Seid fruchtbar und mehret euch
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Seid fruchtbar und mehret euch

Das Wachstumsdiktat

  1. 132 Seiten
  2. German
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Seid fruchtbar und mehret euch

Das Wachstumsdiktat

Über dieses Buch

Angesichts der fortschreitenden Zerstörung unseres Planeten durch die ungebremste Produktion von Müll hinterfragt der Text das traditionelle Menschenbild, das die Geistesgeschichte in Jahrtausenden herausgebildet hat. Demnach schafft sich der vernunftbegabte Mensch in völliger Freiheit seine Kultur und distanziert sich damit von der Tierwelt, die allein von ihrer Erbsubstanz gesteuert ist.Moderne Erkenntnisse, vor allem aus der Hirnforschung und der Biologie, begründen erhebliche Zweifel an diesem positiven Selbstbild. Sowohl der freie Wille als auch die behauptete prinzipielle Unabhängigkeit unseres Verhaltens vom Genpool der Art lassen sich heute ernsthaft bestreiten.Der Autor vertritt die These, dass wir eingebettet in den Willen der Natur ein Genprogramm absolvieren, das ausschließlich und nichts anderem als unserer Vermehrung dient. Im egoistischen Streben nach dem eigenen Vorteil kämpfen wir gengesteuert und damit weitgehend unbewusst mit Vehemenz und wachsendem Erfolg darum, auf unserem Planeten die Infrastruktur für das Überleben von immer mehr Menschen aufzubauen.Der Kapitalismus ist ein wirkungsvolles Instrument bei der Bewerkstelligung dieser Aufgabe. Sein Motor ist das Gewinnstreben des Einzelnen, sein Ziel Wachstum um jeden Preis. Das Ergebnis bringt eine ständig wachsende Güterproduktion für eine ständig wachsende Erdbevölkerung. Im bedingungslosen Streben nach Wachstum übersehen wir völlig, dass die Erde nur begrenzt Ressourcen für uns bereithält und vor allem dass bei der Warenproduktion und aus den Waren selbst ein gewaltiger Müllberg entsteht, der die Kraft hat, uns alle zu vernichten. Das gilt vor allem für den uns unsichtbaren gasförmigen Müll, der als sogenanntes Klimagas im Begriff ist, die Erde auf einen für uns tödlichen Wert aufzuheizen. Der vom Kapitalismus erzeugte Wohlstand und unser Verlangen nach immer mehr davon machen uns blind für die drohende Gefahr. Die Habgier verdrängt unsere Angst.In seiner Streitschrift deckt Rainer Kleinefeld diese Zusammenhänge schonungslos auf, entwickelt aber auch Ideen und Vorschläge, wie die Katastrophe vielleicht doch noch abgewendet werden könnte.

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MENSCHEN
Auch im 21. Jahrhundert ist die Überzeugung immer noch vorhanden, dass der Mensch eine besondere Schöpfung Gottes sei, neben allen anderen Arten von Lebewesen auf dieser Welt. Aber sosehr auch unsere herausragenden Eigenschaften ohne Weiteres erkennbar sind, so ist es genauso offensichtlich, dass wir anatomisch zu den größeren Säugetierarten zählen. Mit unseren nächsten Verwandten im Tierreich, den Schimpansen, haben wir achtundneunzig Prozent unserer genetischen Anlagen gemeinsam. Unser Platz im Tierreich lässt sich also klar erkennen und unsere Stammesgeschichte in groben Zügen sicher beschreiben.
