
- 228 Seiten
- German
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eBook - ePub
Fugenkitt
Über dieses Buch
Die Arbeit bewegt sich im Grenzbereich von Theologie und Fundamentalontologie. Sie zeigt, daß es Schnittstellen gibt: Wahrheit, Heiligkeit, Zukunft.
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Information
Das Böse
Das „nichts“ geschieht in der Zeit als Ver-Nichtung faktorischen Seins: des Entnichters. Dem Sein ist es nicht gewachsen, doch dem Entnichteten schwört es Rache. Das tut der erboste Un-Dank, der ungern „wurde“.
Strenggenommen geschieht da Selbstmord, doch das Entnichtete, als ererbter Faktor, kann sich nicht rückabwickeln, so daß ihm, als weiland „nichts“, nur der Mord bleibt. Nicht der nach Strafrecht zu ahndende, sondern der Gottesmord als Vergeltungstat faktischer Freiheit. Gott riskiert Abel, den Heiligen, aber auch Kain, den verweigernden Gott-Usurpator: Muhammads Allah, les Sansculottes, Hitler… Erst die Geburt des faktorischen Seins als Heiland hebt diese Tragik auf, und Himmel wird möglich: die Upright Position der Treue Abels.
Im Täglichen kommt das Böse als Freiheit daher, der niemand böse sein könne. Daß es damit den Terror wachruft, entgeht der postchristlichen Torheit, Weisheit zu nennen, was Schrecken duldet. Der Tolerante ist konsequenter. Er hält zum Verdammten, weil ihn das Liebesgebot irritiert. Toleranz steht für Crimen gegen die Onto-Logik der Ohnmacht Christi, die nicht zum Untergang aufruft, sondern den Himmel proliferiert. Wie können wir mit dem Fürsten der Welt paktieren, ist er des Todes Hauptmann? Wir müssen uns wehren: Jedes Gedicht ist ein Messer gegen die Langsamkeit meiner Liebe zu Gott. Hölderlin hat das gewußt und wurde verrückt, weil die Welt kein Gedicht war.
Der Dualismus ist doppelköpfig. Er weiß um den Schrecken des Bösen, doch Zarathustra sagt dessen Ende voraus, bemüht aber eine Ethik, die keinen Grund hat. Was hindert ihn, Christus vorwegzunehmen, der keine Ethik predigt, sondern sie inkarniert? Daß er „später“ kommt, heißt ja nicht, Wahrheit habe sich erst „entwickelt“, sondern es habe ihr transtemporal gefallen, „so“ und nicht „früher“ zur Welt zu kommen, weil sie die Zeit erfand, aber den Himmel meinte. Wäre das Böse gleichberechtigt, gäbe es keinen Himmel; aber die Reue zermalmt den Schrecken. Hätte die Liebe Satan gefragt, ob er sie nicht mehr liebe – hätte er, ob er standhielt, gewußt? Vielleicht ist das Christi, oder Marias, Geheimnis, ohnmächtig alle Macht zu haben. Die Reue tradiert den verlorenen Urzustand: daß Zwei einig waren; und es zerreißt des All-Einen Mitte, selbst wenn es, böse zu werden, nicht abwies, weil seine Freiheit dazu befugt war. Der Dualismus kopiert das divine Paar-Sein, scheitert aber an dessen Eintracht, ist also Nichts-Geburt, mißt man ihn am geborenen Sein namens Christus.
Die Reue vereitelt ja auch den Selbstmord, aber der Preis ist die Schwermut, die selbst den Traum lähmt.
Die Frage ist: Wer träumt was? Kann das Böse ein Traum sein, oder kann Böses träumen. Stammt es aber von „nichts“ her, war Stalingrad „nichts“ und die Liebe „keine“. Was bleibt dann?
Die Frage ist also nicht, wer da träumt, sondern: Gibt es zum Traum eine Alternative? Gott? Doch wer ist das? „Jemand“ oder nur jemandes Traum. Träumt der Traum von sich selbst? Gibt es dann einen Gottesbegriff, und, wenn nein, einen Menschenbegriff? Gibt es aber auch diesen nicht – bliebe dann nicht der Alb-Traum? Doch wessen? Gilt nämlich nur der Traum, gilt realiter nichts, doch der Traum erst recht nicht. Gilt aber „nichts“ schon gar nicht, bleibt Christus, der Un-Traum Gottes, der an den Menschen glaubt und an den Gott glaubt, weil er sonst scheitern müßte.
