antallagi
  1. 88 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Über dieses Buch

Geschichten zum Freuen, Schaudern und Schmunzeln, zum Griemeln und Greinen, Lachen und Weinen, zum Verschenken und Behalten, zum Aufwachen und Wachbleiben, für fröhliche Sommersonnenstrandtage und stürmische Herbstregenteetrinktage, dazu Bilder zum Gucken und Wundern und Schweigen und Staunen. Es erwarten Sie: 9 Kurzgeschichten von René Klammer, 9 Kurzgeschichten und 1 Gedicht von Johanna Schmidt, dazu 17 Fotos von Verena Borm. Auf 88 Seiten, davon 11 in Farbe. In einer gebundenen Ausgabe mit Schutzumschlag.

Häufig gestellte Fragen

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Information

Jahr
2015
ISBN drucken
9783739209401
eBook-ISBN:
9783739264158
Auflage
1
Thema
Poesie
die kinder stehen vor der holztür des mehrfamilienhauses. der lack ist ab, die tür nackt. sie können nicht rein, aber links von der tür ist ein fenster geöffnet. also stellen sie sich auf die zehen, krallen sämtliche finger um das fensterbrett und stemmen sich hoch. ihre nasen berühren das kalte sims, gerade eben können sie in den raum hineinspöhen, von drinnen sieht man nur ihre haarbüschel. wie primaballerinas hängen sie da, bis die zehen schmerzen.
sie sehen ein verlebtes wohnzimmer: ein bett, ein schrank, ein fernsehgerät, davor ein sessel. und ein kleiner tisch mit zwei stühlen. auf dem tisch liegt eine tageszeitung. der raum ist lichtarm, das mobiliar verstaubt und trist. keine bilder an den wänden. die kinder hören eine klospülung, kurz darauf einen wasserhahn. eine tür quietscht, schritte schlurfen. dann betritt ein älterer mann die szene und setzt sich an den tisch. er hat kurze weiße haare, bartstoppeln am kinn. ein helles, abgetragenes hemd, das in einer grauen stoffhose steckt. die augen: blassblau und müde. sie wandern zu der zeitung. irgendwas hat sein interesse geweckt. der mann liest. dann steht er rasch auf, verlässt den raum, schließt die tür. durch die zugluft weht die zeitung vom tisch. bis unters fenster, die kinder können die schlagzeile sehen.
„Letztlich waren alle Mahnwachen, Unterschriftenaktionen und Protestkundgebungen umsonst: Heute beginnt der Abriss des Neptunbades. Nach der Schließung vorigen Sommer entbrannte em erbitterter Streit um die Nutzung des Geländes. Seit über 90 Jahren ist das Schwimmbad beliebter Treffpunkt sportbegeisterter Bürger dieser Stadt gewesen, trotz sinkender Besucherzahlen fand die Einrichtung bis zuletzt regen Zuspruch. Dock heute kommt die Abrissbirne, das Bad muss einem Einkaufszentrum weichen.“
Ich will es mit eigenen Augen sehen. Lange genug habe ich mich zwischen diesen Wänden verschanzt, denen da draußen den Rücken gekehrt. Wenn man nicht aufpasst, nehmen sie einem alies. Das, was man liebt, und sogar das, was man hasst. Aber heute will ich ihnen mein Gesicht, meine Abscheu zeigen. Rasch ziehe ich Schuhe und Jacke an. Mit dem Schlüssel in der Hand verlasse ich die Wohnung. Ich gehe zu Fuß, ich brauche zweiundzwanzig Minuten, genau wie früher.
Vierzig Jahre habe ich hier gearbeitet. Vierzig Jahre, in denen ich Generationen dabei zugesehen habe, wie sie schwimmen lernen, sich zu springen trauen, nach Ringen tauchen oder sich einfach nur Wasserbälle zuwerfen. Die Preise sind immer weiter gestiegen, trotzdem war das Bad gut besucht. Am besten in den Ferien und am Wochenende.
Ich mochte meine Arbeit. Besonders frühmorgens, wenn das Wasser glatt war und im ersten Tageslicht rosa schimmerte. Dann kamen die Frühschwimmer, durchpflügten den Teppich mit ihren Arm- und Beinbewegungen. Später am Vormittag Schwangere und Senioren mit ihrer Wassergymnastik. Dann die Kleinkindkurse. Sie brachten Leben ins Bad, füllten die Halle mit glücklichen, überraschten, aber auch ängstlichen Lauten. Am frühen Nachmittag die Schulklassen. Und ganz zuletzt die Feierabendschwimmer, die ruhig und entspannt ihre Bahnen ziehen, gleichmäßig und geduldig. Das stimmte mich auf den Dienstschluss ein.
