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Guten Tag, sind Sie die Witwe Meier?
Das Überbringen von Todesnachrichten und andere belastende Einsätze im polizeilichen Alltag - Gedanken zu einem Tabuthema
- 64 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
- Über iOS und Android verfügbar
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Guten Tag, sind Sie die Witwe Meier?
Das Überbringen von Todesnachrichten und andere belastende Einsätze im polizeilichen Alltag - Gedanken zu einem Tabuthema
Über dieses Buch
Das Überbringen von Todesnachrichten ist mit die härteste und schwerste Aufgabe im täglichen Polizeidienst. Kaum eine Beamtin oder ein Beamter bleibt von dieser schweren Aufgabe verschont. Einmal trifft es jeden! in diesem Buch schildert der Autor selbst erlebte Ereignisse und erhofft sich vom Normalbürger mehr Verständnis für die Arbeit der Polizisten, Rettungsdienstler, Feuerwehrleute und Notfallseelsorger.Die zweite Auflage wurde mit Illustrationen der Niederwerrner Künstlerin Rose Black ausgestattet.
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Information
Die erste Leiche
Nachtschicht… nach fast 9 Monaten auf der Dienstgruppe für den „Jungfuchs“ schon fast Routine! Aber es gibt noch Vieles, was ich nicht erlebt, mitgemacht oder wie in der Theorie der Ausbildung genannt „erfahren“ habe. Die Nacht in der Stadt war abwechslungsreich, vielfältig und vor allem arbeitsintensiv! Es war lange vor der Einführung des Computers im Polizeialltag. Die Nachtschicht zog sich wie Kaugummi. Wir, Toni und ich, hatten die „Frühstreife“, d.h. bei den 12 Stunden Nachtschicht damals, von 04.00-07.00 Uhr.
In unserer ersten Streifenzeit zwischen 22.00 und 01.00 Uhr hatten wir wahrlich schon genug „Mist eingefahren“ – von der Körperverletzung in der Disco, dem Familienstreit, der zugeparkten Einfahrt mit dem cholerischen Mitteiler, der eigentlich gar nicht wegfahren musste, aber „alles wegen des Prinzips“ auf die Spitze trieb und viele andere Unzulänglichkeiten im menschlichen Zusammenleben hatten unsere Nerven strapaziert, waren abgearbeitet, zum Aktenzeichen verarbeitet und mehr oder wenig vorläufig abgehandelt. Die Liste der zu bearbeitenden Fälle war um einiges gewachsen. Und dann eben „die letzte Streife“… Neun Stunden hatten wir bereits „abgerissen“. Körper und Geist haben auch nach langer Zeit keinerlei Verständnis für so eine Arbeitszeit. Ist viel los, vergeht die Zeit wie im Flug, Körper und Psyche geben „ihr Letztes“ und du bist konzentriert und arbeitest wie ein Uhrwerk…. Gibt es allerdings keine Einsätze, werden die Stunden zu der Uhrzeit verdammt lang…

Diese Frühstreife hatte es allerdings für mich „in sich“. Fast nichts los auf der Straße, ein paar Routinekontrollen von Autofahrern – aber außer zwei defekten Abblendlichtern war nix. Kein Einbruchsalarm, kein schwerer Unfall, kein Wasserrohrbruch im Einkaufszentrum… nix! Wie bereits erwähnt, die Zeit zog sich wie Kaugummi. Du weißt nicht mehr, wo du noch hinfahren sollst. Die Zeitungsfrauen sind die Einzigen, die sich freuen, dich auf der Straße zu sehen. Ein paar Bäckerlehrlinge, die schon x-mal auf dem Weg zur Arbeit kontrolliert wurden, winken uns zu – man kennt sich in der Stadt um diese Uhrzeit – selbst Taxis sind nun kaum mehr in der Zeit zwischen Tiefschlaf und Erwachen der Stadt unterwegs. Du wirst langsam rammdösig und denkst nur nach Schlaf….