Die Schwierigkeit ist also nicht, ob es Christus „gibt“, sondern ob es den „Menschen“ gibt, der ihn nicht wahrnimmt. Ist nämlich Gott kein Traum, ist der Traum, er sei möglicherweise Fiktion, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Wer der Hoffnung – die es doch „gibt“ – nicht zutraut, ihr Gegenstand sei das Leben jenseits der Zeit, ist ein Meuchelmörder.
Was wissen wir denn von uns: was der Tod uns – vielleicht – berichtet, dem wir jedoch – so berichtet uns Gott – überlegen sind, treten wir aus uns aus und zur Wahrheit über, die uns zum Leben freispricht. Möglicherweise ist die Erfahrung, zu leiden, verknüpft mit dem Zweifel, ob Gott, qua Christus, ein heilender sei, unangenehmer als Golgotha. Andererseits: Die im Da-Sein unerfahrbare Aussicht auf Mit-Sein lädt, war Christi Tod Frei-Tod, zum Selbstmord als Bohémien-Ereignis ein.
Leitsterne: Jesus, Muhammad, Libertas… Choisissez: Einer davon führt zum Himmel; doch was der Himmel ist, wissen wir nur vom Hörensagen, und der Gehorsam folgt einer Sehnsucht, die nicht zum Tod paßt.
Vielleicht ist Gott ja ein Schinder; aber was hilft mir dann wer? Jesu oder Muhammads Jünger? Oder die Freiheit? Ist sie denn frei vom Tod? Wenn nein – wozu brauchen wir sie? Wenn ja – wozu brauchen wir Religionen? Ist „Herz“ eine Pumpe von Mengen oder Begegnungsort mit der Un-Menge Sein? Ärzte plädieren für Freiheit; aber was tun sie, ist Christus „freier“ und lebt in Ewigkeit? Wiegt dann nicht eine Sekunde Treue schwerer als hundert Jahre Gesundheit?
Also entscheidet, worauf ich wette, und meine Wette kann nicht der Sklave einer Verzagtheit sein, die nicht „sein“ kann, ist Gott kein Schinder. Ist er aber die Liebe, empfiehlt sich die Upright Position: Hat Gott mich als tragischer Gott erschaffen, erschuf er mich nicht als Randerscheinung der Menge. Mit Siebzig meldet sich nämlich die Un-Menge Sein. und der Einspruch der – nihilogenen – Menge wird lächerlich, auch wenn sie Kunst war. Kunst ist auch Sterbens-Kunst wie Dom- oder Brückenbau: gegen die Menge, die früher „nichts“ war. Die Menge wirft keine Menge zum Kehricht, weil sie die Angst nicht aushält.
Oder sie überwindet sie, indem sie sie dienstbar macht wie der Arzt, der Herzinfarkt konstatiert, um Herzkatheter verkaufen zu können. Schäbig? Ja, aber es befreit auch: Hätte denn jemand Worte geschrieben, die ihn verdampfen konnten, wäre ihm nicht bekannt gewesen, Gott stirbt nicht?
Stirbt nicht auch Meier nicht, traut er dem Sein zu, es sei Person? Glaube geschieht nicht innerhalb eines Kosmos; er löst ihn, mit dem Geglaubten, aus. Glaube ist Liebeserklärung an Gott, also Gott. „Wir sind nichts; was wir suchen, ist alles.“ Der Glaube setzt mich in ein Verhältnis ein, mittels dessen die Hoffnung vorwegnimmt, was vor oder nach der Zeit gilt: Paar-Sein, kraft dessen „nichts“ nicht mehr möglich war, half ihm der Mut des Seins. Was zerrissen war, doch erkannte, das sei nicht gerecht – das wird Kompaß zum Himmel: Freiheit zum Tod der Zwei.
