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DIE UR-INSTINKTE,
DIE UNTERTYPEN
WAS GENAU SIND NUN
UNTERTYPEN?
INSTINKTE, ORGANE ODER HORMONE?
Die Untertypen sind tief in uns verwurzelt, sie gehören zu unseren Ur-Instinkten, wie das Schwimmen oder die Partnersuche. Das Wort Instinkt wird jedoch eher bei Tieren verwendet. Bei Menschen spricht man lieber von angeborenem Verhalten oder innerem Antrieb.
Im Mittelalter sprach man von DER GÖTTLICHEN GABE. Das klingt essenziell und deutet auf etwas hin, was eine besonders prägende Wirkung auf unser Leben hat.
Mittlerweile ist viel über das Verhalten von Mensch und Tier geforscht worden, so weiß man, dass Tiere sehr wohl Gefühle wie Trauer, Angst und Unlust empfinden. Neuste Forschungen gehen davon aus, dass alle Säugetiere – wie der Mensch auch – über ein Gefühlsleben verfügen.
Mehr auf die Organe bezogen steht z. B. das Hungergefühl in Verbindung mit dem Magen und dem Geruchssinn. Wer kennt nicht die Verführung eines Bäckereiduftes? Die Nase ist ein Organ, welches über eine direkte Verbindung zum Langzeitgedächtnis verfügt und dessen Wahrnehmungen bereits sehr früh gespeichert werden. Das führt dazu, dass wir Gerüche sehr lange mit Personen und Situationen in Verbindung bringen können. Ein Beispiel, das die meisten kennen, ist: »Hier riecht es wie bei Oma!«
Wir werden durch optische Reize und Bilder stark beeinflusst. Wie aus Forschungen in der Werbung inzwischen bekannt, üben Bilder, die nur Sekundenbruchteile gezeigt wurden und nicht einmal ins Bewusstsein gelangen, trotzdem einen Einfluss auf unser Kaufverhalten aus.
Auch unsere Hormone spielen nicht nur im Körper und in der Sexualität eine Rolle. Der sogenannte MUTTERINSTINKT beim Menschen ist nicht angeboren, sondern hormonell bedingt. So übernehmen Tiere im Zoo nicht immer die Brutpflege für ihre Nachkommen, sodass Menschen oder andere Tiere für diese Tierkinder sorgen müssen.
Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass es bei Menschen ebenfalls nicht immer klappt mit der Bemutterung. Zum Glück gibt es heute für Menschenkinder und ihre Mütter in solchen Fällen ebenfalls Unterstützung.
DOCH ANGELERNT?
Da wir in der Kindheit sehr lang von der Mutter oder einer versorgenden Person abhängig sind, erleben wir in dieser Zeit eine tiefe Prägung durch die uns umgebenden Menschen. Jedoch sind weder die Eltern noch andere Bezugspersonen ohne Fehler. Sosehr die umsorgenden Personen sich auch bemühen, der unvermeidlich vom Kind empfundene Mangel aus dieser frühen Zeit kann als Nährboden für den Untertyp bezeichnet werden.
Der Umgang mit Gefühlen und Intimität spielt dabei genauso eine Rolle wie materielle Zuwendung und soziales Verhalten. Wobei wir in unserer Kindheit und Jugend auch den Umgang mit Finanzen und Obrigkeiten lernen. Zudem haben Menschen ein starkes Bedürfnis nach Gemeinschaft und Beziehungen. Wie wir später damit umgehen, lernen wir ebenfalls in dieser Zeit.
Wenn wir geboren werden, sind wir wie ein trockener Schwamm, der alles in sich aufsaugt, was die Familie, unsere Herkunft und die Umgebung uns anbieten.
Der im Menschen am stärksten wirkende Untertyp bildet sich aus dem Bereich, in dem wir den größten Mangel empfanden. Die Reihenfolge der drei Untertypen ergibt sich aus der Stärke des jeweiligen Mangels, den wir in unseren frühen Jahren erfahren haben.
VIELLEICHT?
Vielleicht haben wir die Veranlagung, einen bestimmten Untertyp besonders stark zu entwickeln, bereits in dieses Leben mitgebracht. Die dazugehörige Mutter, den Vater oder die ganze Familie könnten wir dann ebenfalls ausgesucht haben. Das würde bedeuten, dass wir die ganze Verantwortung selbst übernehmen müssen.
