Geschichte Friedrichs des Großen
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Geschichte Friedrichs des Großen

  1. 332 Seiten
  2. German
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Geschichte Friedrichs des Großen

Über dieses Buch

Genau 100 Jahre nach seiner Thronbesteigung erschien die erste bedeutende und bis heute wohl berühmteste Biografie des Preußenkönigs Friedrich II.. Franz Kuglers "Geschichte Friedrichs des Großen" stellt eine ebenso sensible wie spannende Lebensbeschreibung des einzigartigen Menschen, Monarchen, Feldherren und Philosophen von Sanssouci vor und liest sich heute noch genauso packend wie damals. Anlässlich des 300. Geburtstags des großen Hohenzollern wurde Kuglers Werk in einer modernen, moderat redigierten, sehr gut lesbaren und preiswerten Taschenbuchausgabe (332 Seiten) aufgelegt.

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Information

Drittes Buch: Heldentum

24. Der erste Feldzug des Siebenjährigen Krieges. 1756

Friedrich hatte den Plan gefasst, seine Gegner rasch anzugreifen, ehe sie mit ihren Rüstungen fertig sein würden, und solchergestalt den Krieg, mit dem sie ihn bedrohten, von den Grenzen seines eignen Staates abzuwenden. Von den Russen wusste er bestimmt, dass sie außerstande sein würden, noch im laufenden Jahre etwas zu unternehmen; nach dieser Seite hin genügte also, für den Notfall, eine wenig bedeutende Verstärkung der Besatzung seiner östlichen Provinzen. Die Hauptmacht der preußischen Armee sollte gegen Sachsen und Böhmen geführt werden. In Sachsen beschloss Friedrich sich vorerst sicher zu stellen, um durch dies Land die Mark Brandenburg zu decken und eine feste Grundlage für seine Unternehmungen gegen Böhmen zu gewinnen. Alle Veranstaltungen zur Ausführung dieses Planes waren eben so verschwiegen wie schnell ins Werk gerichtet worden; nur die vertrautesten Feldherrn wussten um Friedrichs Absichten; die Brigadegenerale erfuhren erst am Tage vor dem Ausmarsche, wohin der Zug gerichtet sein sollte. Am 29. August rückten 60.000 Mann preußischer Truppen in drei Kolonnen in Sachsen ein. Niemand war hier auf so plötzlichen Ausbruch des Krieges vorbereitet. In größter Eile wurden die sächsischen Truppen, deren Zahl sich auf 17.000 belief, aus ihren Standquartieren in ein festes Lager bei Pirna zusammengezogen; König August und sein Minister Brühl, ratlos in der allgemeinen Verwirrung, verließen Dresden und suchten im Lager Schutz. Man hatte zuerst die Absicht, mit der sächsischen Armee nach Böhmen zu gehen und sich mit den Österreichern zu verbinden; auf den umsichtigen Rat des französischen Gesandten, des Marschalls Broglio, entschloss man sich jedoch, die günstige Stellung, welche das Lager bei Pirna darbot, zu benutzen, damit Friedrich durch dasselbe aufgehalten und der österreichischen Armee Zeit gegeben werde, die angefangenen Rüstungen zu vollenden und zum Schutze Sachsens heranzukommen. Die Sachsen besetzten nunmehr das ganze Plateau, welches sich in einem Umfange von vier Meilen zwischen Pirna und Königstein erhebt. Steile Abhänge schützten dasselbe von allen Seiten gegen feindlichen Angriff; zur Verteidigung der wenigen Zugänge, die emporführten, wurden mannigfache Verhaue angelegt. Friedrich hatte somit das ganze Land offen gefunden. Wittenberg, Torgau, Leipzig und viele andre Städte waren ohne Widerstand besetzt; in Dresden