Kambodscha abseits der Killing Fields - von Eiern am Spieß bis zu Zwangsumsiedlungen
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Kambodscha abseits der Killing Fields - von Eiern am Spieß bis zu Zwangsumsiedlungen

Als Entwicklungshelferin in Südostasien

  1. 200 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Kambodscha abseits der Killing Fields - von Eiern am Spieß bis zu Zwangsumsiedlungen

Als Entwicklungshelferin in Südostasien

Über dieses Buch

Eier am Spieß, Aerobic auf der Promenade, bunte Schlafanzüge im Straßenverkehr – Kambodscha ist auf den ersten Blick ein Land der Improvisation und der Lebensfreude. Aber knapp vier Jahre Gewaltherrschaft der Roten Khmer haben ihre Spuren hinterlassen. Die Entwicklungshelferin und Asienkennerin Tanja-Elisabeth Lenz berichtet kritisch und pointiert aus einem traumatisierten Land, dessen Menschen zwischen einer Jahrtausende alten Kultur und aktuellen politisch-gesellschaftlichen Krisen ihre Identität suchen: ein kambodschanisches Hochzeitsfest, die Schilderung der Wahlen, die Auseinandersetzungen um die "Miss Landmine" oder die Arbeit der kambodschanischen Nichtregierungsorganisationen, die sich für Landrechte und gegen Zwangsvertreibungen engagieren. Und natürlich erfährt man auch, was Eier am Spieß sind!

