Emigrant oder Immigrant
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Emigrant oder Immigrant

Leben in der Türkei

  1. 264 Seiten
  2. German
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Emigrant oder Immigrant

Leben in der Türkei

Über dieses Buch

Leben, da wo andere Urlaub machen. Sich mit der einheimischen Bevölkerung verbunden fühlen; das milde Klima, die günstigen Lebensunterhaltungskosten, die Freizügigkeit, die nicht so perfekt geordnete Arbeitsweise und auch die Lockerheit des Lebens in der Türkei genießen. Wer möchte das nicht? Obwohl manchmal Dinge passieren, die man aus der so perfekt geordneten und verwalteten Heimat nicht gewohnt ist.Als Rentner muss man mit großen Einschränkungen leben, mit immer weiter steigenden Haushaltskosten, höheren Besteuerungen, Senkung des Rentenniveau und, und, und.Leben in einem fremden Land, indem sich teils beschwerliche teils absurde Hindernisse in den Weg stellten? Warum nicht! In dieser Geschichte wird die Wohnungssuche, der Möbelkauf und auch die Renovierung zu einer wahren Odyssee. Ganz besonders die Handwerker, die sich heute mit dem Backen von Brot, Brötchen und Kleingebäck ihr Geld verdienen, sind morgen für Maurer-, Beton-, Putz- sowie Abdichtungs- und Entwässerungsarbeiten zuständig. Auch die Bürokratie hat vor der Türkei keinen Halt gemacht. Sie ist eine flächendeckende Krankheit, die sich wohl auf der ganzen Welt verbreitet hat. Hier hilft nur grenzenlose Gleichgültigkeit und warten bis zur eigenen Konservierung.Doch einen ganz besonderen Eindruck erhielten wir, als wir an einer Iman-Ehe teilnahmen. Türkei ist eben ein Land, das Träume verwirklichen kann. Abendland und Morgenland, Neuzeit und Antike, moderner Lebensstil und starke Tradition, eine bunte Kombination, die das Leben prägte.

