1809 - Die letzte Festung
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1809 - Die letzte Festung

Die Geschichte der Grazer Schloßbergbelagerung

  1. 500 Seiten
  2. German
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1809 - Die letzte Festung

Die Geschichte der Grazer Schloßbergbelagerung

Über dieses Buch

Napoleon ist auf dem Vormarsch.Habsburgs Armeen sind geschlagen.Doch eine letzte Festung leistet Widerstand.Steiermark 1809. Es herrscht Krieg zwischen Napoleon und Österreich. Als feindliche Truppen in das Land einfallen, wird die alte Festungsstadt Grätz zur letzten Bastion. Es kommt zur Belagerung und der sturköpfige Major Hackher soll das größte Bollwerk der Habsburger gegen den übermächtigen Feind um jeden Preis halten. Ein aussichtsloses Unterfangen, bei dem er nicht nur das Schicksal seiner Männer, sondern das einer ganzen Stadt aufs Spiel setzt.

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Information

Jahr
2017
ISBN drucken
9783740731236
eBook-ISBN:
9783740719029

HAUPTAKT

Prolog - Planspiel

Februar 1809, Wien
Trommelwirbel dröhnte vom Vorplatz der Wiener Hofburg zu des Kaisers Ohr hinauf.
Es war ein verschneiter Tag im Februar des Jahres 1809. Dicke, wulstige Schneeflocken tänzelten dicht an dicht am Fenster vorbei. Die Dächer Wiens waren weiß und der Februarfrost hing an den Hauswänden.
Sein Atem war langsam und gleichmäßig und gefror zu Hauch an der Fensterscheibe. Franz der Erste, durch Gottes Gnaden Kaiser von Österreich, starrte auf eine Abteilung Grenadiere, die im Hof exerzierten und trotz der Kälte, in ihren prachtvollen weißen Waffenröcken und den buschigen Helmen, eine stolze Figur abgaben.
Die große zweiflügelige Tür schwang auf und ein Diener im barocken Kostüm trat ein und servierte Kaffee. Die weißen Porzellantassen klimperten und Franz wurde aus seinen Gedanken gerissen. Langsam drehte sich der Kaiser um, fasste sich an den Kragen und lockerte ihn ein wenig, um sich Luft zu verschaffen. Als der Diener den Raum demütig wieder verlassen und als sich die Tür wieder geschlossen hatte, setzte sich Franz auf den herrschaftlich verzierten Holzstuhl und blickte auf sein Gegenüber.
Carl Ludwig Johann Laurentius von Österreich, Herzog von Teschen, hatte es sich auf einer roten Bank vulgär gemütlich gemacht. Ein Affront in der Gegenwart des Kaisers, doch dieser war sein Bruder und in solch privaten Kreisen war das Benehmen Carls tolerierbar. Neben ihm saß sein jüngerer Bruder, der stocksteife Johann und sein gelangweilt dreinblickender Cousin Ferdinand d’Este. Alle drei waren Erzherzöge von Österreich und engste Berater des amtierenden Kaisers Franz, der sein Reich – wie jeder anständige Habsburger – als Familienunternehmen ansah.
Diese Zusammenkunft war dem Monarchen unangenehm. Schwierige Entscheidungen standen an und er fühlte sich nie sonderlich wohl dabei, solche treffen zu müssen. Doch ein Habsburger zu sein, hieß vor allem, einer Familientradition gerecht zu werden. Eine Familie, die sich auf jahrhundertelange unbegrenzte Machtausübung stützte, die es als selbst auferlegtes Recht ansah, über die Welt herrschen zu dürfen und die stets Europas erstes Haus war.
Doch die Zeiten waren schon einmal besser gewesen. Ein Monstrum trieb seit einigen Jahren sein Unwesen in Europa und verbreitete Chaos und Schrecken. Napoleon Bonaparte stammte von einer unbedeutenden Familie auf der kargen, felsigen Insel Korsika ab. Ein Emporkömmling, ein Despot wider die göttliche Ordnung und eine Plage für die Menschheit.
