
- 256 Seiten
- German
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eBook - ePub
Über dieses Buch
Natürlich ist das Unternehmen maßlos. Wann je hätte in den letzten Jahren jemand es gewagt, SO über Theater zu schreiben. Und doch! Hier wird endlich einmal wieder ein Buch für alle die vorgelegt, die als Theaterbegeisterte eine wirkliche Herausforderung suchen. GEGEN EIN THEATER DER OHNMACHT ist ein Buch, geschrieben gegen die Macht der bloß "irgendwie" Kundigen. Ein Buch, das Mut macht und einer eigenständigen Lektüre klassischer Texte das Wort redet.
Häufig gestellte Fragen
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Information
1. Stück
1.
Der Star der Jugend von Verona Mercutio als alter ego von Romeo und der frankophile Hooligan Tybalt als alter ego von Julia … Vielleicht hat die Amme ja doch recht, wenn sie das 14jährige Mädchen bei ihrem ersten Auftritt, noch bevor wir im Publikum eine Chance hatten, unsere Julia kennenzulernen, ladybird (Flittchen) ruft! Es wäre nicht das erste Mal, daß eine Mutter auf ihre Tochter abfärbt. – Julias Tränen um Tybalt, sind sie tatsächlich geflossen oder nur groß ausgespielte Pose? Muß Julias Welt nicht Anteil haben am tattätlichen Chaos, das im Hause Capulet herrscht? Wer kann da – eingezwängt zwischen einem jähzornigen Vater und einer botoxverhärmten Mutter – schon normal bleiben? Zur Frühreife geboren und dieser ganz speziellen Gier nach Fremdsein bestellt – ist es das, was ich als Publikum – auch heute noch – zu sehen bekommen muß? – – Hört Julia eigentlich Mercutios Geschrei vor der Gartenmauer? Eben! Muß sie Romeo darum nicht für Veronas obergeilsten Stecher halten? Und! Setzt Mercutios Geschrei die „Dame des Hauses“ nicht auch ein wenig unter Erfolgsdruck? Bekommt der falsche Melancholiker gar aus diesem Grund eine Show geboten, eine heiße, hinter dem Fenster. Frei nach dem Motto: Heißes Tank Girl geht zu Bett, mal sehen, was unser Jack Kerouac look-a-like mit den Sonetten und dem schnellsten Kuß von Verona darauf für eine Antwort hat. – Wer das große Gefühl erwartet, der testet das Gegenüber, das männliche, schon mal, radikal, wie stets, wenn Frau jung ist: „Ich habe Blut, so jugendliches, so warmes Blut, als eine.“ Also! In der berühmt berüchtigten Balkonszene wird nicht nur „getönt“, sondern auch gezeigt, was Frau in spe so hat und wie hoch Mädchen bereit ist, den Einsatz im Spiel um … zu treiben.
2.
Ist Mercutios Tod nicht einfach bloß ein Patzer des Dichters? Immerhin entschwinden mit seinem Dahinscheiden im Hausflur Spektakel & Witz von Veronas fehdenfreudiger Jugend. Oder folgt Shakespeare in seiner „most excellent and lamentable tragedy“ einem doppelten gameplan? Auf das Komische im Tragische! Auf das Tragische im Komische! Ist das des Dichters Parole? – Damit Fortuna und ihr elisabethanisches Räderwerk an den Figuren Romeo & Julia ihre Arbeit tun können, darf das Schaustück „Romeo und Julia“ nicht nur als Tragödie weiter vor sich hin …, sondern muß als Komödie sich auch zu neuen, noch nicht gekannten Höhen aufschwingen. Liebe ist für beide Hauptfiguren ein großes Gefühl. Wenn sie einander als Mädchen und Junge gegenüberstehen, erfahren sie sich in dem, was mit ihnen & durch sie geschieht, als groß, überwältigend und dem angemessen, was sie an der Schwelle zum Erwachsenwerden für sich erträumt haben. Wir jedoch, die Zuschauer & Zuschauerinnen, müssen ein seltsam verwirrtes, mit der Katastrophe flirtendes jugendliches Teenie-Pärchen sehen. Für uns proben ein kleiner Jedermann und eine kleine Jederfrau aufgerieben zwischen Stutenromantik & Aggro Verona die Liebe als das, was sich – heute würde wir sagen – fürs Herz downloaden läßt. – Also! Ein hormongepeitschtes Pärchen, das am Leben scheitert, weil das der Normalität unterstellte Grandiose ein Trugbild ist, das für alles taugt bloß nicht für hohe Click-Zahlen bei MySpace. Da taumelt jemand in sein ach so tragisches Ende, statt wie bollywoodüblich mit der Aussicht auf ein erfülltes Leben in die Wüste des Realen entlassen zu werden. – Für uns, die nun mal zur Abwechslung wirklich Liebesversehrten im Parkett, müssen die …, die Romeo & Julia hinsichtlich der Welt hegen & pflegen, muß deren Untergang auf der Bühne komisch bis absurd, ja als „Veronas Welt“ daherkommen. Wenn dann auch noch der Irr- & Unsinn der Figuren in einer deren Naivität geschuldeten Intimität zu sehen sind, wir also das Große am Gefühl Liebe erleben können, dann wird vielleicht auch dem ein oder anderen „Kontaktanzeigenaufgeber“ im Publikum klar, warum einer wie Romeo ein Interesse daran haben muß, daß das mabhörige Großmaul Mercutio endlich stirbt –
3.
