Elternarbeit im Kindergarten
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Elternarbeit im Kindergarten

Ziele, Formen, Methoden

  1. 148 Seiten
  2. German
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Elternarbeit im Kindergarten

Ziele, Formen, Methoden

Über dieses Buch

Elternarbeit wird heute als Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Familie und Kindergarten verstanden. Damit bekommt die Kooperation von Eltern und Erzieherinnen eine neue Qualität. Ziele und Formen der Elternarbeit werden skizziert, wobei das Elterngespräch als Kernstück der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft beschrieben wird. Neben Techniken der Gesprächsführung mit Eltern werden Tipps für Aufnahme-, Eingewöhnungs-, Entwicklungs-, Beratungs- und Konfliktgespräche gegeben. Die Hospitation von Eltern im Kindergarten, deren Einbindung in die pädagogische Arbeit, Elternabende, Gesprächskreise und Elternbildung werden intensiv behandelt. Auch auf die Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren wird eingegangen. Ferner wird die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit Vätern, Eltern unter dreijähriger Kinder, Familien mit Migrationshintergrund und Eltern behinderter Kinder dargestellt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Situations- und Bedarfsanalyse, der Planung, Evaluation und Qualitätssicherung der Elternarbeit.

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Information

1. Erziehungs- und Bildungspartnerschaft

Seit Jahrzehnten ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Familie einen bei weitem größeren Einfluss auf die Erziehung und Bildung von (Klein-) Kindern hat als Kindergarten und Schule. Beispielsweise wurde schon in den 1960er Jahren in den damals Aufsehen erregenden Büchern „Equality of educational opportunity“ von Coleman et al. (1966) und „Children and their primary schools“ von Plowden (1967) anhand von Untersuchungen aufgezeigt, dass der Anteil der Schule am Schulerfolg von Kindern nur etwa halb so groß wie der Anteil der Familie ist. Seitdem wurden Hunderte von empirischen Studien veröffentlicht, die zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Auch die vielen seit der Jahrhundertwende erschienenen internationalen Vergleichsstudien wie PISA, TIMMS oder IGLU belegten immer wieder, dass die Schulleistungen weitgehend von Familienfaktoren abhängen (Bildungsstand der Eltern, sozioökonomischer Status, Migrationshintergrund usw.).
Auch der Kindergarten hat bei weitem nicht einen mit der Familie vergleichbaren Einfluss auf die kindliche Entwicklung und die späteren Schulleistungen. Die erste Längsschnittuntersuchung in der Bundesrepublik Deutschland, die sich mit dieser Fragestellung befasste, wurde 2005 von Tietze, Roßbach und Grenner vorgelegt. Hier wurde u.a. festgestellt, dass am Ende der Kindergartenzeit je nach Kriteriumsvariable 6,3 bis 21,9% der Entwicklungsvarianz durch die Qualität des Familiensettings und nur 3,6 bis 8,4% an zusätzlicher Varianz durch das Kindergartensetting erklärt werden konnten. Am Ende der zweiten Grundschulklasse war der Anteil an der modellerklärten Varianz, die auf die Familie zurückging, rund doppelt so groß wie der Anteil des Kindergartens und der Schule.
Die ersten Ergebnisse der „Nationalen Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit“ (NUBBEK) bestätigen, dass die Familie einen viel größeren Einfluss auf die kindliche Entwicklung als die Kindertagesbetreuung hat. Die Wissenschaftler schreiben: „Die Zusammenhänge mit den Familienmerkmalen sind z.T. um ein Vielfaches stärker als die mit den Merkmalen der außerfamiliären Betreuung“ (Tietze et al. 2012, S. 11).
