1 Die Marke als strategisches Element
1.1 Vision, Grundstrategie, Marke
1.1.1 Die unternehmerische Vision und ihre Bedeutung für die Marke
Unterschied und Zusammenhang von Vision, Marke und Marketing
Marke ist nicht gleichbedeutend mit Marketing. Das ist oft geläufig, häufig genug aber noch nicht ausreichend verstanden. Wenn Unklarheiten zur Bedeutung und Einordnung von Marke und Marketing – gleich auf welcher Unternehmensebene – herrschen, erleben wir typischerweise folgendes musterhaftes Verhalten in Gesprächssituationen:
- Gespräche verlaufen konfus mit thematischen Sprüngen zwischen operativem Tun und strategischem Entwickeln.
- Es entstehen hohe Reibungsverluste im Gespräch – zeitlich & inhaltlich – man spricht aneinander vorbei.
- Es fällt schwer, Entscheidungen zu treffen. Ohne ein Verständnis für die strategische Ausrichtung, ist die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten um ein vielfaches größer. Ganz ohne eine strategische Ausrichtung fehlt das Ziel.
Wenn Ihnen eines dieser Muster bekannt vorkommt, versuchen Sie die Unterschiede und Zusammenhänge von Strategie (Markenführung) und Aktion (Marketing) zu klären. Wir nutzen dazu gerne die Grafik auf der folgende Seite:
Abbildung 3: Unterschied und Zusammenhang von Vision, Strategie und Organisation
Die Vision gibt eine Antwort auf die Frage „Wohin wollen wir?“. Sie beschreibt dabei einen vielleicht nie erreichbaren, aber erstrebenswerten Zustand des Unternehmens in der Zukunft. Die Strategie beschreibt das „Was“ und gibt damit den Weg hin zur Vision vor. Die Marke ist hier als Vehikel, ein Mittel zum Zweck, zu betrachten, um die Vision zu verwirklichen. Die notwendigen Maßnahmen, Projekte und Aktivitäten auf diesem Weg hin zur Vision, abgeleitet aus der Strategie und dem Markenkern, liegen auf der „Wie“-Ebene und sollten im jeweiligen Funktionsbereich (z. B. im Marketing) umgesetzt werden.
Beispielsweise verfolgt ein Anlagenbauer die Vision ganzheitlicher Kompetenzgeber in einem bestimmten Nischenmarkt zu werden. Er verfolgt dabei die Grundstrategie der Innovationsführerschaft und möchte mit neuester Technik und fortschrittlichen Lösungsverfahren begeistern, der Markenkern ist Modernität. Steht dieses Gerüst erst einmal fest, können Kräfte gezielt kanalisiert werden und jeder Funktionsbereich des Unternehmens kann definieren, was diese strategische Ausrichtung für den eigenen Arbeitsbereich bedeutet. Energien werden fokussiert, gebündelt und fließen in eine gleichgerichtete Umsetzung. Mit der Vision als ganzheitlicher Kompetenzgeber wahrgenommen werden zu wollen, sollte das Marketing beispielsweise in der Kommunikation den Anlagenbau stärken und keine einzelnen Maschinen oder Elemente in den Vordergrund stellen. Der Vertrieb sollte definieren, was genau zeitgemäßer, moderner Vertrieb in dieser Branche bedeutet und die Forschungs- und Entwicklungsabteilung benötigt einen schnellen Innovationsprozess, der bereits bei der Ideengenerierung ansetzt und Neuerungen gezielt am Markt erprobt.
Sind Vision, Strategie und Markenkern definiert, bekannt, bis in das operative Tagesgeschäft aller Unternehmensbereiche hinein verstanden und gelebt, werden Sie bemerken, dass sich die Fähigkeit, gedanklich zwischen strategischen und operativen Themen zu trennen, deutlich verbessert. Durch die gemeinsame Ausrichtung reduzieren sich Reibungsverluste automatisch und die orientierungsgebende Funktion der Marke sorgt gleichermaßen für einen eindeutigeren Weg der Entscheidungsfindung – nämlich im Sinne der Marke.
Die Vision interessiert Ihre Kunden nicht
So wichtig die Orientierung für die Schlagkraft des Teams in der internen und externen Umsetzung der Strategie auch ist, so wenig interessieren diese Hintergründe Ihre Kunden. Im Kundendialog oder -kontakt geht es darum, die Vorteile dieser Ausrichtung spürbar zu machen. Das gelingt jedoch nicht, ohne die Vision an die Mannschaft vermittelt zu haben.
