Schon wieder hat Max ...
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Schon wieder hat Max ...

Therapie, Medikation und andere komische Wörter

  1. 292 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Schon wieder hat Max ...

Therapie, Medikation und andere komische Wörter

Über dieses Buch

Immer Stress mit ADHS?Mit dem elfjährigen Max kommt nicht mal in den Ferien Entspannung auf. Denn auch außerhalb der Schule mischt der sympathische Rotschopf alle kräftig auf, sehr zum Leidwesen seiner Eltern, dem leidgeplagten Bruder Smartie, seinem strengen Opa, genervter Feriengäste...Parallel zu Max' Malheuren beginnt ein Untersuchungsmarathon, um der Frage auf den Grund zu gehen, warum der Junge in der Schule nur noch "Mr. Ameisen im Po" genannt wird. Bald stehen seine Eltern vor einer Reihe schwieriger Entscheidungen: Welche Therapie kommt für uns infrage? Medikamente ja oder nein? Wem berichten wir von der Diagnose und vor allem: Wie bringen wir sie Max bei?Erneut schreibt sich die ganze Familie Bergmann von der Seele, wie der Alltag mit einem ADHS-Kind läuft. Nach "Ich dreh gleich durch!" erzählt Anna Maria Sanders gewohnt humorvoll und einfühlsam vom Leben mit einem ADHS-Kind, von der Diagnose über die Therapiemöglichkeiten bis hin zu den zauberhaften positiven Seiten, die bei diesen Kindern viel zu oft übersehen werden. Anschaulich und mit der wichtigsten Fachliteratur kompetent unterfüttert.Ein Buch, das voller Emotionen steckt und in dem viele Eltern ihr Kind mit AD(H)S wiederfinden werden. Trotz erzählender Tagebuchform wird der Leser umfassend über Symptomatik sowie Diagnoseprozess und Therapiemöglichkeiten informiert. Außerdem bietet die Autorin eine fundierte Entscheidungsgrundlage bezüglich der immer noch heiß diskutierten medikamentösen Behandlung von betroffenen Kindern. Absolute Leseempfehlung!Cordula Neuhaus

Häufig gestellte Fragen

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Information

Kapitel 1
„SYMPTOM“, „DIAGNOSE“ UND ANDERE KOMISCHE WÖRTER
21. Juli, Max
Yesss! Endlich Ferien. Wie das geilste Schokoeis an einem heißen Sommertag schmelzen die sechs Buchstaben in meinem Gehirn und machen so richtig Laune.
Kein stundenlanges Stillsitzen mehr ohne die Möglichkeit, mal kurz ein paar Handstände zu machen, um wenigstens einen Teil der Ameisen im Po loszuwerden. Kein Dauergequassel über mathematische Gehirnakrobatik oder die Hauptstadt von irgendeinem Land, dessen Name dir beim Aussprechen einen Knoten in die Zunge haut. Kein Mitschreiben von solch unnötigem Bullshit (womit überhaupt, wenn alle Stifte fehlen?), kein Einordnen von haufenweise Zetteln in ohnehin vergessene Mappen, keine ständigen Rechtfertigungen, warum ich von diesem oder jenem schon wieder keinen Plan habe, meine Sportkleidung fehlt oder ich die Unterschrift für so megawichtige Events wie den Selbstverteidigungskurs verschwitzt habe. Aber am allerwichtigsten: sechs Wochen nichts lernen, keine Hausaufgaben und keine Klassenarbeiten.
Allerdings – und hier ist schon der erste Wermutstropfen – geht’s morgen doch zu einem Test oder so was Ähnlichem. Mum und Dad haben ja beschlossen, mich zu einer Psychologin zu schleifen, weil nicht nur Tante Alma denkt, mit mir würde was nicht stimmen. Wobei: Die denkt ja, dass mit Mum und Dad was nicht stimmt, weil sie mich nicht richtig erziehen.
