Der schändliche Skandal Heine-Platen
eBook - ePub

Der schändliche Skandal Heine-Platen

Schauspiel

  1. 100 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Der schändliche Skandal Heine-Platen

Schauspiel

Über dieses Buch

Obwohl sich die beiden nie begegnet sind, lieferten sie sich ein Duell mit weitreichenden Folgen: Heinrich Heine und August Graf von Platen. Ihre Waffe waren die Feder und die gegenseitigen Verletzungen gravierend. Der Dichterstreit zwischen Heine und Platen gilt bis heute als einer der skandalösesten der deutschen Literaturgeschichte. Am Ende standen beide als Verlierer da: Heine galt als vulgärer Nestbeschmutzer und ging nach Frankreich, Platen wagte sich kaum noch aus Italien nach Deutschland. Es geht in diesem Stück von Gerd Scherm um viel mehr als den augenfälligen Konflikt zwischen dem konvertierten Juden Heine und dem homosexuellen Grafen. Es ist das Aufeinanderprallen von Welt(an)sichten, von tiefen, persönlichen Überzeugungen, von unterschiedlichen Auffassungen, was Literatur kann und soll. Es ist eine Kontroverse von Lebensentwürfen, von Klassizismus und überwundener Romantik, von ironischem Rebellen und dünkelhaftem Adeligen und es wirft die Grundfrage aller Dichter auf: Was bleibt?

