Der Ursprung biblischer Mythen
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Der Ursprung biblischer Mythen

Die Enträtselung christlicher Glaubensvorstellungen

  1. 388 Seiten
  2. German
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Der Ursprung biblischer Mythen

Die Enträtselung christlicher Glaubensvorstellungen

Über dieses Buch

Welche uralten heidnischen Mythen stecken hinter den bekannten Geschichten der Bibel, z. B. von Kain und Abel, Noah, Adam und Eva, der Sintflut, Jesus, Maria, den Aposteln oder dem Paradies? Hier finden sich Antworten, die uns helfen, die Bibel in ihrer ursprünglichen Bedeutung zu verstehen. Es handelt sich dabei in den meisten Fällen um Gottheiten und ihre Mythen, die von den Schreibern der Bibel bewußt übernommen wurden. In dem Buch wird gezeigt, daß Eva eigentlich eine Göttin ist, daß es sich bei der Auseinandersetzung von Kain und Abel um den Mythos des Streites von Wintergott und Sommergott handelt und daß hinter vielen christlichen Heiligen bekannte Götter stehen, die im Gewande des Heiligen in der christlichen Zeit weiterverehrt werden konnten. Auch der Begründer des Christentums, Jesus, hat Gottheiten als Vorläufer, die Kreuzigung ist ein ursprünglicher Einweihungsmythos und die Apostel haben deutliche Bezüge zu heidnischen Göttern und dem Tierkreis. Die wichtigen Figuren der Bibel, Jachveh (Gott), Elohim (Götter), Satan, und die Erzengel werden ausführlich entschlüsselt.Dieses Buch will helfen, das Verständnis der Bibel und des Christentums zu verbessern, indem es aufdeckt, woher die Geschichten stammen, die wir bisher zu unrecht für biblisch und christlich hielten.

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Information

1.

Gott

In den biblischen Büchern finden wir nicht einen alleinherrschenden himmlischen Allgott, sondern ganz verschiedene Gottheiten mit unterschiedlichen Eigennamen, die aber heute von den Theologen als eine einzige Gottheit betrachtet werden. Dies ist eine Interpretation, die den ursprünglichen Texten nicht entspricht.

Deus, Theos.