Ja, ja, ja, schon klar: Die letzten elf Jahre haben wirklich deutlich gezeigt, dass ich bei Vielem anders ticke als Smartie. Sogar anders als Leo oder Felix oder Mike. Und nachdem Mum und Dad in den vergangenen Monaten stapelweise Bücher zum Thema ADHS gelesen haben, sind sie nun davon überzeugt, dass ich genau das habe. Die Psychologin soll jetzt gucken, ob sie mit ihrer Vermutung richtig liegen.
Aber was soll das bringen? Meine Frage nach Gehirn-OPs oder Denkpillen, die mich zu Einstein machen, hat Mum schon verneint. Bestechung der Lehrer scheidet mit Sicherheit auch aus, dasselbe gilt für „nie wieder Schule“. Und an einen Venentropf, der mich mal nachdenken lässt, bevor ich im Skatepark über viel zu große Schanzen springe oder in die steile Bowl droppe, wird die Seelenklempnerin mich sicher auch nicht hängen. Wozu das Ganze also???
Klar hab ich Mum gefragt, warum wir dort überhaupt hingehen, aber da kamen nur so schwammige Aussagen wie „Dann haben wir endlich Klarheit“ oder „Du wirst sehen, das wird spannend“ oder „Wir haben sie schon kennengelernt, die ist echt nett“. Aber bei mir aufregen, wenn ich Antworten gebe, die mit der Frage nichts zu tun haben! Nun ja, hilft ja ohnehin alles nichts. Wenn Mum sich was in den Kopf gesetzt hat, hast du keine Chance. Da könntest du noch eher versuchen, Queen Mum den Gangnam-Style beizubringen. Also, Augen zu und durch.
Was ich mich allerdings doch frage: Wenn schon eine Psychologin für einen Bergmann-Jungen ran muss, warum macht Mum nicht auch mit Smartie einen Abstecher dorthin? Der ist nämlich fast eineinhalb Jahre älter als ich, hat aber oft Anwandlungen, als würde er seine Vormittage in der Kita statt im Gymnasium verbringen.
Wenn ich Mum allerdings erklären will, dass es eigentlich Smartie ist, der so richtig einen an der Klatsche hat, lenkt sie entweder vom Thema ab (wofür ich mir umgekehrt von ihr immer wieder tiefe Stirnfalten einhandle) oder sie hat komplett unnötige Aussagen parat, wie „Max, ich möchte nicht, dass über Smartie so gesprochen wird“ oder „Max, es wundert mich nicht wirklich, wenn Smartie ab und zu mal austickt“. Sie sagt zwar nie „wegen dir“, aber ich hab’s gecheckt, Mum. Die Worte müssen gar nicht ausgesprochen werden, um bei mir anzukommen. Feine Antennen und so.
Egal, ich tröste mich damit, dass mir diese ganze Testerei „nur“ den Vormittag versaut, denn wenn wir wieder zu Hause sind, wartet die geilste Sache der Welt auf mich: Ich werde für meine heiß geliebte Katze Sira, die in etwa einer Woche süße kleine Kätzchen bekommt, eine Entbindungsbox bauen. Angefangen hatte ich damit ja schon, aber anstatt mir vorher zu überlegen, wie ich das am besten angehen sollte, hab ich einfach mal drauflos gemacht und was da dann rauskam, glich eher einem Haufen Brennholz, aus dem ein paar Nägel ragten. Das erste laue Sommerlüftchen hätte das Ding zum Einstürzen gebracht – wie Smartie, der als Kind wohl zu viel Bob der Baumeister geguckt hat, klugscheißerisch anmerken musste.
In Wirklichkeit will er doch eh nur all meine Versuche, die Box alleine zu bauen, schlechtreden. Denn vor ungefähr einer Woche haben wir versucht, das Ding gemeinsam zu bauen, und sind uns dabei so sehr in die Haare geraten, dass Smartie richtig ausgetickt ist. Er hat von Mum und Dad glatt verlangt, mich zu irgendjemandem zu schleppen, der mal in meinem Oberstübchen aufräumt, sonst würde er irgendwann noch wegrennen. Jedes Leben unter der Brücke wäre noch eher zu ertragen, als mit mir Gehirnamputierem (danke Bro!) weiterhin unter einem Dach zu wohnen. Außerdem bin ich sicher, in seinen Augen mehr Flüssigkeit als sonst geortet zu haben.