Häufig gestellte Fragen

Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
  • Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
  • Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Beide Pläne können monatlich, alle 4 Monate oder jährlich abgerechnet werden.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Der schändliche Skandal Heine-Platen von Gerd Scherm im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Literature & Drama. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2013
ISBN drucken
9783732250257
eBook-ISBN:
9783848267033
Auflage
1
Thema
Drama
VORSPIEL
Kann je nach Inszenierung entfallen!
(Die beiden Schauspieler betreten in Straßenkleidung die Bühne und ziehen sich hier um. Es soll für das Publikum erkennbar sein, dass hier zwei Schauspieler in ihre Rollen schlüpfen.)
SPIELER HEINE
Sag‘ mal, ganz ehrlich, würdest Du nicht viel lieber den Heine spielen?
SPIELER PLATEN
Weiß nicht.
SPIELER HEINE
Nun sag‘ schon! So unter uns.
SPIELER PLATEN
Ich weiß es wirklich nicht.
SPIELER HEINE
Du willst es nur nicht zugeben. Der Heine ist doch als Schriftsteller wesentlich bedeutender als der Platen. Der wird viel mehr gelesen. Wer liest heute noch Platen?
SPIELER PLATEN
Was willst Du mir damit sagen? Meinst Du, Du bist viel bedeutender als ich? Glaubst Du, Du bist der bessere Schauspieler? Nur weil Du schon mal an einem Staatstheater am Bühnenrand gestanden bist?
SPIELER HEINE
Unsinn! Das hat damit gar nichts zu tun.
SPIELER PLATEN
Nein, nein, das glaube ich Dir nicht.
SPIELER HEINE
Das ist absoluter Unsinn. Das hat mit unserer Inszenierung hier nichts zu tun.
SPIELER PLATEN
Doch, doch, das hat es! Du denkst, weil Du die Rolle des Heine bekommen hast, bist Du der bessere Schauspieler. Du sagst: Wer kennt schon den August Graf von Platen?
SPIELER HEINE
So habe ich das nicht gemeint. Aber Fakt ist, dass der Graf wesentlich weniger gelesen wird als Heine.
Mir ging es nur um die Attraktivität der Rollen an sich.
SPIELER PLATEN
Übrigens: der Hubert Fichte hat den Heine einmal als Aas bezeichnet! Nur damit Du mal weißt, was große Denker von Deinem Star-Dichter gehalten haben.
Aber nun sag endlich, was Du gegen meine Rolle hast?
SPIELER HEINE
Nichts habe ich gegen Deine Rolle. Der Platen ist schon interessant, so als Typ. Einer der ganz in der Poesie aufgeht – l’art pour l’art, Kunst nur um der Kunst willen. Warum nicht…
SPIELER PLATEN
Höre ich da nicht einen leisen geringschätzigen Unterton? Stören Dich etwa Platens homoerotische Neigungen?
SPIELER HEINE
Also bitte! Ich habe nichts gegen Schwule.
Absolut nichts! Und gegen Adlige habe ich auch nichts, falls Du darauf hinaus willst.
Dass Dein dichtender Graf schwul war, ist mir völlig egal.
SPIELER PLATEN
Dann hast Du also etwas gegen mich persönlich? Woher diese Animositäten?
SPIELER HEINE
Nun mach mal einen Punkt! Konzentrier Dich lieber auf Deine Arbeit!
SPIELER PLATEN
Wer hat denn mit den Sticheleien angefangen? Du willst mir bloß meine Rolle madig machen. Du kannst doch Deinen Part so schlecht spielen, wie Du willst – in Deiner Judenrolle genießt Du immer Artenschutz. Da wagt Dich eh keiner zu kritisieren!
SPIELER HEINE
Bitte beruhige Dich! Wir machen beide nur unseren Job, und den machen wir gut.
SPIELER PLATEN
Findest Du?
SPIELER HEINE
Ja doch. Es passt schon so, wie es ist.
SPIELER PLATEN
Schön, dass Du das so siehst.
SPIELER HEINE
Ich kann ja auch nichts dafür, dass ich in diesem Stück die bessere Rolle bekommen habe. Allerdings, wenn man bedenkt, was und wo ich schon gespielt habe…
SPIELER PLATEN
Von wegen: Bessere Rolle!
Beim Platen gibt es viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Der Heine ist doch inzwischen der große Held, zu dem alle aufschauen. Den kann jeder spielen! Der Platen ist mehr der legendäre Typ. Der früh Verstorbene. Live fast, die young!
Wen die Götter lieben, den holen sie jung zu sich.
SPIELER HEINE
Als Liebhaber? Platen ein Mundschenk der Götter?
SPIELER PLATEN
Du willst mich schon wieder provozieren.
SPIELER HEINE
Ich Dich provozieren? Nein, Du hast schon genug Adrenalin im Blut.
Lass uns anfangen, Platen, man wartet auf uns!
SPIELER PLATEN
Das bekommst Du zurück! Du…
Du Heine, Du!
1. SZENE: KINDHEIT, BILDER & WORTE
(Platen vor dem Spiegel, legt sich ein himmelblaues Tuch über den Kopf und nimmt ein Kissen in den Arm – so war seine Mutter immer mit ihm vor dem Spiegel gestanden oder gesessen: Madonna mit Kind. Immer wieder deutete sie auf den Knaben und sagte „süßes Kind“ – August hatte sein Liebesobjekt schon sehr früh gefunden, sich selbst in seinem Spiegelbild)
PLATEN
(wiegt das Kissen)
Wie oft zeigte mir meine Mutter unser beider Bild im Spiegel. Sie deutete auf mich, sang mir die Worte „Süßer Junge, süßer Junge“ ins Ohr, wieder und wieder. In dieser Kristall-Welt dort bin ich herangewachsen – in der silbernen Welt der Abbilder. So habe ich mich zuallererst in der anderen Realität erfahren, in dieser wunderbaren Distanz, in dieser herrlichen Ästhetik der unkörperlichen Spiegelung, in der unberührbaren Kunstwelt. Das war die Heimat, das war mein Zuhause.
