Erfahrungsberichte von erfolgreichen Crowdfundern
Ein Buch mit Informationen und Anleitungen zum Thema Crowdfunding zu schreiben, ist eine interessante Sache. Sie lernen die Plattformen kennen und anhand einer eigenen Kampagne auch die einzelnen Schritte, die von der Idee bis zur erfolgreichen Kampagne führen. Und warum dann noch das Buch mit Erfahrungsberichten füllen?
Zum einen finde ich bei den herkömmlichen Buchläden und Onlinebuchhandlungen kein Buch, in denen Erfahrungsberichte nachzulesen sind. Ein Buch mit Erfahrungsberichten erfolgreicher Crowdfunder gibt es einfach nicht im Buchhandel.
Noch viel wichtiger ist etwas ganz anderes: Jede Plattform hat ihre Eigenheiten. Jede Kampagne hat ganz individuelle Besonderheiten. Jeder Mensch geht anders an eine Crowdfunding-Kampagne heran. Jeder hat hier besondere und ganz eigene Kenntnisse und Vorstellungen im Hinblick auf die Kampagne. Ganz wichtig: Jeder kann auch bestimmte Dinge und tut sich bei anderen schwer. Es ist nicht etwa wie beim Backen einer Schokoladentorte. Ein Rezept erfordert bestimmte Zutaten und eine ganz bestimmte Reihenfolge von Vorbereitungen und Arbeiten. Mal abgesehen davon, dass es auch unterschiedliche Rezepte gibt. Ich lese das ab, mache es nach und fertig ist die Torte. Es gibt bei der Torte eine festgelegte Vorgehensweise, an die ich mich halten muss, um zum Ergebnis zu kommen. Sicher, es gibt auch Varianten dieser Torte, aber auch für die gibt es ein Rezept.
Ich habe dies bei meinen eigenen Crowdfunding-Kampagnen gemerkt. Und noch viel mehr bei den Fundern, die ich angeschrieben und mit meinen Fragen gelöchert habe. Ein Kinderbuch mit fantasievollen und märchenhaften Geschichten hat eine andere Klientel als ein erotisches Fotobuch. Aber auch der Funder hat ganz andere Vorstellungen von seiner Kampagne.
Bei Startnext finden Sie ganz bestimmte Vorgaben und Tipps. Die Macher der Plattform empfehlen Ihnen, wie Sie vorgehen sollen. Aber viele Wege führen nach Rom.
Für Sie sind die unterschiedlichen Erfahrungsberichte ein Stückchen unterhaltsame Literatur, aber vor allem auch ein Fundus an Tipps und Tricks. Wie kann man sein Ziel erreichen? Wie überwindet man die Hürden, die einem bei einer eigenen Crowdfunding-Kampagne unweigerlich in den Weg geworden werden? Welche Umwege kann man einschlagen?
Funder finden, die einem etwas erzählen, ist gar nicht so leicht
Auf allen Crowdfunding-Portalen kann ich sehr gut nach erfolgreichen Kampagnen in meiner Nähe suchen. Ich bekomme eine sehr große Trefferzahl bei Startnext. Bei Kickstarter muss ich jede einzelne Kategorie einzeln durchforsten. Aber das ist ja auch okay.
Lernen musste ich, dass ich nicht einfach über die Nachrichtenfunktion die Funder anschreiben darf. Einen einmal geschriebenen Text in die Zwischenablage packen und dann jeweils per Copy & Paste an einzelne Funder senden, ist keine gute Idee. Schwupps, werden Funktionen gesperrt und man bekommt einen Spam-Hinweis von der Kickstarter-Redaktion. Dann musste ich versprechen, dass ich mich an die Regeln halte und nie wieder mehrere Funder mit dem gleichen Nachrichtentext versorge. Das ist natürlich „Kindergartenkram“. Wer sollte auch schon auf die Idee kommen und Funder anschreiben, um sie nach Erfahrungsberichten zu fragen?
Natürlich finde ich zu fast allen Projektseiten die Homepageadressen, Facebook-Kontaktdaten und E-Mail-Adressen der Funder. Leider meldet sich nicht jeder Funder, den ich anschreibe. Das ist aber normal. Verbringt man einen Vormittag damit, rund 50 Funder anzuschreiben, erhält man in der nächsten Woche etwa 5 bis 10 Antworten. Damit kann ich aber gut leben. Es muss ja nicht jeder mit mir reden. Und ich kann in mein Buch auch nicht fünfzig Interviews einfügen, von denen jedes über 10 bis 20 Seiten geht.
Natürlich habe ich mich bei den ersten Interviews und Gesprächen etwas schwergetan. Ich war sehr aufgeregt. Der Autor sitzt sonst allein an seinem Schreibtisch, vergräbt sich in seiner dunklen Bude und tippelt vor sich her.
Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, die unterschiedlichsten Menschen zu treffen. Ich habe mir ein Blatt Papier mit vorgefertigten Fragen zusammengestellt und mithilfe meines kleinen Diktiergerätes meine Fragen gestellt. Hierbei habe ich auch immer darauf geachtet, den anderen nicht nur Fragen zu stellen, sondern auch einfach mal erzählen zu lassen. Oft habe ich auch selbst etwas erzählt und eigene Erfahrungen und Meinungen zum Besten gegeben. Und so sind meine Berichte, die Sie in den folgenden Abschnitten lesen, immer nach dem gleichen Schema aufgebaut: Zuerst erfahren Sie alles Wissenswerte über das Projekt des Funders. Die Projektseite verrät, was der andere umgesetzt hat und welche Funding-Summe erreicht wurde. Hier stöbere ich auch ein wenig durch die Projektbeschreibung und die Medien. Ich schaue mir das Pitchvideo an und gebe Ihnen meinen ersten Eindruck wieder. Ich werfe einen Blick auf die Dankeschöns der Kampagne. Dann blättere ich durch das Blog und die Pinnwand. Anhand der URL der Projektseite können Sie sich die Texte, Medien und das Pitchvideo selbst ansehen.
Mit wenigen Worten schildere ich Ihnen den Weg zum Funder und den Eindruck, den er auf mich hinterlassen hat. Hier lesen Sie auch über meine persönlichen Missgeschicke und können hier und da vielleicht auch einmal schmunzeln. Sie erfahren, wo ich mich mit dem Funder getroffen habe und welche Atmosphäre uns umgab. Dann lesen Sie den Wortlaut des Interviews und Gespräches. Die Fragen, die ich jedem gestellt habe, lauteten:
- Wie bist du den auf Startnext gekommen? Warum gerade diese Plattform?
- War es ein Problem, die richtigen Dankeschöns zu finden, die notwendige Summe zu kalkulieren, die Bilder, Texte und das Video für die Projektseite zu erstellen?
- Wie hast du die Startphase erlebt? Hat dich der Kontakt zu den Fans und Unterstützern viel Arbeit gekostet?
- Kamen Fans und Unterstützer aus deinen sozialen Netzwerken, dem Bekannten- und Freundeskreis? Oder eher über Startnext direkt?
- Pinnwand und Blog haben auf deiner Projektseite viele Einträge. Der direkte Kontakt zu den Fans und Unterstützern war dir wichtig?
- Hast du auch negative Reaktionen bekommen?
- Gab es Schwierigkeiten oder Hürden im Verlauf der Kampagne?
- Würdest du die Plattform empfehlen?
- Würdest du gern einmal später wieder eine neue Kampagne starten?
- Würdest du dabei etwas anders machen?
Natürlich habe ich mich nicht streng an diesen „Frageblock“ gehalten, sondern die eine oder andere Frage abgewandelt oder auch einmal eine weggelassen. Oft ist es vorgekommen, dass ich eine Frage gar nicht stellen musste und der Funder mir von sich aus erzählt hat, was ich wissen wollte.
Jeder Funder hat mir mit seiner Unterschrift eine Genehmigung gegeben, das Gespräch im Buch verwenden zu dürfen. Natürlich habe ich es ein wenig überarbeitet und so runder gemacht. Selbstverständlich habe ich es auch jedem Funder vorgelegt.
Ich habe versucht, die Interviews und Gespräche in einem lockeren Schreibstil wiederzugeben. Der Leser soll ja nicht nur sachliche Berichte und Informationen um die Ohren gehauen bekommen, sondern auch unterhalten werden.
Um die Lesbarkeit zu verbessern, sind die Antworten der Funder kursiv formatiert.
Lesen Sie sich die Interviews und Gespräche aufmerksam durch und blättern Sie durch die Beschreibungen der Projekte. Sie werden viele Tipps und Anregungen finden.
Mit Tim Hochmuth in der Charité-Kantine
Dat Prinzesschen - Ein Märchenbuch
Startnext, Literatur
https://www.startnext.com/dat-prinzesschen
Tim Hochmuth war der erste Funder, der sich für mich Zeit genommen hat. Tim hat zusammen mit einer Freundin, der Künstlerin Sabine Sammer, bei Startnext eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Das Kinderbuch „Dat Prinzesschen - Ein Märchenbuch“ sollte über die Plattform finanziert werden. Das Funding-Ziel lag bei 9.500 €. Erreicht wurden 10.289 €. Insgesamt haben 174 Fans und 204 Unterstützer das Projekt unterstützt. Ein sehr gutes Ergebnis, wie ich finde.
Die Projektseite ist sehr liebevoll gestaltet. Hier sehen Sie bereits, dass Kinder und Eltern angesprochen werden. Der Leser und der Zuhörer werden mitgenommen auf eine „Reise durch eine lustige und bezaubernde Welt“. Schauen Sie etwas näher hin, wird Ihnen auffallen, dass hier keine „Gebrüder-Grimm-Geschichten“ erzählt werden. Aktuelle Themen hat Tim in märchenhafte Geschichten gepackt.