Das Chlor rieche ich bis heute auf meiner Haut.
Ich schlafe unruhig, habe oft Kopfschmerzen, und weiß nicht, wohin mit mir. Wenn es mir besonders schlecht geht, laufe ich am Bad vorbei und atme den Chlorgeruch ein, das beruhigt mich. Aber das habe ich in den letzten Monaten immer seltener getan, ich verlasse nicht mehr gern meine vier Wände. In meinem Alter braucht mich niemand mehr. Also sitze ich herum, lese meine Zeitung und warte auf den nächsten Tag.
„Tausende Bürger haben sich zum Abriss hinter dem Bauzaun versammelt. Die Wut ist ihnen anzusehen, immer wieder ermahnt die Polizei aufgebrachte Bürger, den nötigen Sicherheitsabstand zu wahren. Alte Menschen sind ebenso unter den Protestierern wie kleine Kinder.“
der alte mann steht bereits eine ganze weile da, als die kinder trappelnd zu ihm rennen. er kennt sie nicht. und sie erkennen nicht, dass es der mann aus der wohnung ist. sie wollen nur sehen, wie das gebäude einstürzt. sowas gibt es nicht alle Tage. ihre augen sind groß, vor aufregung und auch vor schreck, denn die maschinen sind laut. sie haben dieses gebäude nie betreten, haben keine bilder aus seinem inneren vor augen, während es stück für stück abgebrochen wird. aber sie zittern vor aufregung. der alte mann ist ganz ruhig. kerzengerade steht er da, die arme hängen herab. er hat die augen geschlossen. ein letzter atemzug mit chlorgeschwängerter luft, dann bricht das gebäude in sich zusammen.
„Sie haben Glück“, verkündet die Frau an der Kasse, „es ist genau 18 Uhr!“ Mit diesen Worten überreicht sie jedem von uns eine blaue Plastikmünze. Unterwegs zur vollautomatischen Einlasskontrolle frage ich Fabian: „Wieso hat man Glück, wenn genau 18 Uhr ist?“ Fabian erklãrt: „Jetzt gilt der Feierabendtarif, da darfst du zwei Stunden im Wasser bleiben und zahlst nur eine.“
Fabian ist der Profi hier. Wenn das Außenbecken im März eröffnet wird, ist er der erste, der reinspringt, und vor der Winterpause ist er der letzte, den sie wieder rausziehen. Das Martyrium lohnt sich: Seit 2007 hatte er keine Erkältung mehr. „Du hast hoffentlich Badeschlappen dabei?“, erkundigt er sich. Ich frage zurück: „Wieso, gibt’s hier keine Fußduschen?“ Woraufhin Fabian mich darüber aufklärt, dass Desinfektionsduschen erwiesenermaßen der Ansteckungsherd Nummer Eins für Fußpilz sind. Aber ich solle mir keine Sorge machen, er habe für den Fall der Falle immer eine Salbe dabei, die man nach dem Schwimmen aufträgt. Ich versuche einen Scherz: „Wie die Pille danach?“ Fabian bleibt ernst. Er ist kürzlich Vater geworden.
Im Schwimmbad war ich seit Jahren nicht mehr. Dabei eignen sich Schwimmbäder hervorragend, um den Kopf freizukriegen. Urn den Alltag am Beckenrand abzuladen, unterzutauchen und sich treiben zu lassen. Darauf freue ich mich. Pfeifend schlüpfe ich in meine Badehose und drapiere meine Klamotten auf dem verästelten Kleiderbügel wie auf einem Weihnachtsbaum. Ich ringe mit mir, ob ich meine Brille mit reinnehmen soil. Ohne Brille sehe ich nichts, aber im Wasser werde ich sie garantiert verlieren und wenn ich sie an den Rand lege, tritt jemand drauf oder klaut sie. Also verstaue ich das gute Stück im Spind, dann taste ich mich an den Kacheln entlang in die Richtung, in der ich die Duschen vermute. Fabian ist über alle Berge.