hielt Friedrich am 9. September seinen Einzug. In der Nähe der Residenz vereinigten sich nun die verschiedenen Korps der preußischen Armee und nahmen eine Stellung, durch welche sie dem sächsischen Lager die Gemeinschaft mit dem Lande abschnitten. Friedrich erklärte, dass die Verhältnisse des Krieges ihn nötigten, das sächsische Land als Unterpfand in Verwahrsam zu nehmen, und dass er dasselbe nach abgewendeter Gefahr dem Kurfürsten zurückerstatten werde. Einstweilen aber wurden die wohlversehenen Zeughäuser von Dresden, Weißenfels und Zeitz ausgeräumt und Waffen und Geschütz nach Magdeburg geführt. Torgau ward befestigt und mit preußischen Truppen besetzt. Das sächsische Ministerium ward außer Tätigkeit gesetzt; die Kanzleien wurden versiegelt, die Kollegiensäle geschlossen und eine preußische Landesverwaltung in Dresden angeordnet. Im ganzen Lande endlich wurden die kurfürstlichen Kassen in Beschlag genommen. Dabei wurde jedoch mit so großer Milde als möglich verfahren. Die preußischen Truppen wurden befehligt, die genaueste Kriegszucht zu beobachten. Das Eigentum der Untertanen ward auf alle Weise geschont. Friedrich selbst bewies sich in Dresden äußerst zuvorkommend gegen jedermann; er hielt täglich offene Tafel und bezeigte namentlich der Gemahlin Augusts und der gesamten königlichen Familie, die in Dresden zurückgeblieben war, alle irgend erforderliche Höflichkeit. Indes hatte diese plötzliche Besitznahme von Sachsen alle Welt aufmerksam gemacht; Friedrichs Gegner waren aufs eifrigste bemüht, sein Unternehmen als einen Landfriedensbruch darzustellen. Der Kaiser erließ an Friedrich ein Abmahnungsschreiben, in welchem er ihn väterlichst aufforderte, „von seiner unerhörten, höchst frevelhaften und sträflichen Empörung abzulassen, dem Könige von Polen alle Kosten zu erstatten und still und ruhig nach Hause zu gehen“. Zugleich ward allen preußischen Generalen und Kriegsobersten vom Kaiser anbefohlen, „ihren gottlosen Herrn zu verlassen und seine entsetzlichen Verbrechen nicht zu teilen, wofern sie sich nicht der Ahndung des Reichsoberhauptes bloßstellen wollten“. Sich gegen solche Vorwürfe, die er bereits vorausgesehen, zu rechtfertigen, hatte Friedrich beschlossen, die ganze Reihenfolge der zu seinem Verderben angesponnenen Verhandlungen, die er in Abschriften aus dem Dresdner Archiv in Händen hatte, durch den Druck zu veröffentlichen. Damit man aber nicht imstande sei, die Echtheit dieser Verhandlungen zu leugnen, so sah er sich genötigt, sich der Originalschriften zu bemächtigen. Doch hatte man sich auch sächsischerseits auf einen solchen Fall bereits gefasst gemacht. Das Archiv sollte nach Polen geschickt werden; bei der Nähe der Gefahr hatte man dasselbe einstweilen in die Gemächer der Königin gebracht, und sie, die eine ebenso erklärte Feindin Friedrichs war wie Brühl, bewahrte selbst die Schlüssel zu den Schränken. Sie sah sich indes genötigt, die Schlüssel herauszugeben; ihr Zaudern, ihre Bitten waren umsonst; die Schränke wurden geöffnet und das Archiv wanderte unverzüglich nach Berlin. In wenig Tagen erschien eine ausführliche, mit allen Urkunden belegte Darstellung jener Verhandlungen im Drucke. Von seiten der Gegner erfolgte hierauf eine Menge von Gegenschriften, die indes nicht die Echtheit der Urkunden, sondern nur die Schlussfolgerungen, welche Friedrich aus ihnen ziehen musste, angriffen.
