Die UnKultur in der Inneren Medizin
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Die UnKultur in der Inneren Medizin

Eine Dokumentation

  1. 232 Seiten
  2. German
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Die UnKultur in der Inneren Medizin

Eine Dokumentation

Über dieses Buch

Der Autor ist 1963 geboren, von Beruf Psychiater und Psychotherapeut. Bei eigenen überlebenswichtigen Recherchen zu seiner seltenen und schwer zu diagnostizierenden Erkrankung stieß der Autor auf Bereiche der Inneren Medizin, in denen durch Ignoranz oder Unwissenheit die Überlebenschancen der Patienten wahrscheinlich drastisch vermindert sind. Es handelt sich um invasive Pilzerkrankungen und um Krebserkrankungen. Er revolutioniert das auf semantischen Verwirrungen beruhende theoretische Konzept des Diabetes Typ 2 und beschreibt die Verbindung zur Esssucht, die er als ein Kulturversagen begreift. Der Autor stützt seine strukturierte Argumentation auf mehr als 220 wissenschaftliche Veröffentlichungen. Seine persönlichen Erlebnisse und die aus der wissenschaftlichen Literatur gewonnenen Erkenntnisse fasst er in einer Unkultur der Inneren Medizin zusammen.

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Hausarzt 1, Dr. Jardinier

Wegen des Juckens am After hatte ich ein paar Monate Canesten gebraucht und das Jucken war damit verschwunden. Aber nur solange die Creme auf der Haut war. Normalerweise ist die Behandlung nach drei Wochen Canesten beendet. Dann hat sich die Haut komplett erneuert und alle Pilze und Pilzsporen wurden mit der rauswachsenden Haut von der Antipilzcreme getötet. Das funktionierte aber nicht bei mir. Jedes Mal nach dem Absetzen der Creme setzte das Jucken erneut ein. Dann musste der Pilz aus dem Darm kommen, wie sollte die Entzündung sonst jedes Mal wieder von Neuem aufflammen?
Ich ging deswegen zum Hausarzt Jardinier. Er meinte erst den Stuhl auf Parasiten, Würmer und solche Sachen, untersuchen zu müssen. Ich war aber wurmfrei, da krochen keine Maden durch meinen Schiet, es waren keine Eierchen zu sehen unter dem Mikroskop, keine Ahnung wie die Mikrobiologen das machen, die sind nicht zu beneiden, müssen die Scheiße durchsuchen, das stinkt. Nachdem die Parasitensuche erfolglos war, nahm der Hausarzt Kontakt mit einem Mikrobiologen auf. Der meinte, man könne keine Pilze mehr im Darm nachweisen da ich eine Diät gegen die Pilze absolviert hätte. Dann hätte ich eigentlich gesund sein müssen nach Meinung des Mikrobiologen.
War aber nicht so, der Juckreiz kam ständig wieder, für den Hausarzt war die Sache aber abgeschlossen, der hatte es ja persönlich vom Mikrobiologen, dass nichts mehr da sein kann. Wenn der Juckreiz am After aber trotz der lange benutzten Antipilzcreme wiederkam, dann mussten doch noch Pilze im Darm sein, wo sollten die sonst herkommen? Da ich nicht ewig meinen Hintern mit Creme einschmieren wollte, entschied ich mich, Antipilzmittel einzunehmen, also Tabletten oder Medikamentensaft.
Ahnung hatte ich von der Behandlung von Schimmelpilzinfektionen mit Medikamenten nicht, außer der Behandlung der Pilzinfektion der Haut mit Canesten. Aber was sollte ich sonst tun, da für den Hausarzt die Sache abgeschlossen war und er nichts weiter unternehmen wollte? Unterdessen war ich zwar umgezogen und damit im Einzugsbereich einer anderen Hausarztin, Dr. König, sah aber keine Chance, diese so weit zu beeinflussen, dass sie weitere Maßnahmen ergreifen würde.