Ein paar kleine Zeilen lassen sich in den Vorschaubildern erhaschen. Vielmehr fallen hier jedoch die liebevollen, künstlerisch sehr fantasievoll gestalteten Zeichnungen auf. Man fühlt sich sofort in eine märchenhafte Welt versetzt.
Die Medien zeigen bereits das fertige Buch sowie die E-Book-Version des Märchenbuches. Die Projektbeschreibung verrät, dass „dat Prinzzesschen“ die Hauptfigur ist und der Leser und Zuhörer in 14 Geschichten miterlebt, was sie so alles erlebt. Mal verwöhnte Göre, mal schüchternes Mädchen und mal am Raufen mit Jungs. Statt einer Märchenfigur, die mit ihrem Feuerregen Riesen zerdeppert, hat man es in den Geschichten mit einer Figur zu tun, mit der sich der junge Zuhörer identifizieren kann und die er von gleichaltrigen Freunden kennt. Bereits beim Lesen der Projektseite entwickele ich so etwas wie eine „verliebte Sympathie“ in das Buch.
In der weiteren Projektbeschreibung lesen Sie, dass in den Märchen Bezüge zu aktuellen geschichtlichen Ereignissen versteckt sind, zu aktuellen Debatten und realen Diskussionen. Bei erfolgreicher Finanzierung sollen 400 Bücher gedruckt werden. Die Funding-Summe ist für die Druckerei, Binder, Papierschneider, Lektoren und den Grafiker gedacht.
Das Video zeigt einige der kunstvollen Zeichnungen. Es folgen eine kurze Einführung in das Thema Märchen und eine Vorstellung des Autors. Dann sehen Sie, wie die Künstlerin Sabine ein farbenprächtiges Bild malt. Sie stellt sich vor. Kleine Szenen zeigen Sie beim Malen. Sie verrät, warum Sie an dem Projekt mitarbeitet und was sie darin gut findet. Tim beschreibt sein Projekt. Einige Vorleser erscheinen und geben Leseproben aus einem der Märchen wieder. Untermalt wird das ganze Pitchvideo von einer sanften, sehr gut passenden Musik.
Die Atmosphäre der Geschichten wird hervorragend wiedergegeben. Es ist sofort klar, für wen das Buch gedacht ist. Bei einer Laufzeit von 3 Minuten und 16 Sekunden wird das Pitchvideo nie langweilig. Es gibt viele kleine Szenen, die sinnvoll zusammengestellt sind und ein rundes Ganzes ergeben. Ein wirklich gelungenes Pitchvideo, das sehr gut zeigt, wie man eine Crowdfunding-Kampagne perfekt vorstellen kann.
In den Dankeschöns finden Sie das Buch und die E-Book-Version des Buches. Das kleinste Dankeschön war eine signierte Dankespostkarte. Unterstützer konnten Originalbilder der Künstlerin erwerben und ein originales Coverbild. Unterstützer, die etwas mehr ausgeben wollten, konnten einen Nachmittag mit den beiden Fundern verbringen. Dieser Nachmittag beinhaltete eine Lesung samt kinderfreundlicher Schminkwerkstatt. Immerhin hatten sich zwei Unterstützer für dieses Paket entschieden. Die meisten Unterstützer haben das Paket „Printausgabe plus Nennung im Buch“ gekauft, gefolgt von einem Paket mit zwei Büchern, dem E-Book und einem Jutebeutel.
Der Blog zum Projekt enthält 9 Einträge. Auf der Pinnwand findet man ganze 43 Einträge. Hier ist während der Kampagne sehr viel passiert. Auf dem Blog konnte man sehr schön verfolgen, was der Autor und die Künstlerin unternommen haben. Hier erfährt man von einer Lesung, einem Radiointerview und einem Weltrekordversuch. An einem Abend gab es vier Lesungen. Sie lesen von Presseberichten und natürlich vom erfolgreichen Erreichen des Funding-Zieles. Bei zwei weiteren Beiträgen können Sie der Künstlerin bei der Auswahl der Bilder über die Schulter schauen und einen Blick auf die arbeitende Druckmaschine werfen. Abschließend gab es eine dicke „Bookreleaseparty“.
Bei der Kampagne von Tim Hochmuth und Sabine Ammer fällt besonders auf, dass sich beide sehr viel Mühe gegeben haben, ihre „Crowd“ aufzubauen, das Projekt zu bewerben und interessierte Leser an der Entstehung teilhaben zu lassen. Die Kampagne der beiden war ein echter „Fulltime-Job“.
Das Interview mit Tim Hochmuth war mein erstes Funder-Interview für dieses Buch. Dementsprechend aufgeregt war ich natürlich. Nun, aufgeregt war und bin ich bei einem solchen Interview und Treffen eigentlich immer. Ich bin es gewohnt, in meinem kleinen Zimmerchen zu schreiben und wie ein eigenbrötlerischer Nerd allein am Rechner zu sitzen. Die Arbeit eines Sachbuchautors ist nun einmal so. Nur ab und zu hat ...