Heraklion - Chania, Teil 1
Aufmerksame Leser kennen inzwischen unsere 94jährige Tante Filareti und die Abenteuer, die sie mit ihrem Arschlochsohn erlebt. Er, inzwischen auch im 64sten Lebensjahr, hat das Kleinhirn eines neugeborenen Spatzen. Da er die meiste Zeit als Tagedieb und Taugenichts verbrachte, hatte er nicht sehr viel in die Rentenkasse einbezahlt und wird Anfang 2017 sicherlich eine karge Pension erhalten. Einige Beispiele seines kriminellen Hirns werde ich im zweiten Teil dieser Geschichte näher schildern. Zunächst jedoch will ich von der Rivalität zwischen den Einwohnern von Heraklion und denen von Chania berichten. Zwischen diesen zwei größten Städten auf Kreta gab es immer schon eine gesunde Feindschaft. Tante Filareti erzählt immer wieder die Geschichte, wie ihr Vater, also mein Großvater Kostas, vor siebzig Jahren in Chania ein Zweitgeschäft seines Pelzladens, den er in Heraklion hatte, eröffnete. Das Geschäft war gerade mal eine Woche geöffnet und noch kein einziger Bürger von Chania hatte den Laden betreten.
Ungefähr zehn Tagen nach der Eröffnung erhielt mein Großvater Drohbriefe, dass man sein Pelzgeschäft samt der Ware anzünden würde, wenn er nicht innerhalb von drei Tagen die Stadt verlässt. Das tat er auch. Weiter konnte Tante Filareti von ihrer Nachbarin Vangelio erzählen, deren Sohn in Chania studiert. In Chania gäbe es nur eine Sorte stilles Wasser und zwar das aus der Quelle, die in Chania sprudelt. Keiner würde ein anderes Wasser kaufen und somit würden die Leute ihre eigene Wirtschaft unterstützen.
In Heraklion jedoch gäbe es weit über dreißig Sorten Wasser. Daran würde man sehen, dass die Chanioten viel klüger wären. Und wenn mal jemand aus Chania nach Heraklion reisen würde, hätte derjenige dann immer seine Wasserflasche dabei, die er in Chania gekauft hat. Weiterhin kann sie berichten, dass man den jungen Frauen von Chania nicht trauen dürfe. Die Nachbarin, Frau Anna von schräg gegenüber, kann so eine Story erzählen. Ihr Sohn Antonis hat sich mal in eine aus Chania verliebt. So fuhren Antonis, seine Mutter Anna und weitere zehn Verwandte nach Chania, um Verlobung zu feiern. Kurz bevor jedoch die Rechnung vom Kellner gebracht wurde, haben alle Chanioten das Lokal verlassen, auch die Eltern der Braut, und Anna musste die ganze Zeche alleine bezahlen. Am nächsten Tag wurde Kaliopi, so hieß die zukünftige Braut, sogar gesehen, wie sie mit einem anderen Mann in aller Öffentlichkeit knutschte.
Anna sammelte die Verwandten und ihren Sohn ein, um sofort diese sündige Stadt zu verlassen. Nein, man kann niemandem trauen, der aus Chania kommt.
Aber da kommt der Faktor des lieben Geldes ins Spiel und das Kleinkriminellenhirn des Arschlochsohns. Wie man sich nun doch vom Chania- Hasser zu einem Chania-Sympathisanten entwickelt, erfahren wir in der Fortsetzung dieser Geschichte…
Kostas, mit dem ich diese Themen diskutierte, trank genüsslich seine geliebte heiße Schokolade und meinte: „ Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.“
Rezept: Kaltsounia mit Zwiebeln
Zutaten:
Blätterteig, 6-8 Zwiebel, 1 Tomate, 2 Esslöffel
kleingeschnittenen Fenchel, Salz, Pfeffer, ¾ Tasse
Öl sowie Öl zum Ausbacken
Zubereitung:
Zwiebeln schälen waschen und in kleine Würfel schneiden. Öl in einer Pfanne erhitzen und die Zwiebel weich werden lassen. Die gehäutete Tomate, Fenchel, Salz, Pfeffer zugeben und vermengen.
Den Teig ausrollen und mit Hilfe einer Tasse in kleine runde Teile ausstechen. Auf der einen Hälfte des Teigs die Füllung geben, die Ränder mit etwas Wasser anfeuchten und die andere Hälfte darüber klappen. Mit einer Gabel die Ränder andrücken, damit beim Backen die Füllung nicht austreten kann. Bei mittlerer Hitze ausbacken.