Alter, was gibt’s da zu heulen? Dann mach ich die Box eben alleine. Nervt ohnehin, ständig einen um mich rum zu haben, der alles besser weiß – oder es zumindest glaubt. Jemanden, der, egal was ich vorschlage, nur die Augen verdreht oder gleich eine der vielen Nettigkeiten von sich gibt, die sich allesamt mit „Max, du bist einfach für alles zu doof“ übersetzen lassen.
Außerdem höre ich ihn bei solchen gemeinsamen Aktivitäten oft von ganz weit weg schreien, woraufhin dann meist in der Sekunde was zu Bruch geht, zu kurz abgeschnitten wird oder sich ein Bohrloch plötzlich an der falschen Stelle befindet. Nö danke, auf das Geplärre hab ich keinen Bock mehr. Also habe ich beschlossen, die Box alleine zu bauen, was mir ein weiteres Augenverdrehen und besserwisserische Aussagen zur fehlenden Stabilität meines Bauwerks von Smartie einbrachte.
Wenn ich nicht tatsächlich Angst um Sira und ihre Jungen hätte, hätte ich das Teil mit Absicht so gelassen. Aber ich fürchte, der Möchtegern-Konstrukteur hat recht. Also hab ich vorgestern mit Dad einen Plan gezeichnet, den Bretterhaufen wieder in seine Einzelteile zerlegt und morgen starte ich den nächsten Versuch.
Jetzt geht’s jedenfalls ab ins Bett, damit ich morgen für den Test (die Tests? … na, hoffentlich nicht!) fit bin. Werde denen allen zeigen, wo der Hammer hängt und was ich drauf hab, wenn ich mich anstrenge. Hoffe ich zumindest, denn ich habe KEINEN BOCK auf die Vier-Buchstaben-Krankheit. Ich mein, dann werden mich doch alle bei jedem kleinsten Fehltritt, jeder noch so kleinen Verarsche, jedem Mal nix Mitkriegen mit einem Blick ansehen, der ausdrückt: „Ach, habt doch Nachsehen, der Arme hat ja ADHS“. Oder noch viel schlimmer: „Uns brauchst du mit der ADHS-Mitleidsmasche nicht zu kommen. Wir wissen, dass du könntest, wenn du dich nur richtig anstrengen würdest. Du hast es doch faustdick hinter den Ohren!“
Ach Menno, ich will einfach nur NORMAL sein!
21. Juli, Mum
Morgen geht es los. Endlich. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass es eine Erklärung, einen Grund für Max’ Anderssein gibt. Am liebsten hätte ich das Ergebnis gleich, aber die Psychologin1 hat mir am Telefon schon erklärt, dass für eine sichere Diagnose mehrere Tests nötig sind und das alles dauern wird. Nun, nach all dem, was wir gelesen haben, steht für mich ohnehin fest, dass unser Sohnemann ADHS hat. Aber ohne offizielle Diagnose gibt es keine individuell auf ihn zugeschnittene Behandlung und genau die ist ja letztendlich das Wichtigste.
ADHS … bis vor einem halben Jahr wusste ich so gut wie gar nichts darüber. Jetzt könnte ich schon fast selbst ein Buch darüber schreiben: Rund 5% der Heranwachsenden sind davon betroffen,2 Jungen deutlich häufiger als Mädchen,3 es gibt drei verschiedene Formen4, es wächst sich im Erwachsenenalter nicht wirklich aus,5 aber am wichtigsten: Die Symptome sind für Betroffene wie auch ihr Umfeld mehr als eine Herausforderung.
