KAPITEL ZWEI
Der Moment als es „Klick“ gemacht hat
NICOLE WENDLAND
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Ich erzähle dir meine Geschichte. Eine Geschichte, die von Kindheitsträumen handelt. Von Träumen, die zu zerplatzen drohten, von Wegen, die durch Tunnel führten und von Helligkeit, die der Dunkelheit folgte. Ich erzähle dir vom Scheitern und wie du trotzdem gewinnen kannst.
So lange ich denken kann, war es mein Traum, Grundschullehrerin zu werden. Schon früh unterrichtete ich meine Schwester im 1+1 und im ABC. Ich gab die Hoffnung nicht auf, dass sie von mir lernen würde, auch wenn sie mit ihren vier Jahren eine schlechte Schülerin war. Vermutlich war ich eine ebenso schlechte Lehrerin. Dennoch hielt ich an diesem Traum fest. Ich selbst war nicht gerade eine gute Schülerin und es fehlte mir an Selbstbewusstsein. Kinder können grausam sein, wenn sie merken, dass jemand nicht das Selbstbewusstsein hat, sich zu wehren. Ich wurde schikaniert, heute würde man sagen gemobbt. Rückblickend litt ich mehr unter der Schule als dass ich Freude an ihr hatte. Dennoch hielt ich an meinem Traum fest, Lehrerin werden zu wollen. Warum eigentlich? Zwischendurch hasste ich die Schule sogar. Ging nur mit Bauchschmerzen hin, fürchtete die Mitschüler, den Mathematikunterricht und die Physikstunden. Warum also wollte ich stets Lehrerin werden? Erst später sollte mir klar werden, dass es das Unterrichten war, das ich liebte. Und stets hatte ich ein Herz für die Kinder, die nicht so schnell verstanden, ausgegrenzt wurden oder es einfach schwer hatten.
In der elften Klasse, zwei Jahre bevor ich mein recht gutes Abitur machte, schrieb ich eine 5 nach der anderen. Ich verfiel in Panik, denn es gab keinen Plan B. Das Abitur war schließlich die Voraussetzung, um Lehrerin werden zu können. Zum ersten Mal in meinem Leben setzte ich mich hin und lernte – allein. Ich arbeitete Inhalte auf und las mich in die Schulbücher ein. Langsam und in ganz kleinen Schritten kam ich auf den Weg des Verstehens und gewann an Sicherheit. Mathe konnte ich nie. Mein Lehrer im achten Schuljahr hatte mir schon vorhergesagt, dass ich in Mathe niemals erfolgreich sein würde. Wie schade, dass er meine Eins in der Abiturklausur nicht mehr mitbekam.
Die nächste große Krise ereilte mich schon ein paar Jahre später, als ich als zukünftige Lehrerin mein Referendariat absolvierte. Wieder kam ich an den Punkt, an dem man mir sagte, wenn ich mich nicht um 180 Grad drehen bzw. meine Lehrerpersönlichkeit ändern würde, könnte ich das zweite Staatsexamen nicht schaffen. Dann müsste ich meinen Traumberuf an den Nagel hängen. Ich war am Boden zerstört. Aufgeben? Einfach aufhören? Was anderes machen? Wie sollte ich mich um 180 Grad drehen? Aber es war doch mein Traumberuf und es gab keinen Plan B. Einen anderen Beruf wollte ich nicht. Also machte ich weiter. Wieder setzte ich mich hin und las alles, was mir in die Finger kam. Und ja, ich brach aus meiner Komfortzone aus und fragte andere: „Wie hast du das gemacht? Kannst du mir helfen?“ Bisher hatte ich immer alles allein gemacht und gemeint, dass ich nur dann erfolgreich sein kann, wenn ich es allein schaffe. Ein absoluter Trugschluss. Ich musste einen schmerzhaften Weg gehen, um das zu erkennen. Wieder war ich aus meinem Scherbenhaufen aufgestanden und machte ein sehr gutes Examen.
