Teil 1 Leitung in kirchlichen Einrichtungen
Unter Leitung oder Führung versteht man die Anleitung einer bestimmten Organisationseinheit mit dem Ziel, die bereitgestellten Ressourcen optimal zu nutzen und die Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten einzusetzen und zu fördern. Dabei lassen sich die Begriffe „Führung“ und „Leitung“ grundsätzlich dahingehend unterscheiden, dass Führung personenbezogene Hilfen und Leitung organisationsbezogene Hilfen zur Zielerreichung meint. In der Praxis bilden Führen und Leiten daher meist eine Einheit.
Um als Führungskraft erfolgreich zu sein, sollte es sich dabei um Persönlichkeiten mit entsprechender Vorbildfunktion handeln. Führungskräfte sollten über Entschlussfähigkeit, Beratungs- und Unterstützungskompetenz, Kommunikationsstärke und Verantwortungsfähigkeit verfügen. Dabei hat Führung die Aufgabe, Willensbildung zu betreiben und Willensdurchsetzung zu gewähren, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Die Besonderheit der Führungsaufgaben in kirchlichen Einrichtungen liegt darin, dass jedem Handeln das christliche Menschenbild zugrunde liegt.
1. Grundlagen Mitarbeiterführung
Führungskräfte in kirchlichen Einrichtungen übernehmen Leitungsaufgaben, die mit entsprechenden Leitungsbefugnissen ausgestattet sind. Dabei müssen Führungskräfte nicht zwingend zur Dienststellenleitung gehören. Vielmehr übernehmen sie Leitungsaufgaben in bestimmten Organisationsbereichen einer Dienststelle.
Eine Leitung in kirchlichen Einrichtungen hat die Aufgabe, neben fachlichen und wirtschaftlichen Inhalten auch die theologischen Anforderungen an die Einrichtung zu erfüllen.
Aus diesen Anforderungen ergeben sich die drei grundlegenden Ausprägungen der Mitarbeiterführung in kirchlichen Einrichtungen. Fachliche Anforderungen meinen die notwendigen beruflichen Kenntnisse. Wirtschaftliche Anforderungen ergeben sich aus dem Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Der theologische Aspekt meint das Vorhandensein einer werteorientierten Handlungsgrundlage im Sinne des christlichen Glaubens.
Die Problematik besteht darin, diese drei Ausprägungen miteinander in Einklang zu bringen, da sie aufgrund ihrer Ausrichtung oft im Widerspruch zueinanderstehen.
Die drei Ausprägungen (oder Leitungsdreieck) in der Übersicht:
Um Spannungen in diesem Handlungsfeld vorzubeugen sollte die Leitung dafür sorgen, dass
- alle handelnden Mitarbeiter über den gleichen Informationsstand verfügen
- die fachliche Zusammenarbeit gewährleistet ist
- Entscheidungsprozesse funktionsfähig sind
- alle Anforderungen in der täglichen Arbeit Berücksichtigung finden
Entscheidende Bedeutung in der Führungskultur der Kirchen und ihrer Einrichtungen ist Vertrauen. Sowohl das Vertrauen in die Führungsperson als auch in die Mitarbeiter sind die Grundlagen des erfolgreichen Miteinanders. Um Vertrauen zu erreichen müssen Führungskräfte dafür sorgen, dass die Arbeitsatmosphäre von gegenseitiger Wertschätzung, Transparenz und Partizipation geprägt ist. Ein wichtiger Faktor hierfür ist die Kommunikation.
Bei der Umsetzung von Führung oder Leitung gilt es, „Führung“ nicht mit „Verwaltung“ und „Motivation“ nicht mit „Delegation“ zu verwechseln. Führen und Leiten ist vielmehr eine aktive Tätigkeit, die ausgehend von gemeinsam vereinbarten Zielen die Mitarbeiter bei der Umsetzung dieser unterstützen soll.
Der Prozess der Führung und Leitung könnte wie folgt in ein Ablaufschema gebracht werden:
Ziel festlegen
Informationen weitergeben
Aufgaben zuteilen
Mitarbeiter in Aufgaben einweisen
Mitarbeiter motivieren
Teilziele kontrollieren
Für die erfolgreiche Erledigung Ihrer Aufgaben benötigt die Führungskraft Wissen vom richtigen Handeln. Neben den Führungstechniken und Führungsmethoden sind hierzu Handlungs- und Erfahrungswissen notwendig, um im sozialen Kontext adäquat reagieren und motivieren zu können. Die zentrale Aufgabe der Führungskraft ist es, für die Entwicklung der Mitarbeiter vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu sorgen. Das bedeutet, dass es nicht ausreicht, Aufgaben zu verteilen und deren Bearbeitung zu kontrollieren. Vielmehr erwartet der Mitarbeiter ein entsprechendes soziales Miteinander, in welchem er sich gut aufgehoben und wertgeschätzt fühlt. Daher sollte ein Vorgesetzter stets im Blick haben, dass soziale Umfeld seiner Mitarbeiter entsprechend zu gestalten. Im wirtschaftswissenschaftlichen Zusammenhang spricht man dabei von „menschlicher Arbeit“.