Rezept: Linsensuppe
Zutaten:
½ Kilo feine Linsen, 1-2 Zwiebeln, 4 Knoblauchzehen, 1 große geriebene Tomate, 1 Tasse Öl, 2-3 Lorbeerblätter, 1 Teelöffel Salz, etwas Oregano und Essig
Zubereitung:
Die Linsen waschen und in einem Topf knapp mit Wasser bedecken. Sobald dieses ein bis zwei Mal aufgekocht ist abtropfen lassen. Mit 8 Gläser Wasser nochmals aufkochen lassen. Die geheckten zwiebeln, den Knoblauch, die Lorbeerblätter, Oregano und die Tomate dazu geben und nach zwei bis dreimaligen aufkochen, Öl und Salz dazu fügen. Jetzt langsam köcheln lassen und kurz vor dem Ende der Garzeit den Essig zugießen.
Platia Kornarou gestern und heute
Heraklion-Chania, Teil 2
Über die Rivalität zwischen Heraklion und Chania haben wir im ersten Teil der Geschichte einige Beispiele erfahren. Tante Filareti hatte sogar einmal gesagt, dass sie lieber einen Leprakranken küssen würde als Chania jemals zu betreten.
Arschlochsohn Michalis hatte wieder mal eine Idee. Nur kurz sei erwähnt, dass er seinen letzten Job als Bratwurstvertreter einer Fleischerei aus Thessaloniki verloren hatte. Wie kam es dazu? Von den Supermärkten oder sonstigen Geschäften, in denen er seine Ware anpries, erhielt er einen Vorschuss auf die Bestellung. Von der Ware, die er aus Thessaloniki erhielt, lieferte er das meiste an die Endkunden aus. Wenn sein Lieferant dann die Begleichung der Rechnungen anmahnte, antwortete er, die Ware sei verdorben angekommen. Der Rest der gelieferten Wurst wurde mehrfach verkauft, natürlich nur auf dem Papier. Die Ware behielt er selber. In diesem Fall behauptete er, er hätte die Auftragsbücher verloren.
Es kam, wie es kommen musste: der Lieferant stellte die Lieferungen ein, da er nie einen müden Euro gesehen hatte.
Den Kunden erzählte unser Michalis, dass der Lieferant sicherlich aus Chania stammen würde und absolut unzuverlässig sei. Er hätte die Anzahlung behalten, keine Ware geschickt und wenn man ehrlich wäre, müssten alle zugeben, dass der Geschmack der Wurst auch nicht so toll war. So war er dann zwar seinen Job los, aber er und seine Frau hatten einige Wochen Bratwürste auf dem Tisch. Als diese jedoch zu neige gingen, besann er sich auf seine Mutter.
Die knappen 400 Euro, die sie als Rente bekommt, reichen ihr meistens bis zum 22. oder 23. des Monats. Den Nachbarn sei Dank hat sie jedoch die restliche Zeit bis zur nächsten Rentenzahlung auch was zu essen.
Als wir nach Heraklion kamen, war es der 13. und wir erfuhren, dass der Arschlochsohn vor drei Wochen umziehen musste, da er mehrere Monate seine Miete nicht begleichen konnte. Er hatte den Erzählungen nach niedergeschlagen und am Boden zerstört seine Mutter aufgesucht. Sie fragte ihn was los sei und er sagte, dass in der neuen Wohnung kein Herd sei und seine Frau und er nicht einmal Wasser für einen Tee erwärmen könnten. Filareti gab ihren letzten Cent und somit hatte sie noch zweieinhalb Liter Milch und eine Packung Zwieback für den Rest des Monats. Sie meinte, dass sie dann ihre Milch und den Zwieback nur morgens essen würde und abends nichts, so würde sie bis zum Dreißigsten auskommen. Als wir ihr am Abend einen Karton Milch und mehrere Packungen Zwieback in ihre Küche schmuggelten, schimpfte sie, das sei doch nicht nötig, sie hätte doch noch so viel. Zwar ist sie bekanntlich schon 94, aber ihren Stolz und ihre Würde hat sie nie verloren.
In ihrer Schublade mit der Unterwäsche hatte sie jedoch noch eine eiserne Reserve: sie hatte im Laufe der Jahre 200 Euro angespart, für den Fall ihres Todes. Diese allerletzte Würde in Form von 200 Euro hat ihr der Arschlochsohn auch noch genommen. Eines Tages stand er mit Krokodilstränen in den Augen vor ihr und behauptete, dass er 200 € Strafe zahlen müsste, weil sein Auto keinen TÜV hätte. Ansonsten müsste er unverzüglich ins Gefängnis. So erfuhr er von der Existenz dieser 200 Euro, denn Filaretti holte mitleidig 150€ aus der Schublade. Wie könnte er jedoch noch an die restlichen 50 € kommen?
Nun, er erfand kurzerhand eine Wurstwarenfabrik in Chania und berichtete seiner Mutter, dass alles, was sie über Chania ihr Leben lang gehört hatte, nicht wahr wäre. Die Leute dort wären sehr geradlinig, sehr ehrlich und geschäftstüchtig. Er müsste unbedingt nach Chania fahren, um mit dem Fabrikanten, der am Telefon einen sehr guten Eindruck machte, einen Vertrag abzuschließen, dann würde er die Vertretung für Heraklion beko...