In Deutschland wurden im Jahr 2011 elf Millionen Brillen durch Augenoptiker verkauft wurden. Vor dem Hintergrund von 39,2 Millionen Erwachsenen in Deutschland (älter als 16 Jahre), die eine Brille tragen, entspricht dies 62 Prozent der Gesamtbevölkerung, welche durchschnittlich alle 3½ Jahre eine neue Brille kauft (Spectaris 2011: 11). Nach eigenen Angaben verkauft der Branchenprimus Fielmann sogar mehr als jede zweite Brille und dominiert damit den Absatzmarkt, dicht gefolgt von Apollo Optik, mit dem größten Filialnetz und 750 Betriebsstätten (vgl. Fielmann 2010: 10). Insgesamt erzielen die vierzehn größten augenoptischen Filialunternehmen mit insgesamt 1.946 Betriebsstätten einen Umsatzanteil von rund 38% des Branchenumsatzes von 4,3184 Mrd. Euro netto (ZVA 2011, Online im Internet). Augenoptiker belegen seit Jahren Spitzenplätze beim Kundenmonitor Deutschland. Besonders bei der Freundlichkeit der Mitarbeiter, fachlicher Kompetenz und Produktqualität punkten die Unternehmen (ServiceBarometer AG 2012).
Als im Jahre 2010 die Kieler Werbe- und Marketingagentur New Communication mit einer speziellen Suchsoftware die Kundenmeinungen im Internet über die wichtigsten Filialisten der Segmente Augenoptik, Bekleidung, Schuhe und Accessoires gesammelt und analysiert hat, verwunderte es daher nicht das Fielmann, als auch Apollo unter den 20 meistbewerteten Ketten (branchenübergreifend) vertreten waren. Die Agentur stellte weiterhin fest, dass „Das Bild, das Menschen von einer Marke im Kopf haben,… stark im Internet geprägt…“wird und dabei spielt es „…fast keine Rolle, ob das Unternehmen selbst online aktiv ist oder nicht.“ (New Communication 2010). Potentielle Kunden erwarten heute Serviceleistungen rund um die Uhr. So ist es kein Wunder, dass getrieben durch die Möglichkeiten im Web 2.0, online ein reger Erfahrungsaustausch der Nutzer zu Produkten und Dienstleistungen stattfindet. Unternehmen verlieren dabei zunehmend die Kontrolle über Ihre Markenidentität, denn mit dem zunehmenden Anteil der aktiven Informationsbeschaffung in Social Media Foren, finden potenzielle Kunden Berichte, Bewertungen und Kommentare über Google & Co. (vgl. Sauldie 2012: 23).
Heutzutage sind das Internet und der mobile Datenaustausch nahezu immer und überall möglich. Die Informationsflut erhöht sich ständig. Meinungen, als auch persönliche Erfahrungen stehen innerhalb von Sekunden einer großen Vielzahl an Menschen durch Social Media Plattformen zur Verfügung. Dieser Vielfalt an Medien sind Institutionen und Betriebe heute ständig ausgesetzt. Besonders internationale Unternehmen und Marktführer sind dabei ständig im Focus der Öffentlichkeit (vgl. Heymann-Reder 2011: 19f). Umso verwunderlich ist es daher, dass im November 2010 der Branchenbrief markt intern berichtet: „… das selbst von Fielmann ein noch vernachlässigtes Marketingmedium Internet-Netzwerke und Plattformen sind.“ Ferner wird sogar festgestellt, dass die Augenoptiker allgemein die Möglichkeiten des Social Media noch nicht wirklich wahrnehmen (2010: 27).
Am Beispiel des Social-Mikroblogging Dienstes TWITTER, der selbst unter dem Motto „Wissen Sie was gerade passiert, überall auf der Welt?“ auftritt, soll daher diese Aussage anhand einer quantitativen und qualitativen Nutzungsgrad-Analyse für die 14 größten in Deutschland ansässigen augenoptischen Betrieb überprüft werden.
Neben einer Übersicht über den augenoptischen Markt in Deutschland, werden zunächst alle für dieses Thema wichtigen Begriffe definiert und erläutert. Eine Auseinandersetzung mit den Vorteilen und Risiken des Einsatzes von Social Media Marketing, gibt zudem Überblick über die Potentiale der aktiven Nutzung von Social Media Software. Anschließend wird der Aufbau der Studie beschrieben, bevor die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Ergebnisse präsentiert werden.