Der Chor! Klischees über Klischees und die auch noch mittelmäßig dargeboten. Das Ganze kommt nicht als von interessierter Seite vorgetragene Einführung daher, sondern hört sich eher an wie die Erfüllung einer lästigen Pflicht. Dirty old men spüren des Wodkas reinster Seele hinterher. – Warum aber dann nur Chorauftritte vor dem I. und II. Akt? Und kein Epilog. Sobald sich die Tragödie auf den Fortgang der Liebe von Romeo & Julia konzentriert, bleibt der Chor entweder stumm oder ist schon abgegangen. Eine Auseinandersetzung mit der Tragödie muß sich dieser Leerstelle annehmen. – „Romeo und Julia“ umfaßt 3099 Zeilen und entspricht damit der durchschnittlichen Länge eines Shakespearetextes: „Es ist ein Rätsel, wie die Schauspieler soviel Text in so kurzer Zeit bewältigen konnten; sie müssen schnell, ohne Pause und ohne stummes Spiel in vorwiegend stationärer Position deklamiert haben. Moderne Spielweisen lassen solch ein Tempo nicht entfernt zu; bei vollem Text würde die Shakespeare-Aufführung heute mehr als doppelt solange dauern, wie in der Ursprungszeit.“ Suerbaums Kommentar läßt außer acht, daß die „zwei Stunden“, von denen der Chor spricht, auch eine Zeitangabe sein können, die nicht die Bühnenzeit wiedergibt, sondern die subjektive Wahrnehmung des Chors widerspiegelt. Die aber muß (auch) als Wertung gelesen werden. Zumal der Schluß von Prolog I („Und wir, wobei wir sehr auf Nachsicht zählen, / wolln das verbessern, was dem Text mag fehlen.“) einen deutlichen Fingerzeig auf den „Unernst“ gibt, mit dem der Chor seinem „Geschäft“ nachgeht. Bezieht man das „Wir“ nicht auf die Bühnengesellschaft, die „Romeo und Julia“ spielt, sondern auf den Chor, so bedeutet das, daß unsere „most excellent and lamentable tragedy“ womöglich nicht nur in dessen Augen überholungsbedürftig ist …
4.
Voraussetzung für den Aufbau der Liebesgeschichte ist die Zertrümmerung der Zentralperspektive, der zufolge es sich bei der Tragödie „Romeo und Julia“ um die Liebesgeschichte zweier Menschen mit angeschlossenem Figurenpark handelt. Indem ich die Perspektive der einzelnen Figuren rekonstruiere und deren Eigeninteresse etabliere, schaffe ich mir die Möglichkeit, über den Zusammenstoß von Figurenkonstellationen, die nichts mit der Zweisamkeit Romeos und Julias zu tun haben, deren „großes Gefühl“ als Notwendiges, als ein in „ihrer“ Welt zwingend eintretendes Ereignis zu entwerfen. – Da ist ein Fürst, der befrieden will und glaubt, Heiratspolitik sei dafür tauglich (Capulet soll seine Tochter „einsetzen“). Da ist eine Frau Capulet – sehr jung –, die mit ihrer Familie nach oben will und darum das Projekt PARIS auflegt. Da ist ein Priester, der etwas für die Stadt (und die Religion?) tun will. Da sind müde alte Männer an der Spitze zweier Familien, die ihre Ruhe haben wollen (die Anordnung, das Komplott des Fürsten kommt ihnen entgegen, wie man Ende sieht) …
2. Stück
1.
