
Gerade in Beziehung zur Einhaltung der Gesetze treffen wir auf schlimme Missinterpretationen. Die Abschiedsrede Jesu an seine Jünger wird oft zitiert, um damit zu begründen, dass alle Menschen, die nicht ausschließlich an Jesu glauben, verloren seien. Liest man aber bei dem betreffenden Zitat weiter, ergibt sich von selbst ein ganz anderer undogmatischer Sinn dahinter:
„Jesus sagt zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Joh. 14.7)
In den nächsten Versen erklärt Jesu wie der Vater durch ihn wirkt und verdeutlicht die obige Aussage mit der Aufforderung, seiner Botschaft und seinen Geboten nachzufolgen.
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke, die ich tue, auch tun und wird größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater, und was ihr in meinem Namen erbitten werdet, das werde ich tun, damit der Vater im Sohn verherrlicht wird. Wenn ihr in meinem Namen etwas erbitten werdet, werde ich es tun. Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten, und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen andern Beistand geben, damit er in Ewigkeit bei euch sei.“ (Joh. 14.12 -16)
Dann ermutigt er seine Jünger, indem er ihnen verspricht, dass sie auf diese Weise nie alleine sein würden und drängt nochmals darauf, seiner Lehre und seinen Geboten nachzufolgen:
"Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt. Wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“ (Joh. 14.21)
„Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen. Wer mich nicht liebt, befolgt meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein, sondern des Vaters, der mich gesandt hat.“ (Joh. 14.23/24)
Schließlich beendet er seine Abschiedsrede mit den Worten:
„Aber die Welt soll erkennen, dass ich den Vater liebe und so tue, wie mir der Vater geboten hat. Darum stehet auf, lasset uns von hier weggehen!“ (Joh. 14.31)
Vier Dinge Fallen auf:
- Wer an Jesu glaubt, hält seine Gebote. Ein Lippenbekenner wird von ihm zurück gewiesen.
- Zum Vater kommt man durch das liebende Befolgen der Gebote, die auch vom Vater, von Gott, stammen. Jesu hat nichts Neues erfunden.
- Gott kann jederzeit „andere Beistände“ senden.
- Jesu erfüllt die Wünsche Gottes. Die Einheit Jesu mit Gott besteht in der Einigkeit und der Liebe, nicht in der Person selbst. Noch heute spricht man von „einem Herz und einer Seele“, wenn sich zwei Menschen lieben. Durch eine solche Herzens-Einheit entsteht aber kein Identitätsverlust. Gott bleibt Gott und Jesu bleibt sein Diener.
Was waren denn nun die Gebote, die Jesu gelehrt hat? Jesu sagt:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken. Dies ist das größte und erste Gebot.“ (Mt. 22.37/38)
„Das zweite ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz der Propheten.“ (Mt. 22.39/40)
Dies ist die harmonische Essenz der Lehre Jesu. Er hat uns diese Lehre als Beispiel praktisch vorgelebt. Er war immerzu in Gedanken an den Herrn versunken und diente ihm. Er lobpries und predigte den Namen und den Ruhm des Herrn. Er war allen barmherzig und gleich gesinnt. Dies wird in der Bibel an vielen Orten schön dargestellt. Doch in Unkenntnis über das Wesen der Seele wendete das institutionalisierte Christentum seine Frohbotschaft der Erlösung (aus der Materie) nur auf die Menschen an. Dem Missbrauch von Tier und Pflanzen wurde nicht große Beachtung geschenkt, obwohl Jesu selber, die Urchristen und später die wenigen verwirklichten Nachfolger, Tiere als Bruder und Schwester ansahen. Dass auch hier entsprechende Lehren Jesu nicht in die kanonisierte Bibel aufgenommen wurden, veranschaulicht folgender Abschnitt aus dem Evangelium des vollkommenen Lebens:
“Und Jesus kam zu einem Baum, unter dem er mehrere Tage verweilte. Und dorthin kamen auch Maria Magdalena und andere Frauen, und sie brachten ihm Gaben, und er lehrte alle Tage alle, die zu ihm kamen. Und die Vögel sammelten sich um ihn und begrüßten ihn mit ihrem Gesang, und andere Geschöpfe krochen ihm zu Füßen und fraßen ihm aus der Hand. Und als er fortzog, segnete er die Frauen, die ihm ihre Liebe bezeugt hatten, und er wendete sich zu dem Feigenbaume und segnete auch ihn. Und er sprach: 'Du gabst mir Obdach und Schatten gegen die brennende Hitze, und zu alledem gabst du mir auch Nahrung. Sei gesegnet, wachse und sei fruchtbar und lasse alle, die zu mir kommen, Ruhe, Schatten und Nahrung finden und lasse die Vögel der Luft ihre Freude finden an deinen Zweigen.' Und siehe, der Baum wuchs und gedieh ganz ungewöhnlich, und seine Äste breiteten sich immer mehr aus nach oben und nach unten, so dass kein ähnlicher Baum von solcher Schönheit und Größe zu finden war und keiner, der so zahlreiche und köstliche Früchte trug wie dieser. Und Jesus kam in ein Dorf und sah dort eine kleine Katze, die herrenlos war, und sie litt Hunger und schrie. Und er nahm sie in seine Arme und hüllte sie in sein Gewand und ließ sie an seiner Brust ruhen. Und als er weiter in das Dorf hineingekommen war, gab er der Katze Nahrung und Trank. Und sie aß und trank und zeigte ihm Dankbarkeit. Und er gab sie einer seiner Jüngerinnen, welche eine Witwe war mit Namen Lorenza, und sie nahm sie in Pflege. Und einige aus dem Volke sprachen: 'Dieser Mann sorget für alle Tiere. Sind sie seine Brüder und Schwestern, dass er sie so liebt?' Und er sprach zu ihnen: 'Wahrlich, diese sind eure Mitbrüder aus dem großen Haushalte Gottes, eure Brüder und Schwestern, welche denselben Atem des Lebens von dem Ewigen haben. Und wer immer für die kleinsten von ihnen sorgt und ihnen Speise und Trank gibt als sie nötig haben, der tuet dieses mir, und wer es duldet, dass sie Hunger leiden, und sie nicht schützet, wenn sie misshandelt werden, erleidet dieses Übel, als ob er es mir zugefügt hätte. Denn ebenso wie ihr in diesem Leben getan habt, so wird euch im kommenden Leben getan werden.“ (34.2-10)
Diese Unterweisung Jesu ist die Weiterführung dessen, was bereits im Alten Testament klar gelehrt worden war:
„Gott sprach: Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen.“ (1. Mos. 1.29)
„Aber allen Tieren der Erde und allen Vögeln des Himmels und allem, was sich regt auf der Erde, was Lebensodem in sich hat, gebe ich alles Gras und Kraut zur Nahrung.“ (1. Mos. 1.30)
„Es ist eine immerwährende Satzung für euch von Geschlecht zu Geschlecht in allen euren Wohnsitzen: ihr sollt nie und nimmer Fett (von getöteten Tieren) oder Blut essen.“ (3. Mos. 3.17)
„Den Menschen und den Tieren hilfst du, Herr!“ (Ps 36.7)
„Denn das Geschick der Menschenkinder ist gleich dem Geschick des Tieres; ein Geschick haben sie beide. Wie dieses stirbt, so sterben auch jene, und einen Odem haben sie alle. Der Mensch hat vor dem Tier keinen Vorzug.“ (Prediger 3.19)
„Wer weiß, ob der Odem der Menschenkinder emporsteigt, der Odem des Tieres aber hinabfährt zur Erde?“ (Prediger 3.21)
„Der Herr spricht: An deinen Säumen findet sich sogar Blut unschuldiger Wesen.“ (Jeremia 2.34)
Von dem Verbot Tiere zu töten, gibt es nur eine Ausnahme: Wenn menschliches Leben direkt vom Tod des Tieres abhängt, wie z. B. bei einem Angriff oder einer Hungersnot (in der Bibel nach der Sintflut).
Sehr aufschlussreich ist auch ein Gespräch zwischen Reverend Alvin V. P. Hart und dem Bhakti-Gelehrten Steven Rosen. Reverend Hart bemängelt die falsche Übersetzung des Bibelverses 1. Mos. 1.28:
„Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan, und herrschet über die Fische im Meer und Vögel des Himmels, über das Vieh und alle Tiere, die auf der Erde sich regen!“ (1. Mos. 1.28)
Rev. Hart: „Es ist eigentlich beschämend. Das in der Bibel verwendete hebräische Wort, kommt aus der Wurzel radah und wird als yirdu abgeleitet. Es ist eine Bezeichnung für den Begriff 'Verwalteramt' oder ...