Die Antipilzmittel Nystatin und Daktarin hatten keinen Effekt, gar keinen. Nystatin wird beinahe nicht aus dem Darm aufgenommen, Daktarin (Mykonazol) auch nur in geringem Umfang. Also dachte ich, dass die Schimmelpilze vielleicht nicht direkt im Darm, sondern in der Darmwand sitzen, dafür war ein Medikament nötig, das über den Darm vom Körper aufgenommen wird. Außerdem sollte es so wenig wie möglich Nebenwirkungen verursachen.

Fluconazol und Sylvana

Das traf auf Fluconazol zu, man sollte maximal 400 mg pro Tag einnehmen. Fluconazol gehört zu der Gruppe der Triazole, deren Wirkprinzip besteht darin, die Ergosterolsynthese in Schimmelpilzen zu hemmen. Pilze brauchen Ergosterol zum Aufbau ihrer Zellwand. In Bakterien und tierischen Zellen hat Cholesterin die Funktion des Ergosterol. Es dient der Stabilität der Zellwände, dort kommt Ergosterol nicht vor, also hat Fluconazol wie die anderen Triazole keine Wirkung auf Bakterien oder tierische Zellen.
Nach wenigen Tagen war ich von der Verbesserung meines Zustandes überrascht: das anale Jucken war weg, ich fühlte mich wacher, konnte besser denken, war im Kopf klarer. Nach der Arbeit konnte ich mehrere Dinge an einem Tag erledigen, z. B. Lebensmittel einkaufen und danach noch in den Computerladen, das war vorher nicht möglich, das Einkaufen von Lebensmitteln hatte ich sonst mehrere Tage im Voraus planen müssen, pro Tag war nach der Arbeit nur eine Aktion möglich gewesen. An der Kasse war ich nicht vollständig absorbiert mit dem Einpacken oder dem Bezahlen, ich konnte gleichzeitig noch mit der Kassiererin ein paar Worte wechseln, ohne die Übersicht zu verlieren.
Das hatte ich seit Jahren nicht mehr erlebt. Auf Arbeit wurde ich schneller, begriff wieder was die Kollegen bei den Besprechungen sagten, nach einigen Wochen fing ich an Witze zu machen über die meine Kollegen lachen konnten. Das war neu. Meine letzten humoristischen Bemerkungen waren vor mehr als zehn Jahren im Familienkreis auf erheiterte Aufnahme getroffen, bei den Besprechung auf Arbeit schien ich zu einer Art Geist mutiert zu sei, sagte doch Sylvana einmal zu mir, sie dachte ich wäre neu gewesen weil ich zu Anfang so wenig gesagt hätte.
Der Beginn der Einnahme von Fluconazol fiel ungefähr mit dem Eintreffen von Sylvana bei uns zusammen, ihr war die Veränderung also auch deutlich aufgefallen – natürlich ohne zu wissen, was der Grund für mein Erwachen war. Das heißt aber auch, ohne Fluconazol wäre sie an mir vorbeigelaufen und all die Dinge die noch kamen, wären gar nicht passiert. Ich glaubte, ein paar Wochen Fluconazol würden ausreichen. Das war ja im Allgemeinen auch bei Infektionen mit Bakterien so. Ich nahm das Fluconazol also für einige Wochen und bemerkte eine stetige Verbesserung meines Zustandes. Der Durchfall war weg, einfach weg. Bei jedem Absetzen des Fluconazol aber wurde es wieder schlechter. Also nahm ich es weiter, stoppte ein paar Monate später wieder weil ich hoffte, nun endlich gesund zu sein. War ich nicht.
