Rapotos Erzählungen
Haarbach
Winter 1120/21
Als jene Reiterfreunde von Haarbach also wieder einmal zusammensaßen und Erfahrungen austauschten, begann der junge Graf Rapoto zu schwärmen:
„Denket mit mir an jene fernen Gegenden, die Ihr zwar nicht kennt, über die ich Euch aber so gerne berichten will, wie mein Vater das tat. Mein Vater hatte die Geschichte von meinem Großvater gleichen Namens, den ich aber nicht mehr kennenlernen durfte, und dieser Großvater bekam wiederum alles erzählt von seinem Vater. Denn wie bei uns waren auch in den Jahren zuvor die Winter kalt, die Nächte lang und die Feuerstelle im großen Haus so breit, dass alle um sie herumsitzen konnten und gerne lauschten, was der hohe Herr vortrug.
Da kam also“, so fuhr Rapoto jetzt feierlich fort,
„das Wort immer wieder auf Siegfried, den Grafen von Spanheim. Er war am Rhein geboren worden, Ihr kennt bestimmt den Namen der großen Stadt des Erzbischofs von Mainz und wisst, dass dort immer wieder wichtige Hoftage und Kirchensynoden abgehalten werden. Dort in der Nähe lebten meine Vorfahren vom Vater her. Einige Verwandte wird es wohl noch geben, aber Genaues weiß ich nicht. Ich muss nämlich sowieso bald hundert Jahre zurückblicken, also in die Zeit der deutschen Könige aus dieser Gegend, König Konrad und König Heinrich, den man als den Dritten zählte. Denn mit diesen zusammen war Graf Siegfried aufgewachsen und mit diesen hatte er auch gekämpft für das Reich und für die Kirche. Mein seliger Ahne war dort ebenso Graf in manchen Gauen wie die Familie der Könige, die den großen Sachsenkaisern nachfolgten. Die Namen derer Gaue lauteten Nahegau, Speyergau und Wormsgau. Einer der Grafen, sie nannten ihn Konrad den Roten, wurde Herzog von Lothringen, was ihm aber nicht gut bekam. Wegen einer zur Last gelegten Verschwörung wurde er seines Amtes enthoben. Da half ihm auch nicht, dass er seinem Kaiser Otto dem Großen tapfer in die Ungarnfeldzüge gefolgt war. Denn im Jahr Unseres Herren 955 fand er in der Nähe von Augsburg mit Tausenden anderen den Tod. Da er aber mit einer Kaisertochter verheiratet war, erlebte der gemeinsame Sohn Otto, Graf im Wormsgau, einen besonderen Aufstieg. Bei der Neuordnung des Reichs im Südosten bekam er zusätzlich das neue Herzogtum Kärnten. Auch die Markgrafschaft Verona wurde ihm verliehen. Beides gehörte in Zukunft zusammen. Er war ein so hoher Herr, dass er im Jahr Unseres Höchsten Herren 1002 für die Königsnachfolge vorgesehen war. Der Widerstand des neuen Bischofs von Worms ließ diese Gelegenheit jedoch verstreichen. Otto von Kärnten und Worms starb 1004, zwei seiner Enkel wurden jedoch im Jahr Unseres Herren 1024 für die Königswürde ausersehen. Sie trugen beide den Namen Konrad, nämlich der Ältere und der Jüngere.
Zunächst muss ich noch schnell erzählen, dass neben dem Wormsgau auch der Kraichgau, Pinzgau oder Uffgau im jeweiligen Familienwechsel und im königlichen Auftrag verwaltet wurden. Mein Urgroßvater Siegfried war Graf im Kraichgau, den der neue König frei gegeben hatte. Unsere Familien waren verwandt miteinander.
Ihr wisset ja“, meinte Rapoto vielsagend,
„das Erbe und die Macht muss immer in den eigenen Händen bleiben. Bei den Hochzeiten schauen wir auch darauf, wie der Einfluss und die Zunahme an Macht gesteigert werden. Die Familie kommt zuerst. Die Liebe kommt dann schon dazu, und wenn nicht, haben wir auf jeden Fall für viele Menschen Großes geleistet, diese in unsere Gefolgschaft aufgenommen und für sie gesorgt.“
Wie ein weiser alter Mann sprach Rapoto. Als würde er dessen gewahr, forderte er plötzlich seine Gefolgsleute auf, den Bierkrug zu nehmen und ein Hoch auf die Ahnen auszurufen.
