DIE SCHOLIEN
Der Ursprung der Akademien, ihrer ‹Fakultäten› und Sitten dürfte an den Höfen der persischen Großkönige, der indischen Großmoguln, der chinesischen Kaiser und tibetischen Dalai Lamas mit ihren am Hof lebenden Weisen, Gelehrten und Würdenträgern zu finden sein: Dort tagte zu bestimmten Anlässen der sogenannte DARBAN oder DURBAN. Hier traten die Stammesfürsten oder Ältesten zusammen, um dem Herrscher zu antworten, bzw. komplexe Staatsgeschäfte zu verhandeln. – Auf diese Einrichtung und Gepflogenheit mag auch der berühmte alchemistische Traktat unter dem Titel Turba Phiolosophorum zurückgehen (diverse Ausgaben: Theatrum Chemicum, Deutsches Theatrum Chemicum, Mangeti Bibliotheca Alchemiæ, Tanckii Promptuarium Alchemiæ etc., alle Ende 16. – Anfang 18. Jh.; eine sogar dem Roger Bacon zugeschrieben), worin die berühmtesten Philosophen und Adepten Fragen zu Gott, zum Weltenplan und zum Großen Werk diskutieren.
Dreier Dinge Bewahrung ist die Schuldigkeit des Barden: Sprache – Symbolik – Überlieferung
(Aus den druidischen Triaden)
Vorwort zu den Scholien
‹Scholien› – so hießen früher, und vorallem im 16. bis 18. Jh., die Erklärungen, Erläuterungen, Beweisführungen sowie scholastisch dialektische und rhetorische Kommentare zur Befestigung der durch einen Autor aufgestellten Thesen, Antithesen und Synthesen. Das war die typische Methode, wie die alte Akademie ihre Lehrgebäude durch unzählige Dissertationes – philosophische und wissenschaftliche Traktate auf jedem akademischen Gebiet – ausbaute und vorallem auf der Basis platonischer und aristotelischer Axiome und Dogmen ausschmückte. Besonders religiöse Traktate und ‹Briefe› – Epistolæ – wurden durch solche kritisch-didaktische Scholien erläutert und im herrschenden Denk- und Lehr-System verankert, bzw. zu ihm in Beziehung gesetzt.
Auch die Konzilsprotokolle aller Jahrhunderte waren eigentlich so etwas wie die redaktionelle Verankerung kirchenpolitisch fixierter Glaubensgrundsätze – Scholien zu einer Handvoll anfangs hart umstrittener, oft rein willkürlich aufgestellter Thesen, die noch heute für Universitäten wie für Kirchen bestimmend sind. Es gibt Gründe, zu vermuten, daß dieses System der Scholien vorallem durch die Jesuiten des 17. Jahrhunderts – methodisch auf der Basis der platonischen Dialoge – besonders ausgebaut wurde.
In ähnlicher Art wollen die hier folgenden Scholien zur Wassermann-Genesis – zu diesem Compendium Creationis – als Erläuterung und Befestigung dienen für diese Schöpfungsgeschichte, deren äußerliche Form nicht der Mythos ist, sondern die Sprache der modernen Welt. Indes: um das letztlich Unsagbare, ja unfaßbare doch zu erklären, ist zugleich die sog. Sprache der Eingeweihten nötig: Derer, die doch in eigener Schau Einiges erkannten und dafür eine eigene Ausdrucksweise entwickelten: Eine ‹Sprache›, die, bis kurz vor der Zeit der sog. ‹Aufklärung›, außer in allen heiligen Schriften auch in Wissenschaften und Künsten Verwendung fand. Heute nennt man sie mit Recht hermetisch, weil sie Begriffe, mythologische Elemente, heilige Glyphen und uralte Symbole benutzt, die seit der letzten Zeitenwende durch Gnostiker und Hermetiker – durch alle Verfolgungen hindurch – gewissenhaft bewahrt wurden.
