Binswanger
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Binswanger

oder Der lange Weg von der Irrenanstalt zur modernen Psychiatrie?

  1. 376 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Binswanger

oder Der lange Weg von der Irrenanstalt zur modernen Psychiatrie?

Über dieses Buch

Dieses Buch ist eine unverzichtbare Lektüre für alle, die sich für die Entwicklung der medizinischen Versorgung und den Umgang mit psychischen Erkrankungen interessieren. Es beleuchtet die revolutionären Fortschritte der Psychiatrie, vom Wandel grausamer Praktiken hin zu humanistischen Behandlungsmethoden. Der renommierte Psychiater Otto Binswanger prägte eine Ära, in der Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht länger nur verwaltet, sondern als Individuen gesehen und respektvoll behandelt wurden. Doch wie wurde aus Einzelhaft, Zwangsarbeit und Lobotomie der Grundstein für moderne Kliniken gelegt? Welche Lehren ziehen wir heute aus der Vergangenheit? Dieses Buch nimmt Sie mit auf eine packende Reise durch die Geschichte der Psychiatrie und Antipsychiatrie. Es beschreibt eindrucksvoll, wie die Psychiatrie von fragwürdigen Ansätzen wie Elektroschocktherapie und Sturzbädern zu einer Disziplin wurde, die den Menschen ins Zentrum stellt und stellt gleichzeitig die unbequeme Frage: "Wo stehen wir heute?" Neben einem kritischen Blick auf den Alltag moderner Psychiatrie beleuchtet das Buch auch die Diagnose und Behandlung psychischer Erkrankungen nach den neuesten wissenschaftlichen Standards (DSM-5). Von historischen Diagnosen wie Hysterie bis zu modernen Herausforderungen wie Burnout und ADHS werden psychische Störungen präzise erklärt. Mit aufwendig gestalteten Bildern und einer beeindruckenden Visualisierung historischer Therapien wird das Buch zu einem Erlebnis für die Sinne. Praktische Tipps zu Museen, Ausstellungen und historischen Orten bieten Ihnen Inspirationen für Ausflüge, die den Blick auf die Geschichte erweitern. Tauchen Sie ein in diese bewegende Geschichte von Leid, Hoffnung und Heilung und erfahren Sie, wie medizinische Visionen das Leben von Millionen verändert haben.