„Hurra“, hallte es durch den Raum.
Konrad murmelte zu seinem Nachbarn:
„Übernimm dich nicht beim Biertrinken, damit kein Unsinn aus deinem Munde kommt, wenn du redest.“ Rapoto verstand nur das Wort „Unsinn“, aber bevor er nachfragen konnte, betonte Konrad schnell:
„Ich habe aus der Bibel zitiert, in der auch das Biertrinken vorkommt.“
Das war Rapoto zwar neu, doch natürlich war den jungen Leuten bewusst, dass Bier noch nicht zu ihnen passte. Aber sie hatten das Dünnbier des Gesindes genommen und taten nur so, als wären sie geübte Trinker.
Dann fuhr Rapoto fort:
„Ich werde Euch heute sowieso nicht zu lange erfreuen. Doch was mir mein Vater berichtet hat, sollt auch Ihr wissen. Also höret:
die hohen Familien sind seit Jahrhunderten untereinander verwandt. Manche Ehe wurde von der Heiligen Kirche für ungültig erklärt, weil sie ungebührlich nah an der Abstammung der beiden Familien angekommen war. Wer aber die Macht hatte, hörte nicht auf die Heilige Kirche. Die Vertreter Unserer Heiligen Kirche waren selbst nicht immer rein. So ergaben sich ständig Ärgernisse, der Ruf nach Reformen wurde laut. Die gesamten zurückliegenden hundert Jahre waren voll von Reform und Gegenreform. Meine Ahnen halfen kräftig mit. Nicht alles bekam ihnen gut. Aber lasst mich noch von der Königserwählung Konrads berichten, den ich vorher schon genannt hatte. Denn damals war etwas Besonderes eingetreten. Der 1024 verstorbene Kaiser hatte sich um keine Nachkommen gesorgt. Mit seiner Gemahlin Kunigunde baute er zwar das Bistum Bamberg auf und belehnte dieses mit ungezählten Reichsgütern, auch hier an der Donau sowie im fernen Südosten des Reichs. Leibliche Erben jedoch gab es nicht. Deshalb trafen sich die Großen des Reichs am 4. September 1024 in Kamba zur Wahl. Ihr staunt, dass ich das Datum so genau weiß?“
Die Zuhörenden staunten aber auch über den Namen Kamba. Rapoto klärte sie bereitwillig auf. Stolz sagte er:
„Kamba liegt auf der rechten Seite des Rheins, gar nicht weit weg von Mainz, der Stadt des großen Erzbischofs, flussaufwärts.“
Dann fuhr er fort:
„Es bewarben sich zwei Große des Reichs, die von mir schon erwähnten zwei Konrade. Doch der Erzbischof von Mainz, Aribo, der seit 1021 auf dem Hohen Bischofsstuhl saß, lenkte die Versammlung zugunsten des älteren Konrad – der jüngere verzichtete, was aber die Lothringer nur ungern hinnahmen. Sie reisten verärgert ab. Vier Tage später fanden Weihe und Krönung nach altem Ritus statt. Das war der 8. September, und dieser Tag wiederum war das Fest Mariä Geburt. Der neue König stellte sich unter den Schutz Mariä. Das sollte für seine ganze Familie gelten. Konrad streckte sich also auf dem Boden des Gotteshauses aus, wurde gesalbt und gekrönt. Seiner Frau Gisela wurde die Zeremonie verweigert. Wenig später holte der Kölner Erzbischof die Krönung nach, er wollte auf den alten Kölner Krönungsrechten bestehen. Ja, und dann folgte der Königsumritt, Ihr wisst, was dieser bedeutet. Ein König muss im ganzen Reich umher und hoffen, dass nicht die einen huldigen und die anderen die Abwesenheit ausnutzen.“
Da lachten die Freunde, baten aber, Rapoto möge noch nicht aufhören, über so spannende Dinge zu erzählen. So erzählte Rapoto weiter.