Häufig gestellte Fragen

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Information

Zweiter Teil:
Leben als Emigrant oder Immigrant

2.1. Das Ikamet

Wie im jedem Land, so muss man sich auch in der Türkei bei der Yabanci Şubesi, bei der Ausländerpolizei anmelden, wenn man länger, als die Visumsfrist von neunzig Tagen, verweilen will.
So fuhren wir nach Alanya, zum Polizeipräsidium, ein Gebäude mit einem repräsentativen Vorplatz mit fünf Reihen von Stufen und Fahnenmasten mit der Mondsternflagge.
Drinnen eine Halle wie in einem Flughafenterminal mit regem Publikumsverkehr, wo sich viele Menschen aufhielten.
Ich ging gerade auf einen "stillen Portier" zu, auf einen Wegweiser, der Hinweise vorgibt, wohin man gehen soll, als mich jemand beim Weitergehen hinderte.
Ein Concierge, ein Rezeptionist, ein Pförtner, eine Schnittstelle zwischen Behörde und Publikum, sprach mich an.
Gestikulierend, eine Sprache, die mit aufschlussreichen Bewegungen und sämtlichen Körperteilen unterstrichen wird, versuchte ich ihm, unser Anliegen darzulegen.
Daraufhin lotste der Pförtner uns, aufgrund seiner langjährigen Erfahrung mit Immigranten, in den zweiten Stock dieses Haus, wo wir erstmal Platzen und Warten dürften, bis eins der Dienstzimmer frei wurde.
Dabei schaute ich zum Fenstern hinaus, auf das benachbarte Grundstück, wunderte mich über die Stacheldrahtrollen, die ziehharmonikaförmig verlegt wurden und ringsherum auf der Mauer lagerten. Das Gebäude hatte eine balkonlose Fassade, vergitterte Fenster und einen Innenhof, der menschenleer war. Am Ende überragte ein Turm das Anwesen, auf dem ein Mann mit einem Gewehr quer vor der Brust, auf und ab marschierte.
Eine Haftanstalt mitten in der Stadt, angegliedert an das hiesige Polizeipräsidium, vielleicht auch "nur" ein Untersuchungsgefängnis für noch nicht abgeschlossenen Straftatermittlungen. Wer weiß!
An einigen Fenstern sind Menschen zu sehen, Menschen, die ihre Straftat in einer Zelle absitzen, die sie sich mit weiteren vier bis sechs Personen teilen dürfen.
Sämtliche Räume werden videoüberwacht, bis auf die Räume, die zur Pflege der Intimsphäre dienten.
Ein Gemeinschaftsraum mit Sitzgelegenheiten und Fernseher kann zu Kommunikation und Weiterbildung genutzt werden.
Verwandte können die Gefangenen viermal im Monat für jeweils eine Stunde besuchen. Dabei werden am Ein- und Ausgang Gegenstände und Nahrungsmittel durchleuchtet.
Dennoch übt sich immer wieder die Selbstjustiz in türkischen Gefängnissen aus, besonders wenn Vergewaltiger eingelocht werden oder welche, die Kinder misshandelt haben.
Bei einem Unfall, den ich in augenscheinlicher Entfernung miterlebte, wurde von einem Kleinlaster ein Kind angefahren. Die Familie des Kindes war so außer sich, dass sie den Fahrer lynchen wollten. Doch dieser hatte sich bereits freiwillig in polizeilichen Gewahrsam begeben, um der Lynchjustiz auszuweichen, die er wahrscheinlich nicht überlebt hätte. Ob er das im Gefängnis tut, kann nur durch Einzelhaft geklärt werden.
In Alanya wurde eine Frau von einem Türken vergewaltigt. Als dieser nach Tagen der Flucht festgenommen wurde, dauerte es keine zwei Wochen, bis dieser das Tageslicht nicht mehr sah.
Eine folkloristisch-pädagogische Liquidation, um ein Exempel zu statuieren, dass derartige Straftaten zukünftig härter gezüchtet werden sollten.
Als eines dieser Zimmer sich leerte, stürmte ich hinein, trug mein Anliegen unter Vorlage des Sichtvermerkes der türkischen Gesandtheit in unseren Pässen vor und wurde daraufhin wieder zurück ins Erdgeschoss verwiesen, auf den Gang rechts vom Pförtner.
In eines der Zimmer nahmen wir platz. Hier waren die Schreibtische und Schränke vollgepfropft von Mappen mit den verschiedensten Erscheinungsbildern. Gelbe, grüne, rote, blaue, dicke, dünne, lange, kurze, abgewetzte, verbrauchte und auch nagelneue waren zu sehen.
Wir ließen uns über die Beantragung eines Ikamet beraten, eines Ikamet Tezkeresi, eine befristete Genehmigung für den Aufenthalt in der Türkei.
Für die Bearbeitung des Gesuches wurden zwei Fotokopien des Reisepasses von der ersten Seite und zwei von der Seite mit Einreisestempel benötigt. Außerdem vier Passbilder, zwei Fotokopien von dem Tabu, als Eigentumsnachweis sowie den aktuellen Stand eines auf meinem Namen eröffneten Kontos einer türkischen Bank.