Nach Meinung des Paläoanthropologen Richard Leaky hat sich die erste Hominidenart, definitionsgemäß eine Art Affe auf zwei Beinen, vor etwa sieben Millionen Jahren entwickelt.26 Die Zweibeinigkeit, Bipedie ist eines der herausragenden Merkmale des Menschen, wobei die ersten zweibeinigen Affen lediglich in der Weise ihrer Fortbewegung menschlich waren. Sie lebten wahrscheinlich wie heutige Paviane der Steppe. „Herden von dreißig bis vierzig Individuen streiften damals in koordinierter Weise durch ein ausgedehntes Gelände (…).“27
Die erste menschliche Art mit einem großen Gehirn und einer Veränderung des Gebisses entwickelte sich zu einer Zeit, die früher liegt als vor zweieinhalb Millionen Jahren. Die Veränderung der Zähne ist wahrscheinlich eine Anpassung an eine veränderte Nahrung, bei der zu der bisherigen Pflanzenkost auch Fleisch hinzukam.28 Aber auch die Vergrößerung des Gehirns steht in direktem Zusammenhang mit dem Verzehr von Fleisch als bedeutendem Energie- und Proteinlieferanten. Richard Leakey nimmt an, „daß die entscheidende Anpassung innerhalb des evolutionären Pakets des Frühmenschen ein nennenswerter Verzehr von Fleisch war“.29
Die Menschwerdung, das heißt der Übergang vom Australopithecus zum Homo, vom aufrecht gehenden Menschenaffen zum Menschen, vollzog sich also in Anpassung an die besonderen Bedingungen zur Ausbeutung der Energiequelle Fleisch. Es war ein kumulativer Prozess der wechselseitigen Anhäufung von Energie und Information. Mehr Fleisch, also Energie, erlaubt eine Vergrößerung des Gehirns und Verbesserung der Informationsverarbeitung. Mehr Informationen sorgen für mehr Erfolg bei der Beschaffung von Fleisch, sprich Energie. Im Ergebnis ist das Gehirn eines Menschen etwa dreimal so groß wie das Gehirn eines Affen vergleichbarer Körpergröße.30 Es sind die verbesserten Fähigkeiten zur Gewinnung und Verarbeitung von Informationen, die den Homo zu einer extrem erfolgreichen Art werden ließen. Er verbreitete sich über die ganze Welt und verdrängte dabei seine nächsten Verwandten, die Australopithecinen, so wie er bis heute immer weitere Lebensformen dieser Erde verdrängt, die seinem Wachstum im Wege stehen, und zwar mit steigender Tendenz.
Der Frühzeitmensch war demnach entweder Jäger oder Aasfresser oder beides zusammen – mit größter Wahrscheinlichkeit war er wohl in erster Linie ein Jäger.31 Ein allmählicher, mehrere Millionen Jahre währender Prozess hat das Wesen eines Wildbeuters geformt, wie es ihn auch heute noch vereinzelt gibt; ein Mensch mit einer Sprache und einem Bewusstsein, der in einer Gemeinschaft lebt, in der Sammeln, Jagen und Verteilen der Nahrung im Vordergrund stehen.
Das gemeinsame Beschaffen und Verteilen der Nahrung, heute würde man sagen die Produktionsverhältnisse, haben die Hirnentwicklung und damit das Denken der Menschen entscheidend mitgestaltet. Für den Verhaltensbiologen Andreas Paul beruht die Hypothese vom sozialen Ursprung der Intelligenz auf der Annahme, „daß soziale Beziehungen mit ihrem komplexen Gemisch aus Kooperation und Konkurrenz eine größere Herausforderung an die geistigen Fähigkeiten darstellen als die ‚feindlichen Kräfte der Natur‘“.32
Die von Eigeninteressen bestimmte soziale Interaktion muss auch bei der Entwicklung der Sprache eine Rolle gespielt haben, denn nach Gerhard Roth dient Sprache weniger dem Austausch von Wissen und dem Vermitteln von Einsicht, sondern ist ein wichtiges Element gesellschaftlichen Zusammenlebens. In dem Zusammenhang weist er darauf hin, dass Wissen nicht übertragen, sondern nur wechselseitig, das heißt in Gemeinschaft, konstruiert werden kann.33 Die Einmaligkeit der menschlichen Sprache steht sicher aber auch in direktem Zusammenhang mit der Einmaligkeit eines reflexiven Bewusstseins beim Menschen. Sprache hat vor allem da einen Sinn, wo es um die Beschreibung einer gedachten, einer virtuellen Situation geht, einer Handlungsplanung zum Beispiel.
Für die Entwicklung eines selbstreflexiven Bewusstseins beim Menschen gibt es eine plausible Erklärung von der Herstellung und dem Gebrauch von Werkzeugen her: Mit der handwerklichen Gestaltung eines Gegenstandes im Gedanken an seine spätere Verwendung entdeckte der Mensch sich selbst als virtuellen Akteur in Zeit und Raum. Mit der Herstellung von Hilfsmitteln entwickelte sich die beim Menschen besonders ausgeprägte Fähigkeit, die eigene Zukunft zu simulieren, Gefahren im Vorhinein zu erkennen und sich darauf vorzubereiten, mit der Herstellung von Waffen beispielsweise. Der praktische Nutzen eines Hilfsmittels und der damit verbundene verbesserte Zugang zu mehr Energie hat direkten Einfluss auf die Entwicklung eines so Energie zehrenden Organs wie des Gehirns als Informationsspeicher. Ein Werkzeug repräsentiert eine beträchtliche Menge an Informationen und seine bewusste Herstellung führte in direkter Linie zur heutigen Informationsgesellschaft – in einem Prozess, der vor Millionen von Jahren zögerlich begann, um sich dann exponentiell zu entwickeln.
