ÜBERGEORDNETE ZENTRALE EINRICHTUNGEN IM
KLINIKVERBUND LANDKREIS KONSTANZ UND
SCHWERPUNKTE AM STANDORT SINGEN
Abb. 62 Prof. Dettenkofer
Das Institut für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention für den Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz wurde am 1.1.2015 gegründet. Das Institut mit Sitz am Klinikum Radolfzell ist für alle Standorte und Kliniken des Verbundes in Singen, Konstanz, Radolfzell, Stühlingen, Gailingen und Engen zuständig. Es wird geleitet von dem zuvor am Universitätsklinikum Freiburg tätigen Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin Prof. Dr. Markus Dettenkofer (Abb. 62), der deutschlandweit in zahlreichen Expertengruppen vertreten ist, so in der Fachgruppe Hygiene der QuMiK (Qualität und Management im Krankenhaus) und im Netzwerk Zukunft Hygiene (NZH). Prävention ist entscheidend, um die Risiken von Infektionen und der Ausbreitung gefährlicher Erreger zu minimieren. Der Gesundheitsverbund hatte bereits wichtige Hygiene- und Präventionsstandards etabliert – mit dem neuen Institut ist zusätzlich eine aktive, einheitliche „Klammer“ für alle Kliniken geschaffen worden. Mit den klinikspezifischen Ansprechpartnern des Institutes wird der Klinikalltag gemeinsam mit Ärzten und Pflegekräften analysiert. Ziel ist es, allgemein gültige Standards nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen festzusetzen, um präventiv und mit gezielter Prophylaxe Fehlerquellen abzustellen. Basis hierfür ist die baden-württembergische Hygieneverordnung. Die Hygienekommission mit den Verantwortlichen sämtlicher Kliniken und Abteilungen des Verbundes ist hierfür die „Legislative“. Permanente Schulung des Fachpersonals ist unabdingbar, z. B. für das Screening als Frühwarnsystem bei Patienten mit MRSA. Aufgabe von Prof. Dettenkofer ist es, zusammen mit seinem Team den größtmöglichen Teil aller einheitlichen Standards für den Verbund zu definieren und nachhaltig umzusetzen. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei auch die intensive Förderung der Händehygiene.
Das Zentrum für Geriatrie (Altersmedizin) im Landkreis Konstanz mit Sitz im Klinikum Radolfzell existiert seit 2015 und wird geleitet von Chefarzt Dr. Achim Gowin (Abb. 63). In das Zentrum integriert wurden die Abteilungen Altersmedizin aus dem Klinikum Konstanz und die Geriatrie aus dem Krankenhaus Engen. Insgesamt stehen derzeit 60 Betten für geriatrische Patienten aus dem Landkreis Konstanz und den umliegenden Regionen zur Verfügung. Die Nachfrage ist anhaltend groß. In Radolfzell soll eine Modellklinik für ältere Patienten entstehen, die entsprechend den komplexen und anspruchsvollen Erkrankungen des Alters unterschiedliche Schwerpunkte vorhalten soll. Diese Schwerpunkte sollen u. a. bestehen aus Alterstraumatologischem Zentrum, Herz-/ Kreislaufabteilung, Interdisziplinärer Demenzabteilung, geriatrischer Tagesklinik und -institutsambulanz, sowie geriatrischer Palliativeinheit. Alterspatienten mit akuten Erkrankungen sollen parallel zur akutmedizinischen Behandlung bereits von Anbeginn der stationären Behandlung an mobilisiert und rehabilitiert werden, um die Rückkehr in das häusliche Umfeld zu ermöglichen. Diese sogenannte geriatrische Komplexbehandlung schließt neben der Akuttherapie eine interdisziplinäre Behandlung durch Physio-, Ergo-, Sprachtherapie, aktivierende Pflege sowie regelmäßige sozialmedizinische Betreuung ein. Auch die Seelsorge, der Sozialdienst und weitere Komplementärtherapeuten gehören zum „geriatrischen Team“. Dazu zählen auch die Klinikclowns, Frauen des ehrenamtlichen Besuchsdienstes aus den katholischen und evangelischen Kirchengemeinden in Radolfzell, die einmal monatlich mit den Patienten eine offene Singstunde abhalten, und ehrenamtliche Begleiter für Demenzpatienten. Patienten sollen möglichst kurzzeitig nach Operationen („blutige Verlegung“) übernommen und weiterbehandelt werden. Je früher und komplexer die mobilisierenden Maßnahmen einsetzen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit der Wiedererlangung der Selbstständigkeit. Dies gilt auch für Patienten mit chronischen Herz- und Kreislauferkrankungen, degenerativen Erkrankungen wie Osteoporose, Rheuma, Hirnabbauerkrankungen und auch palliativen Erkrankungsbildern.