Amerikanische und britische Längsschnittuntersuchungen, die dank großer Stichproben repräsentativer als die meisten deutschen Studien sind, kommen zu demselben Ergebnis. Beispielsweise ergab die „NICHD Study of Early Child Care“ (Textor 2007a), dass Familienund Kindfaktoren einen größeren Teil der Varianz hinsichtlich der kognitiven, sozioemotionalen und Sprachentwicklung erklärten als Variablen der Fremdbetreuung. Auch bei der größten europäischen Längsschnittuntersuchung, der „Effective Provision of Pre-School Education (EPPE)“-Studie aus Großbritannien, wurde immer wieder der starke Einfluss der Qualität des „home learning environment“ betont (Textor 2007b).
Die Familie prägt aber nicht nur die kognitive bzw. intellektuelle Entwicklung von Kindern, sondern auch ihre soziale, emotionale und personale Entwicklung. So ist allgemein anerkannt, dass der Einfluss der Eltern auf das Verhalten und Erleben ihrer Kinder bei weitem größer ist als der Einfluss von Kindergarten und Schule.
Von der Elternarbeit zur Erziehungspartnerschaft
Wenn die Familie eine so große Erziehungs- und Bildungsmacht ausübt, müssen Erzieher/innen die Zusammenarbeit mit den Eltern suchen, wenn ihre pädagogische Arbeit von Erfolg gekrönt sein soll. Die Voraussetzung hierfür ist, dass beide Seiten zunächst einmal erkennen und akzeptieren, dass die Bildung bzw. Erziehung eines Kindes eine gemeinschaftliche Ko-Konstruktion von ihnen (und dem jeweiligen Kind) ist. Sie sind sozusagen „natürliche“ Partner. Eltern und Erzieher/innen sollten sich somit als Ko-Konstrukteure verstehen, die gemeinsam die Verantwortung für das Wohl des Kindes übernehmen und bei seiner Erziehung und Bildung zusammenarbeiten.
Dieses Kooperationsverhältnis wird heute als „Erziehungs- und Bildungspartnerschaft“ bezeichnet. Damit sind grundlegende Unterschiede zu früheren Konzepten der Elternarbeit impliziert, die nun kurz skizziert werden sollen: Bei der klassischen Konzeption beschränkte sich Elternarbeit zumeist auf Elternabende und – bei Bedarf – auf Termingespräche. Die Eltern mussten ihre Kinder im Eingangsbereich des Kindergartens abgeben, durften also nicht die Gruppenräume betreten. Dies verhinderte weitgehend Tür- und Angel-Gespräche.
Schon seit den 1960er Jahren konkurriert das Konzept einer intensiven Elternarbeit mit der klassischen Konzeption. Hier wird die Familienerziehung von Erzieher/innen kritisch gesehen, und so soll Eltern pädagogisches Fachwissen vermittelt werden. Ein typischer Elternabend hat dann ein Thema wie „Gefahren des Fernsehens“ oder „Gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf – Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen im Kindergarten“. Die Erzieher/innen definieren sich hier als kompetente Pädagog/innen, während ein Großteil der Eltern als inkompetent betrachtet wird.
Den vorgenannten Konzeptionen ist somit ein hierarchisches Verhältnis zu eigen. Impliziert ist die einseitige Beeinflussung der (passiven) Eltern durch die Fachkräfte – sie „bearbeiten“ die Erziehungsberechtigten. Dies ist anders, wenn Elternarbeit als eine Dienstleistung verstanden wird (z.B. Jansen/Wenzel 1999). Hier werden Eltern als „Kunden“ gesehen, die Angebote der Einrichtung „konsumieren“. Diese sind an ihren spezifischen Wünschen und Interessen auszurichten, was viele Wahlmöglichkeiten bedingt. Eine hohe Qualität der Elternarbeit ist gegeben, wenn die Eltern mit dem Dienstleistungsangebot zufrieden sind. Das Motto lautet somit: „Der Kunde ist König“.
Die neuste Konzeption der Elternarbeit ist die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft. Hier werden die vorgenannten Konzepte für nicht mehr zeitgemäß gehalten – zum einen seien die meisten Eltern nicht inkompetent und den Erzieher/innen untergeordnet, zum anderen könne es bei dem geringen Zeitbudget für Elternarbeit nicht darum gehen, irgendwelchen Wünschen von Eltern zu entsprechen.