Meine Mutter war eine Madonna und ich ihr über alles geliebte Kind. So in die Welt zu treten ist etwas Großes. Es ist so verheißungsvoll.
HEINE
Haben die Engel dazu gesungen?
PLATEN
Meine Mutter, die engelsgleiche Artemis war es, die sang. Nur für mich. Und so vereinten sich unsere Spiegelbilder mit dem Wohlklang ihrer Stimme.
HEINE
Sicher ist es nicht leicht, als Altarbild aufzuwachsen.
PLATEN
Schweigen Sie! Was weiß er schon von Altarbildern? Seinem Volk ist die Kunst der Malerei doch völlig fremd. Wer hörte je von einem großen jüdischen Maler?
HEINE
Wohl war. Die Sprache ist unser Metier, die Logik der Gedanken. Die Sprache, dieses Werkzeug des Verstandes.
PLATEN
Und von Lug und Trug, von Schmeichelei und Beleidigung.
Wahrlich, da nehme ich die Worte lieber für die Poesie, als damit schmählichen Handel zu treiben.
Die Kunst ist es, die aus meinen Worten spricht, ans Hohe will ich hinschreiben, es mir Wort für Wort erringen.
HEINE
Ich war kein hochwohlgeborenes Kindlein, kein kleiner Graf von und zu. Ich war nur der Harry Heine, der den gleichen Vornamen trug wie der Esel des Dreckmichels, der den Unrat von den Straßen in Düsseldorf kratzte und auf seinen Karren schmiss. „Harrüh*!“, schrie er seinen Esel an und so schrien meine Schulkameraden hinter mir her. „Harrüh!“
Ich war der Junge, der den gleichen Namen trug wie der Esel vom Mistkarren. Harrüh Heine, der Eselsjude.
(* Harrüh betont auf üüüh!)
PLATEN
Jeder so, wie es das Schicksal für ihn bestimmt. Ich wurde in der Ansbacher Judengasse geboren – ausgerechnet ich an einem Ort namens Judengasse! Ich musste in einem Haus aufwachsen, das zu allem Übel auch noch einem Juden gehörte.
Dennoch war darin ein hoher Geist beheimatet, der mir alles Edle gab. Meine Mutter stand stets treu zu mir und erkannte früh meine Talente. Sie führte mich zur Dichtkunst und stimmte meinen Sinn für Höheres.
HEINE
Bei mir war es das „Rote Sefchen“, die meinen Sinn fürs Poetische erweckte. Sie war des Henkers Tochter, die Josefa, und ich liebte sie. Sie zeigte mir das Richtschwert ihres verstorbenen Vaters und sang dazu:
Otilje lieb, Otilje mein,
Du wirst wohl nicht die letzte sein -
Sprich, willst du hängen am hohen Baum?
Oder willst du schwimmen im blauen See?
Oder willst du küssen das blanke Schwert,
Was der liebe Gott beschert?
Ich will nicht hängen am hohen Baum
Ich will nicht schwimmen im blauen See,
Ich will küssen das blanke Schwert,
Was der liebe Gott beschert!1
Nachdem sie das gesungen hatte, weinten wir eine Stunde lang zusammen, so sehr war ich von dieser Poesie ergriffen.
Kein Lehrer konnte mir je einen solchen Zugang zur Literatur verschaffen wie das „Rote Sefchen“.
PLATEN
Das ist doch fürchterlicher Kitsch! Bauerntölpel-Romantik!
HEINE
Was will man von einem Sechzehnjährigen schon erwarten, der für eine rothaarige Henkerstochter entflammt ist? Mir verlangte eben nicht nach einem Ganymed oder einem Hyazinth oder gar, wie dem Narziss, nach dem Abbild meiner selbst.
Der „Harrüh“ durfte als Judenjunge ja nur dank Napoleons Herrschaft über Düsseldorf das Lyzeum besuchen. Aber so etwas bedenken Sie mit Ihrer adeligen Herkunft ja gar nicht. Wie auch, wenn man immer auf roten Teppichen schreitet und nur mit seinesgleichen verkehrt.
PLATEN
Neid! Neid! Immer nur der Neid! Wir waren zwar von Adel, aber leider nicht mit Reichtum gesegnet.
Ich hatte keinen Bankier zum Onkel!
HEINE
Neid! Neid! Neid! Was nützt der reiche Bankiersonkel, wenn er einem freiwillig nichts gibt und man um jeden einzelnen Taler kämpfen muss?
Und wenn man dann endlich etwas bekommt, klebt stets Verachtung daran.
Jedes Mal wenn sie uns ein Stück Geld zuwerfen, werfen sie uns zugleich ein Loch in den Kopf… Ja, die Kunst des schönen Gebens wird in unserer Zeit immer seltener, wie die Kunst des plumpen Nehmens, des rohen Zugreifens täglich allgemeiner gedeiht.2
PLATEN
So scheint es, dass die Dichtkunst alle Poeten gleich macht – gleich arm. Oder ist es die Voraussetzung dafür, den Pegasus zu reiten? Neigen sich die Musen nur dem wirklich zu, der nicht an Besitz gekettet ist? Spricht das große Wort nur aus denen, die arm sind an Irdischem?
HEINE
Der Weimarer Dichterfürst ließ sich seine Wohlhabenheit gut gefallen. Dem forderte keine Muse den Besitz ab, bevor er zur Feder griff. So ein sicheres Schreibstüblein hat schon einen gewissen Reiz. Es nimmt einem die Steine von der Brust und die Angst vor den Gläubigern. Da lässt es sich gleich viel leichter dichten und räsonieren und ein Gutmensch sein…
PLATEN
In Hardenbergs Franken war kein gutes Auskommen mehr für einen gediegenen Oberforstmeister des abgedankten Markgrafen. Spötter nannten meinen Vater süffisant „einen dienstfertigen Mann und erzguten Narren.“ Vor allem aber war er nicht begütert.
HEINE
Das soll in den besten Familien vorkommen. Armu...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titelseite
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. Die Personen
  4. Ausstattung & Hintergrund
  5. Das Drama
  6. Zeittafel
  7. Quellen
  8. Der Autor: Gerd Scherm
  9. Anhang
  10. Impressum