Grundsätzlich stehen mir als Leser drei Zugriffsvarianten im Umgang mit Texten zur Verfügung. Die älteste Art, Herr zu werden über den „Stoff“, besteht in der Auslegung von Texten. Der Text wird von mir, dem Subjekt, als Welt unabhängig von der Welt gedeutet, in der mir zu „leben“ aufgegeben ist. Die zweite, seit dem 19. Jahrhundert gebräuchliche Form der Aneignung von Texten, interpretiert die Welt als von mir zu deutende Vielfalt von Zeichen, die sich in dem von mir zu Lesende niedergeschlagen hat und damit wiederfinden läßt. Die jüngste, Ausgang des 20. Jahrhunderts durch die Gerätewelt geschaffene (sprich: upgeloadete) quasi-natürliche Variante, kommt in Form des remix daher. Mit ihr mische ich als Leser den Text neu ab. Am Ende (Ziel würden das die wenigsten unter uns nennen) „erzählt“ der remix etwas über mich als eine Welt an & für sich. (J. D´s dé-construction von Texten markiert hier das etwas andere, das stilvolle Massaker an Texten.) – – Die Generation Praktikum, die gegenwärtig die Szene am Theater beherrscht, greift in der Regel unreflektiert auf den remix zu. Das hängt einerseits damit zusammen, daß sie „glaubt“, als Regisseur (ungestraft?) in die alte, die angestammte Position des Dichters einrücken zu dürfen, andererseits geht ihr jegliches Wissen um das ab, was ihr mit einem Dichter und seinem „Werk“ begegnet. Sie hat nicht einmal mehr ein Gefühl für die Unterscheidung zwischen Autor und Dichter. Ihr reicht es, eine Meinung zu ALLEM & NICHTS zu haben, von der sie dann zu allem Überfluß auch noch „glaubt“, sie einem Publikum aufnötigen zu dürfen. – – „Die schlechtesten Leser sind die, welche wie plündernde Soldaten verfahren: sie nehmen sich Einiges, was sie brauchen können, heraus, beschmutzen und verwirren das Übrige und lästern auf das Ganze.“ – Auf welcher Seite stehst du?
2.
Entweder enthält uns der Dichter Informationen über eine Figur, einen Sachverhalt, eine Stoffkonstellation vor (der Text weist Diskontinuitäten im von ihm beförderten Diskurs auf) oder er suspendiert die Qualität und Eindeutigkeit von Informationen, indem er uns eben diese als einer Perspektive unterworfen zugänglich macht (der Text weist Kontinuitäten im von ihm beförderten Diskurs aus, die als mehrfach zu Dekodierendes erscheinen). – – Jede Textfassung und jedes „Konzept“ einer Inszenierung steht & fällt mit den … Der Umgang mit der Leerstelle läßt überhaupt erst die Gegenwart des Interpreten zum Ereignis werden, heute, im Vergangensein eines Textes als womöglich noch Zukünftiges. Selbstreflexion & Reflexion über die Zeit ist uns, den Interpreten, nur möglich, wenn wir die Fülle der Leerstellen eines Textes als die zu entfaltende Qualität von dessen Struktur begreifen. – Paradox! Von der Leerstelle als dem RINNSTEIN jedes Textes ausgehend, komme ich bei meinem Text an, vielleicht. (So es so etwas wie Eigentumsrechte an einer Dichtung gäbe.) Oder anders: Die Herstellung von „Gold“ auf der Bühne, dieses zu allen Zeiten so verzwickte wie verfluchte Geschäft der Alchemie der Sinn- und Hinfälligkeit, hier hat es – hier hätte es stattzufinden …
3.