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Information

1. Erste Eindrücke

Erste Eindrücke, 24. Januar 2008 - Mein erster Tagebucheintrag in Kambodscha. Ich habe noch nie Tagebuch geführt – außer auf längeren Reisen. Doch dies ist nach insgesamt drei Jahren in den USA und Japan mein erster Auslandsaufenthalt als Berufstätige und noch dazu in einem Entwicklungsland6 . Deshalb habe ich mich entschlossen, meine Erlebnisse festzuhalten. Ich bin nun schon zwei Wochen im Land. Momentan logiere ich im Gästehaus des DED7 in Phnom Penh. Wenn ich all die neuen Eindrücke aufschreiben wollte, müsste ich jetzt schon fast einen Roman, mindestens aber eine Novelle schreiben. Deshalb wähle ich lediglich ein paar Eindrücke aus.
Zum Beispiel das Klima: Zurzeit haben wir fast täglich 30 Grad und Sonnenschein. Ab und zu sieht man mal ein paar Wölkchen und es weht des Öfteren ein laues Lüftchen. Nachts kühlt es etwas ab, ähnlich wie an einem schönen Hochsommertag in Deutschland. Den nächsten Regen erwarten wir im April.
Obwohl Kambodscha eines der ärmsten Länder der Welt ist, bekommt man in Phnom Penh an Alltagsgütern fast alles, was das Herz begehrt. Es gibt Restaurants in jeder Preisklasse und für jeden Geschmack, von Russisch über Spanisch bis Japanisch. In westlichen Supermärkten kann man fast die gesamte Produktpalette von Nivea erstehen. Mit dem Leben der Mehrheit der Bevölkerung hat das natürlich wenig zu tun.
Aber vom Wetter und den Konsummöglichkeiten zu zwei aktuellen Themen. Beim Ersten geht es um HIV bzw. Aids: Am letzten Wochenende habe ich mir eine sehr eindrucksvolle Dokumentation angesehen. Es ging um eine Studentengruppe aus den USA, die von ihrer Universität nach Phnom Penh geschickt worden war, um in Aids-Waisenhäusern mit den Kindern Kunstprojekte durchzuführen. Ziel war es, Kunst als kreative Ausdrucksform und Vehikel für eigenständiges und kritisches Denken einzusetzen. Klang also erstmal ein wenig abgehoben.
Aber der Regisseur sollte da sein und ich wollte mir das sogenannte Meta House, den Veranstaltungsort, sowieso mal ansehen. Das Meta House8 ist nämlich das Projekt eines Deutschen und wird vom Goethe-Institut unterstützt. Wird also quasi wie ich mit Steuergeldern finanziert.
Abgesehen davon, dass die Dokumentation gut gemacht ist und eindringlich herüberkommt, bringt es den amerikanischen Studenten natürlich viel, Zeit in diesem Land und mit den betroffenen Kindern zu verbringen. Aber darüber hinaus?
Die Zahl der Kinder (und Erwachsenen), die mit HIV infiziert sind, ist in Kambodscha höher als sonst irgendwo in Asien. Die Krankheit wird hier immer noch als (gerechte) Strafe angesehen. Kinder werden immer wieder ausgesetzt bzw. ihre Eltern sterben und die Verwandten können oder wollen sich nicht um sie kümmern. Die Medikamente, die den Ausbruch der Krankheit hinauszögern, sind natürlich für kambodschanische Verhältnisse sehr teuer und für die meisten Betroffenen unbezahlbar.
Die Dokumentation zeigt auch Wayne Dale Matthysse, einen ehemaligen US-amerikanischen Missionar, der es sich nach einer Kambodscha-Reise zur Lebensaufgabe gemacht hat, sich um diese Kinder zu kümmern. Ein sehr charismatischer Typ, der es immer wieder schafft, Spenden für Medikamente, z.B. von der Bill Clinton Stiftung, zu akquirieren. Die Kinder bekommen ein Dach über dem Kopf, Medikamente, Schulbildung und so viel Liebe wie eben in einem Waisenhaus möglich. Außerdem kümmert sich seine Wat Opot Children’s Organisation auch um Kinder, die noch bei ihren Familien wohnen, und betreut sie stundenweise.
Wer mit mir schon mal im Kino war weiß, dass ich nicht gerade wasserfest bin, und der Film hat mir einige Male die Tränen in die Augen getrieben. Die Kinder sind unglaublich lebensfroh und tapfer und kümmern sich umeinander. Betreut von der Gruppe amerikanischer Studenten haben sie wunderschöne Bilder von ihren Zukunftsträumen an die Mauern des Waisenhauses gemalt. Da sie sich meistens ihres Schicksals allzu bewusst sind, zeigen die Bilder viele Krankenhäuser, aber auch ganz normale Motive wie Lehrerinnen oder Piloten in ihrem Jet. Ob die Amerikaner ihnen kritisches Denken beigebracht haben, sei mal dahingestellt. Doch es sind auch kambodschanische Studenten involviert und immerhin ist ein Ergebnis des Projekts, dass diese jungen Khmer aus der Oberschicht nun ein eigenes Projekt gestartet haben und in den Waisenhäusern als Freiwillige arbeiten. Einige der amerikanischen Studenten haben eine Art Patenschaft für die Ausbildung eines der Kinder übernommen oder sind sogar nach Kambodscha zurückgekehrt, um an Hilfsprojekten mitzuarbeiten.