Um zudem erkennen zu können inwieweit die Unternehmen eine kontinuierliche Nutzung sicherstellen und zur Erfolgsmessung der Social Media Aktivität auf Twitter, werden die erfassten Daten im Vergleich zu einer weiteren Erhebung nach Ablauf von 10 Monaten verglichen. Abschließend wird überprüft ob das Nutzungsverhalten, der deutschen Augenoptiker Betriebe Allgemeingültigkeit für den europäischen Markt hat. Hierzu werden die Ergebnisse mit denen international führender Wettbewerber verglichen. In einer kritischen Auseinandersetzung werden anschließend mögliche Einflüsse und Limitationen diskutiert.
Anhand von Best Practice Beispiele wird veranschaulicht, wie international führende augenoptische Unternehmen Twitter bereits in Ihrer täglichen Praxis Nutzen. Das abschließende Fazit fasst die wesentlichen Erkenntnisse zusammen.
Bereits im Jahr 2009 unterhielten drei Viertel der DAX 30 Unternehmen einen Twitter Account und bereits 60% der 100 größten Marken kommunizierten via Social Media (F.A.Z.-Community 2009; Nicolai 2009: 5). Mit dem Web 2.0 wurden aus einst statischen Webseiten interaktive dynamische Webinhalte, die überhaupt erst eine interaktive Dialogkommunikation ermöglichten (vgl. Heymann-Reder 2011: 19). Die technische Grundlage für alle Social Media Anwendungen ist eine softwarebasierte und plattformunabhängig Umgebung, in der jeder Einzelne aktiv in die Community der Internetnutzer integriert ist und durch seine Rezessionen, Beiträge und Kommentare zur Vermehrung der Datenmenge beiträgt, welche die Grundlage der kollektiven Intelligenz der Community bildet (vgl. O’Reilly 2007: 17). Somit ist aus der klassischen Push Kommunikation, in der Anbieter einseitig Information anbieten und Käufer in ihrer Verhaltensweise positiv bestätigen, eine von Nachfrager ausgehende Pull Kommunikation geworden, bei der Nachfrager im Dialog auf unterschiedlichsten Kanälen Informationen und Interaktionsmöglichkeiten nutzen (Bruhn 2012: 213f). Diese Veränderung hat auch Auswirkungen auf die Kommunikationspolitik von Unternehmen, die sich auf diese aktiv nutzergetriebenen Medien einzustellen haben (Bruhn 2010: 27).
Diese Anforderungen werden als Inbound Marketing in die Unternehmenskommunikation integriert (s. Abb.1):
Abbildung 1: Inbound Marketing - (Quelle: Belz 2008: S.210).
Online-Kommunikation ermöglicht eine schnelle, einfache und vermeintlich kostengünstige weltweite Verbreitung von Informationen. Auf Basis einer gelungenen Integration von Hypertextualität, Interaktivität und Multimedialität nutzten dabei Institutionen, Firmen und Privatpersonen die besonderen Möglichkeiten im Web 2.0 und erzeugen zusätzliche Aufmerksamkeit für ihre Inhalte.
Nach Pelz definiert sich Computer-vermittelte Kommunikation (CvK) als Oberbegriff für unterschiedliche Anwendungsformen der elektronischen Übermittlung, Speicherung und des Abrufs von elektronischen Nachrichten durch Menschen über miteinander vernetzte Computer (1995: 32). Bedingt durch eine stetige technische Neuerung und Entwicklung unterliegt die Computervermittelte Kommunikation einem fortwährenden Wandel (vgl. Döring 1997: 268f).
Online Dienste sind als Form der Individualkommunikation ebenso möglich wie Gruppen-, Uni- und Massenkommunikation (vgl. Döring 2003: 49f).
In Abgrenzung zur direkten Kommunikation bei der die Personen körperliche Kopräsenz aufweisen (engl. Face-to-Face) hat Falckenberg folgende Merkmale der Kommunikation im Web 2.0 festgestellt (vgl. 1994, Kapitel 5.1.1.):
- Mehrere bis sehr viele Kommunikationspartner sind möglich
- Kommunikation erfolgt unter bislang Fremden
- Aufenthaltsort der Kommunikationspartner spielt keine Rolle
- Die Kommunikation beschränkt sich fast immer auf einen Text
Zur Klassifizierung werden zeitbasiert die Typen der Kommunikation in Asynchron und Synchron unterschieden.