Wie auch immer, es bleibt unsere Aufgabe, ein Bewusstsein für unsere persönlichen Eigenheiten zu erlangen.
Egal welche dieser angebotenen Erklärungen Ihnen am wahrscheinlichsten erscheint, die nachfolgenden Texte zu den drei Untertypen werden Ihnen umfangreiche Informationen vermitteln, Lösungen aufzeigen und eine Bereicherung auf IHREM WEG ZU SICH SELBST anbieten.
Hierzu noch eine Metapher, die von Eli Jaxon-Bear in seinem Buch1 Erwähnung findet: Die Untertypen können mit einem dreibeinigen Schemel verglichen werden. Jedes Bein steht für einen Untertyp. Ein Bein ist viel kürzer als die beiden anderen, ein zweites nur wenig kürzer und das Dritte ist das Längste. Der Schemel wackelt nicht, aber alles, was darauf abgestellt wird, rutscht in die Richtung des kürzesten Beins.
So ergeht es uns mit unserer Aufmerksamkeit. Es ist der am stärksten wirksame Untertyp, der sich immer wieder in den Fokus schiebt und es ist der Bereich in dem wir ZU KURZ gekommen sind. Unsere innere Wahrnehmung wird abgelenkt, wir schenken unsere Energie vorrangig diesem zu kurz gekommenen Lebensbereich – SCHEMELBEIN – wodurch ein herausforderndes Ungleichgewicht unserer Instinkte entsteht.
Claudio Naranjo schreibt hierzu in seinem Buch CHARAKTER UND NEUROSE:
»… schließt die hier vorgestellte Sicht nicht nur eine Instinkt-the-orie ein (sie überlässt dem Instinkt zumindest ein Drittel in der Arena der Psyche) 2, …« und weiter unten:
»…, würden doch wenige die große Bedeutung anzweifeln, die der Überlebenstrieb, die Sexualität und der Trieb, Beziehungen einzugehen, haben; und sie würden auch wohl kaum deren zentrale Funktionen in Frage stellen, die ihnen allen dabei zukommt, dem Verhalten durchgängig zielweisend Richtung zu geben.3«
In den nachfolgenden Instinkt- bzw. Typen-Texten werden die drei unterschiedlichen Instinktbereiche – Untertypen – mit ihren Besonderheiten ausführlich beschrieben. Es müssen nicht zwangsläufig alle aufgezeigten Eigenschaften bei jedem Menschen auftreten. Manches findet sehr viel feiner, in abgeschwächter Form statt oder ist ganz tief im Unbewussten vergraben, sodass es eine Weile dauern kann, bis wir es an uns selbst wahrnehmen.
Grundsätzlich wirken alle drei Instinkte mehr oder weniger in uns, dazu werden nach den Typentexten noch weitere Ausführungen folgen. Um zu einer passenden Selbsteinschätzung zu kommen, benötigt es ein wenig Übung. Manchmal braucht es Zeit oder ein Gespräch, bis die Eigenbeobachtung stimmig erscheint.
Die wichtigste Voraussetzung, die Sie benötigen, sind Offenheit und der Wunsch, Neues zu entdecken. Wenn Sie wahrhaftig bereit sind, zu erforschen, wie Sie dem Leben und der Welt begegnen, werden Sie viel über sich und Ihre Mitmenschen erfahren. Vielleicht ist das zu Beginn nicht immer einfach anzunehmen und dadurch können sich Widerstände auftun. Aber es lohnt sich, DRANZUBLEIBEN! Vor allem für Sie selbst, aber auch für Ihre Beziehungen und für Ihre Umgebung! Darin liegt der größte Wert, sich mit den Untertypen intensiv zu beschäftigen.
Anhand der drei folgenden Texte können die Unterschiede zwischen den Typen recht deutlich bestimmt werden, sodass ein SICH SELBST ERKENNEN beginnen kann.
Solange du atmest, ist mehr an dir gesund als krank.
Jon Kabat-Zinn4
DER ÜBERLEBENSINSTINKT
IM ENNEAGRAMM:
DER SELBSTERHALTENDE UNTERTYP
SELF-PRESERVING SUBTYPE
Der Überlebensinstinkt gehört wohl zu den wirkungsvollsten Ur-Instinkten. Wenn wir uns bewusst machen, dass ein neugeborenes Baby ohne eine versorgende und zugewandte Person nicht lange überlebensfähig ist, können wir uns leicht vorstellen, wie stark der Überlebensinstinkt in uns vorhanden sein muss. Eine Dominanz dieses Instinkts im erwachsenen Menschen hängt jedoch von einigen der nachfolgend beschriebenen Ereignissen ab.