Diese kleine Figur eines Mannes hatte es geschafft, zum Erzfeind der edelsten und höchsten Familie zu werden: dem Hause Habsburg. Einfach unerhört war das. Franz hasste diesen Franzosen und fürchtete ihn noch mehr. So viel hatten die Habsburger in den ersten vier Koalitionskriegen schon an Verlusten hinnehmen müssen. Das Heilige Römische Reich, einst Mittelpunkt des Abendlandes, existierte seit drei Jahren nicht mehr. Tausend Jahre heilige Ordnung in wenigen Jahren durcheinandergebracht. Nun befanden sich die deutschen Staaten unter Napoleons Knechtschaft. Nur Österreich und Preußen fügten sich nicht dem Korsen, der als bester General der Geschichte galt und dem der Nimbus der Unbesiegbarkeit anhaftete. Wie konnte es nur so weit kommen, dass ein dahergelaufener Korporal den heiligen Machtanspruch von Habsburg infrage stellte?
Erzherzog Carl richtete sich auf der Bank auf und räusperte sich laut. Wieder wurde Kaiser Franz aus seiner Gedankenwelt, die sich um das Vermächtnis der Habsburger drehte, gerissen.
„Was ist jetzt, Franzl?“, fragte Carl keck, in einem Tonfall, der jeden anderen Bürger des Reichs vermutlich den Kopf kosten würde.
Franz rutschte unruhig von einer Seite des Stuhls auf die andere. Carl setzte nach.
„Die Gelegenheit war nie günstiger als jetzt. Wir wissen, dass ein Großteil der französischen Truppen in Spanien gebunden ist, um dort die Insurrektion zu zerschlagen. Wir haben jetzt endlich einmal die Gelegenheit, Napoleon in einen Zweifrontenkrieg zu zwingen.“
Schon den ganzen Vormittag berieten die Herren über einen neuerlichen Waffengang gegen die Franzosen. Der letzte Krieg war zwar gerade mal zwei Jahre her und Österreich fehlte es an einer schlagkräftigen Armee und an ausreichend finanziellen Mitteln, doch tatsächlich war die Gelegenheit sehr günstig. Im Mai des vergangenen Jahres hatten sich die spanischen Adeligen gegen Joseph Bonaparte, einen Bruder Napoleons, den dieser als spanischen König eingesetzt hatte, erhoben. Nun operierte ein britisches Expeditionsheer unter Wellington in Spanien und unterstützte die Aufständischen. Ein Kriegseintritt Österreichs würde Frankreich in einen Zweifrontenkrieg stürzen und Napoleon müsste seine gewaltige Armee teilen.
„Wir würden einen teuer erkauften Friedensvertrag aufs Spiel setzen“, antwortete Franz und kratzte sich wieder am Kragen.
„Ich bin jederzeit bereit, einen Vertrag zu brechen, um diesen korsischen Lümmel auf seinen rechtmäßigen Platz zu verweisen“, konterte Carl.
„Ich bin skeptisch“, äußerte sich Johann. „Wir sind nicht gerade in der Verfassung, uns in ein längeres militärisches Abenteuer zu stürzen. Das muss eine schnelle Sache werden, ansonsten laufen wir Gefahr, uns auszubluten. Und so leid es mir tut, es sagen zu müssen, Napoleon verfügt über wesentlich mehr Ressourcen als wir. Er kann neben der Armee Frankreichs die Heere von Bayern, Württemberg, Sachsen, Westfalen und Italien aufbieten. Und wir müssten unseren Gegner komplett in die Knie zwingen, ansonsten würde ein Friedensschluss unmöglich werden.“
„Mein lieber Hansl, dein Repertoire an geschlagenen Schlachten ist nicht gerade groß genug, um dich als Experte in militärischen Fragen behaupten zu können. Dein Engagement in Ehren, aber genau diese vorsichtige, zaudernde Einstellung hat uns in der Vergangenheit fast Kopf und Kragen gekostet.“
Carl sprang auf, trat hinter den Stuhl von Kaiser Franz und beugte sich zu dessen Ohr vor. „Napoleon, so sehr ich ihn auch verachte, hat nicht gezögert bei Marengo, bei Hohenlinden oder bei Austerlitz. Ach, ich vergaß, du warst ja nicht anwesend bei der Schlacht von Austerlitz, mein lieber Franzl.“
Carl blickte zu Johann auf. „Und die Niederlage bei Hohenlinden ist wohl eindeutig dein Verdienst, mein lieber Hansl, obwohl du um 20.000 Mann in der Überzahl warst, aber es sei dir verziehen, du warst noch jung.“
Johann blickte beschämt zu Boden. Bei der Schlacht von Hohenlinden war er erst 18 gewesen und hatte wenig militärisches Geschick bewiesen. Es war eine vernichtende Niederlage und das österreichische Heer musste sich in voller Auflösung zurückziehen. Danach war man nicht mehr in der Lage, den französischen Vormarsch zu stoppen. Johann musste zu seiner Schande den Oberbefehl an Carl abgeben, der zu retten versuchte, was noch zu retten war, doch ohne Erfolg. Kaiser Franz war daraufhin gezwungen gewesen, einen Waffenstillstand zu schließen und die linksrheinischen Gebiete an Frankreich abzutreten.