Mit der Bedeutung der Werkzeugherstellung für die Nahrungsbeschaffung verfeinerte sich seine in der Entwicklungsgeschichte bereits früh angelegte Greifhand und mit ihr die Gehirnzentren, die die Hand steuern. Alles begann, als vor zweieinhalb Millionen Jahren Frühmenschen anfingen scharfkantige Werkzeuge zu verfertigen, Abschläge von Lavabrocken, deren Form sich aus der Beschaffenheit des Rohstoffs ergab. Allein die Schlagbewegung erforderte bereits eine lange Praxis und die Koordinierung ganz bestimmter motorischer und kognitiver Fähigkeiten.34 Aber schon einfache Abschläge eignen sich hervorragend, um Tierhäute aufzuschneiden und an das Fleisch von Tieren zu gelangen. Der technisch-wissenschaftliche Fortschritt hatte begonnen.
Mit dem Auftritt des Homo erectus vor 1,4 Millionen Jahren entstand eine neue Form der Herstellung von Werkzeugen, die Hinweise darauf gab, „daß die Werkzeugmacher ein inneres Bild von dem hatten, was sie herstellen wollten – daß sie dem von ihnen verwendeten Rohstoff bewußt eine bestimmte Form verliehen“.35
Molekulargenetische Berechnungen haben gezeigt, dass „der Wandel von archaischen zu modernen Formen von Homo sapiens sich zuerst in Afrika vor etwa 100 000 bis 140 000 Jahren vollzogen hat und alle heute lebenden Menschen von dieser Population abstammen“.36 Nach der „Wiege-Afrika-Hypothese“ haben sich die modernen Menschen innerhalb eines einzigen geographischen Raumes entwickelt, wanderten aus diesem Raum ab und breiteten sich in der übrigen Alten Welt aus, wo sie die dort lebenden prämodernen Populationen verdrängten.37
Das Erscheinen des menschlichen Geistes, so wie wir ihn heute kennen, fällt zusammen mit einem Quantensprung in der Werkzeugherstellung. „Vor rund 35 000 Jahren begannen Menschen in Europa, Werkzeuge in vollendeter Form herzustellen, die aus fein behauenen Steinabschlägen gearbeitet waren. Erstmals wurden Knochen und Hirschhorn als Rohstoffe zur Werkzeugherstellung benutzt. Das Werkzeug umfaßte jetzt über hundert verschiedene Gerätschaften, mit denen man unter anderem grobe Kleidung herstellen, Stein oder Knochen ritzen und Plastiken bearbeiten konnte. Zum erstenmal wurden Werkzeuge und Waffen künstlerisch bearbeitet.“38 Der Homo sapiens war in Europa angekommen.
Jagen von Wild und Sammeln pflanzlicher Nahrung, ein Leben als Wildbeuter, ist die besondere Form menschlicher Existenzsicherung, über Millionen Jahre hinweg. Es handelt sich um eine äußerst effiziente Weise der Selbstversorgung, „da Wildbeuter häufig nur drei bis vier Stunden benötigen, um die Nahrung für einen ganzen Tag zu beschaffen“.39 Aber die Jagd kann eine an einem Ort anwachsende Bevölkerungsgruppe nicht am Leben erhalten. „Der Grenzwert lag in der Savanne bei höchstens zwei Menschen pro Quadratmeile. (…) Für den Jäger stellt sich also die Alternative brutal eindeutig: hungern oder weiterziehen.“40 Die Nutzung der effizienten Nahrungsquelle Fleisch hat die erfolgreichsten Vertreter ihrer Art zu Vertriebenen gemacht. Im ständigen Bestreben, zahlenmäßig zu wachsen, haben sie angefangen die Welt zu erobern.
Mit dem Aufstieg des Menschen zur Krone der Schöpfung konnte er der Forderung seiner Gene nach Vermehrung immer besser nachkommen, leichter wurde das Leben für ihn deshalb jedoch nicht, im Gegenteil: Das Bewusstsein von Zeit und Raum führt, neben allen Vorteilen, die es für die Fortpflanzung besitzt, zu einer besonderen psychischen Belastung. Sein in die Zukunft gerichtetes Denken lässt alle Gefahren dieser Welt vor seinem geistigen Auge aufscheinen; er wird sich seiner Endlichkeit bewusst und lebt in ständiger Todesangst. Die mit Bewusstsein begabten Menschen realisieren Gefahren, die auf sie lauern, nicht nur im Moment des Geschehens, sondern antizipieren sie in Gedanken und durchleben sie in ihrer Phantasie. Die sich daraus entwickelnde Angst ist eine schwere psychische Belastung.
