Selden Peter Schröder
Kathrin Krüger
Besonderheiten der
Besteuerung
des GmbH-Gesellschafters
unter Berücksichtigung
von Rechtsprechung und
Verwaltungsauffassung
Prof. Dr. Selden Peter Schröder, Dipl.-Kfm. Dipl.-Ing., Professor für Steuern und Rechnungswesen
Prof. Dr. Kathrin Krüger, Dipl.-Kff., Professorin für Steuern und Rechnungswesen
Besonderheiten der Besteuerung des GmbH-Gesellschafters unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung
Zu den Einkünften eines GmbH-Gesellschafters gehören regelmäßig sein Anteil am laufenden Gewinn der GmbH, seine Vergütungen aufgrund von Vereinbarungen mit der Gesellschaft sowie die Einkünfte aus der Veräußerung seines GmbH-Anteils. Für die Besteuerung der den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnenden Einkünften ist regelmäßig der gesonderte Tarif gem. § 32d Abs. 1 EStG relevant. In bestimmten Fällen ist dieser jedoch nicht anzuwenden, in anderen Fällen stehen dem Steuerpflichtigen Wahlmöglichkeiten zur Verfügung. Der Beitrag greift die Besonderheiten der Besteuerung eines GmbH-Gesellschafters auf. Dabei werden einschlägige gesetzlichen Vorschriften, die entsprechenden Verwaltungsanweisungen sowie entschiedene und anhängige Verfahren der Finanzgerichte und des BFH analysiert. Auf dieser Grundlage werden Handlungsempfehlungen abgeleitet.
- Einleitung
- Grundsätzliches zur Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen
- Besonderheiten bei der Besteuerung des GmbH-Gesellschafters
- Handlungsempfehlungen
1 Einleitung
Mit einem Anteil von ca. 17 % stellt die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (einschließlich der Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt) in der Bundesrepublik Deutschland neben den Einzelunternehmen die zweitgrößte Gruppe dar54. Der überwiegende Teil dieser Unternehmen sind sog. Kleinst- und kleine Unternehmen55. Die Einkünfte ihrer Gesellschafter sind regelmäßig ihr Anteil am laufenden Gewinn der GmbH oder am Veräußerungsgewinn sowie die Vergütungen, die sie beispielsweise für die Geschäftsführung, die Überlassung von Kapital oder die Vermietung bzw. Verpachtung von Wirtschaftsgütern an ihre GmbH erhalten.
Während die Vergütungen für die Übernahme der Geschäftsführung oder die Vermietung bzw. Verpachtung von Wirtschaftsgütern grundsätzlich der jeweiligen Einkunftsart zuzurechnen und dem progressiven Einkommensteuertarif des § 32a EStG zu unterwerfen sind, unterliegen seit den Änderungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 200856 die den aus Kapitalvermögen zugehörigen Einkünfte in der Regel dem in § 32d Abs. 1 EStG verankerten gesonderten Steuertarif von 25 %.
Aufgrund der für einen GmbH-Gesellschafter regelmäßig typischen Umstände - der Verbundenheit von Gesellschafter und seiner GmbH bzw. dem Vorliegen einer unternehmerischen Beteiligung - sind die Ausnahmetatbestände und Wahlrechte im Zusammenhang mit der Anwendung des Abgeltungsteuertarifs für einen GmbH-Gesellschafter häufig von erheblicher Relevanz. Überdies kann die Behandlung von Verlusten, insbesondere vor dem Hintergrund der BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2017 zur steuerlichen Berücksichtigung von Forderungsausfällen, mit Fragestellungen für den GmbH-Gesellschafter und seinen Berater verbunden sein.
Im vorliegenden Beitrag wird die Besteuerung von Kapitaleinkünften mit ihren Besonderheiten für GmbH-Gesellschafter dargestellt. Dabei werden die relevanten gesetzlichen Vorschriften, Verwaltungsanweisungen sowie die aktuelle Rechtsprechung der Finanzgerichte und des BFH gewürdigt und auf dieser Grundlage Handlungsempfehlungen abgeleitet.