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Information

1. KAPITEL

Begriffsbestimmungen

Um uns diesem komplexen, aber auch interessanten Thema vorsichtig zu nähern möchte ich zuerst einmal ein paar wichtige Begriffe etwas spezieller erläutern. Fangen wir gleich mit den Begriffen Psychiater, Neurologie, ICD-10 und DSM-5 an.
1.1. Psychiater („psyche“ aus dem griechischen für Seele, Leben und „iatros“ für Arzt) ist der Titel eines Arztes mit psychiatrischer Facharztausbildung. Als solcher beschäftigt er sich mit der Diagnose, Behandlung und Erforschung von psychischen Erkrankungen oder Störungen. Das Fachgebiet des Psychiaters ist die Psychiatrie und die Psychotherapie. Im Unterschied zum (nichtärztlichen) Psychologischen Psychotherapeuten kann der Psychiater als Arzt auch mögliche körperliche Ursachen von scheinbar psychischen Erkrankungen erfassen. Nach Bedarf kann er auch z.B. eine entsprechende Abklärung in die Wege leiten und auch Medikamente verordnen. Der Psychiater kann also ärztlich oder psychotherapeutisch Behandeln, oder auch Beides kombinieren, man spricht dann von der integrativen psychiatrischpsychotherapeutischen Behandlung.
Ein Teilgebiet der Psychiatrie ist die forensische Psychiatrie, die sich mit dem Grenzgebiet von Psychiatrie und Recht befasst. Dazu gehören juristische Fragen wie die Beurteilung der Schuldfähigkeit von Straftätern, aber auch Gutachten im Hinblick auf die Unterbringung in geschlossenen Anstalten oder die Betreuung von psychisch Kranken.
1.2. Die Neurologie von griechisch „neuron“ für Nerv und „-logia“ für Lehre, Wissenschaft ist die Lehre von den Erkrankungen des Nervensystems. Die Grenze zur Psychiatrie ist teilweise fließend. In Deutschland ist die Neurologie als ein Teilgebiet aus der Inneren Medizin hervorgegangen. Die Organsysteme, die in der Neurologie Berücksichtigung finden, sind das Zentralnervensystem (ZNS abgekürzt), also Gehirn und Rückenmark, seine Umgebungsstrukturen und blutversorgende Gefäße sowie das periphere, also das umgebene Nervensystem (PNS abgekürzt), einschließlich dessen Verbindungsstrukturen mit den Muskeln.
1.3. ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, ICD englisch: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems. Das ICD-10 System ist das wichtigste, weltweit anerkannte Diagnoseklassifikationssystem der Medizin. Es wird von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) herausgegeben. Die aktuelle, international gültige Ausgabe ist ICD-10. In ihr sind alle anerkannten Krankheiten aufgelistet und alle Ärzte müssen auf dieser Grundlage ihre Leistungen abrechnen. Die Ursprünge des ICD-Systems gehen auf erste statistische Erhebungen aus den 1850er Jahren zurück, wo zuerst ausschließlich Todesursachen erfasst wurden. Diese Ursachenliste wurde permanent aktualisiert und 1938 lag die 5. Ausgabe vor. Einen professionellen und allgemeinen gültigen Charakter bekam aber erst mit der Gründung der WHO (Weltgesundheitsorganisation) 1948 die ICD Klassifikation. Aufgrund der Fortschritte in der Medizin kann man davon Ausgehen das ungefähr alle 10 - 15 Jahre Ergänzungen und Abänderungen erforderlich werden. So wurde bereits 2007 mit der Arbeit an der ICD-11 begonnen.
(1) Das Nervensystem des Menschen setzt sich aus dem Zentralen Nervensystem (ZNS) bestehend aus Rückenmark und Gehirn, sowie aus dem Peripheren Nervensystem (PNS) zusammen. Das Periphere Nervensystem umfasst dabei den gesamten restlichen Teil des Nervensystems der außerhalb des Zentralen Nervensystems liegt. Eine weitere wichtige Unterteilung des menschlichen Nervensystems ist die Unterteilung in das motorische und das vegetative Nervensystem. Hierbei ist das motorische Nervensystem für die bewusste Kontrolle und Steuerung des Bewegungsapparats verantwortlich und das vegetative Nervensystem für die unbewussten innerkörperlichen Abläufe, wie zum Beispiel die Steuerung der Atmung und des Herzschlages. Darum nennt man das vegetative Nervensystem auch autonomes Nervensystem (ANS).
1.4. DSM-5 ist die Abkürzung für die fünfte Auflage des diagnostischen und statistischen Leitfadens für psychische Störungen. DSM englisch: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Diseases. Dieses Klassifikationssystem, speziell nur für psychische Krankheiten, wird seit 1952 von der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft APA (American Psychiatric Association) herausgegeben. Die aktuelle gültige 5.Auflage wurde am 18. Mai 2013 veröffentlicht und löste logischerweise die 4.Auflage aus dem Jahre 1994 ab. Seit den achtziger Jahren enthält das DSM-System weltweit verbindliche Listen mit Merkmalen (Symptomen), die vorhanden sein müssen, damit überhaupt eine psychische Störung diagnostiziert werden darf. Auf dieser Grundlage erfolgt auch die Anerkennung, und was in diesem Sinne noch viel wichtiger ist, die Abrechnung über das ICD-10 System als „behandlungswürdige Krankheit“. Ich habe die Worte „behandlungswürdige Krankheit“ bewusst mit Ausrufungszeichen versehen, den der gesamte Psychische Bereich in der Medizin ist auf der einen Seite eine hochinteressante Angelegenheit, aber auf der anderen Seite auch eine Lizenz zum Gelddrucken. In keinem Bereich der Medizin sind die Verrechnungssätze so hoch, der Deutungsspielraum so groß und der Nachweis eines Kunstfehlers so schwierig. Oder haben sie schon einmal in den Medien davon gehört, dass in einem Gerichtsverfahren ein Psychiater auf Schadensersatz verklagt wurde. Viele unabhängige Experten gehen davon aus, dass der Prozentsatz der Bevölkerung die an einer ernsthaften psychischen Krankheit erkrankt sind im Laufe der Menschheitsgeschichte immer konstant waren. Trotzdem steigen in den letzten Jahren diese Zahlen dramatisch an und der Verbrauch von Psychopharmaka nimmt teilweise ungeahnte Volumina an. Worauf ist dies zurückzuführen, was sind die Gründe hierfür?