Habe ich gerade „Herausforderung“ geschrieben? Korrektur: Sie sind für alle Beteiligten kaum auszuhalten!
Es beginnt schon beim „A“, dem Aufmerksamkeitsdefizit.6 Man spricht Max an, er kriegt es nicht mit. Harald schickt ihn, einen Schraubendreher zu holen, er kommt nach drei Minuten zurück und fragt, was er denn eigentlich hätte holen sollen. Ich erkläre oder erzähle ihm etwas, er driftet ab. Man fordert ihn auf, den Schulranzen für den nächsten Tag zu packen, doch wenn man 15 Minuten später nachsieht, wo er bleibt, spielt er mit der Katze oder sucht neue Radlager für sein Skateboard.
Wirklich schlimm ist dieses Manko natürlich bei Schulischem. Wenn er seine Sportsachen zusammenpacken soll, kommt er nach 20 Minuten Suche drauf: Er muss sie wohl verloren haben, denn er kann sie nirgendwo finden, und im Spind in der Schule sind sie angeblich auch nicht. Er soll Hausaufgaben machen, nach 30 Minuten: weißes Blatt. Dann stehen nach weiteren gefühlten zwei Stunden endlich mal fünf Sätze drauf, aber man braucht sowohl einen Schriftentzifferungsexperten als auch ein Wörterbuch, um rauszufinden, dass „Schdabilitet“ eigentlich „Stabilität“ und „Aggropath“ in Wirklichkeit „Akrobat“ heißen soll …
Ich könnte noch die nächsten zehn Seiten mit Beispielen vollschreiben, die sich Mütter von Durchschnittskindern nicht annähernd vorstellen können, zumindest nicht in dieser Dichte und Häufigkeit. Dabei sind das ja erst die Symptome des ersten Blocks, der für ADHS sowohl von der Weltgesundheitsorganisation als auch von der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung angegeben wird.
Der zweite Block betrifft die Hyperaktivität, und die Symptome sind mindestens genauso nervig (sorry Max!) wie die des ersten. Ständiges Gezappel mit Armen und Beinen, Fußtritte unterm Tisch, in der Freizeit nur am Rennen, Hüpfen, Löcher Graben, Klettern, sich Auspowern. Und in der Schule stillsitzen? Natürlich Fehlanzeige. In einer Tour gibt es einen Grund, warum Max aufstehen „muss“, sei’s, um einen Stift aufzuheben, der jemandem runtergefallen ist (die Mitschüler sind alle offenbar an der Wirbelsäule operiert), sei es ein Taschentuch, das unbedingt sofort in den Müll muss, oder aber auch die klassische „Ich muss mal“-Aktion.
Und wenn sämtliche Möglichkeiten für Bewegung erschöpft sind, summt es auf seinem Platz trotzdem wie 1.000 Hummeln, denn da wird rumgerutscht, geschaukelt, die Beine werden unter die Knie geklemmt, dann wieder ausgestreckt, es wird im Ranzen gekramt … Mir fängt ja fast selbst der Kopf zu brummen an, wenn die Lehrer erzählen, was Max so alles veranstaltet, um sich jede Schulstunde aufs Neue irgendwie seiner überschüssigen Energie während der für ihn wahrscheinlich endlos scheinenden 45 Minuten zu entledigen.
Dann ist da auch noch das nicht abzustellende Sprechloch, aus dem ohne Pause oft minutenlang die Worte wie Geschosse aus einer Maschinenpistole auf das Gegenüber abgefeuert werden. Sogar ich als Mutter, der Gespräche mit ihren Kindern extrem wichtig sind, ertappe mich manchmal dabei, dass meine Ohren unbewusst auf Durchzug schalten, weil ich all der aus Max heraussprudelnden Information teilweise gar nicht mehr folgen kann. Früher hielt sich das noch in Grenzen, aber seit ein paar Wochen scheint er immer häufiger unter „Sprechdurchfall“ zu leiden, wie Harald immer sagt.