Nun war ich Lehrerin – endlich! 1999 trat ich meine erste Stelle an, lernte gleichzeitig meinen Mann kennen und war wieder todunglücklich. Ich war Lehrerin, mein Kindheitstraum hatte sich erfüllt! Aber zwei Stunden von meinem Heimatort und fast drei Stunden von meinem zukünftigen Mann entfernt, schien mir das Glück nicht hold zu sein. Meine damalige Schulleiterin wollte mich nicht haben, die Stelle hatte sie für jemand anderes vorgesehen. Man hatte mich dorthin gesteckt, ohne sie darüber zu informieren. Darunter litt ich sehr. Ich fühlte mich überfordert, einsam und fehl am Platz. Sonntagabends fühlte ich mich oft krank vor Unwillen am nächsten Tag in die Schule zu gehen. Verzweifelt suchte ich nach Wegen, heimatnah eingesetzt zu werden. Trotzdem arrangierte ich mich mit der Situation, kämpfte mit schwierigen Schülern, kam an meine Grenzen und ließ mich dennoch nicht unterkriegen. Die Tage wurden freundlicher und heller. Ich hatte mich den Herausforderungen gestellt, fand Wege mit schwierigen Schülern umzugehen, begann einen Malkurs, knüpfte lose Kontakte. Die Einsamkeit wurde weniger und ich gewann an Selbstvertrauen. Ich war durch den Tunnel der Einsamkeit, des Überfordertseins, der Unzulänglichkeit gegangen. Ich wurde immer stärker und selbstbewusster. Mein Ansehen im Kollegium wuchs. Die Klasse, die Eltern und ich wuchsen zusammen. Ich wurde respektiert und die Schulleiterin hielt inzwischen große Stücke auf mich. Kein Vergleich mehr zum Beginn, an dem ich mich wie eine schüchterne, völlig unzulängliche graue Maus gefühlt hatte. Aber was hat mich so stark gemacht? An welcher Stelle war aus der Dunkelheit Helligkeit geworden? Nun, ich hatte mich den Schwierigkeiten gestellt, ich hatte nicht aufgegeben und war gleichzeitig ich selbst geblieben. Ich war in die Offensive gegangen. Ich bat Kolleginnen um Hilfe und hielt es aus, nicht von allen gemocht zu werden und durfte am Ende schließlich erleben, dass ich doch gemocht wurde. Wie eine Raupe wurde ich zum Schmetterling, der mit Freude und Leichtigkeit der Sonne entgegenflog. Ich hatte es geschafft, mich aus eigener Kraft in der Schule zu integrieren, Ansehen zu genießen und vor allem hatte ich es geschafft, mich dort wohl zu fühlen. Ich war sehr traurig, die Schule verlassen zu müssen, als ich hochschwanger zu meinem Mann zog. Im Laufe der nächsten sechs Jahre bekam ich drei Kinder, zwei Jungs und ein Mädchen, lebte mich erneut in einer völlig neuen Umgebung ein, in der ich wieder niemanden kannte. Doch die Erfahrungen, die ich im Rheinland gemacht hatte, gaben mir Selbstbewusstsein und Sicherheit. Wieder ging ich es aktiv an, besuchte mit den Kindern Kurse, lernte andere Mütter kennen, verabredete mich und es entstanden Freundschaften.
Ich begann nach einer neuen Herausforderung zu suchen. Mit einer gewissen Leichtigkeit bot ich Malkurse und Kurse für Mutter und Kind an, die Entdecker-Kurse. In den Kursen begleitete ich Mütter und ihre 6 Monate alten Babys mit Spielen, Liedern und Informationen über die erste Elternzeit. Ich fing einfach an, ohne mir große Gedanken darüber zu machen, ob ich dafür eine Ausbildung brauchte. Ich arbeitete mich in die Themen ein und gab mein Bestes. Das spürten die Menschen und meine Kurse wurden gut angenommen. Unbewusst folgte ich dem, was ich gut konnte und konzipierte daraus einen Kurs. Mein Konzept ging auf!
