Tatort Lehre - Widerstand ist zwecklos
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Tatort Lehre - Widerstand ist zwecklos

Der Systemische Ansatz in der Lehrlingsausbildung . Ein kurzer Abriss für den Alltag in Theorie und Praxis

  1. 108 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Tatort Lehre - Widerstand ist zwecklos

Der Systemische Ansatz in der Lehrlingsausbildung . Ein kurzer Abriss für den Alltag in Theorie und Praxis

Über dieses Buch

Obwohl die meisten heimischen Lehrbetriebe gewissenhaft und professionell ihrer Aufgabe, der Ausbildung von Fachkräften für die Zukunft nachkommen, scheitern dennoch zahlreiche Lehrverhältnisse an kreativen Verhaltensweisen der Lehrlinge in den Betrieben, sowie an schulisch nicht erbrachten Leistungen. Die Ausbilder sind engagiert, geduldig und motiviert. Der Effekt von Interventionen, Fördermaßnahmen oder Gesprächen verpufft scheinbar wirkungslos. Trotz genauer Beobachtungen im Betrieb können keine direkten Kausalitäten für das situative Verhalten des Lehrlings ausgemacht werden.Auflösungstendenzen in der Lehre?

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Information

„Der Systemische Ansatz in der
Lehrlingsausbildung“

I. Die Theorie

 

1) Problemdefinition

Obwohl die meisten heimischen Lehrbetriebe gewissenhaft und professionell ihrer Aufgabe, der Ausbildung von Fachkräften für die Zukunft nachkommen, scheitern dennoch zahlreiche Lehrverhältnisse an kreativen Verhaltensweisen der Lehrlinge in den Betrieben, sowie an schulisch nicht erbrachten Leistungen. Die Ausbildner sind engagiert, geduldig und motiviert. Der Effekt von Interventionen, Fördermaßnahmen oder Gesprächen verpufft scheinbar wirkungslos. Trotz genauer Beobachtungen im Betrieb können keine direkten Kausalitäten für das situative Verhalten des Lehrlings ausgemacht werden.

2) Zieldefinition

Die motivierten Ausbilder erkennen gemeinsam mit internen oder externen Systempartnern und Fachpersonen die tatsächlichen, direkt kausalen Ursachen für schulische Probleme oder betriebliches Fehlverhalten und sind in der Lage alleine oder gemeinsam mit involvierten Professionen aus den lokal verfügbaren psychosozialen Beratungsangeboten die passenden nachhaltigen Maßnahmen einzuleiten. Gleichzeitig sollen die energetischen Ressourcen der verantwortlichen Ansprechpartner im Betrieb geschont werden, damit sich diese nach erfolgreichen gemeinsamen Interventionen wieder uneingeschränkt um die weitere fachliche Qualifikation der Lehrlinge kümmern können.
Leerläufe und Kreisläufe werden weitgehend eliminiert bzw. umgangen, Kooperationen eingeleitet und Synergien effizient für die GEMEINSAMEN Zieldefinitionen genutzt.