Sylvana arbeitet jetzt drei Monate bei uns, ich hatte ihr bisher aus dem Weg gehen können. Bis sie eines Tages zu Dienstschluss hinter mir in der Tür stand. Sie stotterte ob sie mich stören dürfe. Ich war mit Schreibarbeiten am Computer beschäftigt, sagte kurz über die Schulter „ja, kein Problem, setz dich“ und schrieb den Satz zu Ende. Sie setzte sich an den kleinen Tisch, ich drehte mich mit dem Stuhl zu ihr, und erschrak – ihre Bluse stand drei Knöpfe offen, der Push-up-BH schubste ihre kleinen Brüste beinahe aus dem Ausschnitt. Ich dachte sie könnte so unmöglich Gespräche mit den Patienten führen, da konnte sich doch kein Mann konzentrierten.
Sie stellte mir eine fachliche Frage, ich antwortete. Ich war verwundert, dachte das ist doch so banal, das weiß sie doch selbst, warum fragt sie mich das? Sie wirkte verunsichert, ich hatte dafür keine Erklärung. Sie bedankte sich, verabschiedete sich und huschte durch die Tür hinaus. Ich fand das eine sehr eigenartige Vorstellung.
Am nächsten Tag ging ich zu Manuela, der Psychologin und sagte ihr, dass Sylvana vielleicht etwas zu freizügig in ihrem Büro sitzen würde, vielleicht wäre das ja heute so bei den jungen Leuten, aber nach meiner Meinung zeigte sie etwas zu viel. Manuela sagte zu, in den nächsten Tagen auf die Bekleidung von Sylvana zu achten. Zwei Wochen später sagte sie mir, an Sylvanas Kleidung nichts Auffälliges gesehen zu haben, da sei alles im normalen Rahmen. Ich war verdutzt. War sie nur bei mir so offenherzig?
Ein paar Tage später stand sie wieder in der Tür und fragte ob ich Zeit hätte. Sie musste sich vorher über meine Terminplanung informiert haben, weil sie tatsächlich anklopfte, als ich keinen Patiententermin hatte sondern im Kalender Zeit für Schreibarbeiten eingeplant hatte. Unsere Termine waren über einen elektronischen Terminplaner, der auch zur Abrechnung benutzt wurde, über das Firmennetz grundsätzlich für alle Kollegen einsehbar. Sie hatte wieder eine Frage.
Das wiederholte sich jetzt alle paar Wochen, wir hatten beide relativ volle Terminpläne, da ich auch noch in einer anderen Einrichtung arbeitete, waren wir praktisch nur zwei Tage pro Woche gleichzeitig im Gebäude. Es war also auch nicht so einfach für sie, tatsächlich einen passende Zeitraum für ein Gespräch mit mir zu finden. Ich genoss es, sie war meist nur kurz da, brachte Heiterkeit in meine kleine Kammer, stellte ein oder zwei Fragen, erzählte etwas, manchmal war ich der aktivere Teil. Aber da sie kam, hatte sie ein Anliegen und ich ließ sie reden. Es war faszinierend, mal saß eine erwachsene Frau vor mir, dann war es als wenn Bambi durch mein Zimmer hüpfte.
Ein Mal nahm ich sie im Auto mit zu einer anderen Niederlassung, sie erzählte mir bei der Fahrt, mit acht Monaten adoptiert worden sei. Ihre Mutter sei zu ihrer Geburt nicht verheiratet gewesen, darum sei sie Haram geboren und zur Adoption freigegeben worden. Bis zu ihrem 14. Geburtstag habe sie ihre Mutter finden wollen, dann nicht mehr. Sie erzählte, häufig in Sprüngen zu denken und dass viele Menschen damit nicht umgehen könnten. Sie fühle sich deswegen ziemlich einsam. Es sei zwar einfach, Freunde zu finden, aber... Hier stockte sie, sprach nicht weiter.