Später setzte ich meine Leidenschaft Yoga beruflich um und machte meine Ausbildung als Yogalehrerin. Parallel dazu begann ich wieder in der Schule zu arbeiten. Mit voller Begeisterung bot ich erste Yogaabende kostenlos an und bekam so viele Anmeldungen, dass ich mit zwei Kursen starten konnte. Alles fühlte sich leicht und gut an. Ich war erfolgreich, ich ging meinen Weg. Wenn ich mir das Leben erfolgreicher Menschen anschaue, und damit meine ich Menschen, die so erfolgreich sind, dass die Medien über sie berichten, dann lässt sich eines mit Sicherheit feststellen: Alle sind an irgendeinem Punkt gescheitert. Entweder bevor sie so erfolgreich wurden oder nach ihrem ersten großen Erfolg. Das schreibt sich für mich natürlich sehr entspannt und noch entspannter liest es sich. Doch die Wahrheit ist, dass dieses Scheitern oftmals von Krisen begleitet wird. Schau ich mir meine eigene Geschichte an, so waren die verschiedenen erfolgreichen Stufen meines Weges immer auch vom Scheitern, vom Aufgebenwollen und von einem starken Gefühl der Unzulänglichkeit begleitet. Das Gefühl alles hinschmeißen zu wollen, war stets präsent.
Die nächste große berufliche Krise kam, als ich wieder in der Schule arbeitete. Ich hatte die Schule gewechselt und übernahm eine Klasse. Man erwartete von mir, dass ich mich anpasste und Konzepte übernahm. Doch diese Konzepte passten nicht zu mir, nicht zu meinem Unterricht, nicht zu den Kindern. Es kam zu einer Auseinandersetzung mit meinem Vorgesetzten und ich fühlte mich unter Druck gesetzt. Am liebsten hätte ich auch hier alles hingeschmissen, wäre nur zu gern zurück in die Elternzeit gegangen. Über mehrere Wochen haderte ich mich mit mir und fasste einen Entschluss: Ich entschied mich für meinen Weg. Ich passte mich dort an, wo es für mich in Ordnung war und blieb auf meinem Weg, wo es mir wichtig und richtig erschien. Es war schwer, denn ständig stand ich unter Beobachtung und war angreifbar. Meine Anspannung war enorm und mein Familienleben litt darunter. Letztlich blieb ich jedoch authentisch und meinen Überzeugungen und meinen Schülern treu. Ich stand zu mir und meiner Meinung. Die äußerte ich auch unverhohlen, was mir nicht nur Freunde einbrachte. Zu meinem Glück ging mein Vorgesetzter und damit wurde es für mich einfacher. Es war eine schwere Zeit, dennoch hat sie mir so viel Kraft und Stärke gegeben. Ich wäre nicht die Person, die ich heute bin, hätte ich mich angepasst. Mein Mantra lautet: "Ich bleibe mir selbst treu. Ich bin so, wie ich bin." Immer wieder durfte ich die Erfahrung machen, dass mir meine konsequente Haltung auch viel Achtung entgegengebracht hat. Natürlich gab es auch private Krisen in meinem Leben: Beziehungen, die scheiterten, immer verbunden mit dem Gefühl, dass ich in den Beziehungen versagt hatte. Freundschaften, die irgendwie nicht mehr harmonieren wollten, aber nach einer Phase von Distanz auch wieder auflebten.
Alle Krisen hatten letztlich eines gemeinsam: Sie haben mich stark gemacht. Aus jeder Krise bin ich mit einem immer tiefer in mir verankerten Selbst herausgegangen. Aufgrund dieser Erfahrungen weiß ich auch jetzt, dass ich das Unmögliche schaffen kann. Ich habe es schon einmal geschafft, also kann ich es auch jederzeit wieder schaffen.
