Teil II - Ein Universum aus dem Nichts
Wenn man bedenkt, dass es am Anfang auf der Erde praktisch kein Leben gab und heute gibt es Flora, Fauna, eine vielfältige Tierwelt und die Menschen mit ihren Städten, Siedlungen etc., dann muss man attestieren, dass sich das alles praktisch aus dem Nichts entwickelt hat.
Wenn man bedenkt, dass sich auch unsere Kultur, egal ob Sprache, Philosophie, Malerei oder Musik einfach aus dem Nichts entwickelt hat und folglich ein Produkt menschlicher Kreativität ist, dann lässt sich der Anfang der Kreativität mit einem weißen Blatt Papier vergleichen.
1. Einführung
Ein Universum aus dem Nichts?
Diese Frage impliziert eigentlich bei jedem sofort eine neue Frage: Was bezeichnen wir als Nichts und lässt sich dieses Nichts eventuell auf Umwegen irgendwie vorstellen? Bevor ich mich mit dieser Frage ausführlich beschäftigen kann, möchte ich zunächst einige Grundsatzerläuterungen zu einem offenen, kreativen und evolutionären Universum voranstellen.
In einem evolutionären System geschehen Ereignisse grundsätzlich nacheinander, Gleichzeitigkeit ist ein absoluter Sonderfall. Dabei geht die Entwicklung vom Einfachen zum Komplexen, von schwachen Kräften zu starken Kräften. Eine evolutionäre Beschreibung ist immer eine bottom-up Erklärung, die zumeist einer e-Funktion folgt, aber durchaus von sporadischen Einbrüchen oder Rückschritten gezeichnet sein kann. Eine e-Funktion ist durch die einfache Tatsache gekennzeichnet, dass die Zahl neuer Ereignisse der bereits vorhandenen Zahl von Ereignissen proportional ist.
Eine Gleichzeitigkeit von Ereignissen, wie es von einem Urknallmodell suggeriert wird, ist evolutionär undenkbar. Betrachtet man die beiden uns bekannten weitreichenden Kräfte unseres Universums, die Gravitation und den Elektromagnetismus mit ihren dramatischen Größenunterschieden, dann muss man der Gravitation ein um viele Zehnerpotenzen größeres Alter zubilligen als dem Elektromagnetismus.
Der gewaltige Größenunterschied von mehr als 30 Zehnerpotenzen lässt eine Gleichzeitigkeit ihrer Entstehung eher als absurd erscheinen. Wenn man bedenkt, dass das Photon erst Jahrzehnte nach seiner theoretischen Entdeckung experimentell nachgewiesen werden konnte, obwohl es sich beim Photon um ein vergleichsweise großes Teilchen handelt, dann lässt sich vielleicht ermessen, welchen Aufwandes es bedarf, um ein mehr als 30 Zehnerpotenzen kleineres Gravi nachzuweisen. Ich benutze bewusst den Begriff Gravi, um möglichen Disputen aus dem Wege zu gehen, weil der Begriff Graviton von einigen Wissenschaftlern bereits anderweitig besetzt ist.
Als sehr spätes Produkt der Evolution haben wir Menschen keinerlei Sensorik für die eigentliche, sehr schwache Gravitation. Was wir heute als Gravitation betrachten, ist ein Sekundäreffekt, der sich erst durch die riesige, fast unendliche Überlagerung dieser extrem kleinen Gravitationskräfte bemerkbar macht. Es ist entscheidend, die von uns umgangssprachlich als Schwerkraft bezeichnete Größe als einen Sekundäreffekt der Gravitation einzuordnen.
Wollte man den relativen Stärken dieser beiden Kräfte, der Gravitation und dem Elektromagnetismus, entsprechende Alter zuweisen, so müsste die Gravitation um mehr als 30 Zehnerpotenzen älter sein als der Elektromagnetismus. Benutzt man die experimentellen Daten, die zur Urknalltheorie führten als Anhalt für die Entstehung des Elektromagnetismus dann lässt sich dem Elektromagnetismus dieses Alter von ca. 13,8 Milliarden Jahren zuordnen, nur mit einer anderen Begründung.