Sie erzählte von ihrem Hobby, sie tanzte Tango. Als Kind hatte sie Ballettunterricht gehabt, später hatte sie mit dem Turniertanzen begonnen, stand bei Landesmeisterschaften mit ihrem Tanzpartner auf dem Podest, hatte schließlich selbst Tanzunterricht gegeben. Ich nahm das als Anregung für mich selbst. Früher hatte ich keine Chancen beim Tanzen, konnte dem Rhythmus nicht folgen, das war alles viel zu schnell für mich. Seit ich das Fluconazol einnahm war ich aber wesentlich schneller. Ich dachte, vielleicht könnte ich später auch mit ihr tanzen, wenn nicht mit ihr dann mit anderen Frauen. Ich meldete mich zu Tanzstunden an und es funktionierte tatsächlich, ich hatte sogar Bewegungstalent.
Wenn sie mich im Büro besuchte, legte sie großen Wert darauf, dass wir ungestört blieben, uns nicht jemand zufällig durch den offenen Türspalt gemeinsam hätte sehen können. Die Tür hing ein wenig schief im Rahmen, daher musste man sie etwas anheben damit sie ins Schloss fallen konnte. Das war sehr anstrengend für sie weil die Tür relativ schwer war. Da sie klein und der Hebel für ihre Arme ungünstig war, musste sie beide Hände benutzen, um die Tür schließen zu können. Sie hätte die Tür auch angelehnt lassen können, das wollte sie nicht.
Nach dem Termin mit einer Patientin meinte ich, Sylvana etwas Wichtiges über diese Patientin mitteilen zu müssen. Für gewöhnlich nutzte ich dafür die Teambesprechungen, allerdings hatte diese Patientin am nächsten Tag einen Termin bei Sylvana und so ging ich direkt zu ihr. Ich fragte um Einlass, sie gewährte ihn. Als ich mich setzte, bemerkte ich, dass sie mit ihrem linken Auge zwinkerte. Wieso das? Ich begann, ihr zu berichten was für ihren morgigen Termin mit der Patientin wichtig war und sie zwinkerte weiter.
Das war kein gewolltes Zwinkern, sie war nervös, hatte ihre Augenlider nicht mehr unter Kontrolle. Sie war keine blutige Anfängerin, war 28 Jahre alt, hatte Psychologiestudenten im Masterstudium betreut, ihr war eine Promotion angeboten worden. Dass sie wegen meiner vermeintlichen Autorität so aufgeregt war, konnte ich nicht glauben. Ich verließ ihr Büro irritiert.
In ihrem Büro hatte ich eine Louis-Vuitton-Tasche gesehen, ich dachte das war wohl ein Geschenk von einem reichen Freund. Als Psychologe in Ausbildung verdient man nicht so viel, dass eine solche Tasche zur täglichen Grundausstattung gehören würde.
Wenn sie mich besuchte und erzählte war nie die Rede von einem festen Partner, was mich wunderte, ich fragte mich warum eine so auffällige Frau keinen festen Partner hatte, sie hätte doch die Auswahl gehabt. Sie sprach immer nur sehr vage von Freunden, z. B. erzählte sie mir, dass sie einen bisexuellen Freund habe. Ich wollte darauf nicht eingehen, das Thema war mir in dem Moment zu heiß.
Eines Morgens saß sie mir in der Besprechung schräg gegenüber – und sie sah aus wie eine junge Frau nach einer durchliebten Nacht aussieht, ein wenig müde, zufrieden, entspannt, die Augen mit einem leicht seligen Ausdruck, die Haare luftig vom stundenlangen Wühlen. Ich dachte, gut dass sie endlich jemand gefunden hat. Sie schaute während der Besprechung die ganze Zeit angestrengt an mir vorbei, normalerweise trafen sich die Blicke der Kollegen wenn sie über Patienten sprachen. Heute nicht mit ihr. Sie wirkte, als wenn sie ein schlechtes Gewissen mir gegenüber hätte, weil sie eine so freudige Nacht erlebt hatte. Ich hab sie wohl in dieser Besprechung ziemlich ungläubig angestarrt.