1.1 Ziele der Elternarbeit

Das zentrale Ziel, mit Eltern eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft einzugehen, lässt sich weiter aufschlüsseln. Es umfasst die nachfolgend beschriebenen Zieldimensionen bzw. Teilziele.
Von besonderer Bedeutung für die Elternarbeit ist die wechselseitige Öffnung: Eltern und Erzieher/innen müssen Zeit finden zum Austausch wichtiger Informationen über das Verhalten des Kindes in Familie und Kindertageseinrichtung, die Lebenslage der Familie, die Kindergartensituation, Probleme und Belastungen. Auch sollten die pädagogische Arbeit in der Kindertagesstätte und die ihr zugrunde liegende Konzeption verdeutlicht werden. Die Eltern wollen beispielsweise wissen, wie die Erzieher/innen dem Bildungsauftrag des Kindergartens entsprechen, welche Methoden sie einsetzen, wie mit der gesamten Gruppe gearbeitet wird, wie einzelne Kinder individuell gefördert und auf welche Weise sie auf die Schule vorbereitet werden.
So wird einerseits den Eltern der Lebensbereich „Kindergarten“ transparent gemacht, während andererseits die Erzieher/innen Einblick in die Familiensituation der ihnen anvertrauten Kinder erlangen und diese in ihrer pädagogischen Arbeit berücksichtigen können (familienergänzende Funktion der Kindertageseinrichtung). Beide Seiten entwickeln Verständnis für den Lebenszusammenhang und die Problemsicht der jeweils anderen. Sie lernen das Kind aus dem Blickwinkel eines anderen Erwachsenen kennen, werden zur Reflexion eigener Erziehungsvorstellungen und Erfahrungen angeregt und erkennen die Kompetenzen der jeweils anderen Seite an.
Erst die wechselseitige Öffnung ermöglicht eine Abstimmung von privater und öffentlicher Erziehung bzw. Bildung. Erzieher/innen und Eltern tauschen sich über ihre Erziehungsziele, -stile und -methoden aus und streben nach einem Konsens. Aus der bisher üblichen parallel erfolgenden Erziehung und Bildung in Kindergarten und Familie wird ein gemeinschaftliches Unterfangen auf der Grundlage eines gemeinsamen Erziehungskonzepts; beide Seiten bilden eine erziehende und bildende Kooperationsgemeinschaft. Zugleich werden die Verantwortungsbereiche und Rollen von Eltern und Erzieher/innen gegeneinander abgegrenzt. Bei unterschiedlichen, aber akzeptablen Erziehungsstilen können beide Seiten zu wechselseitiger Toleranz finden, sodass sie nicht gegeneinander arbeiten. Kleinkinder „erfühlen“ die Beziehung zwischen ihren Eltern und den Erzieher/innen. Erleben sie hier eine von Verständnis, Vertrauen und Wertschätzung getragene Allianz, wird sich dieses auf ihr Verhältnis zu den Fachkräften und auf ihr Explorationsverhalten positiv auswirken.
Öffnung kann auch bedeuten, dass Eltern in der Gruppe hospitieren können. Dies hat den Vorteil, dass sie den Kindergartenalltag direkt und unmittelbar kennen lernen. Sie nehmen Anteil am Leben ihres Kindes in der Gruppe und vermitteln ihm den Eindruck, dass sie sich für das interessieren, was es in der Einrichtung erlebt. Oft erkennen die Eltern ganz neue Seiten an ihrem Kind, wenn sie es im Umgang mit anderen oder beim Spielen beobachten. Zudem erleben sie den pädagogischen Stil der Erzieher/innen und sehen, wie diese die Entwicklung der ihnen anvertrauten Kinder fördern und mit problematischen Verhaltensweisen umgehen. Sie schätzen die Arbeit der Fachkräfte mehr und erkennen den Wert des Freispiels.