3) Systemischer Ansatz

a) GROBDEFINITION DES SYSTEMISCHEN ANSATZES
Eine detaillierte Behandlung sämtlicher empirischer Ansätze, sowie eine umfassende, möglichst lückenlose historische Herleitung würden dem Ziel dieses Buches gravierend entgegenstehen und eine wenig kreative Wiederholung spezieller Fachliteratur darstellen. Einige grundlegende Inputs und Definitionen sind für ein umfassendes Verständnis der komplexen Materie jedoch unumgänglich und, so denke ich zumindest, doch recht interessant.
Der grundlegende Unterschied bei der Betrachtung einer gegebenen, sich manifestierten, Problematik im systemischen Sinne besteht darin, dass sich das Augenmerk nicht auf das Individuum, den offensichtlichen Problem- oder Symptomträger beschränkt, sondern ein ganzes System – das soziale und (inter)kulturelle Umfeld – des Lehrlings in den analytischen Blickumfang mit aufnimmt. Der junge Mitarbeiter wird nur soweit als Individuum analysiert, als er als Teil des Ganzen auf das einer ganzheitlichen Anamnese zu unterziehende System einwirkt, oder den, von diesem Gefüge ausgehenden Wirkungen selbst betroffen ist. Der Lehrling wird als Symptomträger betrachtet, was bedeutet, dass ein eventuelles individuelles Fehlverhalten nicht bloß auf die ureigenen Probleme oder auf die Symptomatik des einzelnen jungen Menschen zurückgeführt werden darf. Die auf den ersten Blick sichtbare individuelle Symptomatik wird nicht mehr isoliert betrachtet.
Als bekannter Provokateur darf ich es auch auf den Punkt bringen: Der problematische Azubi ist kein bösartiger Querulant, welcher aus einem gescheiterten pädagogischen Erziehungskonzept resultiert, sondern ein oft nützlicher und sensibler Indikator für betriebsinterne und externe noch ungelöste Problemkonstellationen in einem komplexen korrespondierenden systemischen Gesamtkomplex. Selten treten sogenannte asoziale Verhaltensweisen in einem sozial positiv gefestigten (menschlich gleichberechtigten) und von Wertschätzung geprägtes Umfeld auf.
Im Rahmen der systemischen Betrachtungsweise manifestieren sich am Symptomträger Auffälligkeiten, die ihren eigentlichen Ursprung aber in einem fehlerhaften Ablauf in einem Gesamtsystem haben.
Im Extremfall bedeutet dies, dass der Lehrling sein Verhalten erst konstruktiv verändern kann, wenn das System selbst ebenfalls in Bewegung kommt oder das Verhalten des Symptomträgers sich relativiert, wenn Veränderungen im System stattfinden. Manchmal wird daher auch zwischen einem direkten und einen indirekten systemischen Zugang unterschieden.
b) VORTEILE DER SYSTEMISCHEN ARBEITSWEISE
Bei einem analytischen Verfahren werden „lediglich“ Verhaltensweisen, Stärken, Schwächen und andere Eigenschaften eines einzelnen Individuums analysiert und passende Unterstützungsmodelle kreiert.
Es ist bei einer persönlichen Betroffenheit weder möglich noch sinnvoll immer „wertfrei“ von einer vermeintlichen Metaebene aus zu analysieren und die eigenen Wertvorstellungen aus Zweifel und auf Grund von Verunsicherung hinten anzustellen oder noch schlimmer, über Bord zu werfen. Ihre Persönlichen Haltungen gehören zu ihrer ganz persönlichen Individualität, sind berechtigt und für eine authentische, damit eben wirkungsvolle, Intervention unabdingbar. Von einer unreflektierten Verurteilung der betroffenen Person ist jedoch Abstand zu nehmen. Sie lehnen als Ausbildner das in einer ganz speziellen Situation gezeigte Verhalten des Lehrlings ab, respektieren aber den ebenfalls individuellen Menschen vor ihnen.
Im Umfeld des systemischen Denkansatzes werden hingegen vorwiegend die Beziehungen einzelner Menschen eines Systems und deren ursächliche Kausalitäten für akute Problemkonstellationen betrachtet. Durch die Kombination dieser beiden Herangehensweisen können unvergleichbar mehr und umfassendere Informationen zur betreffenden Problemkonstellation gewonnen werden. Selbstverständlich ist es kein Fehler die individuellen Potentiale des betreffenden Lehrlings genauer unter die Lupe zu nehmen. In vielen Fällen werden Fördermaßnahmen, persönliche Hilfestellungen und ein Gegensteuern auf Basis der analytischen Erkenntnisse vollkommen ausreichen um eine erfolgversprechende Fortführung der dualen Ausbildung zu gewährleisten; vgl. psychodiagnostische Analyseverfahren bei spezialisierten Beratungsdiensten. Im Rahmen meiner Tätigkeit als