In kirchlichen Einrichtungen verstärkt sich dieser Aspekt, da hier die Dienstgemeinschaft dem Arbeitsumfeld zugrunde liegt. Dienstgemeinschaft beschreibt die Tätigkeit im Dienst der Kirche, d. h. die gemeinsame Erfüllung des kirchlichen Auftrages unabhängig von der Beschäftigungsart oder Hierarchiestufe. Daher finden auch die Begriffe Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Kirche keine Anwendung. Aufgrund der Erfüllung des christlichen Auftrages stellen Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen zudem oft einen höheren Anspruch an ihre Arbeit als in wirtschaftlichen Unternehmen. Dieser Aspekt sollte in der täglichen Arbeit von Führungskräften unbedingt Berücksichtigung finden.
Wichtig ist es zudem, die Mitarbeiter laufend zu motivieren, ihre Leistung anzuerkennen und zu bestätigen. Dabei sollten die eigenen Fachkenntnisse eingebracht und dadurch die Mitarbeiter unterstützt werden. Gleichzeitig sollte den Mitarbeitern Respekt entgegengebracht und sie als gleichwertige Kollegen verstanden werden. Die Kommunikation sollte als grundlegendes Instrument stets offen und wertschätzend sein, Erwartungen an die Mitarbeiter sollten exakt formuliert werden.
1.1 Führungsstile und -techniken
Unter Führung versteht man also den Prozess, Ziele zu definieren, zu planen, zu entscheiden, zu realisieren, zu kontrollieren und vor allem zu kommunizieren. Es geht um die Sicherstellung eines gewünschten Ergebnisses. Dies verhält sich in kirchlichen Einrichtungen genauso wie in wirtschaftlichen Unternehmen. Der grundlegende Unterschied ist, dass in wirtschaftlichen Unternehmen alle Handlungen auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind, während in kirchlichen Einrichtungen die Tätigkeit an sich im Vordergrund steht.
Um die Art einer Führung zu beschreiben wurden sogenannte Führungsstile entwickelt. Diese müssen so gewählt werden, dass sich die Mitarbeiter mit diesen identifizieren können, Führungskräfte von Routinearbeiten entlastet werden und die Mitarbeitermotivation gefördert wird. Sie müssen also auf die jeweilige Einrichtung und Aufgabe angepasst werden.
Es gibt unterschiedliche Führungsstile, d. h. Möglichkeiten, wie eine Führungskraft Entscheidungen herbeiführen und Mitarbeiter anweisen kann:
a) Autoritärer Führungsstil
Der autoritäre Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass die alleinige Entscheidungsgewalt beim Vorgesetzen liegt. Mitarbeiter werden in den Entscheidungsprozess nicht einbezogen. Arbeiten werden durch Anweisung an die Mitarbeiter delegiert. Diese führen die Arbeiten lediglich aus. Dieser Führungsstil führt dazu, dass Mitarbeiter wenig motiviert sind und eigene Ideen in die tägliche Arbeit nicht einbringen können. Dieser Führungsstil gilt als veraltet und überholt.
b) Kooperativer Führungsstil
Hier werden Aufgaben und Entscheidungen an die Mitarbeiter delegiert. Diese übernehmen dabei die Verantwortung für ihr Handeln. Mitarbeitermotivation ist ein Kernpunkt dieses Führungsstils. Entscheidungsprozesse dauern zwar länger, allerdings werden Eigeninitiative und Kreativität der Mitarbeiter gefördert. Die Führungskräfte überwachen meist nur das Ergebnis.
In der klassischen Personalarbeit können innerhalb dieses Führungsstils unterschiedliche „Management-by-Techniken“ eingesetzt werden. Diese Führungstechniken konkretisieren die Einbeziehung der Mitarbeiter. Man unterscheidet hierbei:
= Führen durch Zielvorgaben
Die Führungskraft vereinbart mit dem Mitarbeiter Ziele, der Erfolg wird anhand der Zielerreichung gemessen (Zielorientierung)
= Führen durch Übergabe eines Aufgabenbereiches
Aufgaben und Handlungsverantwortung werden von der Führungskraft auf den Mitarbeiter übertragen.
= Führen im Ausnahmefall
Hier greift die Führungskraft nur ein, wenn im Aufgabenbereich des Mitarbeiters erhebliche Abweichungen zum Normalfall auftreten.
In der Praxis finden sich häufig Mischformen dieser Management-by-Techniken innerhalb des kooperativen Führungsstils.
c) Laissez-faire Führungsstil
Hier gestalten Mitarbeiter ihre Aufgaben ohne jeglichen Eingriff des Vorgesetzten selbst. Allerdings führt dieser Führungsstil dazu, dass Abläufe mitunter recht unübersichtlich werden können.
1.1.1 Bedürfnispyramide nach Maslow
Eine zielgerichtete Leitung ist nur möglich, wenn die Führungskraft versteht, welche Beweggründe ihre Mitarbeiter antreiben.
Um diese Beweggründe anschaulicher zu machen hat Abraham Maslow die sogenannte Bedürfnispyramide ent...