Auf diesem muss ein der wirtschaftlichen Lage angemessenes Vermögen vorhanden sein, das den Lebensunterhalt in den nächsten fünf Tagen garantiert. Alternativ kann man auch einen entsprechenden Rentenbescheid vorlegen. Zusätzlich wurden noch zwei blaue Plastik Schnellhefter benötigt.
Noch am selben Tag hatten wir alles zusammen und konnten den Antrag stellen. Doch die Fotokopien mussten beglaubigt, der Rentenbescheid übersetzt und die Bearbeitungsgebühr beim Finanzamt für Steuern eingezahlt werden.
Abermals verließen wir das Gebäude der Emniyet Müdürlüğü. Auf der Suche nach einem Bevollmächtigten landeten wir in einer Schreibstube, eine Art Skriptorium, wo Texte handschriftlich dupliziert wurden, wo man merkwürdige Schriften durch kurvige Formen zur Geltung brachte, wo die schmuddelige Handschrift zur krakeligen Kurzschrift wird, die eher einem unkontrollierten Zittern ähnelte.
Hier bekamen wir alles, sogar die blauen Mappen, damit die Behörde unseren Aktenvorgang besser aufbewahren konnte und die Dokumente bei Durchzug im Büro nicht wegfliegen. Nur für die Einzahlung der Gebühr mussten wir das Finanzamt aufsuchen.
Wieder zurück, erfreute sich der Beamte über unser Wiedersehen, besonders als ich ihm die Einzahlquittung vom Finanzamt vorlegte.
Da ich Eigentümer unserer Wohnung bin, wird meine Aufenthaltsgenehmigung vorerst auf fünf Jahre begrenzt, welche anschließend dann um jeweils weitere fünf Jahre verlängert werden kann. Die meiner Frau hingegen beläuft sich nur auf drei Jahre, mit der Begründung, dass sie nicht als Eigentümer hier lebt, sondern mehr oder weniger als Mieterin.
Von nun an heißt es eine Wartezeit von vier Wochen in Kauf zu nehmen, bevor das Ikamet zur Abholung bereitliegt. Eigentlich taucht das Warten überall auf und immer wieder macht man Bekanntschaft mit ihr. Selbst beim Einkaufen an der Kasse, wenn eine achtköpfige Familie ihren Monatseinkauf per Bankkarte bezahlen will, dreimal die PIN verkehrt eingibt und nun die Ware zurückgebucht werden muss.
Momente in den man sich in Geduld fassen muss, in einem zeitlosen Raum, den viele schnell verlieren und der bei anderen bereits am Ende ist. Nur mit Geduld kann eine Kuh aus Gras Milch machen.
Die Türkei ist beliebt für ihre einzigartige Landschaft, den feinsandigen Stränden, dem türkisblauen Meer und der faszinierenden Kultur. Gründe, die immer mehr deutsche Auswanderer in die Türkei zieht. In kaum einem anderen Land findet man einen derart reizvollen Mix aus mediterranem Klima, verführerischer Riviera, preiswerten Immobilien und günstigen Lebensunterhaltungskosten.
Vier Wochen später, als wir gerade zum Einkaufen in der Nähe waren, in einem Discountladen der in Großhandelsform versucht den Lebensmittelmarkt zu erobern, entschieden wir uns doch mal kurz bei der Ausländerpolizei vorbeizuschauen. Nicht dass wir das Ikamet für irgendwas benötigen, nein. Es ist nur die Neugier, das als Reiz auftretende Verlangen, eine Wissbegierde, das älteste Laster der Welt überhaupt.
Schon im Paradies Eden existierte die Neugier, als Eva in gespannter Erwartung den verwünschten Apfel vom Baum der Erkenntnis aß und sie Adam daraufhin für ihre kalten Füße verantwortlich machte, der sofort einen Bären umlegte, um aus den ausgehöhlten Tatzen ein Paar Schuhe zu fertigen.
Zaghaft klopfte ich an der Tür und schritt hinein, als von innen jemand »Buyur« rief.
Sofort erkannte der Beamte uns, vielmehr meine Frau, die er immer wieder mit dem falschen Vornamen ansprach. Und das auch nur, weil neben ihren eigentlichen Namen auch der Name ihrer beiden Großmütter als Beinamen bestimmt wurde.
Unsere Aufenthaltsgenehmigung lag bereits seit Tagen zur Abholung bereit, und nachdem wir noch die Gebühr für das Heftchen beim Finanzamt bezahlt hatten, wurde uns das kleine blaue Büchlein mit der Aufschrift Ikamet Tezkeresi ausgehändigt, um uns problemlos in einem Land zwischen Orient und Okzident aufzuhalten.
Um eine Immobilie zu kaufen, bedarf es keinem Ikamet. Doch will man ein Festnetz Telefonanschluss beantragen, ein Antrag auf Internet stellen, ein Auto kaufen, das eigene ummelden oder gar eine Einkaufberechtigung beim Großhandel Metro erwerben, so benötigt man dieses DIN A7 große Heftchen.