Ich war heftig irritiert, wusste nicht wie ich das alles einzuordnen sollte, ich war fast 20 Jahre älter und wenn ich mich zu Hause im Spiegel anschaute, fand ich mich auch nicht so unwiderstehlich, war kein Adonis, kein Herkules, ich war schlank, graue Haare, Dreitagebart. Ich hatte zwar einige Male sehr konkrete Angebote von Frauen bekommen die mit mir eine Beziehung wollten oder völlig verliebt waren, eine wollte die Sklavin für mich sein, was ich nicht so attraktiv fand, aber das war vor allem während des Studiums und die Frauen waren gleichaltrig. Ich wusste nicht was sie mit mir altem Knacker wollte.
Ich beschloss, alles beim Alten zu lassen. In den folgenden Besprechungen saß sie meist neben mir. Sie war immer unauffällig gekleidet, meistens Jeans, ein Pullover oder ein Hemd. Ungewöhnlich waren ihre Ohrringe, die waren mit teuren Steinen besetzt, die Brillanten funkelten im Licht. Manchmal trug sie auch mit Diamanten besetzte Ringe.
In dieser Zeit hatte ich ein Gespräch mit Vera, der Kreativtherapeutin. Sie hatte früher in einer Therapieabteilung für traumatisierte und missbrauchte Frauen gearbeitet. Sie machte einen exzellenten Job, praktisch war sie so gut wie ein Psychologe, mit ihren nonverbalen Methoden vielleicht sogar besser, wenn manche Patienten Schwierigkeiten hatten, ihre Probleme in Worte zu fassen. Sie erzählte mir bei dieser Gelegenheit von Studentinnen die nicht genug Geld zum Studieren hatten und sich dann einen Sugardaddy suchten, also ältere Männer die ihnen für eine sexuelle Beziehung Geld gaben oder eine Wohnung finanzierten. Manche würden sich auch als Escort prostituieren und könnten später nicht damit aufhören. Ich fragte mich, ob sie jemand meinte den wir beide kannten.
Da ich mich nun mit dem Fluconazol etwas besser fühlte, machte ich aus Neugier einen Intelligenztest online bei Tickle. Für eine Bezahlung hätte ich einen ausführlichen Test erhalten inklusive konkretem Intelligenzquotienten. Dafür war mir das Geld zu schade. Das Worturteil lautete: „Rolf, du bist ein visueller Mathematiker. Das bedeutet du hast die Gabe, Muster zu erkennen. Damit und mit deiner generell hohen Intelligenz bist du gut im Verstehen allgemeiner Prinzipien.“ Das klang zufriedenstellend..
Nach ein paar Wochen wollte ich aber doch, ohne zu bezahlen wissen, was ungefähr der IQ als Zahl ausgedrückt war und suchte im Netz. Ein paar Leute hatten sich über das bei Tickle erreichte Ergebnis ausgetauscht und die Werte aufgeschrieben. Ich war erstaunt über das Ergebnis, es war zu hoch für meine Lebensleistung. Ich hatte das nicht erwartet und konnte es nicht glauben. Also machte ich ein paar Wochen später auf einer anderen Webseite erneut einen Test mit kostenlosem und genauem IQ-Wert. Das Ergebnis von Tickle wurde bestätigt.
Sylvana sah ein paar Wochen später morgens bei den Besprechungen gar nicht mehr gut aus. Sie wirkte müde, leer, erschöpft, sie bemühte sich nicht wegzuschauen, sie schaute nirgendwo hin. Sie saß beinahe teilnahmslos am Tisch. Ich grübelte nächtelang, dachte dass sie wohl nicht so glücklich in ihrer Beziehung war wenn sie morgens so ausgelaugt und erschöpft die Besprechungen an sich vorbei ziehen ließ.
Ich fragte mich ob das vielleicht daran liegen könnte, dass ich sie so abtropfen ließ. Sie kam regelmäßig in mein Sprechzimmer, schloss mit Bedacht und Nachdruck die Tür hinter sich, machte Konversation, ein Mal stellte sie Ähnlichkeiten in unserer emotionalen Struktur fest – ich hatte noch nie eine Frau so spontan und glücklich lachen hören. Ich zweifelte daran, dass sie in mich verliebt sein könnte, ich fand mich schlicht zu alt für sie.