In den lateinischen Bibelhandschriften, z. B. der Itala und Vulgata (Ende des 4. Jh.) findet sich häufig die Bezeichnung lat. „Deus“ („Gott“), in den griechischen Handschriften steht stattdessen griech. „Theos“ („Gott“).
Die ältesten griechischen Bibelhandschriften sind übrigens der Vaticanus (4. Jh.), der Alexandrinus (2. Hälfte des 5. Jh.), der Sinaiticus (4. Jh.), der Codex Ephraemi rescriptus (Anfang des 6. Jh.) und der Codex Bezae Cantabriegiensis (6. Jh.).
Die Gottesnamen „Theos“ bzw. „Deus“ sind etymologisch urverwandt mit dem heidnischen griechischen Gottesnamen Zeus, römisch Jupiter (eigentlich: Ziu-Piter, „Zeus-Vater“), germanisch Zius, Tius oder Tiu, nordisch Týr und gehen zurück auf den indogermanischen Himmelsgott Dyaush (Himmel) und das indogerm. Wort *deiwos (Leuchten)3.
Bei den Balten heißt dieser heidnische Gott „Dievs“ (lettisch), „Dievas“ (litauisch) oder „Deices“ (preußisch). Dievs wird als junger Mann dargestellt, der in prächtige silberne Gewänder aus Seide gekleidet ist und ein leuchtendes oder grünes Schwert trägt. Er wohnt in einem Hof auf einem hohen Berge im Himmel. Er fährt mit einem goldenen oder silbernen, von zwei Rossen gezogenen Wagen auf die Erde um dem Land Fruchtbarkeit zu bringen. Dievs hat mehrere Söhne, die um die Sonnentöchter freien und gilt auch als Vater der Schicksalsgöttin Laima. Der Name des Gottes ist bei den Balten aber zugleich auch Bezeichnung für den christlichen Gott, d. h. man kann nur anhand der Beschreibung des Gottes erkennen, ob der christliche oder der heidnische Dievs gemeint ist. Bei Dievs als Vater des Jesus handelt es sich um christliche (biblische) Vorstellungen, bei Dievs als Vater der Dievssöhne aber um den heidnischen Himmelsgott.
Bei den Nordgermanen heißt dieser Gott Týr, bei den Südgermanen Tius. Nach Tius ist auch der zweite Wochentag, Dienstag (eigentlich „Tiustag“ oder „Tingstag“, „Tius Tag“ oder „Tag der Volksversammlung“) benannt. Tius ist Gott des Krieges, des Mutes und der Tapferkeit und ist ein Sohn Wodans, er wird üblicherweise dem römischen Gott Mars gleichgesetzt. Tius ist auch Gott der Volksversammlung (das „Ting“ oder „Thing“), vielleicht ist von seinem Namen auch der Begriff „diot“ (= Volk, vgl. „deutsch“) abgeleitet.
Der Unterschied zwischen den Namen Deus/Theos und Dyaush (später: Zeus) liegt darin, daß diese Namen, obwohl sie von Dyaush abgeleitet sind, schon meist neutral für Gottheiten allgemein verwendet werden, so daß auch z. B. der Gott Jachveh damit bezeichnet sein kann. Es fand also eine Begriffserweiterung statt, indem nun der Name des Dyaush (Zeus) auch auf andere Gottheiten ausgedehnt wurde. Als der syrische König Antiochus IV. Epiphanes den jerusalemer Kult hellenisieren wollte, errichtete er im Jahre 168 v. u. Zt. auf dem Tempelplatz des Jerusalemer Tempels einen Altar für den „Zeus Olympikos“ (Zeus als Herrscher des Olymps) und widmete den ganzen Tempel dem Zeus. Dieser Tempel war ursprünglich für Jachveh errichtet.
Auch bei den Germanen wurde der Name des Gottes Tius bzw. Týr gebraucht, um andere Gottheiten zu bezeichnen. In den Skáldskaparmál Kap. 1 der Jüngeren Edda4 wird dies erläutert:
>Das Dritte ist Umschreibung, und die besteht darin, daß wir z. B. „Ódinn“ sagen, „Thórr“ oder „Týr“ oder überhaupt irgendeinen Asen oder Alfen nennen und zu dem Genannten einen Begriff hinzufügen, welcher zu dem Eigentum eines andern Asen gehört oder eine Tat eines solchen ausdrückt. Dann ist dieser bezeichnet und nicht jener, dessen Name gewählt wird. Zum Beispiel sagen wir „Sieg-Týr“ oder „Hanga-Týr“ oder „Farma-Týr“, das sind Ódinsnamen, und zwar umschriebene Namen, ebenso „Wagen-Týr“.<
Wagen-Týr ist ein Name für den Gott Donar. Aber auch in der Mehrzahl wurde der Begriff verwendet, das altnordische „tívar“ ist von „Týr“ abgeleitet und bezeichnet allgemein die Götter.
In der lateinischen und griechischen Bibel finden wir häufig die Bezeichnung lat. Dominus oder griech. Kýrios („Herr“). Dies ist aber kein Name, sondern ein Anredetitel für verschiedene Gottheiten, z. B. für Jachveh, El, oder auch für Jesus.

Gott.