Die Dunkelheit des entfernten Universums wird nach der Urknalltheorie damit begründet, dass sich die weiter entfernten Galaxien mit mehr als Lichtgeschwindigkeit von unserer Galaxie fortbewegen, so dass deren Licht uns nicht erreichen kann. Nach einem Evolutionsmodell kann es kein älteres Licht geben, weil es davor schlicht noch keinen Elektromagnetismus, keine Ladungstrennung gab. Interessant ist dabei, dass wir für die astronomische Entfernungsmessung auch einen Sekundäreffekt benutzen, in dem Fall aber die fast unbegrenzte Ausdehnung elektromagnetischer Wellen.
Wenn man Kräfte, Wechselwirkungen als eine Form der Kommunikation betrachtet, dann muss der Abstand der Kommunikationspartner zur Kommunikationsgeschwindigkeit passen. Selbst wenn die Reichweite der Sprache nicht begrenzt wäre, würden sie sich als Berliner kaum mit ihrem Freund in Paris unterhalten wollen. Bei einer Schallgeschwindigkeit von 333 m/s bräuchte ein Satz von ihnen ca. 50 Minuten für die 1000 km nach Paris und die Antwort natürlich die gleiche Zeit. Diese Kommunikationsform würde sich vermutlich keiner großen Beliebtheit erfreuen.
Aus diesem Grund wurde beim Bau der chinesischen Mauer, beim Bau des Limes oder bei der Anordnung der Windmühlen auf der Karibikinsel Antigua, die auch als Signalposten dienten, dafür Sorge getragen, dass sich die einzelnen Wachtürme jeweils in Sichtweite und im Sichtbereich voneinander befanden. So konnten optische Signale innerhalb von Sekunden über große Distanzen übermittelt werden und Gefahren schnell kommuniziert werden.
Folgt man diesen Ausführungen, muss unser Universum sehr alt, fast ewig alt sein, aber im Gegensatz zu den alten Steady State Vorschlägen, ist in einem evolutionären, einem kreativen Universum Wachstum nicht nur möglich, sondern absolut notwendig. Das steht natürlich in krassem Widerspruch zu den altbewährten Binsenweisheiten von nichts ist nichts und allem, was Physiker und Wissenschaftler in hunderten von Jahren über isolierte Systeme zusammengetragen haben.
Um ein kreatives Universum verstehen zu können, muss man sich von diesem ganzen religiösen und pseudowissenschaftlichen Firlefanz frei machen, man muss lernen in offenen Systemen zu denken und man muss verstehen, dass das Nichts mehr ist als Nichts, man muss das Nichts als kreatives Nichts betrachten. Da das natürlich der Knackpunkt des Ganzen ist, werde ich versuchen, diese Vorstellung emergent entstehen zu lassen.
In ersten Teil wurde bereits gezeigt, dass für Evolution, für den Aufbau von Strukturen Energie benötigt wird. Deutlich wird das in einer kleinen Tabelle:
| Evolutionsart | Energiequelle |
| biologische Evolution | Sonne |
| kulturelle Evolution | Nahrung |
| kosmische Evolution | Nichts??? Das kreative Nichts! |
Der wichtige Baustein der biologischen Evolution ist die Photosynthese, mit deren Hilfe die Energie der Sonne, das Sonnenlicht in Wachstum, in den Aufbau von Strukturen umgewandelt wird.
Kulturelle Strukturen werden von Gehirnen erzeugt, die für diesen Strukturaufbau Energie in Form von Nahrung benötigen.
Diese einfachen Aussagen sollten genügen. Für ein generelles Verständnis ist ein größeres Detailwissen eher hinderlich als förderlich. Entscheidend ist einzig die Tatsache, dass Evolution einen Energielieferanten benötigt!