„Wisset“, sagte er jetzt betont leise,
„Konrad musste ins Sachsenland, weil dort der alte Herrschaftsraum seiner Vorgänger lag. Er musste das harte Gesetz der Sachsen aus Karls Zeiten bestätigen. So ritt er mit großem Gefolge zunächst von Köln aus nach Lüttich und Nimwegen, dann, es war schon der Januar des neuen Jahres angebrochen, hinüber nach Verden an der Aller und nach Paderborn, zur Abtei Corvey und nach Hildesheim, selbstverständlich auch zu den Pfalzen in Goslar und Quedlinburg. Magdeburg wollte er stärken, weil es für die Abschirmung gegen die feindlichen Slawen so ungemein wichtig war. Nach anderen Stationen kam Konrad schließlich nach Fulda, wo er lange am Grab des hehren Apostels Bonifatius verweilte. Es ging dann in den Süden, wo in Augsburg die Würdenträger besonders unterwürfig auftraten, und schließlich nach Regensburg, der wichtigen Hauptstadt der Bayern. Dort hatte sich auch die Große Reichsversammlung eingefunden. König Konrad konnte also versuchen, auch die Südostflanke unter seine Botmäßigkeit zu bekommen. Über Beratshausen ritt die königliche Gefolgschaft in Richtung Bamberg und von dort über Würzburg wieder nach Mainz. Fast einen Monat brauchte es für den Umritt zum letzten Ziel. Zu Pfingsten 1025 huldigten nämlich in Konstanz auch die Vertreter Italiens. Doch Konrad war über die Abgesandten aus Pavia erzürnt. Dort hatte man nach Heinrichs Tod sofort die kaiserliche Pfalz zerstört. Konrad nahm das Ganze als Anlass zu einem Bekenntnis: ‚Wenn der König stirbt, bleibt doch das Reich bestehen, ebenso wie ein Schiff bleibt, dessen Steuermann fällt‘. Das hatte zumindest der spätere Geschichtsschreiber Wipo so verfasst. Er wird schon die Wahrheit geschrieben haben.
Heimwärts ging es dann über Zürich nach Basel und dann den Rhein abwärts über Straßburg in vertrautes Gelände um Speyer und Worms, bis der königliche Zug endlich zurück nach Mainz kam. Konrad glaubte fest an die geschworene Treue der Fürsten zu ihrem König.“
Das sagte Rapoto alles wortgenau zu seinem Gefolge. Er wollte, dass es sich an die Namen ferner Gegenden gewöhnte und dass es reizte, vielleicht selbst einmal an großen Taten beteiligt zu sein. Weil aber Rapoto schon mal von der großen weiten Welt erzählte, wollte er auch die folgenden Jahre Konrads noch anfügen. Denn wie die früheren deutschen Könige sollte auch der erste Vertreter einer neuen Königsfamilie zum Kaiser gekrönt werden. Zu diesem Zweck musste er nach Italien reisen und dort den italienischen Adel gewinnen. Dafür reichte die einfache Huldigung von Konstanz nicht.
Rapoto beleuchtete also auch noch die Versuche Konrads, den Süden des Reichs und die dortigen Nachbarn vollends zu gewinnen.
„Ihr könnt Euch kaum vorstellen, wie schwierig und gefährlich das ganze Unternehmen war“, flüsterte Rapoto mit sorgenvoller Stimme.
„Klar, schon 1026 ritt Konrad mit seinem Gefolge über die westlichen Alpen nach Mailand, wo Erzbischof Aribo die Krönung zum König von Italien vornahm. Mit Italien war das südliche Alpengebiet gemeint. Dort war es immer wieder unruhig, so dass sich Konrad nach Tumulten in Ravenna und wegen der Sommerhitze sogar ins Gebirge zurückziehen musste. Doch der endgültige Zug nach Rom ergab sich anfangs des Jahres Unseres Herren 1027. Der König hatte sich fast das ganze Jahr 1026 in Oberitalien aufhalten müssen. Zu Ostern sollte die Kaiserkrönung erfolgen und konfliktfrei vonstattengehen. Doch wer durfte den künftigen Kaiser in die Kirche geleiten? Natürlich nahm der Erzbischof von Mailand dieses Recht für sich in Anspruch. Aber Heribert von Ravenna ergriff unverblümt Konrads Hand und führte ihn zum Altar. Mailand und Ravenna waren sich deswegen noch lange gram.