Außerdem unterbricht Max einen dauernd, spricht für andere deren Sätze zu Ende und platzt mit Antworten heraus, bevor das Gegenüber überhaupt die Frage gestellt hat – womit wir schon beim dritten Symptomblock, der Impulsivität, wären. (Warum gibt es eigentlich kein I in der Abkürzung ADHS?) „Impulsiv“ … klingt ja ein wenig nach dem Wort „spontan“, nur leider ohne das Positive, das man sich da drunter vorstellt.
Die meisten Symptome, die unter diesem Begriff zusammengefasst werden, bereiten mir eher Angst. Max’ Motto ist nämlich: Machen wir mal und denken – wenn überhaupt – erst hinterher über die Folgen nach. Egal, ob es „nur“ darum geht, mal kurz einen Stein wegzukicken, der dann gegen ein Auto knallt, oder ob er denkt, er sei ein Ninja Turtle und von der drei Meter hohen Mauer neben der Schule springt, oder er sich – wie vor ein paar Monaten – mit Gipsbein ins eisige Wasser stürzt, um schnell mal ein Entlein vor imaginären riesigen Raubfischen zu retten.
Und dann diese Ungeduld! Das Wort „warten“ gibt es in Max’ Welt nicht. Egal, ob er sich irgendwo anstellen muss, ein langsamerer Skifahrer auf einer engen Piste vor ihm herfährt, oder er im Sportunterricht warten soll, bevor er losläuft, es klappt einfach nicht! Beim Anstehen in der Schlange wird gedrängelt und gemogelt, in den Bergen in einem fort auf die „Pistenschnecken“ geschimpft und beim Sport verbringt er die halbe Zeit des Unterrichts damit, am Rand zu sitzen. Dort soll er laut Lehrer nachdenken, welche Regeln vereinbart wurden, um seine und die Sicherheit der anderen zu gewährleisten.
Gerade Letzteres ist ein Beispiel dafür, wie oft bei solch hibbeligen Kindern ein Teufelskreis in Gang kommt, denn sich nicht bewegen zu dürfen, während seine Klassenkameraden nach Herzenslust rennen und springen können, führt nur dazu, dass die aufgestaute Energie noch mehr nach Abbau drängt und Max, kaum dass er wieder mitmachen darf, den nächsten Fehltritt begeht – und erneut im Out landet.
„Kenn ich alles“, sagen dann Mütter, die meinen, ein eben solches Exemplar zu Hause zu haben. „An manchen Tagen ist meiner auch nicht kaputt zu kriegen und vergisst immer wieder mal, seine Hausaufgaben zu erledigen.“ Oder: „Manchmal hab ich auch das Gefühl, sie hört gar nicht richtig zu und wenn es bei großem Hunger noch 20 Minuten bis zum Essen dauert, erzählt sie mir alle paar Minuten, dass die Zeit nicht vergeht.“ Ja, aber genau da liegt ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Widmung
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. Vorwort von Cordula Neuhaus
  4. Über das Buch
  5. Diagnose und Therapieentscheidungen – ein steiniger und kräfteraubender Weg
  6. Einführung
  7. Kapitel 1: „Symptom“, „Diagnose“ und andere komische Wörter
  8. Kapitel 2: Wer braucht schon solche gene?
  9. Kapitel 3: Alter, ist der Aggro … Danke für all die Arschtritte, mum!
  10. Kapitel 4: Und noch mehr Macken
  11. Kapitel 5: Ergo-Marburg-Neurofeedback-Hää??
  12. Kapitel 6: Was, Es kann noch Schlimmer kommen?
  13. Kapitel 7: Hey, ich kann doch mehr als nur Nerven!
  14. Kapitel 8: Also doch die Denkpille? Oder lieber nicht?
  15. Kapitel 9: Und wie geht es Jetzt weiter?
  16. Nachwort
  17. Wie es mit Benji weitergeht
  18. Dank
  19. Literatur
  20. Internetquellen
  21. Anmerkungen
  22. Register
  23. Zur Autorin
  24. Impressum