Da man grundsätzlich Evolution als offenes System betrachten kann und betrachten muss, setzt die Idee einer kosmischen Evolution unabdingbar ein offenes Universum voraus. Da ein offenes Universum per Definition keine Grenzen hat, kann es weder Paralleluniversen noch ein Jenseits geben. Die Energie für eine kosmische Evolution kann bei dieser Vorstellung also nicht von außen kommen, sondern muss in unserem Universum selbst enthalten sein.
Diese Energiequelle muss zwei Bedingungen genügen, sie muss in unserem Universum enthalten sein und sie darf für uns nicht wahrnehmbar sein! Genau diese zweite Bedingung zielt auf den Kern dieses Diskurses. Man muss eindeutig unterscheiden zwischen dem Nichts, ich präzisiere das als leeres Nichts, und dem Nicht Wahrnehmbaren, das ich im Folgenden als das kreative Nichts bezeichnen werde!
Für das leere Nichts gilt tatsächlich die Binsenweisheit Von Nichts ist Nichts, aber eben nur für das leere Nichts. Für ein Verständnis des kreativen Nichts, das den Kern einer kosmischen Evolution bildet, muss man sich intensiv mit dem Begriff der Wahrnehmung in allen Facetten beschäftigen.
Wahrnehmung hat im weitesten Sinn etwas mit Information zu tun und beim Nachdenken über Wahrnehmung bemerkt man schnell, dass Begriffe in diesem Bereich nicht eindeutig definiert sind. Wenn man allein die vier Begriffe Wahrnehmung, Information, Kommunikation und Wirkung betrachtet, stellt man fest, wie stark die einzelnen Begriffe miteinander verwoben sind.
Fast jede wissenschaftliche Disziplin benutzt diese Begriffe in irgendeiner Form und jede Aussage, die man darüber macht, wird vermutlich irgendwo einen Sturm der Entrüstung auslösen. Um nicht in Konflikt zu geraten mit bereits besetzten Vorstellungen oder Definitionen, ist man teilweise gezwungen neue Begriffe zu kreieren (ich habe das bereits mit dem Begriff Gravi versucht). Selbst wenn Menschen intuitiv verstehen, was gemeint ist, ist der Hang zur Wortklauberei und der Drang des Nicht-Verstehen-Wollens (insbesondere, wenn man dafür auch noch bezahlt wird) teilweise übermächtig.
Insbesondere die fortschreitende Spezialisierung macht teilweise eine Verständigung fast unmöglich. Da ich mein Leben lang fast immer nur interdisziplinär gedacht und gearbeitet habe, fallen mir viele meiner sprachlichen Inkorrektheiten gar nicht auf. Zwei Beispiele: Mit einem befreundeten Zahnarzt (Dr. dent.) gab es Meinungsverschiedenheiten über den Begriff Kommunikation. Er fasste den Begriff sehr eng als sprachliche Kommunikation, während für mich z.B. auch physikalische Kräfte, Wechselwirkungen eine Kommunikationsform sind.
Mit einem bekannten Juristen (Dr. jur.) kamen die unterschiedlichen Deutungen des Begriffs Imitation zum Tragen. Während für den Juristen der Begriff Imitation strafrechtliche Bewandtnis hatte (Industriespionage, Patentrecht), betrachtete ich Imitation als eine herausragende Form des Lernens, denn speziell in jungen Jahren versuchen Menschen und Tiere alles zu imitieren, was ihnen über den Weg läuft.
Natürlich sind diese Beispiele nicht maßgeblich, aber doch durchaus typisch. Wenn ich mich mit Menschen über Evolution unterhalte, muss ich immer erst klarstellen, dass ich mit Evolution nicht biologische Evolution meine. Wenn ich mich auf biologische Evolution beziehe, dann benutze ich auch diesen spezifischen Begriff.
Dieser kleine Umweg kann bei dem Begriff Information durchaus hilfreich sein. Es gibt heute einen ganzen Wissenschaftsbereich Informationstheorie, ein hochkomplexes und hochmathematisches Areal, das ich gar nicht zu betreten wage, denn es würde nur Kritik von den bekannten Experten hageln, noch dazu, wenn man die Auffassung vertritt, dass Mathematik eine reine Kunstwissenschaft ist und für die Entwicklung unserer Welt nur näherungsweise anwendbar ist.