Wie der Name es schon sagt, handelt es sich hier um Menschen, die sich um den Erhalt ihres Lebens besonders bemühen. Ihre Gedanken kreisen um körperliche Fitness, sie interessieren sich für die unterschiedlichen Ernährungsrichtungen und beschäftigen sich mit aktuellen Trends im Gesundheitsbereich.
Vorsorgemaßnahmen und Themen wie Krankheit und Tod werden hier immer wieder bewegt. Sie sorgen sich um ihr Überleben, als gäbe es nicht genug Sicherheit für sie und genau das haben sie als Kinder schon früh erlebt.
SCHWANGERSCHAFT UND GEBURT
Bereits in der Schwangerschaft kann es zu Komplikationen unterschiedlichster Art kommen. Es kann die zögernde Einstellung der Eltern sein, die eine Schwangerschaft nicht von Beginn an freudig angenommen haben oder sogar eine Abtreibung erwägten. Neun Monate sind eine lange Zeit, in der es diverse Schwierigkeiten geben kann. Steht die Geburt vor der Tür, wird es erst recht spannend. Selbsterhaltungstypen berichten von problematischen Geburten, Steißlage, bedrohlichem Feststecken im Geburtskanal, Notkaiserschnitt oder davon, dass sie die Nabelschnur um den Hals hatten, als sie auf die Welt kamen.
So berichtet eine Frau mit einer Tochter dieses Typs: Das Kind hat sich früh und kräftig in mir bewegt. Als im sechsten Schwangerschaftsmonat Schwierigkeiten auftraten, die das Leben des Kindes gefährdeten, hat das Baby bis zur Geburt kaum noch gestrampelt, sie war ganz ruhig. Alles ist gut verlaufen und heute ist sie ein gesundes, lebhaftes Mädchen. Ihr Verhalten weist darauf hin, dass sie ein Selbsterhaltungstyp ist.
Auch nachgeburtliche Schwierigkeiten kommen häufiger vor, z. B. ein Infekt, eine Gelbsucht oder andere Umstände, die dazu führen, dass das Kind sofort isoliert und anderweitig behandelt werden muss. Auch FRÜHCHEN, die im Brutkasten um ihr Leben kämpfen, gehören oft zu diesem Typ.
KINDHEIT UND JUGEND
Ist die frühe Phase gut verlaufen, so berichten Selbsterhaltungsmenschen von bedrohlichen Erkrankungen wie Pseudokrupp, Asthma oder dem schwierigen Verlauf einer Kinderkrankheit; ebenso kommen Unfälle in der Kindheit häufig vor.
Sie erzählen beispielsweise:
- von einem Treppensturz mit drei Jahren, der abgebrochene Vorderzähne zur Folge hatte; zum Glück kamen dann noch neue Zähne.
- von einer Verbrühung mit heißem Kaffee mit ca. zwei Jahren, der die ganze rechte Körperhälfte lange beeinträchtigte. Erst im Erwachsenenalter hatte die Haut sich soweit beruhigt, dass schmerzlose Sonnenbäder möglich wurden. Eine hässliche Narbe am Oberarm erinnert immer noch an diesen Unfall.
- sie seien als Dreijähriger beinahe im Meer ertrunken, wurden von einer Welle erfasst und nur knapp gerettet.
Darauf berichten zwei Frauen, sie hätten als Kinder von ca. acht Jahren ihren kleinen Bruder aus einem Gewässer gerettet. Diese Aktion wurde auch von ihnen als sehr gefährlich empfunden. Anstatt Lob dafür zu bekommen, wurden beide von ihren Eltern geschimpft, nicht besser aufgepasst zu haben. Das hat sie zu ihrem eigenen Schrecken sehr verwirrt. Beide gehören zum Selbsterhaltungstyp.
Diese frühen Erlebnisse bereiten die Manifestation dieses Typs vor. Man nennt sie daher auch die Überlebenstypen.
Die Selbsterhaltungsmenschen empfanden sich von den Eltern selten umsorgt oder unterstützt. Häufig fehlte ihnen Geborgenheit; auch materielle Zuwendung war meist an Bedingungen geknüpft oder gar nicht gegeben. So erleben sie als Kinder, dass ihre eigenen Bedürfnis...