Löst der Glaube, mit dem Geglaubten, den Kosmos aus, steht er über der Zeit und verkörpert die Gegenwart ihrer Zukunft: nicht innerhalb ihres Selbst, das geliehen war, sondern preisgekrönt durch den Mut zur Wahrheit. Diese jedoch ist getötet worden und lebt als Mutter aller Verrückten: derer, die nicht mehr glauben, was der Verrat verkündet, weil sie, was Gott verkündet, mitwisserlich bejubeln. Heilig ist nur noch Eine Sprache: des Lebens und Todes Christi. Glaube ist Nichtfiktion, sondern das Faktum, Gott sei im Faktum lebendiger als das Faktische.
Glaube chiffriert, zudem, den Innen- und Außenbezirk des Seins, das Fanum: nicht die Befindlichkeit eines Stifters von „Religionen“, sondern das Heilige, dessen Reich mit der Welt nichts zu tun hat. Muhammad ist da vorbeigeglitten, denn sein Prophet-Sein tradiert beduinische Über-Macht. Daß Gott Tragisches tut, bleibt ihm fern; Ohnmacht steht nicht in seinem Kalender: „Sohn“ war er nicht. So kam es, daß der Islam ein „fanatischer“ Glaube wurde, „nichts“ wieder introduzierte und im Extremfall, aus dem er – der Intention nach – hervorging, vernichtet. Fanatisch entspricht der Glaube der Wut des Bösen, daß da ein Faktor sei. Fanatische Freiheit ist keine zur Apokalypse, denn diese stammt aus der Mitte des Fanums und richtet auch faktische Freiheit. Diese nämlich war das Talent zum Glauben.
Wer es vergeudet, glaubt „alles“. Selbst das Verruchte bindet ihn im Gewissen, denn die Begabung zum Himmel befähigt, zur Not, auch zur Mordlust. Ausrottbar ist sie, ex tempore, nicht mehr – ihr Tempus war ein Geschenk des Eros.
Umkehrschlüssig heißt der vergeudete Glaube Wahnsinn. Nicht als Erfindung Meiers, sondern als dessen There is no way out of faith. Wahnsinn ist Passiv-Erlebnis aktiven Ursprungs: das Sein sei ich. Daß kein Gott sei, mutiert zur Behauptung, Alpha sei Beta, und vice versa. Zunächst ist das Jedermanns Trugschluß; doch der Gemeinwahn – weil Wahn – hat kein Vorrecht, sondern der Sonderwahn, Gott sei Dieser oder auch Jener, beficht ihn. Deshalb baut der Gemeinwahn Kliniken gegen den Sonderwahn, Gott sei kein Wahnsinn. Wo da der Sinn sei, weiß weder der Sonder- noch der Gemeinwahn, denn beider Glaube hat keinen Grund mehr als Gottes Wagnis, Adam könne auch scheitern.
Das Risiko ist aber auch ein Rettendes. Gott wettet, mit Gottesrecht, auf vererbten Adel: Das Faktum sei frei zur Noblesse, es Gott nicht entgelten zu lassen, daß er sich preisgibt. Sollte da nicht das Faktum wetten dürfen – und sollen –, Gott werde es nicht verstoßen wollen, auch wenn es den Glauben verraten wollte. War es dazu nicht frei?
Daß dabei Skurrilitäten entstehen, versteht sich: der Friedens-„Prozeß“, der Fortschritt, das Mißverständnis, Vernunft sei „Leistung“, nicht Hör-Ergebnis (welche Vernunft paßt zum Sterben?).