Um eine Vision nicht nur glaubhaft zu vermitteln, sondern auch langfristig zu verankern, haben sich im Rahmen unserer Strategieprojekte wenige, simpel erscheinende Dinge als erfolgreich herauskristallisiert, die allerdings Konsequenz und Nachhaltigkeit bedürfen.
Einfach und verständlich halten.
Die strategische Ausrichtung sollte zum alltäglichen Gespräch – insbesondere zwischen Führungskraft und Mitarbeiter – gehören und stets vorgelebt werden, sodass sie Stück für Stück Teil der Unternehmenskultur wird und an Akzeptanz und Selbstverständlichkeit gewinnt. Dazu ist keine mehrseitige Powerpoint-Präsentation erforderlich. Das Vermitteln der Vision und der Strategie im Gespräch ist deutlich erfolgreicher. Achten Sie dabei darauf, dass Sie die Leitplanken des Handelns, die durch die Vision vorgeben werden, verständlich und anschaulich bezogen auf den jeweiligen Arbeitsbereich erläutern.
Durch Wiederholung verankern.
Wie es das alltägliche Gespräch unter Punkt eins vermuten lies, reicht es nicht, die Vision einmal zu verkündigen. Sprechen Sie das Zukunftsbild aktiv immer wieder an, beziehen Sie sich darauf oder nutzen Sie die Vision, um operative Aufgaben in den richtigen Sinnzusammenhang zu stellen, um das Bild tiefer zu verankern.
Eigene Ableitungen treffen.
Lassen Sie sich Antworten auf die Frage geben „Was bedeutet die Vision und unsere strategische Ausrichtung für Dich?“ und besprechen Sie diese Antworten gemeinsam. Wichtig ist, dass Sie nicht von Beginn an vorgeben, welche Implikationen die Vision mit sich bringt, sondern die Ableitungen erst erarbeiten lassen und dann besprechen.
Anwenden im Tagesgeschäft.
Je praktischer und konkreter die Bedeutung der Vision für das jeweilige Tagesgeschäft abgeleitet wurde, desto leichter fällt es, sich daran zu orientieren, Entscheidungen zu treffen, Prioritäten setzen zu können und auch unternehmensintern Konflikte zu lösen. Nur wenn die Vision im Alltag angewendet werden kann, stärkt sie die Eigenmotivation und den gemeinsamen zielgerichteten Fortschritt.
Was an der Vision interessiert nun aber den Kunden? Der vierte Schritt der Anwendung ist entscheidend. Betrachtet man beispielsweise den Bereich Marketing und PR des Anlagenbauers, der Innovationsführer sein möchte, heißt dass nicht, dass in der Kommunikation die Begriffe „Innovationsführer“ oder „innovativ“ permanent auftauchen, sondern dass sich innerhalb der Kommunikation das innovative Denken und Handeln des Unternehmens widerspiegelt. Der Kundennutzen/ Wert sollte stets im Vordergrund stehen – denn Innovationsführer schaffen einen echten Kundennutzen und nicht nur Mehr des Gleichen.
Marketing und PR sollten sich über etablierte Spielregeln der Wettbewerber hinwegsetzen, Neues ausprobieren und den Kunden auf einmalige, interessante Art und Weise erreichen. Innovationen sollten in Geschichten verpackt und lebendig gemacht werden. Marketing und PR sollten frühzeitig in den Innovationsprozess mit einbezogen werden, um nicht erst am Ende das fertige Produkt oder die neue Dienstleistung bekanntzugeben, sondern zum Beispiel Kunden im Rahmen von Open Innovation einzubeziehen. PR kann eine aktive Innovationskommunikation leisten und die Themenfelder rund um die kommende Innovation vorher besetzen und pflegen. Es könnten frühzeitig Meinungsführer oder Experten auf einem Gebiet identifiziert und begeistert werden – zum Beispiel auch durch die gezielte Ansprache von Top-Kunden. Dieser Einbezug, das Dranbleiben und die echten Vorteile der Innovation sorgen für steigende Spannung und Vorfreude auf die Neuerung und gleichermaßen für eine stärkere Kundenbindung. Diese Umsetzung Ihrer Vision interessiert den Kunden.