Bekannteste Form der asynchronen Kommunikation ist die Email. Hierbei erfolgen Senden und Antwort einer Nachricht zeitversetzt. Es ist dabei unerheblich ob eine Nachricht an Einen oder an Mehrere Empfänger (Mailingliste) gerichtet ist. Hingegen handelt es sich bei einer Website im WWW. um eine unidirektionale Kommunikation, da die einzelne Webseite als Pull-Medium dem Benutzer zur Verfügung steht (Döring 2003: 49–80).
Synchrone Online Kommunikation erfordert eine zeitgleiche aktive Beteiligung der Nutzer. Vergleichbar mit dem Telefonieren besitzt diese Form den Vorteil der höheren Geschwindigkeit und der zeitlichen Unmittelbarkeit (Döring 2003: 80ff). Einhergehend mit steigenden Übertragungskapazitäten und verbesserter Rechnerleistung weltweit, werden zunehmend mehr synchrone Internet Dienste von der Community genutzt. So steigen beispielsweise die Nutzerzahlen des IPTelefonie-Software Anbieters Skype weltweit. Statista, das führende deutsche Statistikunternehmen im Internet berichtet für das Jahr 2010 von 663 Millionen Skype-Nutzer, einer Steigerung zum Vorjahr in Höhe von fast 40% (vgl. Statista 2013).
Social Media umfasst alle Einsatzmöglichkeiten innerhalb und außerhalb von Unternehmen. Ziel des Social Media Marketings ist es dabei auf geeigneten Social Media Foren und unter Verwendung von Social Media Software, das Unternehmen, seine Produkte, Dienstleistungen und Information zu verbreiten (vgl. Pfeiffer 2011: 18). Dazu wird der Umstand genutzt, dass potentielle Kunden im Internet zunehmend bei Kaufentscheidungen und Meinungsbildung auf Empfehlungen von Gleichgesinnten vertrauen. Aktives Zuhören, Beziehungsaufbau, sowie angemessene Antworten auf die Fragen, Anregungen und Wünsche der Community sind Erfolgsvoraussetzungen für eine erfolgreiche Unternehmenskommunikation und eine langfristig positive Kundenbeziehung (vgl. Weinberg 2009: 2). Vereinfacht gilt: Mit dem Kunden reden heißt, ihn zu gewinnen (vgl. van Rissum 2011: 15ff).
Je nach Zielsetzung der zahlreich verfügbaren Social Media Software ist eine Gliederung in verschiedene Anwendungsgebiete möglich (s.Abb.2):
Abbildung 2: Social Media Prisma Deutsch 4.0 – (Quelle: Online im Internet: http://www.ethority.de/uploads/smprisma/de4/smp_de_medium.webp [Stand: 16.02.13]).
In Rahmen dieser Studie erfolgt eine Konzentration auf die Nutzung der Social Media Software am Beispiel der Micromedia Anwendung Twitter, im Rahmen des Social Media Marketings.
Social Media Anwendungen werden weltweit genutzt. Daniel Hoffmann berichtete zusammen mit der Cocomore AG auf socialmedia-blog.de, dass im 2. Quartal 2011 von den 46.1 Millionen Deutschen die online sind, 76% in einem Social Network registriert sind. Mitgliederstärkste Community ist Facebook, welche bereits über 18 Millionen aktive Mitglieder verzeichnet (vgl. 2011). Vor dem Hintergrund von 38 Millionen Online Shoppern, von denen sich der Großteil vor dem Kauf im Internet über das Produkt informiert, sind nun auch zunehmend mehr Unternehmen im Social Media Marketing aktiv.
Dabei ist es unerheblich ob ein Unternehmen eine aktives Social Media Marketing verfolgt oder nicht. Denn der Erfahrungs- und Wissensaustausch findet auch ohne das Wissen des Unternehmens im Internet statt und lässt sich auch nicht verbieten. Potenzielle Kunden finden daher Berichte, Bewertungen und Kommentare über Google & Co.(vgl. Sauldie 2012: 23).
Zusammenfassend kann ein Unternehmen also folgende Rollen in seinem Online Engagement verfolgen (vgl. BITKOM 2009: 5):
Als Instrument der Kundenkommunikation bieten soziale Netzwerke vielfältige Vorteile für den Kundenservice. Sie sind Ausgangsplattform für zahlreiche Servicetechnologien (FAQ´s, News, Blogs,…), dienen zur Steigerung des Service-Images und Sammlung relevanter Erfahrungsberichte, sowie zur Bekanntheitssteigerung durch Unternehmensprofile (vgl. Detecon 2010: 27). Allgemein gültig werden die Vorteile vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) definiert, welcher als mögliche Social Media Marketingziele für Unternehm...