Um gestärkt aus Krisen hervorzugehen, um auf ein höheres Level zu kommen, um an Stärke und Selbstbewusstsein zu gewinnen – was braucht es dafür? Schließlich ist Scheitern und Aufgeben doch viel leichter! Es braucht dafür den Mut und die Energie sich nicht als Opfer zu sehen! Für mich ist das die Essenz, die ich aus meinen Krisen, aus meinem Scheitern gewonnen habe. Und es ist die Essenz aller erfolgreicher Menschen, die gescheitert sind und sich dann wieder proaktiv auf den Weg gemacht haben. Da war der Autor, der unzählige Stunden damit verbracht hat, seinen Roman zu schreiben. Niemand wollte sein Buch, alles vergebens. Seine gesamte Zeit hatte er in dieses Projekt gesteckt und damit kein Geld verdient. Er war am Ende, nervlich und finanziell. Noch ein letztes Mal änderte er den Text seines Anschreibens. Es war der 31. Verlag und das Buch wurde angenommen. Der Autor heißt Stephen King und es handelt sich um sein erstes Buch „Carrie“. Ein fulminanter Erfolg! Viele Erfolge werden auf dem Nährboden des Scheiterns erschaffen. Wenn wir aus unseren Fehlern und Unzulänglichkeiten lernen, nach Lösungen suchen und diesen neuen Weg gehen, dann wird es zu einem Weg aus der Krise heraus. Wenn du auf dein Versagen, dein Scheitern, deine Krise zurückblickst, dann kannst du dadurch den Schlüssel für deinen Weg finden. Damit du nicht dieselben Fehler noch einmal machst, ist es grundlegend, dich deinem eigenen Scheitern zu stellen: Was genau ist hier schiefgegangen?
Wie konnte es dazu kommen?
Welche Möglichkeiten gibt es aus diesem Loch heraus zu kommen?
Wer könnte mir helfen?
Freunde, Familie, ein Coach, ein Therapeut?
Ein weiterer wichtiger Punkt ist: Hol dir Hilfe! Gerade wenn es uns sehr schlecht geht, sehen wir die Welt und uns selbst durch eine sehr verzehrte Brille. Andere sehen unsere Situation oftmals objektiver. Häufig können Coaches oder Therapeuten uns Tools an die Hand geben, die uns wieder zu einem neuen Verständnis unserer Situation führen. Zu meinem Glück suchte ich mir Hilfe, schließlich hatte ich aus meiner Vergangenheit gelernt. Allerdings musste es mir selbst erst richtig schlecht gehen. Ich fand einen wunderbaren Coach, eine Frau, die mich wieder zurück auf meinen Weg brachte und mir zeigte, was alles in mir steckt. Manchmal braucht es jemanden von außen, der uns zeigt, welche Möglichkeiten es noch außerhalb unseres Horizontes gibt. Und das tat sie! Schnell wurde mir klar, welchen Weg ich gehen wollte. Durch den unterstützenden Beistand meines Coaches ging ich mutig meinen Weg. Ohne sie hätte ich mich vermutlich noch nicht einmal getraut, meine Webseite zu veröffentlichen. Sie war der Mut, der Ausblick und die Kraft, die mir zuweilen fehlte. Mit ihrer Hilfe gelang mir der Weg in eine „neue Welt“. Und sie half mir, Ideen umzusetzen, die für mich vorher gar nicht existierten, zum Beispiel als Selbstständige Online-Coachings anzubieten. Mit drei Kindern für mich die perfekte Lösung. Ich bin ihr so dankbar!
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist: Gib dir selbst Zeit! Wenn du gescheitert bist, ob beruflich oder privat, ist es ebenso wichtig, den Schmerz erstmal anzunehmen. Das sprichwörtliche Baden in Selbstmitleid ist daher ein sinnvoller Weg, den Schmerz anzunehmen und zu erleben. Für eine Transformation ist diese Phase enorm wichtig. Danach sollte die Phase der Reflektion erfolgen, denn nur dann kannst du dich auf den Weg machen. Nur dann kannst du nach neuen Wegen und nach Lösungen schauen. All das braucht Zeit und es dauert, bis dein neuer Weg zum Erfolg führt. Bis aus dem Trampelpfad ein neuer fester Weg geworden ist. Ein Weg gemacht aus Selbstbewusstsein, Stärke und neuen Erkenntnissen.