Die wechselseitige Öffnung, aber auch die Beobachtung des erzieherischen Verhaltens der Fachkräfte, führt oft zu Gesprächen über Erziehungsziele, -praktiken und -probleme. Damit ist ein weiteres Ziel der Elternarbeit angesprochen: die Einwirkung auf das Erziehungsverhalten der Eltern. Dies kann aber auch z.B. durch Elternabende mit Kurzvorträgen über die kindliche Entwicklung, in Gesprächsgruppen zu pädagogischen Themen oder durch das Besprechen von Erziehungsfragen der Eltern „zwischen Tür und Angel“ bzw. im Büro erreicht werden. Dabei kommt es darauf an, das kindliche Erleben und Verhalten zu verdeutlichen, positive und negative Seiten der Kinder aufzuzeigen, ihre Individualität zu würdigen, den Stellenwert der Familienerziehung zu betonen, ein entwicklungsförderndes, positiv wirkendes Verhalten von Eltern zu beschreiben, Erziehungsfehler anzusprechen und der häufig zu beobachtenden Verunsicherung von Eltern in pädagogischen Fragen entgegenzuwirken. Zur Elternbildung können ferner Informationen über altersgemäße Beschäftigungsmöglichkeiten und Förderangebote, über altersentsprechende Spiele, Bücher und Aktivitäten sowie über ein besseres Freizeitverhalten der Familienmitglieder beitragen (z.B. Reduzierung der Mediennutzung, Förderung von Selbsttätigkeit und Kreativität). Hilfreich ist auch das Lernen am Modell der Erzieherin (z.B. durch Beobachtung ihres Umgangs mit Kindern oder durch Information über ihre Reaktionen auf problematische Verhaltensweisen von Kindern). Schließlich kann die Vaterrolle reflektiert werden, wodurch Erzieher/innen einen Beitrag zur Intensivierung der Vater-Kind-Beziehung und zur Einbindung von Vätern in die Erziehungsarbeit leisten.
Erziehungspartnerschaft bedeutet auch, dass Eltern bei Erziehungsschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder mit Beratung durch die Erzieher/innen rechnen können. Gemeinsam wird das Verhalten des jeweiligen Kindes analysiert, werden die Ursachen von Problemen abgeklärt und geeignete Lösungsmöglichkeiten gesucht.
Neben der Beratung bei Erziehungsfragen ist auch die Unterstützung bei anderen Familienproblemen ein Ziel der Elternarbeit. Je mehr sich Erzieher/innen mit der familialen Lebenslage der ihnen anvertrauten Kinder auseinandersetzen, umso mehr werden sie mit Ehekonflikten, den Folgen von Scheidung und Alleinerzieherschaft, mangelnden sozialen Kontakten von Eltern, unbefriedigenden Wohnsituationen oder aus Arbeitslosigkeit und Armut resultierenden materiellen Nöten konfrontiert. Sie müssen für die Schwierigkeiten der Familie Verständnis zeigen, verbale und emotionale Unterstützung bieten und notwendige Hilfsangebote psychosozialer Dienste vermitteln. Dazu gehört, dass sie auf Rechtsansprüche (z.B. auf finanzielle Sozialleistungen) hinweisen, zur Kontaktaufnahme mit Behörden und Beratungsstellen motivieren oder selbst – im Einvernehmen mit den Eltern – den Kontakt herstellen. Oft reichen aber auch die Möglichkeiten des Kindergartens aus: So kann beispielsweise (berufstätigen) Alleinerziehenden Kinderbetreuung durch andere Eltern an Abenden oder während der Ferien vermittelt und ihnen durch die Gründung eines Alleinerziehendentreffs die Möglichkeit zum wechselseitigen Austausch und zur gegenseitigen Hilfe geboten werden.
Erziehungs- und Bildungspartnerschaft bewährt sich in der Mitarbeit von Eltern in der Kindertageseinrichtung. So können diese in den Kindergartenalltag einbezogen werden oder an besonderen Aktivitäten, bei Projekten und Veranstaltungen sowie an deren Planung mitwirken. Auf diese Weise kommen Kinder in engeren Kontakt mit anderen Erwachsenen und machen neue Erfahrungen (z.B. durch das Erleben der Erwachsenenwelt, das Spielen mit anderen Eltern usw.). Manche Mütter und Väter sind auch bereit, beispielsweise im Elternbeirat, bei Renovierungs- oder Gartenarbeiten, in der Kindergruppe oder bei der Vorbereitung und Durchführung von Festen und anderen Aktivitäten mitzuarbeiten. Ferner können Eltern der Kindergruppe den Zugang zu Einrichtungen der Gemeinde, zu Institutionen des Kulturbereichs oder zur Arbeitswelt erschließen, zur Entlastung der Erzieher/innen beitragen und als „Botschafter“ des Kindergartens in der Öffentlichkeit wirken.