Für Konrad aber war wichtig, dass bei der Zeremonie auch die Könige von Burgund und von Dänemark anwesend waren, die das Privileg in Anspruch nahmen, den Neugekrönten feierlich ins Gemach zu geleiten. An den nächsten Tagen stellte der Kaiser viele Urkunden für die regionalen Vertreter aus. Schließlich unterwarf er noch weitere Städte wie Benevent oder Capua. Die Kaiserkrönung bewirkte viele neue Großtaten, auch nördlich der Alpen. Das Herzogtum Bayern war gerade frei geworden. Am 24. Juni 1027 setzte Konrad seinen Sohn Heinrich dort ein. Dieser wurde sogar, die Erbfolge sollte ja anders als 1024 frühzeitig geregelt werden, am 14. April 1028 selbst zum König gewählt, vom Kölner Erzbischof gesalbt und in Aachen gekrönt.
Meine früheren Verwandten“, betonte jetzt Rapoto selbstbewusst,
„sie hatten die Macht angenommen und gefestigt. Auch die spätere Verlobung Heinrichs mit Gunhild, der Tochter des englisch-dänischen Königs Knut des Großen, stärkte die Herrschaft Konrads. Dann kam aber das makabre Glück dazu, dass im Jahr Unseres Herren 1032 der letzte König von Burgund verstarb. Rudolf III. hatte vereinbarungsgemäß die Reichsinsignien an Konrad übersandt. Doch wieder einmal war alles nicht so einfach. Rudolfs Neffe, Odo Graf von Champagne, erhob Ansprüche. Kaiser Konrad suchte persönlich das Zentrum Burgunds auf und wurde schließlich zu Mariä Lichtmess 1033 in Peterlingen zum König gekrönt. Die Kaiserkrone, mehrere Königskronen, aber auch Grafentitel, erhoben den ersten Familienvertreter der Rheinfranken um Speyer und Worms herum in geradezu mystische Höhen. Nachfolger Heinrich hatte es viel leichter. Schon ein Jahr nach dem Tod seines Vaters, also schon im Jahr 1040, nahm er die Königskronen von Burgund und Italien in Empfang. Auch den Herzog der Böhmen, Bratislaw, brachte er zur Huldigung.
Weil Heinrich III.“, schloss Rapoto für diesen Abend die gerne gegebenen Erläuterungen, „1042 auch noch gegen die Ungarn zog und weil dort der Vater meines Großvaters geschätzte Dienste erwies, weil also Graf Siegfried vom Kraichgau zu militärischen Erfolgen an der March beitrug, müsste ich Euch diesen hehren Teil unserer Geschichte noch gesondert ans Herz legen. Das machen wir aber ein andermal. Jetzt bitte ich nochmals um einen kräftigen Schluck in der Erinnerung an große Zeiten und im Bewusstsein, dass unsere Vorfahren, jeder an seinem Platz, zu Gottes und der Kirche Ehr und zum Schutz des Reiches Bedeutendes beitrugen. Salve!“
Gerührt und auch ein bisschen stolz verließen Konrad, Wernhard und Luitpold die herrschaftliche Stätte. Dass der junge Graf sie so ins Vertrauen gezogen hatte und sie so spannend und umfangreich über die eigene Ahnengeschichte aufklärte, werteten sie als großzügigen Vertrauensbeweis. Sie wollten nun ihrem Herrn noch treuer dienen. Dessen manchmal mürrischer Vater war in der nächsten Zeit nur mehr selten anwesend. Umso mehr genossen sie die Nähe zu Rapoto. Doch dieser war bald wieder zur Kraiburg zurückgekehrt.
Die folgenden Wochen, inzwischen war tiefer Winter eingekehrt, gab es auf der Kraiburg viel zu tun. In den Ställen mussten die Knechte und in den Kammern die Mägde für Ordnung sorgen. Das Füttern der Pferde und Kühe, das Schlachten der Gänse kurz vor Weihnachten und das Backen von Brot und köstlichen Spezereien oblag Knechten und Mägden, aber Rapoto trieb sie an und motivierte mit manchen Späßen. Sein jugendlicher Frohsinn steckte an. Natürlich waren zwischen dem eigentlichen Gesinde und dem Burgherren noch Aufseher beschäftigt. Doch im Winter begegnete man sich häufiger als im Frühjahr und Sommer, wenn draußen auf den weiten Feldern, Wiesen und Wäldern oder auch an ferneren Stätten nach dem Rechten gesehen werden musste.