Lehrlingscoach habe ich aber durchwegs qualifizierte, bemühte und zum Teil, aus pädagogischer Sicht, vielleicht auch überengagierte Berufsausbildner und Lehrherren angetroffen, welche nach umfassenden Maßnahmen und Hilfsangeboten im Betrieb schier der Verzweiflung nahe waren. Trotz umfassender fachlicher und meist auch ideeller Unterstützung sowie allen irgendwie möglichen Fördermaßnahmen konnten einige Fragestellungen nicht beantwortet und verschiedenen Problemen nicht erfolgreich begegnet werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird es sich mit Sicherheit lohnen das Betrachtungsfeld in Richtung systemischer Sichtweise zu erweitern und die daraus resultierenden unterschiedlichen Blickwinkel einzunehmen.
Ansatzweise wird die Einbeziehung des sozialen Umfeldes in Lehrbetrieben bereits praktiziert. Im Detail denke ich hierbei an Elternabende, Gruppenschulungen, Freizeitaktivitäten, outdoorpädagogische Events und die unterschiedlichsten formalisierten Austausch- bzw. Vernetzungsmodalitäten zwischen Schule, Betrieb und Elternhaus. Dieser Umstand zeigt deutlich, dass die Bedeutung der ganzheitlichen Betrachtungsweise nicht nur speziell geschulten Fachpersonen, sondern auch den vielen Ausbildnern in den heimischen Lehrbetrieben bekannt ist und einen gewissen Zusatzaufwand rechtfertigt. Leider fehlen jedoch gerade in Krisensituationen oft der Mut oder die kommunikationstechnischen Fertigkeiten den logischen nächsten Schritt zu wagen und das systemische Umfeld des Lehrlings nicht nur gedanklich miteinzubeziehen, sondern eben auch für lösungsorientierte Interventionen einzubinden und die im systemischen Umfeld schlummernden Ressourcen für die betrieblichen Ziele zu nutzen. Mit anderen Worten: Präventiv wird, bewusst oder unbewusst, sehr wohl auf einen systemischen Kontext geachtet, im kurativen Ernstfall orte ich aber immer noch recht große Ängste oder Bedenken dies ebenso zu praktizieren. Zugegebenermaßen könne zusätzliche Konfliktherde aktiviert werden, was jedoch grundlegend als positiv gesehen werden muss. Auch im ersten Moment vorwiegend negative Energie entspricht einer dynamischen Situation, welche als konstruktive Potentiale für sich genutzt werden kann. Stillstand, Resignation oder Lethargie (mangels Haltung) steht für einen mittelfristig sehr teuer erkauften trügerischen Frieden.
Durch einen systemischen Zugang werden aus blinden Flecken resultierende Fehlerquellen reduziert und das Spektrum an Interventionsmöglichkeiten enorm erweitert. Jedes im System vertretene Element steht ja nicht nur für sich allein, sondern präsentiert Wechselwirkungen zu jedem einzelnen anderen Teil des gesamten Geflechts. Durch Visualisierungen werden Problemkonstellationen transparent(er), abstruse Verhaltensauffälligkeiten vielleicht sogar zuordenbare und eventuelle Lösungsansätze sichtbar.
Somit können Irrwege, destruktive Zirkel, Frustrationen oder falsche, das Problem möglicherweise verstärkende, Interventionen im Vorhinein vermieden und individuelle energetische Ressourcen effizienter und zielgerichteter eingesetzt werden. Gerade bei offensichtlich problemresistenten Systemen und kontinuierlich wiederkehrenden Krisensituationen ergeben sich in der intensiven Arbeit mit dem (gesamten) Umfeld des Lehrlings oft ungeahnte Potentiale und Ressourcen zur lösungsorientierten Arbeit. Integrierte und informierte Personen sind leichter und wesentlich verbindlicher für gemeinsame Ziele zu motivieren als lediglich, eben systemisch bedingt, involvierte Teile des Ganzen.

4) Soziale Systeme der Lehrlinge

Das relevante soziale Umfeld jedes einzelnen Lehrlings kann natürlich stark di...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. Steckbrief des Autors
  4. 1) Problemdefinition
  5. 2) Zieldefinition
  6. 3) Systemischer Ansatz
  7. 4) Soziale Systeme der Lehrlinge
  8. 5) Systemische Arbeit
  9. 6) Persönliche Lernerfahrungen
  10. 7) Einstieg zum zweiten Teil
  11. 8) Sidekick
  12. 9) Problemkonstellation der Ausbildungspraxis
  13. 10) Zieldefinition der Praxis
  14. 11) Systemische Vorgehensweise
  15. 12) Die konkreten Sozialen Syst. der Lehrlinge
  16. 13) EINE mögliche Herangehesweise
  17. 14) Arbeit mit dem gesamten System
  18. 15) Resultierende Erkenntnisse
  19. 16) Ausblick
  20. 17) Resümee
  21. 18) Schlussworte und Anmerkungen
  22. Impressum