Andererseits hatte ich noch nie eine Frau so aufgeregt und beinahe aufgelöst in meiner Nähe gesehen. Aber das konnte ich nicht hier im Haus mit ihr besprechen. Ich wollte auch im Moment keine sexuelle Beziehung mit einer Frau. Ich war krank, es ging zwar besser als noch vor ein paar Monaten und auf der Arbeit merkte niemand etwas, aber nach der Arbeit war ich fertig. Ich tat nichts weiter als arbeiten, hatte keine Hobbys, und das mit einer 36-Stunde-Woche. Den Mittwoch hatte ich frei, die anderen vier Tage in der Woche arbeitete ich jeweils neun Stunden.
Ich wäre wegen meines Gesundheitszustandes gar nicht in der Lage gewesen, eine Beziehung mit einer Frau zu führen. Auch hatte ich Angst, dass sie vielleicht den Kollegen erzählen könnte wie es tatsächlich mit meiner Gesundheit stand. Andererseits fühlte ich mich für sie verantwortlich, ich war der Ältere, hatte die Erfahrung, ich musste hier die Führung übernehmen. Dachte ich. Nach Wochen durchgrübelter Nächte sagte ich mir ich werde das jetzt wie ein Autist nach ganz logischen Kriterien überprüfen, das Gefühl beiseite stellen, vielleicht war alles nur Einbildung von mir.
Rein rechnerisch war sie häufiger bei mir allein im Büro, um über persönliche Dinge zu sprechen als alle anderen Kollegen zusammen in den letzten Jahren. OK. Dann musste da etwas bei ihr sein, warum sie so häufig zu mir kam. Es war auch nicht so, dass sie tiefgründige Gespräche mit mir wollte, ich hatte eher den Eindruck sie wollte in meiner Nähe sein, ganz egal worüber man redet. Ich dachte, wenn sie tatsächlich Interesse an mir hätte, dann könnte man das in Ruhe abends in einem Café oder Restaurant oder einem Parkspaziergang besprechen und wie und ob man dann eine Beziehung gestalten könnte. Jetzt oder wenn ihre Zeit bei uns vorbei war. Ich hoffte, dann auch gesund zu sein.
Diesmal schaute ich in ihren Kalender wann sie mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt war, ging zu ihr, ließ die Tür einen Spalt auf und fragte nachdem ich mich gesetzt hatte, ob ich ihr eine persönlich Frage stellen dürfte. Ja. Ob ich sie auch einmal außerhalb diese Hauses sehen dürfte. Ich war noch gar nicht richtig fertig mit meiner Frage, da schoss die Antwort aus ihrem Mund, sie hatte nicht nachgedacht, sie hatte die Antwort schon parat:„Ich habe keine Beziehung auf Arbeit.“ Sie wies mich ab. Der Kontrast dazu war ihr glückliches Gesicht.