Das zu lesen, was vom Dichter nicht geschrieben wurde, heißt, den Text, über den ich als Gelesenen bereits verfüge – jede zu lesende Textstelle kennt ja schließlich ein Davor und Danach – dort mitzulesen (heute würde man sagen: einzulesen), wo er als zum Verständnis der Figuren Entfaltbares erscheint. – Lesen als Interpretation von Texten entdeckt die Leerstellen des Geschriebenen und setzt sie solange zum Eindeutigen ins Verhältnis, bis mein Prozeß des Verstehens den Text in seiner Gänze zu einem von mir Verstandenen stillgestellt & auf ein von mir Verstandenes begrenzt hat –
3. Stück
1.
Faust ist mehr Wurm als Bücherwurm. Warum wohl sonst ist Mephisto davon überzeugt, daß er den Sieg über Faust davon tragen wird? Mephisto kennt dessen Erfahrungsbegriff. Nicht zu vergessen, Fausts Alter und die damit verbundene Gewißheit, hier steht mir ein Mann gegenüber, der nie gelebt, aber umso mehr gedacht hat. Wie alle, die nie sinnenfroh waren, schließt Faust den Pakt, wie Mann auf eine Wette eingeht. Was bewegt ihn hier, daß er sich so lähmen läßt, könnte einer scherzen? Droht ihm sein Körper, der nie genutzte, abhanden zu kommen? Dämmert die Demenz herauf? – Faust verstrickt sich in eine Wertedebatte. Allein, ihm geht es weder um moralische Werte, noch das, was wir mit philosophischen Entwürfen und wissenschaftlichen Entdeckungen, geschweige denn mit irdischen Gütern verbinden, sondern um die ZEIT, schärfer: den Wert eines Atemzugs. Was ist es als Tat wert, daß einer atmet? Fausts Antwort: NICHTS. Atemnot in ihrer brutalstmöglichen Form, Faust wird von ihr zerstört. Darum sein Suizidversuch. – – Der Schmerz an der Vergangenheit liegt im Blick auf unser Spiegelbild. Ich sehe den Tod bei der Arbeit. Die Gegenwart eines Atemzugs ist nie, sie wird nur Zeit, nämlich genau die, die mit ihren Möglichkeiten, meinen, „war“. – Für Faust existiert kein Jenseits. Sein Verhaftet- und Verlorensein im Diesseits kettet ihn von Gott und Teufel los. Darum kann Mephisto ihn zum Sprung verleiten. Faust hofft auf eine Wette, wo ein „Tröpfchen Blut“ den Pakt seiner Hoffnungslosigkeit besiegelt.
2.
Falls Mephisto die Szene in der „Hexenküche“ eingerichtet hat, dann ist auch das im Spiegel Erscheinende sein Werk. (NB: Was eigentlich sieht Faust im Spiegel?) Faust muß es entdecken, um seiner Gier, es besitzen zu wollen, nachgeben zu können. – Es ist eben alles eine Frage des Stolzes, des männlichen! Bevor Faust für sich die Frage nach dem Nichts, dem Nichtigen, das nichtet, beantworten kann, muß er – wie stets! – den Stolz des Fragens nach dem Alles … haben. – – „Auerbachs Keller“ und „Hexenküche“ als Beiprogramm, das Faust nach seinem Eigentlichen verlangen läßt. Gretchen im Spiegel heißt dann aber auch, daß einer wie Mephisto Macht hat über Gretchen …
4.
Wenn ich, Gott, Gretchen wäre, was würde dann Stärke für die Figur Gretchens bedeuten? Die Selbstaufgabe, das From me, der Mord an dem Kind – ein riskantes Spiel mit Mephisto und ein harsches Urteil über Faust. Ich töte das Kind, die Frucht der Liebe, da der Mann Faust meiner Liebe nicht wert ist. – – Gott & Mephisto verstehen Faust nicht. Sie können es nicht. Ihnen ist dessen Zeitbegriff verschlossen. Sie existieren nicht. Das ist ihre – so könnte man ironisch formulieren – Tragödie im Umgang mit Faust …
5.