Ich habe das Nichts unterteilt in das leere Nichts und das kreative Nichts, wobei das leere Nichts für die weiteren Ausführungen ohne Bedeutung ist. Bei dem kreativen Nichts verlässt man allerdings wissenschaftliches Terrain, denn per Definition kann sich Wissenschaft nur mit wahrnehmbaren Ereignissen befassen.
Nur lässt sich das nicht Wahrnehmbare nicht aus unserem Leben ausklammern. Ein Beispiel ist die Zukunft. Zukunft ist nicht wahrnehmbar, aber Zukunft entsteht. Dieses nicht Wahrnehmbare fällt in das Resort der Religion, ist wissenschaftlich nicht fassbar.
Diese Sichtweise erfordert aber eindeutig eine differenzierte Betrachtungsweise, die sich durchaus mit den Spielregeln der Evolution vergleichen lässt. Kooperation erschafft etwas Neues in fast beliebiger Menge und Vielfalt und der Wettbewerb sorgt für die Auswahl der beständigen, der überlebensfähigen, der vernünftigen und erfolgreichen Varianten. Im witesten Sinne lässt sich somit Kooperation mit Kreativität und Religion, und Wettbewerb mit Vernunft und Wissenschaft vergleichen oder assoziieren.
Der Kooperationsbereitschaft, der Kreativität und der Religion sind per se keine Grenzen gesetzt, erst der Wettbewerb, die Vernunft und die Wissenschaft bestimmen die tatsächlich erfolgreichen Varianten. So geht aus Kooperation und Wettbewerb eine erfolgreiche Mutation hervor, aus Kreativität und Vernunft eine 'vernünftige Kreativität' und das Ergebnis von Religion und Wissenschaft sollte eigentlich eine begnadete Philosophie sein. Die Philosophie sollte über den Tellerrand der Wissenschaften hinausschauen, religiöse Elemente mit einbeziehen, aber religiöse Spinnereien aussortieren.
Damit Philosophie Sinn macht, muss sie sich auf religiöse Annahmen der näheren Zukunft beschränken, denn nur die sind irgendwann einmal verifizierbar oder falsifizierbar. Strenger Wissenschaft ist wegen der evolutionären Unbestimmtheit ein Blick in die Zukunft verwehrt und versagt, es sei denn, dass eine Wissenschaft die Evolution und die damit verbundene Unbestimmtheit für ihren Bereich negiert.
Anscheinend genau das machen aber die Verfechter der Urknalltheorie. Obwohl unser Denken und unser biologisches Leben evolutionär sind, verweigern sie unserem Universum als übergeordnetem System diesen evolutionären Charakter!
(Wenn man einen Physiker anhält, über den Tellerrand zu schauen, dann sucht er zumeist nach anderen Tellern! Nur für Physiker: Der Teller repräsentiert ein isoliertes System.)
Wissenschaft ohne Religion ist lahm,
Religion ohne Wissenschaft ist blind.
Albert Einstein
2. Eigenschaften der Wahrnehmung - Asymmetrie, Wirkung, Trägheit, Masse
In meiner einfachen Denkweise sind Informationen die Grundlage von Wahrnehmung (Informationsregistrierung), Kommunikation (Informationsaustausch) und Wirkung. Eine Information, die nichts bewirkt, die nicht wahrgenommen wird, kann und muss man als leere Information betrachten und das ist gleichzusetzen mit keiner Information. Betrachtet man den physikalischen Begriff Wirkung (F • s • t - Kraft • Weg • Zeit), wobei Kraft das Produkt von Masse und Beschleunigung darstellt (F = m • b), dann wird sofort deutlich, dass Masse die Grundvoraussetzung einer jeden Information sein muss. Eine masselose Information kann nicht wahrgenommen werden, kann nichts bewirken. Es muss eine fundamentale Beziehung zwischen Masse und wahrnehmbarer Information bestehen!
Das hebt die Masse (Trägheit)...