Und ich habe mich für einen Besuch im Waisenhaus angemeldet. Laut Aussage des Leiters werden dort Kinder im Alter von ein paar Monaten bis sechzehn Jahren betreut. Nach den drei Unterrichtsstunden in Khmer, die ich bisher bekommen habe, reicht es noch nicht mal für eine Unterhaltung mit einer Dreijährigen. Aber ein Baby auf den Arm nehmen und knuddeln kann man ja auch ohne Sprachkenntnisse.
Das zweite Thema, über das ich schreiben möchte, ist Darfur. Das liegt doch in Afrika und nicht in Asien, würde man denken. Richtig! Ich war auch zunächst etwas verwundert, bin aber dann doch zu der Veranstaltung „Dream for Darfur, Cambodia“ mit der US-Schauspielerin Mia Farrow gegangen.
Dass im Sudan die in der Region Darfur lebende Minderheit seit fünf Jahren systematisch vertrieben, vergewaltigt, ausgehungert und ermordet wird, verdränge auch ich die meiste Zeit. Viele sprechen aufgrund der Ausmaße von einem Genozid. Passiert ist wenig, es gibt eine Resolution der Vereinten Nationen, die Afrikanische Union stellt (zu wenige, schlecht ausgestattete) Truppen.
Den Organisatoren des international agierenden Projekts „Bring the olympic dream to Darfur”, darunter Mia Farrow, geht es darum, im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 auf das Thema aufmerksam zu machen. Sie sehen innerhalb der internationalen Gemeinschaft vor allem China, den Ausrichter der Spiele, in der Pflicht, Druck auszuüben. Denn China ist der größte Handelspartner Sudans. China bastelt im Zuge der Olympiade eifrig an einem neuen positiven Image. Die Billigung der Menschenrechtsverletzungen in Darfur (und im eigenen Land) aufgrund von Wirtschaftsinteressen passt natürlich nicht so gut ins Bild. Inwieweit die Regierung des Sudans Einfluss auf die Mördertruppen hat, ist umstritten. Aber das nur am Rande.
Die Idee der Initiative ist es, in Ländern in denen ein Genozid stattgefunden hat, gemeinsam mit Überlebenden die olympische Fackel zu entzünden und so Gedenken an die Opfer und Solidarität mit Darfur zum Ausdruck zu bringen. In Ruanda und Deutschland beispielsweise hat die Aktion bereits Station gemacht.
Zurück nach Kambodscha. Der lokale Partner ist das Center for Social Development (CSD)9 und die Zeremonie sollte in Toul Sleng, der ehemaligen Folterstätte und dem Gefängnis der Khmer Rouge, stattfinden. Heute ist Toul Sleng ein Museum und ein Ort, um der Opfer zu gedenken. Der US-Botschafter hatte seine Teilnahme zugesagt und es sollte eine kleine Feierlichkeit mit diversen Ansprachen geben. Natürlich war China von der Aktion nicht gerade begeistert. Und was passiert? Die Aktion wird verboten, das Museum, sonst 365 Tage im Jahr geöffnet, bleibt geschlossen. Die Veranstalter rudern letztendlich zurück: kein Fackelentzünden, keine Reden. Aber die Delegation, die neben Mia Farrow aus einem Überlebenden aus Ruanda, einem Flüchtling aus Darfur und aus Opfern der Khmer-Rouge bestand, wollten Lotusblumen niederlegen, um der Toten zu gedenken.
Das Museum blieb trotzdem geschlossen und es wurden Straßensperren um ein Gebiet von mehreren Häuserblocks errichtet. Ich war dort, als die Delegation an der Sperre vorbei ins Museum ziehen wollte. Nichts zu machen, obwohl die Delegation eine gute Stunde um Durchgang bat. Am Ende wurden sie und wir übrigen Demonstranten, sowohl Khmer als auch viele Ausländer, von Militär und Polizei zurückgedrängt, weil wir den Verkehr behindern würden. Außer einer kleinen Rangelei passierte nichts, aber es war schon ein komisches Gefühl, zwischen den Einsatzkräften und einheimischen Reportern zu stehen. Wir Ausländer hatten uns dort positioniert, damit die Einheimischen nicht verscheucht werden konnten. Trotzdem war es für mich eigentlich eine harmlose Situation, denn was sollte mir schon passieren. Bei den vielen Fotografen waren aber sicher auch einige dabei, die gezielt die einheimischen Teilnehmer abgelichtet haben.
Wieso schreibe ich davon so ausführlich? Zwei Dinge: Zunächst kann man natürlich der kambodschanischen Regierung völlig zu Recht vorwerfen, dass sie die Rede- und Versammlungsfreiheit der Menschen verletzt hat. Aber China ist der größte Investor in Kambodscha und pumpt mehr Gelder ins Land als die übrigen Geberländer zusammen. Entwicklungshilfe schafft also auch Abhängigkeiten und ist fast immer durch handfeste Wirtschaftsinteressen motiviert. Zudem hat es mich sehr beeindruck, dass sich in Kambodscha Menschen für eine Lösung der humanitären Katastrophe in Darfur einsetzen. Menschen die sagen, wir haben das erlebt und können nicht zusehen, dass es wieder passiert.
Die „internationale“ Presse war übrigens auch da: Ich habe im Netz einen Videobericht der BBC10 gefunden. Mia Farrows Engagement kam sehr echt rüber. Klar ist sie Schauspielerin, doch das Thema ist ihr wohl wirklich wichtig und sie investiert offensichtlich viel Zeit dafür.