Der Begriff „Gott“ findet sich in deutschen Bibelübersetzungen, in englischen oder skandinavischen Bibeln steht „God“ oder „Gud“. Diese Bezeichnung ist rein germanisch und hat keinerlei Verbindungen zu indogermanischen Wörtern. Auch mit unserem deutschen Wort „gut“ hat „Gott“ nichts zu tun. Der Forscher Jan de Vries schreibt in seiner „Altgermanischen Religionsgeschichte“5:
>Das allgemeingermanische Wort Gott ist ein Neutrum. Der ursprüngliche Begriffsinhalt kann nur durch etymologische Spekulation bestimmt werden, und die Beschränkung des Wortes auf das germanische Sprachgebiet macht es auch zweifelhaft, ob wir es aus dem indogermanischen Sprachmaterial erklären dürfen. Ursprünglich wurde es eigentlich nur als Pluralis gebraucht und bedeutet „die göttlichen Mächte“. Das Alter dieser Bezeichnung wird durch das Wort für Priester erwiesen: gotisch gudja und altnordisch gódi; daraus geht aber auch hervor, daß gutha das allgemeine Wort für „Gottheit“ war ... Das Wort ist später in die christliche Terminologie übergegangen. Dabei ist es männlich geworden<.
Auch ein anderer Forscher, Richard M. Meyer verfaßte ein Werk mit dem Titel „Altgermanische Religionsgeschichte“ (1909). Er stellte darin fest6:
>Es gibt kein indogermanisches Wort für „Gott“<.
Dennoch wurde häufig versucht, ein indogermanisches Urwort zu finden. Angeführt wurde ein vermutetes Wort *ghuto-m der Verbalwurzel *ghau (= mit Zauberwort anrufen), *gheu, gotisch giutan (= Guß, Trankopfer ausgießen)7 oder *hu (= opfern)8. Diese Spekulationen würden sich aber klar auf heidnische Gottheiten beziehen.
Das vermutete germanische Wort *guda mit sächlichem Geschlecht ist Gattungsbegriff für männliche und weibliche Gottheiten. Aber welche Bedeutung hatte das Wort, bevor es zu einer allgemeinen Bezeichnung für Gottheiten wurde? Genau wie die Bezeichnungen „Deus“ bzw. „Theos“ allgemein „Gottheit“ bedeuten, aber von dem Eigennamen einer ganz bestimmten Gottheit Dyaush (Zeus) abgeleitet sind, und genau wie das nordische „tívar“ Götter bezeichnet, aber vom Eigennamen eines einzelnen Gottes (Tius) stammt, so war es auch mit dem Terminus „Gott“. Diese Bezeichnung wurde vom Eigennamen des Gottes Wodan (nordisch: Ódinn) abgeleitet. Die Erklärung dazu liefert uns der Chronist Paulus diaconus (Paul der Diakon) in der von ihm nach 774 in lateinisch verfaßten „Gesta Langobardorum“ (Geschichte der Langobarden)9:
>Wotan aber, den sie mit Beifügung eines Buchstabens Guodan nannten, ist der nämliche Gott, der bei den Römern Mercurius heißt, und von allen Völkern Germaniens als Gott verehrt wird<.
In der Handschrift finden sich die Schreibweisen „Guodan“ bzw. „Gvodan“ und „Gotan“. Durch Verkürzung wurde daraus „Guod“ und „Got“, was der alt- und mittelhochdeutschen Schreibweise des Wortes „Gott“ entspricht.
Nach der Christianisierung wurde dieser ursprüngliche Eigenname Wodans im gesamten germanischen Sprachbereich als Bezeichnung des höchsten Gottes verwendet, nun allerdings sah man nicht mehr Wodan, sondern Jachveh als höchsten Gott an, behielt aber den alten Wodansnamen bei. Man ging also ähnlich vor, wie beim baltischen Gott Dievs. Auch andere Wörter und Begriffe, die den Namen Wodans enthielten, veränderten sich entsprechend, z. B. einige der vielen Orts- und Flurnamen, die auf Kultorte des Gottes hinwiesen. So hieß der heutige „Godesberg“ (Gottesberg) bei Bonn nachweisbar früher „Wodes-“ oder „Wodansberg“ und war ein Wodans-Heiligtum, der „Gudensberg“ in Hessen wurde in Urkunden von 1209 und 1226 noch „Wotensberg“ und „Wuodensberg“ genannt10, auf dem später „Gottesberg“ genannten Hügel in Berlin-Reinickendorf wurden zahlreiche Urnengräber der Bronzezeit gefunden, so daß auch hier angenommen werden kann, daß der Berg einst dem ursprünglichen Totengott Wodan geweiht war11.
Abb. 1: Darstellung des Gottes Ódinn (Wodan) mit seinen beiden Raben und Sonnensymbol. Aus einer Handschrift der Jüngeren Edda von 1760, die auf eine verlorene Vorlage von 1665 zurückgeht, die selbst wiederum eine Abschrift der Originalhandschrift (13. Jh.) war.
Der Terminus „Gott“ wandelte sich also von einer Bezeichnung für eine einzelne Gottheit (Wodan) zu einem Gattungsbegriff für verschiedene, männliche und weibliche heidnische Gottheiten, schließlich wurde daraus - meist ohne Artikel gebraucht - eine Bezeichnung des biblischen Gottes Jachveh. Mit Artikel versehen oder unter Anfügung des individuellen Namens wird der Begriff Gott bis heute auch weiterhin für heidnische Gottheiten gebraucht.
Abb. 2: Das Auge Gottes, Wodans, und das Horusauge.
Wenn wir uns nun die Darstellungen des christlichen Gottes ansehen, dann finden wir oft einen alten Mann mit dreieckigem Heiligenschein (siehe Abbildung 5) als Symbol der Dreieinigkeit. Aber wir finden auch ein Dreieck mit einem Auge darinnen und Strahlen (Abb. 2 links). Die Einäugigkeit des biblischen Gottes geht wiederum auf heidnische Vorstellungen zurück, denn in der Bibel selbst wird Jachveh nicht einäugig dargestellt. So lautet etwa Proverbia 15, 3:
>Die Augen des Herrn (Jachvehs) schauen an allen Orten, beide, die Bösen und Frommen<.
Bei den Ägyptern wurde der Gott Horus (= der oben Befindliche, der Ferne) als Lichtgott Harachte (= Horus vom Horizont) verehrt, seine beiden Augen bilden Sonne und Mond. Horus ist Sohn von Osiris und Isis; als es zum Kampf mit dem Mörder seines Vaters, Seth, kommt, reißt dieser dem Horus ein Auge heraus. Das verbliebene Horusauge (Abb. 2 rechts) symbolisiert die Sonne.
In der germanischen Mythologie ist der Gott Wodan einäugig, in der Symbolik wird er auch mit einem Auge in einem Strahlenkranz dargestellt (Abb. 2 Mitte). In der Gylf. 15 der Jüngeren Edda heißt es:
>Einst kam Allvater dahin [zum Weisheitsbrunnen] und verlangte einen Trunk aus dem Brunnen, erhielt ihn aber nicht eher, bis er sein Auge zum Pfand setzte<.
Wodan ist Sturm- und Totengott, aber auch Sonnen- und Himmelsgott, sein Auge symbolisiert − wie bei Horus − die Sonne; in der germanischen Ikonographie wird Wodan oft mit einer Sonne dargestellt (siehe Abbildung 1 Seite 19).
Auch das Auge Gottes im strahlenumgebenen Dreieck soll die Sonne symbolisieren, das Dreieck bedeutet dabei die Dreieinigkeit (Abb. 2). Gleichzeitig symbolisiert das „allsehende Auge“ die Einheit dieses „einzigen“ Gottes. Auch Wodan-Ódinn wird der „Erste“ (Grm. 44) oder „der Einzige“ genannt; so bedeutet „odin“ im russischen noch heute die Zahl „Eins“. Ein einzelnes Auge als Symbol wurde schon von den alten Ägyptern zur Darstellung des Osiris gebraucht.