Darum scheint es an dieser Stelle ganz besonders angebracht, der antiken Symbolik eine kurze Besprechung zu widmen – also eben jener Universellen Heilige Sprache, welche die hieratische Universelle Lehre seit je vermittelt hat und auch in unserer Zeit weiterträgt. Alle Bauherren Ägyptens samt deren Epigonen im Griechenland und Rom der späten Antike, und auch jene der Renaissance und des Barock haben diese selben Symbole benutzt, teils wissend, teils in Unwissenheit; doch alle meist gemäß den Regeln der klassischen Überlieferung: Freimaurer in ihren Tempel-Werkstätten, Alchemisten in ihren LabOratorien, änigmatischen Schriften und Tafeln, gotische Profanbauten und Kirchen aller Orte3 sowie sämtliche alten und neueren Orden mit esoterischem Hintergrund oder Ziel. – Ja sogar die kirchlichen Lehrgebäude (absichtsvoll auf Symbolen aufgebaute Dogmen) verwenden die ‹geheime Sprache› der alten Symbole. – Jene wiederum lassen sich auf relativ wenige grafische Elemente bzw. Chiffren sowie bildhafte Mythen und Fabeln zurückführen.
Seit Beginn der Zeiten und sicher auch bis zu ihrem Ende wurden und werden die Phänomene, die menschliches Leben umgeben, auf eine Bedeutung hin erforscht, die ihre sinnlich, d.h. physisch erfahrbare Form übersteigt und somit begründet und sozusagen rechtfertigt. Die in diesem wörtlichen Sinne metaphysische und transzendentale Interpretation – zusammen mit der täglichen Erfahrung, die sie bestätigt und dadurch fundiert, wurde ursprünglich (und wird auch heute wieder) zur metaphysischen Kenntnis weniger ‹Wissender›.
Durch Vulgarisierung – d.h. Verbreitung im gewöhnlichen Volk und Herabziehen auf das gewöhnliche Bewußtseins-Niveau – entwickelten sich daraus das kollektive Erfahrungswissen, der Volksglaube, die Bauernregeln – und auf diesem Weg wiederum Schamanismus, Magie, Priesterwissen und ‹moderne Wissenschaften›. Diese Letzteren jedoch sind wiederum nur ein System von Mythen, behütet durch eine geringe Anzahl ‹Eingeweihter› – den Priester-Magiern eines wissenschaftlichen Glaubens. Dessen Gültigkeit beruht auf der Akzeptanz von Axiomen und zweckmäßig eingegrenzten ‹wissenschaftlichen› Lehren, die ihrerseits dem herrschenden System und dem von diesem zugelassenen Bewußtsein angepaßt sind. Deren Hüter genießen denn auch – wie eh und je – die damit verbundenen Privilegien … —
Wie richtig diese Beurteilung ist, zeigt die Tatsache, daß sowohl Naturwissenschaft und Religion als auch die sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Werte absolut abhängig sind von der Sehweise bestimmter Schulen, Gemeinschaften, Kulturkreise und Zeitläuften, die in der ganzen Welt von Zeit zu Zeit sich von selbst verändern, bzw. per Dekret verändert werden.
Im Rahmen dieser willkürlichen Veränderungen, die nur selten vorteilhaft für den Großteil der Menschen sind, wurden auch das ganz alte Wissen und die sehr alten Symbole beiseite geschoben. So wurden diese uralten Kenntnisse nur noch in kleinen, oft geheimen Kreisen unterschiedlichster Interessenlagen überliefert und gepflegt. Damit wurden die alten Symbole zuerst an den Rand des Wissens gedrängt und endlich als ‹Okkultismus› ganz aus dem Bewußtsein der Meisten ver-drängt. Das führte zur Symbolik der modernen Elektronik, die alle Nuancen auslöscht und nur noch binäre Alternativen übrig läßt: Entweder «Eins» oder «Null» – «Ja» oder «Nein» – «Schwarz» oder «Weiß» – «gut» (z.B. rentabel) oder «böse» (z.B. ‹unangepaßt›).
Die weltweit forcierte Christianisierung mit ihrer ‹Aufklärung› – d.h. Entmythologisierung, Rationalisierung und Dogmatisierung – hat die älteren heiligen Überlieferungen systematisch gefälscht bzw. pervertiert, verboten, zerstört und in einer frühen Form biologischer Kriegsführung sogar aus dem Blut der Völker entfernt...