Angstallianzen
Angsttypen im Gespräch
1/4 Arbeitsteilung
STARRSINNIGER
Uns wurde, wie du weißt, was Neues aufgetragen.
Gemacht hat bisher keiner solch ein Teamprojekt.
Hinaus auf fremde Felder sollen wir uns wagen.
Man hat’s Budget gekürzt, die Ziele hochgesteckt.
Gefahr birgt’s Ungewisse, doch – die lässt sich bannen.
Denn seh, ich hab uns einen Plan zurechtgelegt.
Ist der einmal fixiert, wir könnten uns entspannen.
Das Unvertraute wäre praktisch eingehegt.
SELBSTVERLEUGNER
Ich weiß nicht recht, wieso uns überhaupt beschränken?
Die Planung hab ich auch, nur eher still bedacht.
Die ganze Nacht versuchte ich sie neu zu denken.
Heut Morgen bin ich voller Tatendrang erwacht.
Ich bin der Meinung, Großes könnten wir vollbringen,
solange ungewiss das Ungewisse bleibt.
Berühren muss es tief, sonst wird uns nichts gelingen.
Wie wär’s, wir schauen mal, wohin der Strom uns treibt?
STARRSINNIGER
Bedenke wohl, es sind Termine einzuhalten!
Wir brauchen festen Boden, Normen statt Natur.
Wir können Fantasie im Team nicht frei entfalten.
Wenn alles fließt, so fehlt am Ende noch Struktur.
Erfolge gibt es nicht geschenkt, man muss sie planen.
Der Wandel braucht ein Maß, ich nimm das in die Hand.
Ich brauch’s konkret, mir reicht kein Spüren oder Ahnen.
Wir folgen meinem Weg, ich hab den Sachverstand.
SELBSTVERLEUGNER
Du willst mich über Gründlichkeit und Fleiß belehren.
Dann sag doch besser gleich, die traust du mir nicht zu!
Du kennst mich schlecht, mein Tun wird Hand noch Fuß entbehren.
Die Pflicht entlockt mir Tatkraft, lässt mir keine Ruh.
Es fällt mir schwer, mich selbst als leistungsstark zu zeigen.
Viel wohler fühl’ ich mich im grauen Hintergrund.
Der Auftrag aber rief, da durfte ich nicht schweigen.
Ich brauche meinen Platz, nicht gerne tu ich’s kund.
STARRSINNIGER
Was soll’s, man sieht auch so, du stellst uns in den Schatten.
Dein Ehrgeiz ist, wiewohl versteckt, durchaus bekannt.
Doch täte ich so viel, es würde mich ermatten.
Dein stiller Fleiß bedrückt und drängt mich an den Rand.
SELBSTVERLEUGNER
So bin ich nicht, du irrst, ich gebe bloß mein Bestes
und nehme an, wir alle setzen alles ein.
Kannst du das aber nicht, ich schlage vor, du lässt es.
Was mich betrifft, ich suche nur perfekt zu sein.
Ich will nicht vorne stehn und hasse es zu glänzen.
Am liebsten bin ich immer tüchtig unbemerkt.
Jedoch muss ich mich wehren, will man mich begrenzen.
In meinem Trotz hat mich dein Eigensinn bestärkt.
STARRSINNIGER
Ich wollte dich, verzeih!, auf keinen Fall verletzen.
Du bist extrem sensibel, einfühlsam und klug.
Doch fürchte ich, du schaffst es nicht dich durchzusetzen.
Nur ich als Dickkopf, wie du merkst, bin dreist genug.
SELBSTVERLEUGNER
Das wäre schon in Ordnung, wenn’s auch stimmen würde.
Statt dreist jedoch bist du vor Angst bloß starr fixiert.
Und fürchtet sich der Chef, fürs Team wird er zur Bürde.
Wie soll denn führen, wer den Weg mit Macht blockiert?
STARRSINNIGER
Dann gehe du voran, die Streber gilt’s zu küren!
SELBSTVERLEUGNER
O nein, wo denkst du hin! Nur Fleiß genügt da nicht.
STARRSINNIGER
Dein Vorbild inspiriert, du hast das Zeug zum Führen.
SELBSTVERLEUGNER
Du machst dich lustig bloß, ich bin ein trübes Licht.
STARRSINNIGER
Was fürchtest du? Ich denk’, du bist für Neues offen.
SELBSTVERLEUGNER
Die Leistung, die ich bring’, du glaubst doch nicht, die reicht?
STARRSINNIGER
Wenn das zu wenig ist, was bleibt uns dann zu hoffen?
SELBSTVERLEUGNER
Ich mach ja gar nicht viel, das Bisschen fällt mir leicht.
STARRSINNIGER
Zu ängstlich eng bin ich, desgleichen du bescheiden.
Da fragt sich doch von selbst: Was könnten wir zu zweit?
SELBSTVERLEUGNER
Dass alle sehn, was ich nicht kann, ich will’s vermeiden.
Wenn’s keiner merkt, bin ich zu treuem Dienst bereit.
Man muss mich lassen, eher unauffällig loben.
Ich achte mich gering, nur tu es mir nicht gleich!
STARRSINNIGER
Bei mir sind deine Rechte bestens aufge...