6 Als Austauschschülerin in Lima, Ohio (1991-1992), Absolventin des internationalen Programms an der Keio Universität, Tokio (1997-1998) und als Magisterstudentin an der Henry Jackson School of International Studies an der University of Washington in Seattle (2000-2001).
7 Deutscher Entwicklungsdienst, am 01.01.2011 in der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit aufgegangen (s. Einleitung).
8 Kambodschas erstes Zentrum für Kunst, Kultur und Medien in Phnom Penh, das 2007 vom deutschen Filmregisseur Nico Mesterham in Zusammenarbeit mit der Internationalen Akademie (INA) der Freien Universität Berlin gegründet wurde.
9 Das CSD war auch Projektpartner des DED im Rahmen der deutschen Unterstützung für das Khmer Rouge Tribunal, die vor allem aus Informationskampagnen besteht. Das Khmer Rouge Tribunal ist ein hybrider Strafgerichtshof, der die von den Roten Khmer begangenen Verbrechen untersuchen und aburteilen soll. Das Tribunal kann hochrangige Führer des Demokratischen Kampuchea (die offizielle Bezeichnung des Landes vom 17. April 1975 bis zum 6. Januar 1979) insbesondere für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstöße gegen die Genfer Konvention anklagen. Der Gerichtshof ist hybrid, weil die Durchführung der Ermittlungen und der Strafverfolgung sowie des gesamten Verfahrens bis hin zur Berufung gemeinsam von nationalen und internationalen Richtern usw. gehandhabt wird.
10 Mittlerweile nicht mehr verfügbar.
Von der Militärpolizei abgeschirmt
Von Reportern bedrängt
Haareschneidezeremonie
Ringetausch im Kreis der Eltern