„Man sticht nicht in alte Wunden“, ermahnte der Kaiser seinen Bruder. Carl unterließ es daraufhin, weitere Sticheleien abzugeben und stellte sich ans Fenster.
„Ich meine nur, dass wir etwas wagen müssen, um etwas zu gewinnen.“
Franz blickte auf die zusammengerollten Karten und Schriftstücke, die auf dem kleinen Tisch neben ihm lagen. Er hatte die vorgeschlagenen Strategien seiner Militärs studiert, doch er wollte nicht riskieren, noch mehr von seiner Macht einzubüßen, als er ohnehin schon musste. Nur mit Mühe konnte er überhaupt die Kaiserwürde für Habsburg retten, indem er einfach das Kaisertum Österreich ausrief, nachdem das Heilige Römische Reich nicht mehr zu retten war. Ein Souverän sollte sich in seinen Entscheidungen sicher sein, doch wie konnte er diesem Anspruch gerecht werden, wenn eben nichts sicher war? Franz hätte aus der Haut fahren können. Es herrschte Frieden mit Frankreich, sollte er diesen wirklich brechen? Er würde junge Männer erneut in den Krieg schicken müssen und das Land würde erneut unter der Kriegssteuer leiden. Und was, wenn dieser Feldzug wieder ein Desaster werden würde? Welche Länder konnte er denn noch an Napoleon abgeben? Es gab nur mehr die österreichischen Stammlande, und diese zu veräußern – für einen weiteren fragilen Frieden – würde die Integrität des Hauses Habsburg gefährden und alles aufs Spiel setzen, was über Jahrhunderte beharrlich an Besitz zusammengetragen wurde.
Franz faltete die Hände vor dem Gesicht, als würde er auf eine Eingebung durch den Allmächtigen hoffen. „Carl, wir können nicht einfach einen Friedensvertrag brechen und einem Gegner quasi in den Rücken fallen, was würden denn die anderen Monarchen über uns denken, so etwas ist unritterlich.“
„Welche Monarchen? Es gibt doch kaum noch welche, und was diese napoleonischen Marionetten in München, oder sonst wo, über uns denken, ist mir völlig wurscht“, polterte Carl zurück. „Ich wiederhole es noch einmal. Wir haben die einmalige Chance, Napoleon in den Rücken zu fallen, und wir wären dumm, würden wir diese Gelegenheit nicht nutzen.“ Carl wandte sich vom Fenster ab, griff sich eine der Landkarten und rollte sie auf dem Tisch aus. „Wenn wir jetzt angreifen, überraschen wir Napoleons Truppen an allen Fronten. Ich schlage vor, mit einer Hauptarmee nach Böhmen und Süddeutschland zu ziehen. Wir werden rasch vorstoßen und den Rheinbundtruppen keine Zeit geben, sich zu formieren. Bevor der Krieg richtig begonnen hat, wird er auch schon wieder vorbei sein, weil wir dann schon mitten in feindlichem Territorium stehen werden. Es wird ihnen nichts anderes übrig bleiben, als zu kapitulieren. Mit zwei Nebenarmeen stoßen wir gleichzeitig nach Italien vor und marschieren Richtung Polen, um uns den Rücken freizuhalten.“ Carl schielte geringschätzig zu Johann. „Mit Italien dürftest sogar du fertig werden, Hansl. Wer schon einmal gegen einen sich zurückziehenden Gegner eine Schlacht verloren hat, wird auch vor dir erzittern.“
Johann erwiderte nichts auf diese Provokation. Er war die Sticheleien und den Geltungsdrang seines älteren Bruders schon gewöhnt. Sich gegenseitig herauszufordern und bei Gelegenheit niederzumachen, war üblich in der Familie. Wäre es nach ihm gegangen, hätte Johann sowieso nie eine militärische Laufbahn eingeschlagen, er interessierte sich vielmehr für Technik und die Naturwissenschaften, aber als Sprössling des Erzhauses hatte man gefälligst das zu tun, was einem vorgegeben wurde. Individualismus war schließlich eine Krankheit. Dennoch fühlte er sich aufgefordert, dem Ego seines Bruders etwas entgegenzusetzen.
„Und welche Truppen gedenkst du, mein geschätzter Carl, für dieses Unterfangen heranzuziehen? Zwangsrekrutierungen?“