Alles hängt an der „Deutung“ des Fanums. Besagt es die Wiedergeburt des – vernichtenden – „nichts“, oder steht es für eucharistischen Dienst am Wagnis divinen Freitods? Es geht um die Reichs-Exegese. Heißt Himmel der Weltzustand nach dem heiligen Welt-Krieg, oder verwandelt er Welt in zeitloses Mit-Sein? Apokalypse ist entweder Mord en masse, also Mengen-Ereignis, oder der Selbstmord der Menge gen Un-Menge Eros. Auf diese wettet die Hoffnung. Ist nun der Glaube die Gegenwart meiner Zukunft, ist er die Herrlichkeit der Erinnerung an das Sein zwischen Gott und Gott, sprich: Verkörperung Christi: dessen, der macht, daß der Tod tot umfällt. Wer auf Christus setzt, kennt das Vergangene und das Künftige, denn das Vergangene ist das So-Sein des „Vaters“, das Künftige dessen Herweg im „Sohn“. Wer nun dem Herweg zutraut, er sei das Leben, stirbt zwar noch immer, doch, Christi wegen, in eine Lebensart, die keine Zeit hat.
Visionen spiegeln das wider. Im Glaubensbereich nicht begreiflich, weil zeitlos; zeitlich verständlich, doch wertlos, weil zeitbedingt. Herwegkopien sind beide: heilig, weil Christi, Fälschungen, weil Plagiate.
Die Vision der vollendeten Welt ist notwendig Wahnsinn, außer sie tritt der Verheißung bei, daß der Himmel nicht zu vereiteln sei: Hinwege enden zwar in der Zeit, doch in Ewigkeit kongruieren sie mit dem Fanum. Rausch ist ein Mengenprodukt. Der heilige Trinker trinkt, mit Novalis, das Blut des Heilands. Er kennt das Vor-Wort:
„ehe der mond war
gaben sich auge und ohr
ihr wort
nichts zu sehen
und nichts zu hören
ehe der mond
vergeht“
Vielleicht ist die Schau der vollendeten Welt der Selbstmord, der diese unvollendete endlich vollendet. Der Freitod gleicht ja dem Freitod Christi, welcher sein Leben aufs Spiel setzt, um es zurückzuempfangen, weil er es „ist“. Vielleicht ist der Selbstmord ins über-mäßige Leben ein übermäßiger Alkoholverzehr, denn die Liebe verzehrt, was sie liebt, ohne Maß, auch wenn sie daran zum Schein außer Kraft tritt. Bei Gott ist das möglich; die Un-Menge Risiko heilt nämlich jede Menge Verzagtheit, ob denn der Himmel nicht Qual sei. ist er doch deren Ende.
Je weniger einer sich kennt, desto kenntlicher ist er dem Herweg Gottes, der auch die Hölle kannte, weil er den Himmel urhob. Am Ende steht er zum Vater auf, der ihn zum Wahnsinn genötigt hatte, die Welt zu riskieren, die ihn verachtet. Niemand, der Christus beitritt, optiert auf Gemütlichkeit, denn die Un-Menge wagt das Mißlingenkönnen faktischer Freiheit, diese aber ihr Scheitern am Faktor Gott. Die Erztangente zwischen dem Sein und dem Seienden ist die Tragik, zu sein beziehungsweise, geworden zu sein.
Das Sein ist ein Freundschaftsverhältnis, aber mit einem Freien; das Seiende will ein freies sein, mutet aber dem Faktor zu, sein Geliebter zu sein. Die Sache bleibt tragisch unentschieden: Kann der Faktor faktische Freiheit lieben, und kann das Faktum den Faktor lieben, auch wenn der frei ist – ja „freier“ als faktische Freiheit? Nach wessen Logik ist das vereinbar? Nach Christi, der zwar der Faktor ist, aber nicht Faktum sein kann, weil er ja „ist“, auch wenn er geboren wurde? Es ist das Geheimnis des Eros, zwar vorzukommen, doch dem Objekt in der Zeit zuvorzukommen gen Ewigkeit. Christus hat da den Vorteil vor „Else“, die heilig vorkommt, aber nicht Christus sein kann, auch wenn die Sehnsucht sie dazu auserkor.
Eros ist die gelungenste Art des Freitods: jene, in der meine Freiheit dem freieren Töter Dank weiß. Liebe macht kein Vergnügen, sondern berauscht ihren Gegenstand wie der Alkohol, den ich trinke, der aber „mich“ trinkt. Mystik ist so ein Vorgang: Das Sein konsumiert das Seiende; doch das Seiende träumt, es verzehre den Faktor. Fanum und Fanatismus koinzidieren. Zeitbedingt ist das logisch; der Himmel wendet da ein, es sei lächerlich, weil nicht heilig.