Ich war wieder einmal konsterniert, suchte nach einer Antwort die sie nicht kränken oder beleidigen würde und sagte: „Das war die intelligenteste Antwort überhaupt.“ Ich wusste nicht weiter. Ich hatte sie ja gar nicht nach einer Beziehung gefragt, ich wollte ja nur außerhalb des Hauses mit ihr sprechen. Sie fing ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Danksagung
  3. Vorwort
  4. Ein paar biografische Anekdoten
  5. Johanna und andere interessante Frauen
  6. Müdigkeit im Studium
  7. Sylvana
  8. Hausarzt 1, Dr. Jardinier
  9. Fluconazol und Sylvana
  10. Internist 1 Dr. Faulhaber, Mai 2011, Zwiesel
  11. Internist 2 Dr. Hoffmann, Juni 2011, Molln
  12. Internist 3 Dr. Baumann, November 2011, Zwiesel
  13. Natriumhydrogencarbonat und invasive Pilzinfektionen
  14. Stress, Ketoazidose und Milchsäure
  15. Dr. Baumann 2. Gespräch
  16. Urologe 1, Dr. Bolt, November 2011, Molln
  17. Dermatologen 1, 2, 3, Dezember 2011 Molln
  18. Itraconazol
  19. Internist 4, Dr. Bankmann, Februar 2012, Genf
  20. Wut auf die Internisten
  21. Biofilm, Pheromone
  22. Urologe 2 Dr. Maurer, Mai 2012, Amsterdam
  23. Posaconazol
  24. CT, Dr. Engelbert, November 2012, Mödling, Lungentumor
  25. Der Wahn, Psychiater Dr. Deichbogen
  26. Zygomykose
  27. Chirurg Dr. Antonius, Dezember 2012, Genf
  28. Lungenoperation, Januar 2013, Genf
  29. Internisten 5 und 6, Professor Becker, Dr. Wendysh, Genf
  30. Mykobakterium kansasii
  31. Träume
  32. Arbeitsmedizinerin
  33. PET-CT, Dr. Lohmeyer, April 2013, Mödling
  34. Grüner Tee
  35. Dermatologin 4, Dr. Jovanovic, Molln
  36. Kaffee
  37. Internist 7, Dr. Lamprecht, 24. Mai 2013, Kent
  38. Leitlinien zu invasiven Pilzinfektionen
  39. Mucormykose ausführlich
  40. Internist 8, Professor Montematto, Novara, August 2013
  41. „Käse“ aus der Nasennebenhöhle
  42. Internist 9, Professor Daltons, Januar 2014, Helling
  43. PET-CT, Dr. Lohmeyer, Februar 2014, Mödling
  44. Internist 10, Professor Callister, Mai 2014, London
  45. Psychiater, August 2014, Zell am See
  46. Urologe 4, Dr. Drake, Grünfeld
  47. Dermatologe 5, Dr. Blond, Grünfeld, Januar 2015
  48. Internist 11, Professor Dock, Grünfeld, Februar 2015
  49. Beule über dem Brustbein, Nasennebenhöhle 3
  50. Capsaicin
  51. Sylvana und die Psychopathen auf
  52. Dermatologe 6, Professor Ehling, Ende 2016, Amsterdam
  53. Schokolade, Lecithin
  54. Leistungen der Internisten
  55. Seltsame Erfahrungen mit Diabetes mellitus Typ 2
  56. Etymologie Diabetes mellitus, Glykosurie
  57. Definition Diabetes
  58. Hormon Insulin
  59. Definition Insulinresistenz
  60. Historische Entwicklung Behandlung Diabetes Typ 1 und 2
  61. Gegenwärtiger Stand der Behandlung Diabetes Typ 1 und 2
  62. Erste semantische Verwirrung - Symptom Diabetes mellitus wird Diagnose
  63. Zweite semantische Verwirrung - Insulinresistenz versus Insulinempfindlichkeit
  64. Dritte semantische Verwirrung - Diabetes Typen 1 und 2
  65. Von der Insulinresistenz zur Glukoseresistenz
  66. Glukose als Gift - Glykation
  67. Sauerstoffradikale
  68. Methylglyoxal
  69. Apoptosis
  70. Fette als Gift
  71. Metabolisches Syndrom
  72. Dicke sollen dicker werden
  73. Bariatrische Chirurgie
  74. Ursprüngliche Lebensweisen und Übergewicht
  75. Adipositas und Gehirn
  76. Bewegung und Gehirn
  77. Daily Mile
  78. Neues Konzept für Diagnose Diabetes
  79. Natriumhydrogencarbonat und Krebs
  80. Die UnKultur in der Inneren Medizin
  81. Nachwort oder Nachruf?
  82. Literaturverzeichnis
  83. Impressum