Das Prinzip der Internationalisierung und Standardisierung von psychischen Störungen ist natürlich richtig, birgt aber auch erheblich Gefahren wenn man es einseitig oder sogar falsch anwendet. Was meine ich damit? Zuerst, diese Richtlinien werden auch nur von Menschen gemacht. Diese Richtlinien sind streng genommen betrachtet eigentlich nur eine Beschreibung von einem unerwünschten Verhalten von Menschen (Symptom). Was ein unerwünschtes Verhalten ist wird von einer begrenzten Anzahl von DSM-Psychiatern entschieden, die über jedes einzelne Symptome in einer Versammlung darüber abstimmen. Damit werden mit einem Schlag Menschen zu Patienten gemacht, die genau dieses unerwünschte Verhalten (Symptom) zeigen. Dieses unerwünschte Verhalten muss man aber immer im jeweiligen gesellschaftlichen Kontext analysieren. Wie zum Beispiel psychisch kranke und geistig behinderte Menschen während des Nationalsozialismus behandelt wurden, dürfte bekannt sein. Sie wurden einfach für Lebensunwert eingestuft und umgebracht oder zwangssterilisiert. Hier ist eine Beurteilung der Klassifikation von psychischen Erkrankungen eindeutig, nämlich als ein menschenverachtender Akt der zu Verurteilen ist. Je mehr wir uns aber auf der Zeitschiene in die heutige Gegenwart begeben, wird es schon bedeutend schwieriger diese Klassifikation richtig einzustufen. So dürfte für viele Leser die schlichte Tatsache neu und zugleich auch verstörend sein, dass im DSM-1 und DSM-2 Homosexualität noch als psychische Krankheit klassifiziert wurde. Also Homosexualität war darin eine behandlungswürdige psychische Krankheit. Erst ab den 1980er Jahren, mit der Veröffentlichung des DSM-3 wurde diese „Krankheit“ gestrichen. Kurioserweise war die Tilgung der Homosexualität als psychische Krankheit, gleichzeitig der größte „psychiatrische Erfolg“ den die Psychiatrie bis heute vorzuweisen hat. Mit einer einzigen kleinen Streichung wurden Millionen Erdenbürger auf einen Schlag „geheilt“. An diesem Beispiel sehen Sie wie viel Macht von einer bestimmten Krankheitsdefinition ausgehen kann und was diese auch für weitreichende Folgen haben kann. Es entscheiden immer die jeweiligen Machtverhältnisse in einer bestimmten Gesellschaftsordnung was Gesund oder was als Krank einzustufen ist. Menschen können sich auch Irren, Lügen oder bewusst Tatsachen verschweigen. Es ist in diesem Sinne natürlich nicht unerheblich ob diese besagten Menschen oder nennen wir Sie gleich beim richtigen Namen, Mediziner und in unserem Fall Psychiater, Verfechter zum Beispiel der TCM (Traditionellen Chinesischen Medizin) sind, aus der Pharmaindustrie kommen, oder was am häufigsten der Fall ist, auf irgend eine Weise mit der Pharmaindustrie in Verbindung stehen und natürlich ihren Nutzen daraus ziehen. So konnte nachgewiesen werden das bei der aktuellen Ausgabe, dem DSM-5, 19 der 27 abstimmungsberechtigten Psychiater, Verbindungen mit der Pharmaindustrie hatten. Logischerweise wird über diese neuen Richtlinien im DSM-5 System dann auch dem entsprechend abgestimmt werden. So können dann erhebliche Verwerfungen und eine völlig falsche Entwicklung entstehen, die des öfteren skurrile Züge annimmt und mit der Realität wenig zu tun hat. Tragischerweise ist dies aber kein Comicbuch, sondern die Richtschnur für Krankenkassen, Ärzte und Psychiater. In diesem Werk wird definiert wer ein „normales“ und wer ein „unerwünschtes“ Verhalten hat, also wer Gesund oder als Krank anzusehen ist. Am besten ich erläutere meine Behauptung an drei einfachen Beispielen. Der Leser kann so meinen Gedankengängen besser folgen und sich seine eigene Meinung bilden.
Entstehung des DSM Systems Gültigkeit in den USA Gültigkeit in Deutschland Seitenanzahl aufgestellte Diagnosen
Vdkszählung USA 1840 keine 1
Volkszählung USA 1880 keine 7
APA Statistikkommission 1917 keine 59
DSM-I 1952 keine 130 106
DSM-II 1968 keine 134 182
DSM-III 1980 1984 494 265
DSM-III Revision 1987 1089 567 292
DSM-IV 1994 1996 886 297
DSM-IV Textrevision 2000 2003 943 297
DSM-5 2013 2014 1298 374
(2) Die Entstehung des DSM Klassifikationssystems für psychische Kra...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. 1. Begriffsbestimmungen
  4. 2. Die Binswangers
  5. 3. Wie alles anfing – Studium und beruflicher Wertegang Otto Binswangers
  6. 4. Die Zustände in den Irren – und Verwahranstalten des 17.-18.- und 19. Jahrhunderts
  7. 5. Mystische Orte der Psychiatrie- und Medizingeschichte
  8. 6. Die prägenden Jenaer Reformjahre Otto Binswangers
  9. 7. Berühmte Patienten von Otto Binswanger
  10. 8. Die Entwicklung einer eigenständigen Kinder – und Jugendpsychiatrie
  11. 9. Ausgewählte psychische und neurologische Erkrankungen
  12. 10. Otto Binswanger Privat
  13. 11. Publikationen von Otto Binswanger
  14. 12. Genie und Wahnsinn
  15. 13. Gegen meinen Willen in der Psychiatrie eingesperrt
  16. 14. Psychiatriealtag heute
  17. 15. Alternative Psychiatrie
  18. 16. Quid pro Quo
  19. Quellenangabe
  20. Impressum