Heilig ist nämlich kein Epitheton meiner Sehnsucht, sondern der Brauch zwischen Gott und Gott, und, dem beizutreten, vollendetes Ende. Der Herzinfarkt amalgamiert den zu sterbenden Tod mit der Freude über den sterblichen. Jener ist namenlos; dieser hat einen Namen: Christus. Jener entsetzt mich; dieser ersetzt mein Entsetzen. Christus versetzt meinen Lebens-Standard in einen Zustand des Standard-Lebens als Auferstehung zum Himmel. Auferstehung ist keine Wunderdroge, sondern der Beitritt zu Christus.
Der Nichtbeitreter riskiert, nicht „sein“ zu können. Ist das nicht eine Überhärte des Seins, das faktische Freiheit riskiert hat, doch „Rache“ übt, tritt sie ein? Ist Christus absurd? Wenn ja, ist das Sein nicht möglich. Hätte dann Israel nicht prophetisch gelogen, und wäre Europa nicht bloß ein Albtraum? Was trauern wir denn, wenn der Nachbar stirbt? Bleibt uns denn etwas übrig, als Christus zu imitieren, ihn freizusprechen zur Auferstehung? Aber zu welcher, ist Christus vielleicht nur im Buch gestorben? Hieße das nicht, wer ihm beitritt, sei nur zum Schein unsterblich? Wäre dann nicht der Tod ein Faktor und Golgotha nicht mehr Reifezeugnis? Hat Gott sich, indem er Christus vorsah, verspekuliert, und ist Wahrheit vielleicht eine Torheit wie das „geborene“ Sein der Liebe? Dann hätte Adam das Recht gehabt, gleichberechtigt mit Gott zur Welt zu kommen, der, unterstellt, er sei Nichtfiktion, nicht vorhersah, daß Adam mißlingen könnte.
Wo war dann das Sein als Erblasser seines Adels, war es verkappter Herr-Gott? Schöpfung ist doch Skandal genug, und das „nichts“; das zwar Gott „gehört“, empört sich zurecht gegen seine Entnichtung. Hölderlin hat da noch Zweifel und wird umnachtet; Baudelaire hat sie abgeworfen und stirbt vernichtet: Beide gehen des Etwas-Idioms verlustig: Hölderlin, weil er das Sein nicht ausschließt; Baudelaire, weil er ausschließt, es sei sein Faktor. Hölderlin wird am Ende „banal“; Baudelaire reduziert seine Sprache auf einen Fluch: „Crémot!“. Welche Ethik pflanzen sie fort: die göttliche oder die nichtige, also „keine“?
Aber die Angst? Wer erträgt sie und weiß nicht, wovon sie ausgeht? Ist es der Herr-Gott-Tyrann, den die Freiheit – die er mir ja nicht zugesteht – ablehnt, dies aber, weil sie „nichts“ war? Wäre aber die Freiheit ein Wahnsinn Gottes – gäbe es dann eine Alternative zur Panik, er könne geboren werden, doch seine Liebe wäre ein Synonym für Bedrohnung? Ja, denn die Liebe droht immer, weil sie die Ewigkeit reflektiert, diese aber Person ist. Das weiß jedoch nur der Glaube, dieser aber nur gnadenhalber.
Gnade ist keine Allmachtsfolge sondern die ungeschaffene Huld der Ohnmacht als Freiheit zur Schuld der Schöpfung. Kraft seiner „gratia increata“ drückt Gott das Erbarmen mit Gott aus, Faktor zu sein, und teilt sie dem Faktum mit, faktisch zu sein, ohne Schuld zu riskieren. „Gratia creata“ befugt den geschaffenen Menschen zur solidarischen Großmut mit Gott, dem faktorischen „Sünder“ gegen das „nichts“. Daß „Etwas“ mit Gott nicht zurechtkommt, entspricht der geschaffenen Freiheit, „banal“ zu sein, befugt sie jedoch auch zum Freispruch des Seins von der Schuld, sie „erzwungen“ zu haben.