Mit König August hatte Friedrich seit seinem Einmarsche in Sachsen in unausgesetzter Korrespondenz gestanden. Er verlangte von ihm entweder die tätlichen Beweise einer vollkommenen Neutralität oder, noch lieber, eine Verbindung zum gemeinsamen Wirken gegen Österreich. Friedrich hatte die Mittel, seinen Anforderungen einen energischen Nachdruck zu geben. Ein Sturm auf das sächsische Lager schien zwar, wenn nicht unausführbar, so doch mit allzu vielem Blutvergießen verbunden. Aber das Lager war von allen Seiten so fest durch preussische Truppen eingeschlossen, dass den Sachsen jede Gelegenheit genommen ward, sich mit Nahrungsmitteln, daran sie schon Mangel zu leiden begannen, zu versehen; nur für die Küche König Augusts, der von Entbehrung keinen Begriff hatte, war freier Transport verstattet worden. Zugleich lag es in der eigentümlichen Stellung der Sachsen, dass ein Angriff von ihrer Seite auf die Preußen ihnen ebenso viel Gefahr bringen musste, wie der umgekehrte Fall ihren Gegnern. So durfte Friedrich hoffen, dass der Hunger sie in kurzer Frist zur Ergebung zwingen würde. Doch gab August den Anträgen Friedrichs kein weiteres Gehör, als dass sich letzterer mit dem Versprechen der Neutralität begnügen möge. Auf ein solches allgemeines Versprechen hin hatte aber Friedrich nicht Lust, sein Heer nach Böhmen zu führen; die früheren Erfahrungen in Sachsen hatten ihn hinreichend die Gefahr kennen gelehrt, der er sich aussetze, wenn er ein feindliches Heer im Rücken behalte. So blieb es bei der strengen Einschließung des sächsischen Lagers; diese nahm jedoch den größeren Teil seiner Truppen in Anspruch und verhinderte ihn, mit Nachdruck gegen die österreichische Armee in Böhmen aufzutreten. Die letztere hatte sich, zwar immer noch nicht mit allem nötigen ausgerüstet, in zwei Korps gegen die Grenzen von Sachsen und von Schlesien zusammengezogen. Dem einen Korps trat eine besondere preußische Armee unter Schwerin aus Schlesien entgegen. Doch bezogen die Österreicher hier ein so vorteilhaftes Lager, dass dadurch jede Schlacht vermieden blieb und zwischen diesen Armeen nur unbedeutende Gefechte vorfallen konnten. Dagegen hatte König August Gelegenheit gefunden, dem österreichischen Hofe seine täglich bedrohlichere Lage vorzustellen und um schleunigen Entsatz zu bitten. So erhielt nun das zweite Korps der Österreicher, welches der Feldmarschall Browne anführte, den Befehl, zur Befreiung der Sachsen entscheidende Schritte zu tun. Browne versammelte alsbald seine Armee zu Budin und schickte sich an, über den Egerfluss vorzurücken.
Zur Beobachtung dieses österreichischen Korps war von Friedrich derjenige Teil seiner Truppen, welchen er bei der Einschließung des sächsischen Lagers entbehren konnte, bereits gegen die böhmische Grenze vorausgeschickt. Sie bemächtigten sich der Engpässe, welche die Verbindung zwischen Sachsen und Böhmen verteidigen, und benachrichtigten Friedrich von den Bewegungen des Feindes. Die Verbindung der Österreicher mit den Sachsen zu verhindern, musste jetzt Friedrichs vorzüglichstes Augenmerk sein; er entschloss sich, jenen mit den vorausgesandten Truppen, einem freilich nur geringen Teile seiner Macht, sofort entgegenzugehen. Er eilte zu ihnen und führte sie aus dem Gebirge gegen die Ebenen der Elbe hinab. Bei dem Flecken Lowositz an der Elbe, welcher am Ausgang der Berge liegt, trafen die beiden Armeen aufeinander. Beiden war die gegenseitige Annäherung gerade an dieser Stelle unerwartet; Friedrich gewann den Vorteil, dass er zwischen den Bergen, welche seine Straße auf beiden Seiten einschlossen, eine feste Stellung einnehmen konnte.
Am Morgen des ersten Oktobers stellte Friedrich seine Armee in Schlachtordnung. Aber ein dichter Nebel hatte sich über die Ebene gelagert und verhinderte, die Gegenstände deutlich zu unterscheiden. Wie durch einen Flor sah man nur den Ort Lowositz vor sich und zur Seite einige Haufen feindlicher Reiterei. Der linke Flügel der preussischen Armee wurde, als er aufrückte und die Anhöhe zur Linken erstieg, durch ein verlorenes Gewehrfeuer empfangen, das aus den Weinbergen, welche sich hier zur Elbe hinabzogen, unterhalten ward. Es waren ein paar tausend Panduren, die hinter den Mauern der Weinberge versteckt lagen. Alles dies ließ Friedrich vermuten, es sei nicht die ganze feindliche Armee, sondern nur ein vorausgesandter Teil derselben, was ihm gegenüberstehe. Er ließ aus seinen Geschützen auf die österreichischen Reiterhaufen feuern, und da dies fruchtlos blieb, sandte er zwanzig Schwadronen Dragoner ab, sie zu zerstreuen und den Kampf zu beenden. Diese drangen rüstig auf den Feind ein und warfen nieder, was ihnen entgegenstand. Als sie aber die Flüchtigen verfolgten, wurden sie von vorn und von der Seite durch ein lebhaftes Flinten und Geschützfeuer empfangen und zum Rückzuge genötigt. Friedrich erkannte jetzt erst, dass er allerdings das vollständige Korps, welches ihm um mehr als das Doppelte überlegen war, vor sich habe. Er sandte einen Adjutanten zu seinen Dragonern, um diese in eine andre Stellung zu beordern; aber schon hatten Dragoner und Kürassiere vereint sich aufs Neue der feindlichen Reiterei entgegengestürzt, diese trotz desselben Feuers und trotz des ungünstigen Terrains zurückgedrängt und bis nahe vor die Schlachtordnung der Österreicher verfolgt. Jetzt aber ward das Geschützfeuer der letzteren so stark, dass sie wiederum zum Rückzuge genötigt waren, der indes in bester Ordnung vor sich ging. So war noch immer nichts entscheidendes geschehen.