2.2 Das Auto ummelden

Als wir die Grenze zur Türkei überschritten hatten, bekamen wir eine Einfuhrgenehmigung für unser Fahrzeug, mit der Auflage, dieses innerhalb von sechs Monaten auf türkische Kennzeichen umzumelden oder wieder auszuführen, wobei gleichzeitig der Einreisetag des Fahrzeuges im Pass vermerkt wurde. Sollte dies nicht rechtzeitig abgetan werden, so droht ein Strafverfahren mit empfindlichen Geldbußen.
Um diese zu vermeiden, fuhren wir nach Antalya zum Türkiye Turing ve Otomobil Kurumu, um ein Carnet zu erlagen, eine Art zollfreier Reisepass für unser Gefährt. Hierfür mussten wir ein Deposit hinterlegen, eine enorm hohe Kautionssumme, die schon mal schnell den Wert eines Fahrzeuges übersteigen kann und einem erschweren soll, das Fahrzeug in der Türkei zu verkaufen. Das Deposit wird zurückerstattet, wenn das Fahrzeug die Türkei für immer verlässt oder wenn es verkauft wurde und der Erwerber die Summe hinterlegt hat.
Nach gut einer Woche erhielten wir den Anruf, dass unser Carnet zur Abholung bereitlag. Von dort fuhren wir gleich weiter zur Zollbehörde, um die Formalitäten zur Anmeldung auf ein türkisches Kennzeichen in die Wege zu leiten.
Hier hieß es mal wieder warten, warten das sich einer bemüht, unseren Vorgang zu bearbeiten. Zum Zwecke der Verständigung hatten wir unseren Hausmeister mitgenommen, der zwischenzeitlich seine Deutschkenntnisse erweitert hatte, indem er versuchte mir türkische beizubringen. Ein gegenseitiges Nehmen und Geben in sprachlicher Hinsicht.
Nach eineinhalb Stunden sinnlosen Wartens erhielten wir dann die Mitteilung, dass sich die Zuständigkeit in einer anderen Behörde findet, nicht weit von dieser entfernt.
In einem Haus, ähnlich einem repräsentativen Landsitz, wurden wir direkt zum Chef dieser Dienststelle geführt. Dort standen wir in einem Raum so groß wie ein Saal, indem man Feste veranstalten kann oder auch Verträge schließt.
Am Ende, ein Schreibtisch mit immensem Ausmaß, davor zwei Polsterstühle, die die Lebensweise des hinter dem Schreibtisch sitzenden Charakters bewies. Unser Hausmeister schilderte unser Anliegen und nach einem ausführlichen Telefonat mit der Zollbehörde, verwies uns der Entscheidungsträger wieder zurück zu unserem ursprünglichen Ausgangspunkt.
Hier standen wir wieder und warteten, bis ein Mann heran geeilt kam und Fahrzeugpapiere und Autoschlüssel verlangte. Ich entsprach seinem Wunsch und folgte ihm. Mit einem Klemmbrett, das der Auflistung von Dingen diente, fing er an sämtliche Einzelteile des Fahrzeuges festzuhalten, notierte die Anzahl der Scheiben, Aschenbecher, Sitze, Reifen, der Gänge, Bremsen und Zierleisten, der Sicherheitsgurte sowie die Anzahl der Instrumente auf dem Armaturenbrett.
Dann verschwand er wieder im Gebäude der Zollbehörde, worauf wir wieder mal unsere Warteposition im Flur einnehmen dürften. Hier saßen wir auf besonders harten Stühlen, die nicht nur als Wurfgeschoss beim Wrestling dienen können, sondern auch als Informationsträger, da sie sämtliche Gespräche akustisch wahrnehmen. Allerdings ist es ihnen verboten, sich Auskünfte entlocken zu lassen.