Das sogenannte „geriatrische Konsil“ wird in den anderen Kliniken des Verbundes zur Detektion des geriatrischen Patienten und dessen kompetenter Mitbehandlung von Dr. Janos Kehl (Abb. 64) durchgeführt.
Betriebsmedizin
Die Abteilung für Betriebsmedizin des Klinikums Singen ist als betriebsmedizinischer Schwerpunkt anerkannt und betreut die Krankenhäuser des Gesundheitsverbundes mit Ausnahme von Konstanz, kommunale Einrichtungen und gewerbliche Betriebe mit insgesamt rund 3 500 Mitarbeitern hauptverantwortlich. Die Abteilung wird seit 2007 geleitet von Dr. Birgit Schmidberger und Dr. Sabine Schollmeyer (Abb. 65). Vorgänger im Amt war Dr. Karl Bissinger, der parallel auch Chefarzt der Abteilung Nephrologie und Dialyse war.
Abb. 65 Dr. Schollmeyer, Dr. Schmidberger
Ziel der Betriebsmedizin ist es, rechtzeitig Gefahren für die Gesundheit der Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu erkennen und nach Möglichkeit auszuschalten. Dazu dienen gesetzliche oder berufsgenossenschaftlich vorgeschriebene Untersuchungen und Vorbeugemaßnahmen.
Es werden Gefährdungskataloge für die einzelnen Arbeitsbereiche erstellt, um erkannte Risiken so klein wie möglich zu halten. Dem Personal angebotene Schutzimpfungen dienen ebenfalls dieser Risikominderung. Jeder Mitarbeiter hat das Recht, den Betriebsarzt aufzusuchen und sein Befinden in Zusammenhang mit seinem Arbeitsplatz zu besprechen. In einem vertraulichen, persönlichen Gespräch kann der Betriebsarzt in Kenntnis des jeweiligen Arbeitsablaufs und der jeweiligen personellen Konstellation Ratschläge erteilen. Betriebsmedizin ist somit vorwiegend prophylaktische, d. h. vorbeugende Medizin. Sie sorgt für Gesunderhaltung am Arbeitsplatz unter anderem durch Unfallverhütung, Schutzimpfungen, Arbeitsplatzbeurteilungen und Überwachung von Hygienemaßnahmen.
Die Betriebsmedizin ist auch wichtiger Partner des Betrieblichen Gesundheitsmanagements, das sich unter dem Begriff „Gesund im Betrieb“ (GIB) seit 2011 im Klinikum Singen etabliert hat und mittlerweile auf den gesamten Gesundheitsverbund ausgedehnt wurde. Ein interdisziplinär besetzter Gesundheitszirkel will durch verschiedene Angebote die Mitarbeiter des Verbunds motivieren, etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Die Initiative ging von Singener Mitarbeiterinnen aus (Andrea Jagode, Dagmar Nardin, Birgit Schmidberger), die sich mit Rückendeckung der Geschäftsführung dieses Themas annahmen. GIB war zunächst in der Akademie angesiedelt (erste GIB-Beauftragte war die Lehrkraft Dorothea Traub-Schöllkopf) und ist seit 2017 in der Personalabteilung verankert.