Der Nebel begann indes zu sinken und man konnte zu angemessenen Maßregeln schreiten. Friedrich suchte nun seine Stellung, trotz der feindlichen Übermacht, so günstig als möglich zu nehmen und sich mit Anspannung aller Kräfte das Schicksal des Tages geneigt zu machen. Das Hauptaugenmerk des Feindes war jetzt auf den linken preußischen Flügel gerichtet, den man von der Anhöhe, auf welcher er sich befand, zu vertreiben suchte. Aber die Preußen drangen unerschrocken vor, erkämpften in den Weinbergen eine Grenzmauer nach der andern, stiegen in die Ebene hinab und verfolgten die Feinde, von denen ein Teil sich in die Elbe stürzte, während ein andrer sich in Lowositz festsetzte. Neue österreichische Heerhaufen stellten sich den Preussen entgegen. Diese hatten sich durch sechsstündiges Feuern verschossen und drohten nun, da ihnen Pulver und Blei fehlte, mutlos zu werden. Doch der Herzog von Bevern, der diesen Teil der preußischen Armee führte, rief den Seinen heiteren Mutes zu: „Bursche, seid darüber unbekümmert! Weshalb hätte man euch gelehrt, den Feind mit gefälltem Gewehr anzugreifen?“ Diese Worte weckten allen Mut seiner Scharen, und obgleich die feindlichen Heerhaufen sich immer mehr verstärkten und namentlich an Lowositz einen festen Stützpunkt fanden, so warfen sie doch mit gefälltem Bajonett alles vor sich nieder, drangen in Lowositz, zwischen den Häusern, die jetzt in Feuer aufloderten, hinein und trieben den ganzen Teil der österreichischen Armee, der ihnen hier entgegenstand, in die Flucht. So war der Sieg, um 2 Uhr nach Mittag, errungen, aber nicht ohne große Opfer. Die Verluste Friedrichs waren bedeutender als die der Österreicher. Auch wusste Feldmarschall Browne seinen geschlagenen rechten Flügel durch den linken so geschickt zu decken, dass er sich ohne weiteren Verlust zurückziehen konnte. Der rechte Flügel der preussischen Armee, bei welchem Friedrich sich befand, hatte, mit Ausnahme der Verstärkungen, welche er dem linken zusenden musste, gar nicht an der eigentlichen Schlacht teilnehmen können. Es wird erzählt, dass Friedrich nach Beendigung der Schlacht — ermüdet, da er drei Tage und zwei Nächte nicht geschlafen hatte — sich in einen Wagen gesetzt habe, um ein wenig auszuruhen. Plötzlich sei, als von österreichischer Seite der Retraiteschuss geschah und hierzu aus Versehen eine scharfgeladene Kanone genommen ward, die Kugel dieses Schusses durch den unteren Teil des Wagens gefahren, so dass sie dem Könige beide Beine würde zerschmettert haben, wenn er sie nicht eben auf den Rücksitz des Wagens gelegt hätte.
Friedrich konnte die österreichische Armee nicht verfolgen, da ihn die Angelegenheit mit den Sachsen, die er jetzt zu Ende zu bringen wünschte, zurückrief und er im Augenblick zu schwache Mittel zur Hand hatte, um entscheidenderes in Böhmen ausführen zu können. Auch hatte es ihm die Schlacht von Lowositz wohl deutlich gemacht, dass er nicht mehr die alten Österreicher, sondern ein ungleich besser diszipliniertes Heer wiederfinde. Zugleich aber konnte er mit gerechtem Stolz von seiner eignen Armee sagen: „Nie haben meine Truppen solche Wunder der Tapferkeit getan, seit ich die Ehre habe, sie zu kommandieren.“ Jeenfalls war durch den Sieg die Verbindung der österreichischen Armee mit der sächsischen unterbrochen. Friedrich ließ somit den größeren Teil seiner Truppen, die bei Lowositz gefochten hatten, in einer festen Stellung zurück und brach am 13. Oktober mit den übrigen nach Sachsen auf.