Ich lande im Wellnessbereich. Jemand will meine Plastikmünze sehen und sagt streng: „Die ist ja blau!“ Ich verstehe nicht. „Fur den Wellnessbereich gilt die nicht.“ Ich will ja auch gar nicht in den Wellnessbereich - ich suche doch die Duschen. „Da müssen Sie einfach nur den Symbolen folgen“, blafft der Mann. Er zeigt mir das Symbol: ein Säugling, der sich eigenhändig wickelt und dazu noch einen Kopfstand macht. Der Mann korrigiert mich: „Nein, das ist ein Mann, der sich unter der Dusche die Haare schamponiert. Wenn Sie diesem Symbol folgen, können Sie die Duschen nicht verfehlen.“
Tapfer tapse ich den Korridor entlang. Eine Herde Kinder walzt auf mich zu, sie haben Wasserpistolen dabei und sie machen nicht den Eindruck, als würden sie für Brillenträger bremsen. Zumai ich ohne Brille gar nicht als Brillenträger erkennbar bin. Ich weiche aus und rempele gegen eine dicke Frau, die vor Schreck ihr Shampoo fallen lässt. Ich entschuldige mich, ich sei zum ersten Mal hier und leider ein wenig kurzsichtig, und da hat sie Mitleid und geleitet mich höchstpersönlich zu den Duschen. „Bloß mit reinkommen kann ich nicht“, sagt sie, und da lachen wir. „Aber nach dem Duschen brauchen Sie nur geradeaus zu gehen.“
Nur geradeaus gehen - das ist eine Wegbeschreibung, die sogar ich mir merken kann. Nach dem Duschen gehe ich also geradeaus. Leider kein Fabian weit und breit. Ich halte Ausschau nach irgendwem, der wild mit den Armen schlenkert, lausche, ob jemand meinen Namen ruft - Fehlanzeige. Eine Minute stehe ich da, zwei Minuten - irgendwann wird Fabian mich abholen, denke ich. Lange nicht mehr so einen amüsanten Nachmittag verbracht. Solite ich Ofter machen!
Dann höre ich tatsächlich meinen Namen. Es ist eine vertraute Stimme, aber es ist nicht Fabians Stimme. Die Stimme gehört nicht an diesen Ort, nicht in die Gegenwart, aber ich kenne sie. Jetzt ruft sie meinen Namen erneut, diesmal lauter, fragend. Ich nehme mir vor, nicht zu sagen: „Na, das ist aber eine Überraschung!“ Und dann sage ich: „Na, das ist aber eine Überraschung!“ Sie sagt: „Du sagst es.“ Und dann sagen wir nichts mehr.
Ein bunter Plastikball kullert vor meine Füße, ich hebe ihn auf und will ihn zurückwerfen, aber ich habe keine Ahnung, wo der hergekommen ist. „Aus dem Kinderbecken“, sagt sie, denn sie hat mein Dilemma erraten. Sie errät jedes Dilemma, das hat mir schon immer Angst gemacht. Ich sehe das Kinderbecken nicht, darum gebe ich ihr den Ball und erkläre: „Ohne Brille sehe ich nicht so gut.“
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Weil ich nicht weiß, wie sie mich anschaut. Ich spüre, dass ihr Blick auf mich gerichtet ist, und ich glaube, sie guckt freundlich, aber ich kann ihre Augen nicht sehen, ich sehe bloß die Augen vor mir, an die ich mich erinnere, aber nicht die Augen, die mich jetzt ansehen. Aber selbst wenn ich ihre Augen sehen könnte, wüsste ich nicht, was ich sagen soll. Ich zittere, weil mir kalt ist, und ich weiß nicht wohin mit meinen Händen, nervos lasse ich sie baumeln, verschränke sie, vor dem Bauch, hinter dem Rücken, zuppele an meinem Hosenbund. Es fällt mir erstaunlich leicht zu schweigen, weil ich unser Schweigen nicht höre, es ist laut hier, Wasser spritzt, der Bademeister trillert, Kinder plappern und johlen, jagen sich, kreischen schrill...

Inhaltsverzeichnis

  1. Motto
  2. Widmung
  3. Inhaltsverzeichnis
  4. Durch den Wind: René Klammer
  5. berner würstchen: Johanna Schmidt
  6. verblasste erinnerung: Johanna Schmidt
  7. geburtstag: Johanna Schmidt
  8. schultüte: Johanna Schmidt
  9. schwimmbad: Johanna Schmidt
  10. krise: Johanna Schmidt
  11. winternächte: Johanna Schmidt
  12. arbeitsklima: Johanna Schmidt
  13. lückenhaft: Johanna Schmidt
  14. stoffwechsel: Johanna Schmidt
  15. Tipps für die Zeit nach Antallagi
  16. Impressum