Trotz dicker Schneedecken tauchten ab und zu auch Gäste auf. Graf Engelbert war noch gefragter geworden. Man bereitete Hoftage vor und besprach die Reichspolitik. Seit vielen Jahren brachte der Graf von Kraiburg, gemeinsam mit seinem Bruder Hartwig, dem Bischof von Regensburg, sein Geschick ein, sowohl den Streit zwischen Kaiser und Papst als auch die Fehden zwischen dem Kaiser und seinen Reichsfürsten zu entschärfen. Die Familie sah ihren Vater immer seltener, die später geborenen Kinder vermissten ihn umso mehr. Als das Frühjahr kam, sprach Graf Engelbert zu seinem Sohn Rapoto, er möge ihn erneut einige Wochen in die Gegend von Haarbach begleiten, dort stünden wichtige Geschäfte an, auf jeden Fall die Beurkundung von Lehensrechten und Stiftungen. Wörtlich hatte der Vater geäußert:
„Ich nehme Dich mit, lieber Sohn Rapoto, weil Deine älteren Brüder für andere Aufgaben ausersehen sind. Die nachgeborenen Kinder müssen ihren Platz immer selbst finden. Hilfe dürfen sie natürlich annehmen, in unserem Fall die Heranführung an mir vertraute Gebiete und Menschen. Es liegt an jedem selbst, was er aus seinem Erfahrungsschatz macht.“
Dann war es also so weit. Ein großer Tross begab sich entlang des Inns und dann der Rott in die Gegend an der Wolfach. Der Tross hatte Eindruck gemacht, nicht zuletzt wegen der mitgeführten Waffen, den Lanzen und Schwertern. Niemand stellte sich in den Weg, im Gegenteil, manche adlige Herren suchten die Nähe des noch bekannter gewordenen Grafen. Rapoto bemerkte natürlich die neue Situation, konnte sie aber nicht richtig deuten. Jedenfalls freute er sich auf das Wiedersehen mit seinen Freunden. Doch erst einmal gab es viel zu tun. Der Vater musste auch manche Urkunde bezeugen. Da nahm er seinen Sohn mit. Auch dieser sollte in der Zeugenreihe stehen. Das galt besonders für die Urkunden des Klosters Asbach, welches aus dem Familienkreis heraus gegründet worden war.
Während der Tage an der Wolfach stellte sich dann wieder einmal ein regnerischer Spätnachmittag ein. Rapoto ließ über einen Boten fragen, ob nicht seine drei wissensdurstigen Freunde den Abend mit ihm verbringen möchten. Er ließ auch ausrichten, dass er einen großen Laib Brot, Käse und Schmalz ins Kaminzimmer habe bringen lassen und dass der Most des vergangenen Herbstes recht gut gelungen sei.
Tatsächlich klopfte kurz nach dem allgemeinen Abendessen der heimische Wernhard mitsamt Konrad und Luitpold an die Tür. Die beiden letzteren hatten sich mit ihren Pferden zum Hof aufgemacht und bekamen dort schnell Einlass. Es war aber auch ein vierter Kumpan dabei, ein gewisser Ruodpert, welcher seit einigen Tagen bei Konrad geweilt hatte und neugierig auf den jungen Grafen war. Natürlich wurde auch ihm Einlass gewährt. Auf fünf Stühlen saßen sie nun um das Feuer im Kamin, sprachen den Köstlichkeiten zu und ließen sich von Rapoto überzeugen, dass sie trotz jugendlichen Alters bei garstigem Wetter nicht nur Wasser trinken, sondern auch etwas vom Apfelmost kosten sollten. Dazu war dieser eigens heiß erwärmt worden. Er floss die Kehle hinab und stärkte die Sinne. Begierig lauschten sie, was Rapoto ihnen dieses Mal zu sagen hatte.
Der junge Geschichtenerzähler griff auf das Ende seiner früheren Sätze zurück, indem er fragte:
„Womit hatte ich beim letzten Mal mit meiner Schilderung aufgehört?“.
Konrad rief sofort:
„Mit den Ungarn, denn mit diesen hat der König mit dem schönen Namen Konrad seine liebe Not gehabt.“
„Du erinnerst dich gut“, freute sich Rapoto.
„Doch wir waren schon bei Konrads Sohn Heinrich angelangt, welcher die Sicherung der Ungarnflanke betrieb. Da hatte der Vater meines Großvaters...