Erziehungs- und Bildungspartnerschaft darf nicht im Unverbindlichen bleiben, sondern muss mit Mitbestimmung seitens der Eltern verbunden sein. Die Fachkräfte können Eltern beispielsweise an der Konzeptionserstellung, der Jahres- bzw. Rahmenplanung, der Projektarbeit oder der Organisation von Festen und besonderen Aktivitäten beteiligen. Werden ihnen echte Rechte im Elternbeirat übertragen, werden sie auch als Interessenvertreter von Kindern und Kindergarten gegenüber dem Träger und in der Öffentlichkeit auftreten und sich als Verbündete der Erzieher/innen für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen engagieren. Mehr Partizipation seitens der Eltern ist zugleich ein Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft. Eltern sollten die Verantwortung für die Betreuung ihrer Kinder mit den Erzieher/innen teilen.
Heute legen Eltern großen Wert darauf, in der Kindertageseinrichtung mit anderen Eltern zusammenzukommen und sich mit ihnen über Erfahrungen mit ihren Kindern, Erziehungsfragen, Lebensprobleme und andere sie interessierende Themen auszutauschen. Gelingt es den Erzieher/innen, ihre Einrichtung zu einer Art „Kommunikationszentrum“ für Eltern auszugestalten (z.B. durch Angebote wie Gesprächskreise oder Elterncafés), so haben sie ein wichtiges Ziel der Elternarbeit erreicht und einen Beitrag zur psychischen Stabilisierung der Eltern geleistet. Zugleich werden wechselseitige Unterstützung und Vernetzung ermöglicht (Nachbarschafts-/Familienselbsthilfe) sowie freundschaftliche Beziehungen und gemeinsame Aktivitäten von Familien initiiert. Letzteres führt auch dazu, dass Kinder andere Mütter und Väter erleben sowie neue Vorbilder und Geschlechtsrollenleitbilder gewinnen (z.B. wichtig für Kinder aus Teilfamilien).
Ferner kommt es auf diese Weise zu einer Integration von sozial benachteiligten Familien, von Familien mit Migrationshintergrund, von Randgruppen und Problemfamilien. Durch Erfahrungen des Zurückgestoßenwerdens und der sozialen Kontrolle sind viele Erwachsene aus solchen Familien kontaktscheu und abweisend geworden, sind sie misstrauisch gegenüber Behörden und sozialen Einrichtungen – zu denen auch der Kindergarten gerechnet wird. Außerdem sind ihre Bedürfnisse und Probleme oftmals den Erzieher/innen fremd und unbekannt. So sind große Anstrengungen und viel Geduld erforderlich, wenn die Fachkräfte ein Vertrauensverhältnis zu diesen Familien aufbauen, sie in die Elternarbeit des Kindergartens einbeziehen und ihnen Unterstützung zukommen lassen wollen. Die Herkunftskultur von Familien mit Migrationshintergrund sollte nicht nur toleriert, sondern auch offen als wertvoll anerkannt werden. Auf diese Weise können Kindergärten einen Beitrag zur interkulturellen Verständigung leisten.
Schließlich gehört die Integration des Kindergartens in das Gemeinwesen zur Elternarbeit. Dieses Ziel kann oft nur erreicht werden, wenn traditionelle Formen der Kindertagesbetreuung um Angebote der Elternberatung und Familienselbsthilfe, um Eltern-Kind-Gruppen, Teestuben oder die Vermittlung von Tagesmüttern und Babysittern ergänzt werden. Durch den Gemeinwesenbezug soll Kontakt zum Umfeld des Kindergartens hergestellt, Nachbarschaftshilfe mobilisiert, Solidarität mit den Schwachen und Isolierten unserer Gesellschaft gefördert und die Verantwortungsbereitschaft gestärkt werden. Schon im Achten Jugendbericht (Deutscher Bundestag 1990) wurde der Ausbau der Kindertageseinrichtungen zu Stadtteil- bzw. Nachbarschaftszentren mit breit gestreuten Angeboten und Unterstützungsleistungen gefordert – wie z.B. Spielkreise für jüngere Kinder, Hausaufgabenhilfe, die Förderung von Elterninitiativen und die Vermittlung praktischer Fähigkeiten zur Lebenshilfe (z.B. N...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. 1. Erziehungs- und Bildungspartnerschaft
  4. 2. Formen der Elternarbeit
  5. 3. Planung der Elternarbeit
  6. Literatur
  7. Autor
  8. Quellenangaben
  9. Impressum