Hier noch einmal im Überblick:
Aus Krisen kannst du gestärkt hervorgehen, wenn du ...
… raus aus der Opferhaltung kommst und aus deinem
Scheitern lernst.
… du dir Hilfe suchst (Menschen, Bücher…).
… du dir Zeit gibst und dich in Geduld übst.
Doch nun zurück zu meinem Weg. Wieder einmal befinde ich mich an einer Weggabelung. Ich sage meinem Kindheitstraum Adé. Ich bin immer gern Lehrerin gewesen und habe mit Kindern gearbeitet. Doch nun möchte ich weiter wachsen, meinem Herzen folgen und mich in das Leben stürzen. Ich habe nur dieses eine Leben. Stell dir vor, du stehst am Ende deines Lebens und fragst dich: Warum hast du es damals nicht ausprobiert. Warum nicht? In den meisten Fällen wird die Antwort sein: "Ich hatte Angst, dass es nicht klappen könnte!" Möglich ist das, aber wenn ich das Scheitern vermeiden will, dann muss ich ein vorsichtiges Leben führen. Ich müsste in meinen Routinen, meinem Beruf und in meinem Umfeld bleiben. Darauf hoffend, dass sich nur wenig verändert, würde ich immer ängstlicher werden, denn Veränderungen sind Teil unseres Lebens. Die Fülle, die das Leben bereithält, würde an mir vorbeiziehen. Ich habe mich jedoch für das pralle Leben entschieden. Es belohnt mich mit einer Vielfalt an Gefühlen. Sicher gehören dazu auch die unangenehmen Gefühle, aber die Gefühle unbändigen Glücks überwiegen. Entscheide dich für alle Höhen und Tiefen und du wirst durch tiefe Täler gehen, aber auch immer wieder die Höhenwege entlang der Bergspitzen, die dem Himmel ganz nah sind. Ich jedenfalls habe mich dazu entschieden, diesen Weg auszuprobieren. Bisher war ich Lehrerin und im Nebenerwerb selbstständig. Ich wurde immer unzufriedener mit dem was ich tat. Wollte ich das die nächsten 20 Jahre auch noch tun? Ja, ich liebte die Arbeit mit den Kindern, doch die Unzufriedenheit nagte an mir. Ich suchte einen Schuldigen für meine Situation. Die Institution Schule war schuld. Die ganzen Vorschriften, die uns Lehrer immer mehr einengen, waren schuld. Der Leistungsdruck, der in den Schulen immer mehr zunahm, war schuld.
Es hat eine ganze Zeit lang gebraucht, bis ich erkannte, dass die Antwort für meine tiefe Unzufriedenheit, für das Gefühl in einem zu engen Korsett zu stecken, nicht bei diesen Dingen zu finden war. Es waren nicht die äußeren Umstände, tatsächlich waren sie nur der Trigger. Es war eine Energie in mir, die herauswollte. Ich wollte weiter wachsen, mich neuen Herausforderungen stellen und dazulernen. Und ja, ich will mein Leben als Spielwiese wahrnehmen und mich selbst ausprobieren. Ich stelle mich meiner eigenen Herausforderung und will den Sprung in die volle Selbstständigkeit als Yogalehrerin, Trainerin und Coach wagen.