Wenn der Pudel jault, muß das nicht klingen, als würde Mephisto über das Gehabe von Faust lachen? Ja, ich sehe es regelrecht vor mir, wie der Pudel in Vers 1294 Faust angrinst! – Angenommen, Mephisto sieht dem Erdgeist bei der Arbeit zu, dann weiß er, daß der Teufel seinen ersten Auftritt bei Faust als schwache Figur haben muß. Nur so wird Faust Opfer seiner selbst. Man muß Faust dazu verführen, zu glauben, der Teufel ließe sich durch einen „Wissenschaftler“ beherrschen. Darum versteht Faust bei der ersten Begegnung mit Mephisto auch dessen Bemerkung nicht: „Ich salutiere den gelehrten Herrn! Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.“ – Ein Fürst der Hölle, der hinter einem Ofen hervorkommt und darüber klagt, daß er transpiriert, das kann eigentlich nur ein Theaterscherz sein und ein ganz besonders kruder dazu. – Mephisto als Theaterfigur, die Faust als solche gar nicht erkennen kann, da die Wissenschaft, wie er sie zeitlebens vertreten hat, Theater als dem Leben sich Anverwandelndes nicht wahrzunehmen vermag, was ist das? Richtig, des Teufels tödlich-pudelige Ironie! „Der lange spitze Degen“ von Vers 1539? Meint für Goethe nichts anderes als: Langer Degen (= Adeliger) versus kurzer Degen (= Schauspieler). – – Eigentlich hätten wir es wissen können, der lebenstüchtige Wagner, formvollendet für diese Gelegenheit in Schlafrock und Nachtmütze gekleidet, hat uns ja bereits in Vers 522 mit der Lampe in der Hand heimgeleuchtet, pardon: den rechten Weg gewiesen …
4. Stück
1.
Eine Sequenz, die Welt theatral setzt und auffaltet, was ich mich anschicke, zu verhandeln, als sei es ein Stück Leben, ist notwendig für jeden Beginn auf der Bühne. Allein dies auszusprechen, sorgt gewöhnlich für Befremden. Denn Theatermacher muß man wissen, sind scheue und sehr empfindsame Wesen. Was ihre Angst vor der Wüste ...
Inhaltsverzeichnis
- Titelseite
- Impressum
- Inhaltsverzeichnis
- Prolog
- 1. Stück: Zwei Häuser in Verona, würdevoll …
- 2. Stück: You´re dismissed!
- 3. Stück: Was jedes Gretchen wissen sollte
- 4. Stück: Wie einen Klassiker beginnen?
- 5. Stück: Zum Unterschied zwischen einer bekleideten und einer unbekleideten Figur
- 6. Stück: Grenzverkehr
- 7. Stück: … dass handeln, handeln die Seele der Welt sei
- 8. Stück: Was gemein sein kann, hat immer nur wenig Wert
- 9. Stück: Fair is foul and foul is fair
- 10. Stück: Schorsch! Ei gude wie …
- 11. Stück: Lessing reloaded
- 12. Stück: Wenn ich Lessing gewesen wäre und Sophokles und dessen Ödipus geschätzt hätte
- 13. Stück: Pfarrerskinder oder Woran die Aufklärung krankt
- 14. Stück: Ha! daß wir nicht unmittelbar mit den Augen malen!
- 15. Stück: Fräulein Lenas Gespür für die Welt
- 16. Stück: Wenn man Gewinn erstrebt, darf man nicht heikel sein
- 17. Stück: Ich empöre mich, also sind wir I
- 18. Stück: Patchday oder Mir ekelt vor diesem tintenklecksenden Säkulum
- 19. Stück: Warum ich immer entlassen werde
- 20. Stück: Von der Moralität der Schaubühne
- 21. Stück: Wenn die Pest unter Engel wütet, so rufe man Trauer aus durch die ganze Natur
- 22. Stück: Das Lawinky-Paradox
- 23. Stück: Probevorlesung über Schädelnerven
- 24. Stück: Vom Papier zur Existenz
- 25. Stück: Zur nächsten Ziehung: 15, 23, 52
- 26. Stück: I am myself alone
- 27. Stück: Seligkeit! Seligkeit! Göttergefühl das!
- 28. Stück: Saint-Justs Schweigen
- 29. Stück: Comics machen
- 30. Stück: Raus aus der Komfortzone!