Da kommt gegen 05.00 Uhr der Funkspruch der Einsatzzentrale: „Fahren sie in die XYZ-Straße 89, der Ehemann öffnet die Toilette nicht, Ehefrau ist offenbar panisch“! Na bravo, ein offensichtlicher „Scheißfall“ und das zu der Uhrzeit, schauen wir mal, was uns erwartet …
Angekommen am Ereignisort wird uns sofort die Haustür des Wohnblocks per Summer geöffnet. Wir gehen zu Fuß in den 3. Stock und werden von einer Frau Anfang 30 im Nachthemd und mit verheulten Augen begrüßt. „Ich weiß nicht, was mit ihm los ist, aber ich habe ein schlechtes Gefühl und glaube, da ist was Schlimmes passiert“, platzt die Frau heraus. „Mein Mann ist irgendwann heute Nacht auf die Toilette gegangen – das macht er öfters. Irgendwann habe ich gemerkt, dass er nicht neben mir liegt und ich habe in der Wohnung nachgeschaut und ihn nicht gefunden“ berichtet sie uns hektisch. „Die Toilette ist von innen abgeschlossen und er öffnet nicht und gibt auch keine Antwort!“ „Die Kinder sind auch schon wach geworden, ich habe sie aber wieder ins Bett geschickt! Der muss doch in einer halben Stunde zur Frühschicht in die Fabrik! Es wird doch nichts passiert sein“ sprudelt es weiter aus der Frau heraus.
Ein Blick auf das Schließblech der Toilettentür ergibt, dass hier mit Sperrhaken oder Schraubenzieher nichts zu machen ist. Oben und unten an der Tür sind jedoch Lüftungsöffnungen mit Plastikblenden angebracht. Toni redet beruhigend auf die Frau ein und ich schraube die untere Plastiklamelle von der Tür. Ich lege mich auf den Flurboden und schaue durch den Schlitz in der Tür in die beleuchtete Gästetoilette. Vor meinen Augen sehe ich die Sohlen zweier Füße – verdammt, so sitzt keiner auf dem Thron, da ist was passiert, schießt es mir durch den Kopf. „Toni, wir brauchen den Notarzt und wir müssen die Tür aufbrechen – es eilt!“ entfuhr es mir. Mein um viele Jahre älterer Streifenkollege verständigt über das Handfunkgerät die Einsatzzentrale und fordert den Rettungsdienst an, dann nimmt er die Frau in den Arm. Ich heble mit Gewalt die Tür der Toilette der Mietswohnung auf, die nicht besonders stabil ist.
Vor mir sitzt ein Mann auf dem Boden – neben dem Toilettensitz in einer ca. 120 x 120 cm messenden Gästetoilette! Nein – er sitzt nicht auf dem Boden, er schwebt ca. 5 cm mit dem Gesäß über dem Boden. Um den Hals hat er ein weißes Verlängerungskabel, das um das Wandaustrittsrohr der Wasserspülung geknotet ist. Das Elektrokabel hat sich meiner Schätzung nach mindestens 15 Zentimeter in den Hals eingeschnitten. Das Gesicht schaut nach unten und die Zunge des Mannes hängt unwirklich in einem Mundwinkel. Ein Bild, das sich in mein Gehirn eingebrannt hat zu einer Zeit, als noch kein normaler Mensch den Begriff „Festplatte“ überhaupt kannte! Mir war klar, da kommt jede Hilfe zu spät…
Als die Frau das Szenario erfasste, war es aus mit ihrer Beherrschung. Hysterisch schrie sie fortwährend den Namen ihres Gatten und versuchte, in die Toilette zu gelangen. Dies konnte von Toni nur unter Anwendung leichten körperlichen Zwanges verhindert werden. Eine Situation, wie ich sie bislang nicht erlebt hatte und die meilenweit entfernt unserer damaligen Ausbildung war.
Jede Müdigkeit war wie weggeblasen. Die Nerven bis zum Zerreißen gespannt – deine erste Leiche - mach jetzt bloß keinen Fehler! Was musst Du beachten, dass man Dir später keinen Vorwurf machen kann? Eingetrichterte Standards, die mir durch den Kopf gingen. Und dann die Gnadenlosigkeit der Situation: Zwei Kinder im Alter von ca. 4 und 6 Jahren betreten die Bühne – aus dem Schlaf gerissen und die hysterische Mutter im Arm eines Polizisten, der offenbar seine Mühe hatte, die Frau zu bändigen, vor ihren Augen…
So hatte ich mir „meine erste Leiche“ nicht vorgestellt, aber, das Schicksal kennt kein Erbarmen. Irgendwann traf der Notarzt in der Wohnung ein. Er stellte lapidar den Tod des Mannes fest und erklärte, dass der Tod schon mindestens vor 3 Stunden eingetreten sei. Er bescheinigte uns eine unnatürliche Todesursache. Damit war seine Mission beendet und er verabschiedete sich.