Hier hatten indes die Dinge eine andre Wendung genommen. Mit unerschütterlicher Treue hatten zwar die sächsischen Truppen trotz des immer drückenderen Mangels ausgeharrt. Als aber rings um die Abhänge des weiten Kerkers das Viktoriaschießen erscholl, mit welchem die Preußen die Siegesnachricht begrüßten, und der jubelnde Donner von allen Bergen widerhallte und durch die Täler fortgetragen ward, da schien alle Hoffnung verloren. Das einzig übrige Rettungsmittel schien nun, die Wachsamkeit der Preußen zu täuschen und sich mit dem Degen in der Hand einen Ausweg zu eröffnen. Man sandte geheime Boten nach Böhmen an den Feldmarschall Browne; dieser setzte sich an die Spitze eines Korps von 6000 Mann und rückte am jenseitigen Elbufer, im Rücken der Preußen, heran, um durch kräftige Mitwirkung die Rettung der Sachsen zu erleichtern. Zur bestimmten Stunde, am 11. Oktober, war er am verabredeten Orte eingetroffen; aber der erste Versuch des Überganges der Sachsen über die Elbe, der gleichzeitig erfolgen sollte, misslang. In der folgenden Nacht machten die Sachsen den Übergang möglich, während Kanonenschläge von der Höhe des Königsteins den Österreichern das Zeichen zum Angriff auf die preußischen Posten, welche hier noch den Sachsen entgegenstanden, geben sollten. Aber der Sturm des Himmels überschallte die Kanonenschläge. Browne blieb in seiner Stellung. Sowie die Sachsen die Höhen von Pirna verließen, waren auch die Preußen emporgedrungen und der Nachtrab und das Gepäck in ihre Hände gefallen. Nun wurden auch die preußischen Posten jenseits der Elbe verstärkt und die Sachsen aufs Neue in der unwegsamsten Gegend eingeschlossen. Bis zum 14. Oktober harrte Browne aus; Dann kehrte er, dessen eigne Stellung mit jeder Stunde gefahrvoller wurde, nach Böhmen zurück. Zweiundsiebzig bange Stunden brachten die entkräfteten Sachsen unter offenem Himmel, bei anhaltendem Regen, ohne Nahrung und ohne Schlaf zu. Brühl und der König, die sich auf dem festen Königstein aller Bequemlichkeit und allen Genusses erfreuten, geboten verzweiflungsvollen Angriff; aber die sächsischen Generale sahen die gänzliche Unmöglichkeit ein. Sie versuchten jetzt, durch eine ehrenvolle Kapitulation ihre Freiheit zu erlangen. Graf Rutowski, der Oberbefehlshaber der Sachsen, sandte einen Offizier mit seinen Bedingungen an Winterfeldt. Dieser versicherte jedoch, dass er dazu vom Könige keine Erlaubnis habe, führte jenen, damit den Sachsen auch der letzte Schimmer des Mutes genommen werde, selbst durch die ganze Kette der preußischen Posten und entließ ihn endlich mit der Anweisung, er möge dem Grafen Rutowski nur eine genaue Beschreibung der preußischen Stellung machen.
So blieb der gesamten sächsischen Armee nichts übrig, als sich der Gnade des preußischen Königs zu Kriegsgefangenen zu übergeben. Sämtliche Regimenter mussten das Gewehr strecken. Friedrich kam die Reihen herauferitten, hieß die feindlichen Generale, als diese ihm mit entblößtem Haupte entgegentraten, achtungsvoll willkommen und lud sie zu seiner Tafel. Unter die halbverhungerten Soldaten wurde reichlich Brot ausgeteilt. Die sächsischen Offiziere erhielten, als sie ihr Ehrenwort gegeben hatten, dass sie während dieses Krieges nicht gegen die Preußen kämpfen wollten, die Erlaubnis, nach Hause zurückzukehren. Die Soldaten aber, über deren Unterhalt und Bewahrung man in Verlegenheit war, wurden genötigt, zur preußischen Fahne zu schwören. Sie erhielten preußische Uniformen, preußische Offiziere und wurden zum Teil unter die preußischen Regimenter verteilt, teils blieben sie ganz beisammen. Friedrich vermehrte durch sie sein Heer ansehnlich, aber er hatte dabei nicht auf das Nationalgefühl der Sachsen gerechnet; die Dienste, welche sie ihm leisteten, waren gering, und mehrfach gingen nachmals ganze Regimenter in voller militärischer Ordnung wieder zum Feinde über.