Wenn Bonaventura sagt, die Seele müsse, zwecks sicheren Wissens der Wahrheit, an deren Sein im göttlichen Wesen „heranreichen“, tut er dem Sein und dem Wissen keinen Gefallen, denn der Gedanke schließt einen „Wettbewerb“ zwischen Gott und Mensch ein, dem was? voraufgeht. Die „ewigen Gründe im Geiste Gottes“ sind sicherlich ein Erklärungsmuster, entbehren jedoch der Stringenz, unterstellen sie doch – nolens oder vielleicht schon volens – den Weltgeist, an welchem später Hegel mißlingen mußte. Entweder Gott und Mensch sind dasselbe – dann täte die Liebe nicht not, und „die“ Wahrheit wäre entbehrlich – oder sie sind ein Gegensatz, und die gemeinsamen Gründe könnte es gar nicht geben; Christus wäre verzichtbar. Die Wurzel des Wissens ist nämlich dann kein Herweg der Wahrheit zur Schuld der Dummheit, sondern ein Erb-Ereignis. Der Mensch tradiert nicht, was aristotelisch zur „Tür hereinkommt“, sondern hantiert mit dem „Kleros“ Gottes, der ihn verpflichtet oder zum Aufstand einlädt. Was ist da Gnade, was Billiggnade?
Kategorisch ist das nicht lösbar. Der Wettstreit – wenn es den gab – zwischen Platon und Aristoteles ist bedeutungslos, stülpt man den einen oder den anderen über das Selbstwort Gottes. Das Mittelalter hat das getan, doch ein Vorsprung ist nicht herausgekommen, denn philosophisch läßt sich das Sein nicht entschlüsseln. Es gibt keinen Gottesbegriff als aus Gottes Auskunft. Diese aber errät man nicht, sondern tritt zu ihr über. Theologie war nie Theo-Logik, schlüpfte sie unter das Dach der „Weisheit“, denn diese begnügt sich mit Mengen; die Un-Menge Sein verfehlt sie.
Hinzu kommt, daß weder Platon noch Aristoteles wissen, was böse sei. Beider Erkenntnis beschränkt sich auf die Entscheidung, ein Nein nicht vermuten zu wollen. Wo ist da Wahrheit? Hätte der Weisheit nicht einleuchten müssen, da sei ein Widersacher, der sie erübrigt? Wäre am Ende der Tod nicht Grundes genug gewesen, Weisheit mit Armut in eins zu setzen? War es klug, das zu ignorieren?
Was war denn „Antike“? Der Vor-Raum Christi? Und Christus: die Freiheit der „Alten“ von Mythos und Religion? Was hindert uns dann daran, sie auszuspeien wie Sport und Trauer, „gibt“ es sie nur als Wahn-Produkte? War aber, daß sie gälten, vererbter Irrsinn: Führt uns das nicht zur Logik, der Sinn sei „Christus“? Heißt das dann nicht, der Tod ist die Wiedergeburt zum Himmel? Beigetretenermaßen ist Himmel gleichwohl so lächerlich wie der Wahnsinn Gottes, ihn zu riskieren. Meier hat aber keine Alternative: Er kann ihn mitriskieren oder, ris...
Inhaltsverzeichnis
- Bisherige Veröffentlichungen
- Danksagung
- Inhaltsverzeichnis
- Zusätze und Ergänzungen
- Fragmente
- Die Wurzel des Antisemitismus
- Das Böse
- Sein und Vergessen-Sein
- Gnoseologie
- Herrlichkeit
- Gnoseologie (II)
- Advent und Geschichte
- Anmerkungen zur Menge
- Sein und Da-Sein
- Gemeinschaft und Zusammenbruch
- Wahrheit und Freiheit
- Psyche und Synantyche
- Die Logik ewigen Lebens
- Der unreine Geist
- Spealität
- Das Hauptproblem
- Gottesbeweis?
- Relativität
- Physik und Ontologie
- „Orzismus“
- Der doppelte Fascismus
- Levität
- „Tripossibile“
- Angst und Jubel
- Feindesliebe
- Gleiche Verschiedenheit
- Existenz
- Impressum