2. Heiraten auf Khmer

Heiraten auf Khmer, 1. Februar 2008 - Nach meinem ersten Bericht über Aids-Waisen und dem Gedenken an Völkermord möchte ich mich heute einem fröhlicheren Thema widmen: Am letzten Samstag war ich auf einer Hochzeit. Eingeladen hatte mich Samrithy, mein DED-Sprachlehrer, zur Hochzeit seines jüngeren Bruders, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Doch diese vage Verbindung war schon Grund genug für eine Einladung. Nicht, dass ich mich beschweren will, denn es war ein einmaliges Erlebnis. Mein erstes großes Fest in Kambodscha!
Heiraten auf Khmer ist eine ausgiebige Angelegenheit. Normalerweise wird drei Tage lang gefeiert. Soviel hatte ich schon mitbekommen, da momentan Hochsaison für Hochzeiten ist und buchstäblich an jeder Ecke eine Hochzeit stattfindet. Musik (LAUTE Musik) ist dabei unglaublich wichtig, sodass ich über die Dauer der Festlichkeiten aufgrund der Feiern in meiner Nachbarschaft sehr genau im Bilde war. Für gewöhnlich beginnt der Soundcheck zwischen vier und halb fünf Uhr morgens. Man will ja schließlich sicher gehen, dass alles richtig funktioniert. Um sieben beginnen dann die eigentlichen Zeremonien. Meine neureichen Nachbarn haben es bis nachts um halb drei ausgehalten, wobei nicht durchgefeiert wurde, sondern eine längere „Mittagspause“ von eins bis halb fünf eingehalten wurde.
Einschub: Gewöhnlich gehen die Khmer eher früh zu Bett, auch in Phnom Penh sind die Straßen gegen 21 Uhr leer, auf dem Land oft schon um 19.00 bis 19.30 Uhr. Dafür geht es morgens meist spätestens um sechs Uhr raus aus den Federn. Natürlich hat hier niemand ein Federbett, aber die Redewendung lässt sich nicht so einfach auf kambodschanische Schlafverhältnisse ummünzen11. Das Leben richtet sich nach den Sonnenstunden, und auch mein Körper hat sich dem Rhythmus hier schon gut angepasst.
Samrithys Bruder und dessen angehende Frau haben die Drei-Tages-Feier auf eineinhalb Tage reduziert. Am Freitag kamen die Mönche ins Haus der Braut, um das Ehepaar zu segnen. Am Samstag ab sieben Uhr fand das Hauptfest statt. Zunächst einmal begab sich eine Prozession vom Haus des Bräutigams zum Haus der Braut und brachte jede Menge Gaben mit. Da das Elternhaus des Bräutigams am anderen Ende der Stadt lag, haben wir uns mit einem symbolischen 100 Meter langen Zug begnügt. Dieser wurde vom Bräutigam und seinen Eltern sowie einigen Musikern angeführt. In Zweierreihen und streng nach Art der Gaben sortiert, trugen wir silberfarbene Schalen mit Obst, frischen Nudeln, Plätzchen, Kuchen und in Bananenblätter eingepackten Leckereien sowie Getränkedosen (Cola und Heinecken!) und Schweinebeine (roh!) zum Haus der Braut. Dort wurde alles in einem festlich geschmückten Raum auf dem Altar (die Schweinebeine) sowie auf dem mit Teppichen ausgelegten Boden platziert. Während das Brautpaar und die engere Familie sich im Kreis um die Gaben auf dem Boden niederließen, wurden wir Träger mit Frühstück belohnt. Es gab eine sehr schmackhafte Reissuppe und Obst sowie Gebäck. Da Samrithy klar war, dass wir – eine ebenfalls gerade erst eingereiste DED-Kollegin, ihr Mann und ich – uns natürlich sehr für die Hochzeitsbräuche interessierten, wurden wir eingeladen, uns zur Familie zu setzen.
In den ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Widmung
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. Vorwort
  4. Einleitung
  5. 1. Erste Eindrücke
  6. 2. Heiraten auf Khmer
  7. 3. Demokratieförderung
  8. 4. Neue Heimat Battambang
  9. 5. Sicherheit ist relativ
  10. 6. Religiöse Bräuche
  11. 7. Neujahr im April
  12. 8. Ihre Avon-Beraterin empfiehlt
  13. 9. Das alte Kasino im Nebel
  14. 10. Gewaltsamer Grenzstreit
  15. 11. An der Partei führt kein Weg vorbei
  16. 12. Allerheiligen
  17. 13. Feierabend!
  18. 14. O Plastikbaum, O Plastikbaum
  19. 15. Im Auge des Betrachters
  20. 16. Der Mord an den Mangroven
  21. 17. Im Dschungel von Koh Kong
  22. 18. Hauptsache laut!
  23. 19. Zwei Frauengeschichten
  24. 20. Miss Landmine
  25. 21. Weihnachten ist Volksfest
  26. 22. Besucht Battambang!
  27. 23. Der Landrechte-Kalender
  28. 24. Fischkäse, Amok und Kümmel
  29. 25. Eier am Spieß
  30. 26. Zwangsvertreibungen
  31. 27. Preah Vihear: Ein Politikum
  32. 28. Zehn Dinge, die ich vermissen werde
  33. 29. Zehn Dinge, die ich nicht vermissen werde
  34. Nachwort
  35. Anhang
  36. Danksagung
  37. Tanja / Lisa
  38. Impressum