1 Hinführung zum Thema
„Griechenland will eine moderne öffentliche Verwaltung“1, so zumindest lautete ein Zielvorhaben in der ersten Liste mit Reformmaßnahmen, die im Februar 2015 der Eurogruppe von der griechischen Regierung vorgelegt wurde. Wohl kaum ein anderes europäisches Land machte im letzten Halbjahr so viele Schlagzeilen wie Griechenland. Seit Bekanntwerden der Finanzkrise im Jahre 2010 steht die Entwicklung des griechischen öffentlichen Sektors nahezu ununterbrochen unter öffentlicher Beobachtung. IWF-Experten sehen einen möglichen Ausweg aus der Krise in einer grundlegenden Modernisierung des ungewöhnlich ineffizienten öffentlichen Sektors.2
Während in den achtziger Jahren vor allem in Westeuropa eine Reformwelle von Modernisierungsmaßnahmen für die Verwaltung austrat und eine zunehmende Zurückziehung des Staates von wirtschaftlichen und sozialen Interventionen ins Rollen geriet, hatte Griechenland zum ersten Mal die Chance, Politiken für Sozialfürsorge zu entwickeln. Die Reformprioritäten des Landes waren somit schlichtweg verschieden als die der restlichen westeuropäischen Staaten. Anstatt der Idee von Privatisierungen zu folgen, wurden in Griechenland Unternehmen in Schieflage verstaatlich.3 Eine umfassende Modernisierung des griechischen öffentlichen Sektors hat nahezu nie stattgefunden. Lediglich durch schwächere Einzelmaßnahmen und zum Zweck des Beitritts zur Europäischen Union wurde versucht, den Anschluss an anderen europäischen Ländern zu finden. Wie die heutigen Erkenntnisse jedoch zeigen, ohne besonders großen Erfolg.
Die folgende Arbeit knüpft an diese Gedanken an und soll aufzeigen, ob die Modernisierungsmethode New Public Management ein sinnvoller Ansatz für den öffentlichen Sektor in Griechenland wäre.
Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels steht somit zunächst das Theoriegerüst des New Public Management. Es werden verschiedene Methoden, Instrumente und Prozesse vorgestellt, die in der Praxis bereits Erfolg hatten. Gegenstand von Kapitel drei ist die Beantwortung der Frage, ob ein angelsächsisches Modell in Griechenland anwendbar sei. Um die Frage zu beantworten, wird das griechische Verwaltungssystem, auch mit Hilfe von Stimmen aus Expertenkreisen durchleuchtet. Darauf aufbauend werden im vierten Kapitel schließlich anhand der vier Handlungsfelder des New Public Managements Ansätze für Herangehensweisen und Maßnahmen vorgeschlagen, die mit Hilfe der aus Kapitel drei gewonnenen Erkenntnisse analysiert und erarbeitet wurden. Den Abschluss dieser Arbeit bildet unter anderem ein Ausblick auf die künftigen Perspektiven und Anwendungsmöglichkeiten.
Es sei darauf hingewiesen, dass die Literatur zum Thema New Public Management sehr umfangreich ist. Jeder Autor gewichtet dabei seine Schwerpunkte bezüglich diverser Instrumente, Maßnahmen und Ziele verschieden. Aus diesem Grund wird in der vorliegendenen Arbeit lediglich auf die Kernelemente des Ansatzes eingegangen. Weiterhin wird auf die konkrete Vorgehensweise eines Einführungsmodells verzichtet, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde.
Hinweis
Um das Lesen der Bachelorarbeit zu erleichtern und aus Gründen der Vereinfachung wird im Folgenden auf die sprachliche Differenzierung der Geschlechter verzichtet. Mit der männlichen Anredeform ist die weibliche Form gleichermaßen angesprochen.
2 Der New Public Management Ansatz
Im folgenden Kapitel werden zunächst die Grundlagen des NPM Ansatzes erläutert. Anschließend sollen vier unterschiedliche NPM Modelle aus den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz vorgestellt werden, da in diesen Ländern laut einer Studie die größten Auswirkungen durch NPM verzeichnet wurden.4 In einem weiteren Unterkapitel wird der Trend zur wirkungsorientierten Steuerung aufgegriffen und durchleuchtet, um das Kapitel zwei mit dem Gedanken der erfolgreichen Umsetzung des NPM abzuschließen.