Für uns war die letzte Stunde der Nachtschicht aber noch lange nicht zu Ende. Wir versuchten verzweifelt, Ehefrau und Kinder zu beruhigen, dabei auch noch die erforderlichen Personalien und Daten zu erfragen und der Einsatzzentrale einen möglichst neutralen Lagebericht durchzugeben. Nebenbei scheuchten wir noch gaffende Nachbarn weg, die durch die Einsatzkräfte aufmerksam wurden und warteten auf die hier zuständigen Sachbearbeiter der Kriminalpolizei –einen Kriminaldauerdienst (KDD)- gab es zu der Zeit in unserer Stadt noch nicht. In Anbetracht der fortgeschrittenen Morgenstunde mussten wir so bis zum Eintreffen der Kripo gegen 08.00 Uhr vor Ort bleiben: Mit einem toten Vater und Ehemann, einer –verständlicherweise- völlig hysterischen Witwe und zwei völlig verstörten Kindern. Normalerweise wäre die Nachschicht um 07.00 Uhr zu Ende gewesen.
Wie will man einer Ehefrau und deren völlig verstörten, kleinen Kindern, deren Ehemann und Vater plötzlich und völlig unerwartet verstorben ist, Trost und Hilfe zukommen lassen? Wir bieten an, Verwandte zu verständigen. Das Schlimmste für uns und die Angehörigen ist, dass wir ihnen plausibel machen müssen, dass es sich hier aus polizeilicher Sicht um einen „Tatort“ handelt, der nun einmal gesichert werden muss und es deshalb nicht möglich ist, den Vater und Mann zu sehen, was Alle ständig wollten.
Endlich treffen die Kollegen der Kripo ein. Wir berichten in kurzen, präzisen Sätzen die Situation und verlassen die Wohnung.
Auf der Dienststelle hat bereits die Frühschicht übernommen. Übernächtigt, physisch und psychisch stark angeschlagen, setzen wir uns gemeinsam an die mechanischen, altersschwachen Schreibmaschinen und erledigen den erforderlichen Papierkram. Ein kriminalpolizeilicher Ereignisbericht in 4-facher Ausfertigung und der Eintrag in den Tagesbericht müssen sorgfältig und fehlerfrei erstellt werden….
Zwischenzeitlich ist es 09.00 Uhr. Der Papierkram ist erledigt. Vor 14 Stunden hat der Nachtdienst begonnen. Jetzt sind wir Zwei die letzten der Nachtschicht, die nach Hause gehen.
An Schlaf ist nicht zu denken, auch wenn die Müdigkeit ihren Tribut an Körper und Geist fordert.
Ich setze mich auf den Balkon, zünde mir eine Zigarette an, die ich eigentlich gar nicht mehr rauchen wollte und trinke eine Flasche Bier, das mir eigentlich gar nicht schmeckt, blättere unkonzentriert in der Tageszeitung… Irgendwann schlafe ich ein.
Ich weiß bis heute nicht, ob es sich bei dem Fall in der XYZ-Straße um einen Suizid oder einem tödlichen Unfall mit autoerotischem Hintergrund handelte. Ich will es auch gar nicht wissen. Ein Verbrechen lag jedenfalls offensichtlich nicht vor.
Ich kann mich heute nicht mehr an die Namen und Gesichter der Beteiligten erinnern. Wenn ich jedoch mit dem Auto vor dem Haus in der XYZ-Straße an der roten Ampel stehe, erscheint mir die skurrile Auffinde Situation der damaligen Leiche mit dem Elektrokabel in der Halsbeuge, vor Augen…

Golf GTI
Die Firma VW brachte in diesem Jahr ihren „Volksrennwagen“, den Golf GTI, auf den M...
Inhaltsverzeichnis
- Über das Buch
- Inhaltsverzeichnis
- Zu diesem Buch
- Das „erste Mal“
- Die erste Leiche
- Golf GTI
- Schwimmstunde
- Späte Liebe…
- Hirntot…
- Polizisten-Weihnacht
- Gänsehaut am Telefon
- Keine Probleme zu erwarten…?!
- Volles Programm…
- „Familienbande“
- Zwischenkommentar
- K. O.
- Bratzen hoch, aber schnell!
- Paket
- „Warum hat das so lange gedauert?!“
- Nachbereitung
- Zum Autor
- Rose Black
- Dank
- Impressum