Nun habe ich mich für ein Jahr beurlauben lassen. Ich gebe mir selbst den Raum und die Zeit in mich hineinzuhorchen. Ich stelle mich der Verantwortung meiner Familie, meinem Mann und meinen Kindern gegenüber. Und dann werde ich schon bald in ein ungewisses Leben springen. Ich fange wieder bei Null an. Nein, das stimmt nicht. Schließlich habe ich meine Ausbildungen als Lehrerin, Yogalehrerin und Coach. Und ich habe meine Erfahrungen, auf die ich stets zurückgreifen kann. Die Erfahrungen, als ich gescheitert bin, als ich versagt habe, als ich mich völlig unzulänglich gefühlt habe und die Erfahrung, wie aus etwas Dunklem und Schwerem wieder Sonne und Leichtigkeit wurde. Kennst du das? Wenn sich eine Tür schließt, dann öffnet sich eine neue. Ist etwas abgeschlossen, sei es eine Beziehung, die Arbeitsstelle oder vielleicht die Tatsache, dass deine Kinder aus dem Haus gehen, dann entsteht eine Leere. Eine unangenehme Leere. Diese Leere gibt neuen Raum in deinem Leben frei, damit wieder etwas anderes Platz in deinem Leben hat. Außerdem habe ich einen "Fallschirm" dabei. Sehr sorgfältig habe ich meine "Ausrüstung" vorbereitet und kontrolliert:
Ich habe mich meinem großen Angstthema, dem Damoklesschwert der Selbstständigen, gestellt: Meinen Finanzen! Bis vor etwa einem Jahr kümmerte ich mich überhaupt nicht um meine Finanzen. Ich wich diesem Thema komplett aus. Hauptsache ich hatte genug im Portemonnaie. Inzwischen führe ich ein Haushaltsbuch und sorge durch Sparpläne in ETFs (Exchange Traded Funds) vor, damit ich finanziell unabhängig sein kann. Der Vorteil an den ETFs ist, dass sie mit wenigen Klicks zu handhaben sind, die Rendite ganz gut ist und kostengünstig sind sie auch. Ich habe mich in das Thema Aktien eingearbeitet und Seminare besucht. Für das Jahr meiner Beurlaubung habe ich vorgespart. Ich kann also einige Monate darauf zurückgreifen. Da ich schon im Nebenerwerb selbstständig war, weiß ich, was auf mich zukommt. Dennoch bleiben viele unbekannte Variablen offen.
Es wird spannend und ich freue mich! Meine Kinder freuen sich, weil wir uns nun einen Hund anschaffen werden. Ich werde flexibler sein und mich als Mutter auch mal einbringen können, wenn in der Schule meiner Kinder Hilfe benötigt wird. Mein ältestes Kind wird bald 15 und mir wird bewusst, dass die Zeit, in der wir unsere Kinder bei uns haben, sehr begrenzt und sehr wertvoll ist. Unsere Kinder kommen lautstark und sehr einnehmend in unser Leben. Sie krempeln unser Leben komplett um. Dennoch, die Zeit mit unseren Kindern währt nur eine gewisse Phase unseres Lebens und dann müssen wir die Fülle unseres Daseins wieder aus uns selbst schöpfen. Ich schenke mir und meiner Familie eine neue Zeit.
Ich werde also in ein neues Leben springen und mich als Yogalehrerin und Coach ganz selbstständig machen. Ja, es stimmt. Noch habe ich das Türchen nicht geschlossen, die Tür ist halb geöffnet. Ich kann zurückkehren, das gönne ich mir. Ich gebe mir die Zeit, mich in Ruhe und ohne Druck zu entscheiden. Und wenn ich dann springe, habe ich meinen Fallschirm dabei. Mein Fallschirm besteht aus der Fähigkeit, nach Lösungen zu schauen, mich nicht als Opfer zu sehen, mir Hilfe zu holen und aus meinem Scheitern zu lernen. Wenn du diese Zeilen liest, werde ich mich schon entschieden haben. Ich werde gesprungen sein.
Nicole Wendland im Kurzportrait:
Nicole Wendland ist Mutter von drei Kindern, lebt auf dem Land und liebt Lasagne, Rotwein, Yoga, Bücher und Zeit mit ihrer Familie zu verbringen. Nicole ist Grundschul- und Yogalehrerin und hat sich außerdem als Coach Frauen gewidmet, die in ihrem Leben den Weg in die Leichtigkeit suchen. Vor allem jedoch Leichtigkeit im Umgang mit dem Körper und dem Essverhalten. Sie unterstützt dabei sich vom Essdruck und vom kontrollierten Essen zu befre...