Seit Herbst 2011 gibt es fortlaufende Kurse, Seminare, Vorträge. Im Mai 2016 fanden die ersten verbundweiten Gesundheitstage statt, die es seit dem jährlich gibt. GIB deckt die Themenfelder Bewegung, Rückenleiden, Entspannung, Ernährung, Prävention und Sucht ab.
Innere Medizin I
Die Klinik Medizin I mit dem Versorgungsschwerpunkt für Herz- und Gefäß- und Lungenerkrankungen wurde von 2003 bis 2011 von Chefarzt Prof. Christlieb Haller (Abb. 66) geleitet. Es bestehen jedoch auch viele Berührungspunkte mit anderen medizinischen Fachdisziplinen wie Neurologie oder Nephrologie (Nerven- und Nierenerkrankungen) und anderen internistischen Krankheiten. Der Linksherzkathetermessplatz wird im ambulanten Bereich in Kooperation mit einer niedergelassenen Kardiologenpraxis betrieben. Gefäßerweiterungen und Stenteinlagen gehören hier zur Routine. Bei herzchirurgischen Eingriffen besteht eine enge Kooperation mit dem Herzzentrum der Universität Freiburg.
Seit 1. November 2011 ist Privatdozent Dr. Marc Kollum neuer Chefarzt der Klinik Medizin I (Abb. 67). Der gebürtige Karlsruher ist nicht nur Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie mit Venia Legendi an der Freiburger Universität, sondern ist auch Diplombetriebswirt mit dem Schwerpunkt Krankenhausmanagement. Auch bei ihm liegt der Schwerpunkt vor allem im Bereich von Herzerkrankungen. Die Leistungsanforderungen an den Linksherzkathetermessplatz, vor allem die Stenteinlagen, hatten sich in den letzten Jahren derart erhöht, dass im Jahr 2015 ein zweiter hochmoderner Linksherzkathetermessplatz eingerichtet wurde. Hier wurde zusätzlich ein elektrophysiologischer Messplatz mit 3D-Mapping integriert, um das Leistungsspektrum um den Bereich der Elektrophysiologie zu erweitern. Dieser Bereich befasst sich mit der Diagnostik und Behandlung von Herzrhythmusstörungen. Diese elektrophysiologischen Untersuchungen (EPU) werden von Dr. Stefan Asbach (Abb. 68) durchgeführt, der von der Universitätsklinik Freiburg nach Singen gewechselt ist. Die I. Medizinische Klinik ist von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e. V. (DGK) als „Chest Pain Unit“ zertifiziert, seit 2016 liegt ebenso das Zertifikat der DGK zur Zusatzqualifikation Spezielle Rhythmologie vor. Seit 2011 besteht ein 24-Stunden-Bereitschaftsdienst an 365 Tagen im Jahr. Dr. Kollum liegt die enge Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten in Singen und Umgebung sehr am Herzen.
Innere Medizin II
Patienten mit Krebserkrankungen sowie Erkrankungen von Leber, Magen und Darm sind der Schwerpunkt der II. Medizinischen Klinik, die von 1990 bis 2009 von Prof. Dr. Gerhard Krieger (Abb. 69) geführt wurde. Seit 1. Dezember 2009 leitet Prof. Dr. Jan Harder (Abb. 70) die Klinik. Für die Krebserkrankungen stehen alle modernen diagnostischen Verfahren und die neuesten Medikamente zur Verfügung.
2010 wurde das Krebszentrum Hegau-Bodensee auf der Basis der Organkrebszentren in den verschiedenen Kliniken für Innere Medizin II (Onkologie) und den Kliniken für Urologie, Gynäkologie sowie Allgemein- und Viszeralchirurgie gegründet. Die Erstzertifizierung als Onkologisches Zentrum erfolgte 2012. Im Einzelnen wurden nach Vorgaben der deutschen Krebsgesellschaft Brust-, Darm- und Prostatazentren zertifiziert und inzwischen auch mehrf...