El, Eloah, Ilah.

In den Originalen der Bibel finden wir weitere heidnische Götternamen, die in deutschen Ausgaben nur mit „Gott“ übersetzt und auf den Gott Jachveh bezogen werden. Als Jakob sich in Sichem ansiedelte, errichtete er auch einen Altar für den Gott El (Genesis 33, 20):
>Und richtete daselbst einen Altar zu, und rief an den Namen des starken Gottes (El) Israels<.
In Genesis 49 ist der Jakobssegen enthalten, in dem es heißt (Genesis 49, 25):
>Von deines Vaters Gott ist dir geholfen, und von dem Allmächtigen (El) bist du gesegnet mit Segen oben vom Himmel herab, mit Segen von der Tiefe, die unten liegt, mit Segen der Brüste und des Mutterleibs<.
In dieser Stelle erweist noch der Bezug zur Erdgöttin („Tiefe“) und zu den „Brüsten des Mutterleibs“ ihre Herkunft aus dem heidnischen Mythos. Auch in Genesis 46, 3 und anderen Stellen steht im Original der Bibel der Gott El. Mit einem Beinamen finden wir den Gott El z. B. in Genesis 14, 18ff:
>Aber Melchisedek, der König von Salem, trug Brot und Wein hervor. Und er war ein Priester Gottes des Höchsten (El eljón). Und segnete ihn und sprach: Gesegnet seist du, Abram, dem höchsten Gott (El eljón), der Himmel und Erde geschaffen hat<
„El eljón“ bedeutet „allerhöchster El“, als „El ólám“ („ewiger, seit alten Zeiten bestehender El“) erscheint der Gott z. B. in Genesis 21, 33, „El rachamim“ ist der „barmherzige El“, als „El von Bethel“ („Bethel“, eigentlich „beth-El“ bedeutet „Haus/Heiligtum des El“), finden wir ihn z. B. in Genesis 31, 13 und 37, 7. Jakob errichtete dem Gott El dieses Heiligtum, wie Genesis 28, 18f und 22 belegt:
>Und Jakob stund des Morgens frühe auf, und nahm den Stein, den er zu seinen Häupten gelegt hatte, und richtete ihn auf zu einem Mal, und goß Öl obe...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. 1. Gott
  4. 2. Götter und Engel
  5. 3. Schöpfungsmythos
  6. 4. Das Paradies
  7. 5. Kain und Abel
  8. 6. Die Sintflut
  9. 7. Noah
  10. 8. Leviathan
  11. 9. Mythen
  12. 10. Jesus
  13. 11. Maria
  14. 12. Die Apostel
  15. 13. Jesu Wunder
  16. 14. Die Kreuzigung
  17. 15. Heidentum
  18. 16. Heilige
  19. 17. Die Apokryphen
  20. Nachwort
  21. Anmerkungen
  22. Abbildungsnachweis
  23. Weitere Bücer des Verfaffers
  24. Impressum