Mit unserem Bewusstsein bekommt die Angst, seit Urzeiten ein überlebenswichtiger und Verhalten steuernder Reflex, eine andere Qualität dadurch, dass sie unterschwellig ständig in uns wirkt. So wird sie zum Handicap der Überlebensmaschine Mensch bei der Erfüllung des Auftrags ihrer Gene, sich zu vermehren und zahlenmäßig zu wachsen. Angst schwächt unsere Kampfbereitschaft, sie treibt uns zurück in die schützende Höhle, wenn wir eigentlich kämpfen sollten, sie schafft ein unbändiges Verlangen nach Sicherheit, nach Stillstand und paradoxerweise sogar nach Tod. Der Mensch ist das einzige Tier, das eine Todessehnsucht entfalten und sich selbst töten kann. Dennoch muss die Bereitschaft, für das Leben zu streiten, stets größer gewesen sein als die Angst, sonst wäre die Gattung Mensch bereits ausgestorben. Die Selektion schuf wirkungsvolle Methoden der Angstbewältigung. Das sind im Wesentlichen solche zur Unterdrückung der Selbsterkenntnis, zur Manipulation unseres Bewusstseins.
Das Streben nach Nahrung und das Streben nach Sicherheit sind absolut. Jeder Zweifel, jede denkbare Versorgungslücke bereitet Angst. Zum Leben und Überleben braucht der Homo sapiens ein leistungsfähiges Sicherheitskonzept, garantiert von einer unbedingten Gewalt. Jedoch betrifft dies gar nicht einmal so sehr die Realität, sondern nur die Vorstellung, die ihn gefühlsmäßig genau so stimuliert wie die Realität. Zum Leben benötigen wir ein wenn auch nur scheinbar stringentes Narrativum, das den Zufall möglichst ausschließt, die Zukunft dingfest macht und uns in Harmonie zum Weltganzen einen sicheren Platz zuweist. „Alle Religionen, fast alle Philosophien und zum Teil sogar die Wissenschaft zeugen von der unermüdlichen, heroischen Anstrengung der Menschheit, verzweifelt ihre eigene Zufälligkeit zu verleugnen.“41 Die Menschen suchen überall nach einem Sinn für ihre Existenz, denn Sinnverlust erzeugt Angstgefühle.
Den Mathematiker und Anthropologen Jacob Bronowski bringt das Bild eines Bisons in der Höhle von Altamira, das vor siebzehntausend Jahren entstand, zu einer bemerkenswerten Überlegung: „In diesen Gemälden machte sich der Jäger mit Gefahren vertraut, von denen er wußte, daß er sich ihnen zu stellen hatte, die jedoch noch nicht auf ihn zugekommen waren. (…) Der Maler hatte den Augenblick der Furcht festgehalten, und der Jäger begab sich durch das Gemälde in dieses Gefühl hinein.“42 Kunst wird so gesehen zu einer Form der Angstbewältigung. Der Jäger konditioniert sein späteres Verhalten aus der bloßen Vorstellung heraus und lernt bereits im Vorhinein seine Angst zu unterdrücken.
Insgesamt jedoch bleibt mit dem Bewusstwerden die Angst ein ständiger Begleiter des Menschen und muss immer wieder neu besiegt oder verdrängt werden. Gemeint ist hier die Angst nach der Definition Byung-Chul Hans: „Im Gegensatz zur Furcht, die auf einen bestimmten Gegenstand bezogen ist, gilt die Angst dem Sein als solchem. Sie erfasst und erschüttert das ganze Dasein.“43
Wie gesagt bilden Energie und Information zusammen die Grundvoraussetzung des Lebens, ihr Fehlen bedeutet Tod, jeder Überschuss dagegen erzeugt umgehend Wachstum. Wachstum zehrt am Energievorrat und ungehemmtes Wachstum stellt das Überleben aller infrage. Es überleben die Menschen, die aufgrund ihres überlegenen Know-hows neue Energievorräte erschließen und nutzen können. Das geschieht in Verbindung mit einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbruch und einer Neugestaltung der Produktionsverhältnisse. Es handelt sich um eine Revolution, die nicht bewusst herbeigeführt, sondern den Menschen von den sie beherrschenden materiellen Verhältnissen aufgezwungen wird. Wir haben es mit Etappen der Geschichte zu tun, in denen Wachstumshindernisse beseitigt werden. Der lange Arm der Gene reicht weit ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Widmung
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. Vorwort
  4. Leben
  5. Menschen
  6. Kampf
  7. Macht
  8. Herrschaft
  9. Kultur
  10. Geld
  11. Resümee
  12. Literatur
  13. Impressum