2.1 Die Grundlagen des New Public Management Ansatzes
2.1.1 Definition von modernem Staat und moderner öffentlicher Verwaltung
Die Aufgaben und die Rolle des Staates bestimmen sich durch die Staatsauffassung der Gesellschaft. In den sechziger bis siebziger Jahren vertrat man die Auffassung des Sozialstaates, welcher durch das Einsetzen staatlicher Mittel die allgemeine Wohlfahrt in der Gesellschaft anstrebte. Zu den politischen Merkmalen gehören demnach der Ausbau der Sozialwerke, Sozialversicherungen und Sozialrechte. In den achtziger Jahren hingegen, vertrat man die neoliberalistische Auffassung, deren politische Merkmale die Forderung nach radikaler Re-Privatisierung und Ökonomisierung – auch der staatlichen Aufgabenbereiche war. Die Rolle des Staates beschränkt sich hier auf die Wahrnehmung der Kernfunktionen, sowie auf die Garantie der Wirtschaftsfreiheit. Für die Grundlagen des NPM ist eine veränderte Auffassung der Rolle des Staates notwendig, nämlich die des Gewährleistungsstaats, der sowohl sozialstaatliche, als auch neo-liberale Züge aufweist. Im Entwicklungsprozess soll der Staat die Gesellschaft vermehrt aktivieren, indem die Partizipation der Bürger an der Leistungsherstellung ermöglicht wird.5
Die öffentliche Verwaltung kann als Schnittstelle zwischen Staat und Bürger bei der Umsetzung der politischen Entscheidungen verstanden werden. Eine umfassende und allgemein anerkannte Definition des Begriffes gibt es zwar nicht, man könnte jedoch Eigenschaften zusammenfassen, die begriffsprägend zu sein scheinen: Die öffentliche Verwaltung trägt durch die Vorbereitung, den Vollzug und die Kontrolle politischer Entscheidungen und auf diesen beruhenden Handlungen zur Erreichung des Staatszweckes und der durch diesen bestimmten öffentlichen Aufgaben bei.6 Nach modernem Verständnis soll sich die öffentliche Verwaltung vom Verwaltungsapparat in einen Dienstleister verwandeln. Anstelle der bisher formalen Steuerung sollen neue betriebswirtschaftliche Instrumente zur Neuorientierung hinzukommen. 7
2.1.2 Vom Bürokratiemodell zum New Public Management
Die klassische öffentliche Verwaltung ist paradigmatisch durch das Bürokratiemodell vom deutschen Soziologen Max Weber geprägt. In seinem umfangreichen Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ versuchte er u.a. die Ausübung rationaler Herrschaft zu erklären. Das klassische Bürokratiemodell betont demnach Rechtsbindung, Unparteilichkeit, Professionalität, Gleichbehandlung und Kontrollierbarkeit des Verwaltungshandelns.8 Der öffentliche Sektor sah sich veränderten Anforderungen gegenüber, mit Tendenzen zu vermehrter Pluralisierung, Individualisierung, Flexibilität und Mobilität, die auch die Mitarbeiter und Leistungsempfänger beeinflusst haben. Die Inflexibilität, die desinteressierten und bürokratischen Verhaltensweisen der Mitarbeiter, die Überregelung und die Bürgerferne führten zu Einschränkungen der Service- und Leistungsfähigkeit.9 Die Gewohnheiten des Bürokratiemodells haben zu gravierenden internen Steuerungsmängeln in der Verwaltung geführt, wie bspw. zu einer Effizienz-, Strategie-, Management-, Attraktivitäts- und Legitimitätslücke.10 Reformauslöser wie Demografiewandel, die Finanzkrise, Globalisierung, neue Werthandlungen, sowie eine zunehmend ökologische Orientierung zwangen den öffentlichen Sektor dazu, sich mit Management- und Steuerungsfrag...