2 Grundsätzliches zur Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen
Zu den laufenden Einkünften aus Kapitalvermögen eines GmbH-Gesellschafters zählen regelmäßig die in § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG genannten Einkünfte, insbesondere der Anteil eines Gesellschafters am Gewinn der GmbH sowie verdeckte Gewinnausschüttungen. Des Weiteren sind Zinsen, die ein Gesellschafter für ein der Gesellschaft gewährtes Darlehen erhält, gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen. Überdies gehören gem. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG auch Einkünfte aus der Veräußerung des Anteils an einer GmbH sowie gem. § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 7 zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Fließen diese Einkünfte in das Privatvermögen einer natürlichen Person, unterliegen sie regelmäßig dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG i. H. v. einheitlich 25 %. Auf Ausnahmetatbestände, die zwingend oder wahlweise zu einem Abweichen von der Anwendung des Abgeltungsteuertarifs führen und die typischerweise für einen GmbH-Gesellschafter von Relevanz sind, wird im Folgenden eingegangen.
3 Besonderheiten bei der Besteuerung des GmbH-Gesellschafters
3.1 Ausnahmen von der Anwendung des Taifs gem. § 32d Abs. 1 EStG
3.1.1 Zinserträge bei nahestehenden Personen, Anteilseignern und bei sog. „Back-to-Back“-Finanzierungen
Für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nummern 4 und 7 sowie Absatz 2 Satz 1 Nummern 4 und 7 wird nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG die Anwendung des Abgeltungsteuertarifs unter Umständen ausgeschlossen. Die Vorschrift soll Gestaltungen vermeiden, die mutmaßlich der Ausnutzung der Steuersatzspreizung zwischen den Tarifen der §§ 32a und 32d EStG dienen57.
Von der Vorschrift betroffen sind insbesondere Zinserträge, Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen sowie Veräußerungsgewinne bzw. -verluste aus Darlehensforderungen im Privatvermögen. Anstelle der abgeltenden Besteuerung ist für diese der Tarif des § 32a EStG bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG anzuwenden, wenn
- Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind,
- ein Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft (Mindestbeteiligung 10 %) oder eine diesem nahestehende Person Gläubiger und diese Kapitalgesellschaft Schuldner sind58, sowie
- eine sog. „Back-to-Back“-Finanzierung vorliegt, d. h., wenn eine Kapitalanlage im Zusammenhang mit einer Kapitalüberlassung steht59.
Während die beiden letztgenannten Sachverhalte den GmbH-Gesellschafter unmittelbar betreffen können, kann dies im erstgenannten Fall mittelbar gegeben sein, beispielsweise wenn der GmbH-Gesellschafter im Zusammenhang mit seiner Beteiligung Darlehen von einer nahestehenden Person aufnimmt.
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Begriff einer nahestehenden Person. Nach der Gesetzesbegründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ist das Vorliegen eines sog. Näheverhältnisses anzunehmen, wenn von einer Seite ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann oder ein Eigeninteresse des einen an der Einkünfteerzielung des anderen besteht60. Diese Interpretation orientiert sich weitestgehend an der des § 1 AStG. Die Finanzverwaltung hingegen vermutete ein Näheverhältnis bereits aufgrund eines verwandtschaftlichen Verhältnisses, mithin zwischen Angehörigen i. S. d. 15 AO61. Zu dieser Auffassung gelangten auch verschiedene Finanzgerichte62. Im Jahr 2014 urteilte der BFH mehrfach bezüglich dieser Auslegung und der daraus resultierenden Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 lit. a) EStG. Nach Ansicht des BFH ist eine rein familiäre Verbundenheit für das Bestehen eines Näheverhältnisses allein nicht ausreichend. Vielmehr ist, wie in der Gesetzesbegründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ausgeführt, auf das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses oder eines Eigeninteresses abzustellen63.
Auch zur Auslegung des Begriffs einer nahestehenden Person im Zusammenhang mit § 32d Abs. 2 Nr. 1 lit. b) EStG urteilte der BFH, im Anschluss an ein Verfahren vor dem Niedersächsischen Fina...