- 31. Stück: H1
- 32. Stück: Über die dreipolige Linearität der Figur
- 33. Stück: Fleischhandel
- 34. Stück: Corriger la fortune, l´enchainer sous ses doits, etre sûr de son fait …
- 35. Stück: Retroactive continuity
- 36. Stück: Immer zu – immer zu
- 37. Stück: Die Welt ist nicht genug
- 38. Stück: To live & die in …
- 39. Stück: Hu! was sind das für Männer!
- 40. Stück: Im Schatten des Windes
- 41. Stück: It´s a man´s world
- 42. Stück: Zur Frage der Hoffnungslosigkeit
- 43. Stück: Am I myself alone?
- 44. Stück: Das Abenteuer Wirklichkeit
- 45. Stück: Die Ehre ist – die Ehre
- 46. Stück: Bestiarium
- 47. Stück: M.O.A.I
- 48. Stück: Skarb
- 49. Stück: I am not what I am
- 50. Stück: Über das Unbewußte
- 51. Stück: Kammerton
- 52. Stück: Warum bei Lessing das Ende nie zu einem Anfang finden darf
- 53. Stück: Über die drei Arten einer Figur ICH zu sagen
- 54. Stück: Finale Konsequenz
- 55. Stück: So jugendliches, so warmes Blut, als eine
- 56. Stück: Was zu lesen ist
- 57. Stück: Verfluchtes Fleisch
- 58. Stück: Herzinfahrt
- 59. Stück: Was der Konzeption eines Theaterabends vorausgeht
- 60. Stück: PRÄSENS/Z
- 61. Stück: Das Soldatenglück
- 62. Stück: Best not go down that road!
- 63. Stück: Alles, was tief ist, liebt die Maske
- 64. Stück: Liniencode
- 65. Stück: Da fließt es schwarz, schwarz fließt es
- 66. Stück: Fundamentalsätze
- 67. Stück: Figuren allesamt leichter als leicht!
- 68. Stück: Hamartia
- 69. Stück: Theben gossip
- 70. Stück Die Wirklichkeit der Welt wird zur Welt der Wirklichkeit
- 71. Stück: Warum Briefschaften immer auch Machenschaften sind
- 72. Stück: Steht das so in dem Schein?
- 73. Stück: Happy End
- 74. Stück: I am determined to prove a
- 75. Stück: Lichtverhältnisse
- 76. Stück: Im Rinnstein muß Blut fließen
- 77. Stück: Apropos
- 78. Stück: Ich geh zum Andreas
- 79. Stück: Gedankensprung
- 80. Stück: Find the Game!
- 81. Stück: Über das Herz der Finsternis
- 82. Stück: Just reload!
- 83. Stück: Über Nathans Ringparabel
- 84. Stück: Zwischen Angstkultur & Freiheitswahn
- 85. Stück: Zum Schneckengang verdorben, was Adlerflug geworden wäre
- 86. Stück: Oben oder unten, das ist hier die Frage
- 87. Stück: Zur Erinnerung
- 88. Stück: Die Universalität des Banalen
- 89. Stück: Ich empöre mich, also sind wir II
- 90. Stück: Die Fünfte Wand
- 91. Stück: Über Lessings Mann ohne Glauben
- 92. Stück: Dellyria und sein Herrscher
- 93. Stück: Er bekommt ein Groschen Zulage die Woche
- 94. Stück: Der Gordischen Raum
- 95. Stück: Veroneser Weisheiten
- 96. Stück: Rahmenhandlung
- 97. Stück: Nathan der Weise
- 98. Stück: Von Hollywood bis Bollywood
- 99. Stück: Virgin Queen
- 100. Stück: Etwas wird geschehen, und ihr wißt es bereits
- 101. Stück: Zum Raum ohne Aufklärung
- 102. Stück: Upward, behind the onstreaming, it mooned
- 103. Stück: Daseinsgeruch
- 104. Stück: Love-in-idleness
- 105. Stück: Gewebeprobe einer Seele
- 106. Stück: Verführung ist die wahre Gewalt
- 107. Stück: Aus der Rolle gefallen
- 108. Stück: Welcome to the desert of the real! II
- 109. Stück: Das commencement von commencement
- 110. Stück: From the shadows
- 111. Stück: Warum mit dem kleinsten Stück alles beginnen sollte
- Epilog
- Namen- und Titelregister
- Sachregister