Hiermit war der erste Feldzug zu Ende. König August, der vom Königstein aus Zeuge der Gefangenschaft seines Heeres gewesen war, erbat sich Pässe von Friedrich und ging mit seinen jüngsten Söhnen und mit Brühl nach Warschau, wo er sich in glänzenden Hoffesten zu erholen bemühte. Doch blieb seine Gemahlin in Dresden zurück und ließ es sich fort und fort angelegen sein, insgeheim feindlich gegen Friedrich zu wirken. Die preußischen Armeen wurden aus Böhmen zurückgezogen und der Grenzkordon zur Sicherung der Winterquartiere errichtet.
Aber der erste Feldzug war nur das Vorspiel zu ungleich gewaltigeren Bestrebungen. Die Kühnheit, mit der Friedrich seinen Gegnern zuvorgekommen war, reizte ihre Eifersucht zum glühendsten Hasse. Der Kaiser machte den Kampf zu einer Angelegenheit des deutschen Reiches und der katholischen Kirche; Friedrichs Absicht sollte auf die Unterdrückung der letzteren gehen, als Reichsstand sollte er der Acht verfallen sein, und in der Tat kam es schon jetzt so weit, dass der Reichstag, bei dem der Kurfürst von Sachsen seine Klage eingereicht hatte, gegen ihn, im Januar 1757, eine „eilende Reichs-Exekutionsarmee“ aufbot, zu deren Führer der Reichsfeldmarschall Prinz Joseph Maria Friedrich Wilhelm Hollandinus von Sachsen-Hildburghausen ernannt ward. Durch einen schlimmen Druckfehler in der öffentlichen Kundmachung dieses Aufgebotes war aber die „eilende“ Armee bereits vorläufig als eine „elende“ bezeichnet, und als solche trat sie auch nachmals, ohne sich zugleich übergroßer Eile zu befleißigen, hervor. Das deutsche Reich als solches war schon lange zu einem leeren Schattenbilde herabgesunken.
Bedeutender war die Gefahr, die von den auswärtigen Mächten drohte. Der französische Hof erklärte, dass er den Einfall Friedrichs in Sachsen als eine Verletzung des Westfälischen Friedens, dessen Bürge Frankreich sei, betrachte. Zu den schon vorhandenen Gründen des Hasses waren hier neue gekommen. Die Königin von Polen war eine Mutter der Gemahlin des Dauphins von Frankreich; an ihr fand die Maitresse des Königs eine willkommene Bundesgenossin gegen Friedrich, und zugleich stimmte mit ihren Ansichten das französische Ministerium überein, dem es nur erfreulich war, wenn der Seekrieg mit England, dem Verbündeten Friedrichs, in einen Landkrieg gegen Hannover verwandelt wurde. So ward ein furchtbares Heer gerüstet, um dasselbe über den Rhein gegen Hannover und gegen Preußen zu führen. Schweden musste dem Interesse Frankreichs folgen; von dieser Seite ward der Entschluss gefasst, den Teil von Vorpommern, den Schweden an Friedrichs Vater hatte abtreten müssen, durch Waffengewalt wieder zurückzufordern. Russland schloss im Januar 1757 einen neuen Bund mit Österreich gegen Friedrich. Österreich lieferte Subsidiengelder, die jedoch eigentlich von Frankreich kamen, zur Unterstützung der russischen Rüstungen. Gegen die Übermacht dieser Feinde hatte Friedrich nur wenig Verbündete von Bedeutung. In Deutschland hielten nur einige kleinere Fürsten, die zum Teil in englischem Solde dienten, ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Das Buch
  2. Der Autor
  3. Inhaltsverzeichnis
  4. Der ganze Kugler
  5. Den Freunden des Vaterlandes
  6. Erstes Buch: Jugend
  7. Zweites Buch: Glanz
  8. Drittes Buch: Heldentum
  9. Viertes Buch: Alter
  10. Schluss Das Testament des großen Königs
  11. Weitere Informationen
  12. Impressum