Dann ein Wink. Wir folgten dem Beamten ins Erdgeschoss, in ein Büro, das von monotonen Klängen einer Schreibmaschine geprägt wurde. Hier saßen drei Frauen, die sich in tiefer Hingabe in ihre Arbeit stürzten, als wenn sie für das Passieren einer Ziegenherde, für jede einzelne Ziege, ein Einreisevisum mit biometrischem Hufabdruck ausfertigten.
Ein Raum, der nur aus Akten und Schriftstücken bestand, die sämtliche Schreibtische bis zu unkenntlich in sich begruben. Hier saßen wir und schauten zu, wussten nicht mal, warum wir hier eigentlich saßen. Keiner beachtete uns, alle waren damit beschäftigt, ihre Akten zu sortieren, zu stapeln und sie von einem Haufen auf den anderen zu verlagern.
Es war wie in einer deutschen Behörde, wo die Silbe "hör" im Wort Behörde vermuten lässt das einem bei seinem Anliegen zugehört wird, was allerdings ein Missverständnis ist. Allein durch die Amtssprache, eine wild zusammenhängende Aneinanderreihung von Silben, die versucht eine besonders gebildet und intellektuell erscheinende Ausdrucksform darzustellen, zeichnet sich durch eine unklare Sprachführung aus. Sollte es mal auf einer Behörde nicht zügig vorangehen, so wird man oft mit der Redewendung "Papier ist geduldig" vertröstet.
Unser ursprünglicher Sachbearbeiter kam herein und mit ihm verschwanden wir in den nächsten Raum. Ein Zimmer mit umlaufenden Tresen, eine tischähnliche Trennung zwischen Angestellten und Publikum. Dahinter das Arbeiter-Denkmal dreier Lohnsklaven, von denen zwei mit Händen in den Hosentaschen bereits geistig Feierabend gemacht hatten, während der andere damit beschäftigt war, einem Bittsteller solange Fragen zu stellen, bis das Problem von alleine in Vergessenheit geriet.
Worte mit den Kollegen wurden gewechselt, Worte, die wir nicht verstanden. Dann die Erkenntnis, dass bereits Feierabend sei und wir am darauf folgenden Tag wieder kommen sollten. Wäre kein Problem gewesen, wenn unser Fahrzeug nicht im Zollgewahrsam wäre. Wie sollten wir jetzt nach Hause kommen, mit Taxi? Wer übernimmt die Kosten für hundert Kilometer Hin- und hundert Kilometer Rücktransfer?
Ich forderte, das Fahrzeug sofort wieder herauszugeben, da es keine rechtliche Grundlage gäbe es zurückzuhalten. Das Fahrzeug ist weder gestohlen noch in einem Unfall verwickelt, noch ist die Einfuhrgenehmigung abgelaufen, die es uns erlaubt das Fahrzeug in der Türkei zu bewegen. Außerdem wurden bereits einige Tausend Euro für das Carnet bezahlt, das mich ermächtigt dieses Fahrzeug zollfrei zu führen.
Wut stieg in mir auf, eine Emotion, die ich nicht von mir kannte. Nun gut ich bin kein Kind mehr, muss meine Spielsachen nicht mit anderen Jungs teilen, habe keine vollgeschissene Windel und müsste auch nicht längst im Bett sein. Aber es war ein langer Tag, mit abenteuerlichen Eskapaden und ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Hinweise
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. Erster Teil: Land der Byzantiner, Seldschuken und Osmanen
  4. Zweiter Teil: Leben als Emigrant oder Immigrant
  5. Dritter Teil: Alanya, Stadt der Deutschen
  6. Vierter Teil: Unterwegs auf der D400
  7. Motto
  8. Impressum