Carl blickte mit einem leichten Grinsen zu seinem jüngeren Bruder. Es hatte schon etwas Verspieltes, wie dieser versuchte, ihn aus dem Konzept zu bringen. „Mein lieber Hansl, glaubst du, ich würde unserem lieben Franzl, dem Kaiser, diesen Vorschlag machen, wenn nicht schon alles genauestens von den Militärs vorbereitet worden wäre? Wir haben neun Armeekorps und zwei Reservekorps für diese Operation vorgesehen. Die Verteilung der Truppen ist so gewählt, dass wir auf jedem Kriegsschauplatz dem Feind überlegen sein werden.“ Carl nahm eine Feder und zeichnete imaginäre Truppenverbände auf die Karte. „Das I. bis VI. Korps plus die zwei Reservekorps werden die Hauptarmee bilden. Insgesamt etwa 180.000 Mann. Demgegenüber stehen etwa 170.000 Mann der Rheinbundtruppen, die noch dazu aus allen Himmelsrichtungen zusammengezogen werden müssen, bevor man sie eine Armee nennen kann. Das VII. Korps marschiert gegen Polen, um diesen Poniatowski in Schach zu halten. Der Rest, also das VIII. und das IX. Korps, marschiert gegen Italien. Das wären etwa 46.000 bis 48.000 Mann.“ Carl blickte erneut von der Karte zu Johann auf und schien eine spitze Bemerkung auf der Zunge zu haben, verkniff sich diese aber.
„Der Vizekönig hat 70.000 Mann in Italien“, meldete sich Johann.
„In Süditalien, mein lieber Hansl“, antwortete Carl sofort. „Der Vizekönig wird mehrere Wochen brauchen, um eine Armee zu formieren. Bis dahin haben wir längst den Po überschritten und können uns in Oberitalien festsetzen.“ Carl machte eine abwertende Geste mit der Hand. „Aber um dir ein ruhiges Gewissen zu bereiten, können wir die steirische Landwehr ausheben und für die Italienoperation hinzuziehen. Dann ist es ausgeglichen.“
Als er fertig war, legte Carl die Feder unsanft beiseite, pustete leicht über die Karte, um die Tinte schneller trocknen zu lassen und reichte sie anschließend an den Kaiser weiter, der ein prüfendes Auge darauf warf. Während der Monarch die skizzierten Pläne seines Bruders studierte, herrschte Schweigen im Raum. Carl stand mit einem selbstgefälligen Gesichtsausdruck neben Franz und hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt.
Johann beneidete seinen Bruder für dessen Überzeugungskraft. Er hielt einen neuerlichen Krieg mit Frankreich für falsch, zumindest für verfrüht. Nicht, dass er Angst davor hatte, sich in einer weiteren Schlacht beweisen zu müssen; seit Hohenlinden waren einige Jahre vergangen und Johann war in seinem Selbstvertrauen und in Sachen militärische Führung gereift. Er sorgte sich nicht um sich selbst, sondern vielmehr um sein Volk, vor allem um die Tiroler, denen er sehr verbunden war. Gäbe es Krieg, so würden sich die Tiroler unter Andreas Hofer ebenfalls gegen die bayrische Fremdherrschaft in ihrem Land erheben, das war bereits abgesprochen. Es war ein strategischer Vorteil, die Bevölkerung Tirols auf seiner Seite zu haben, das wusste Johann. Eigentlich hatte Carl völlig recht, wenn er meinte, dass die Gelegenheit nie günstiger war. Seit Napoleon sich selbst zum Kaiser gekrönt hatte, dachten viele Leute anders über den Revolutionär, der zuvor von den meisten Gelehrten Europas hochgelobt worden war. Nun betrachteten sie den kleinen Korsen nur mehr als Verräter an den Idealen der Französischen Revolution. Der Rückhalt der Bevölkerung in den deutschen Landen war inzwischen geschwunden und Napoleon war für viele nun ein Feindbild, der nicht aufhören wollte, Europa mit Krieg zu überziehen. Dennoch wusste Johann auch, wenn der Erfolg ausbleiben sollte, würden ausgerechnet seine geliebten Tiroler darunter am meisten zu leiden haben. Gegnerischen Soldaten wurde Pardon gewährt, wenn sie sich ergaben, doch ein Aufständischer, ein Rebell, der konnte sich nicht ergeben, er würde auf dem Schlachtfeld sterben oder als Verräter hingerichtet werden.
Franz räusperte sich und legte die Karte beiseite. Z...

Inhaltsverzeichnis

  1. Motto
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. Vorspiel
  4. Hauptakt
  5. Nachspiel
  6. Historische Erläuterung
  7. Danksagung
  8. Impressum