Fazit
Eine Vision übt Sog aus und richtet, ähnlich wie ein Magnet, die Aktivitäten im Unternehmen auf ein Ziel aus. Es genügt dabei nicht, die Vision nur innerhalb der Unternehmensführung zu teilen. Wichtig ist, dass Sie sich die Zeit nehmen, die Vision immer wieder zu vermitteln und konkret zu besprechen, was diese Vision pro Unternehmensbereich und Mitarbeiter bedeutet. Durch diese Ableitungen stellen Sie sicher, dass die Vision verstanden und in Ihrem Sinne und im Sinne der Marke umgesetzt wird. Die klare Richtung und gemeinsam verabschiedete Umsetzung der strategischen Vorgaben bündelt Kräfte im Unternehmen und kanalisiert das Marktauftreten auf eine fokussierte, zielführende Art und Weise. Eine starke Marke fußt auf einem klaren visionären Zukunftsbild und tritt mit geordneten, abgeleiteten Aktivitäten an.
1.1.2 Leistungsführer sein – Der feine Unterschied
Ein Leistungsführer bietet beste Produkte und Services in seinem Markt, agiert und reagiert hochflexibel und ist daher in der Lage einen höheren Preis durchzusetzen als seine Wettbewerber. Was bedeutet diese strategische Grundausrichtung für die Markenführung? Was heißt es für das Marketing, Leistungsführer zu sein? Und welche Maßnahmen sorgen für das gewünschte Markenerlebnis? Fragen, denen sich ein Leistungsführer dringend stellen sollte.
Der Premiumkunde
Nimmt man einmal an, dass ein Leistungsführer auch ein Premiumprodukt verkaufen möchte – was nicht zwingend erforderlich ist –, den Massenmarkt verlässt und somit auf eine exklusivere Kundschaft trifft, so sind wesentliche Unterschiede in der Markenführung vorzunehmen. Der Markenkern bleibt der gleiche, aber die Art und Weise, wie er durchdekliniert werden muss, um die gewünschte Wahrnehmung beim Kunden zu erzeugen, unterscheidet sich deutlich. Zum Beispiel in der Kommunikation:
- Kaufentscheidungen fallen im Premiumsegment noch weniger rational. Die Marke steht im absoluten Mittelpunkt der Kommunikation. Der Preis ist kein Kommunikationsgegenstand mehr.
in der Gestaltung des POS:
- Das Markenerlebnis wird wesentlich entscheidender. Die Produkte wollen in einer ganzen Markenwelt intensiv erlebt, gespürt, erfahren werden.
im Anspruch an den Vertrieb:
Die Ansprüche an den Verkauf steigen bezogen auf die direkte Interaktion mit dem Kunden. Der Verkäufer entwickelt sich vom Berater zum vertrauten Gesprächspartner. Hervorragende Produktkenntnis und Kompetenz werden vorausgesetzt. Augenhöhe, ein vertrautes Verhältnis mit Gesprächen auch über das Produkt hin aus sowie viel sofort abrufbares Wissen über den Kunden kommen hinzu.
Marke wahrnehmen, erleben, kaufen, weiterempfehlen
Ungeachtet dessen ob es sich um ein Premiumprodukt oder ein qualitativ hochwertiges Produkt handelt, muss die grundstrategische Ausrichtung der Leistungsführerschaft im gesamten Unternehmen durchdekliniert werden. Betrachtet man einmal ausschließlich das Markenerlebnis beginnend vor dem Kauf bis nach dem erfolgreichen Abschluss, lohnt es sich, die folgenden Fragen zu beantworten.
Vorher
Vor dem Kauf steht das Kennenlernen. Die Markenführung muss zunächst definieren, wie die Marke wahrgenommen werden soll, bevor das Marketing passende Maßnahmen für einen adäquaten Marktauftritt ableiten kann. Fragen, die es durchzudeklinieren gilt, sind:
- Wie tritt das Unternehmen am Markt auf?
- Wie kann ein Kunde auf das Unternehmen aufmerksam werden und sich informieren?
- Wie einfach ist es für den Kunden, mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten?
Dabei ist es nicht erforderlich, mit einem enormen Werbebudget monatlich großflächige Anzeigen zu schalten oder eine neue Kampagne aufzurollen. Gezielte, smarte Maßnahmen haben einen viel geringeren Streuverlust und einen höheren Wirkungsgrad. Der Leistungsführer sollte sich die Mühe machen, herauszufinden, wo genau er auf seinen idealen Kunden trifft und was diesem Kunden dann in Erinnerung bleibt. In jedem möglichen Kontaktpunkt – durch Bilder, Sprache, Haptik, Platzierung, Partner und vielerlei Dinge mehr –sollte erkennbar sein, dass es sich hierbei um einen Leistungsführer handelt. Die möglichst einfache, direkte Kontaktaufnahme und Information ist dabei ein wichtiges Indiz auf einen vorbildlichen, unkomplizierten Service.
Währenddessen
Ob im stationären Einzelhandel, online oder als Dienstleister sollte sich der Leistungsführer insbesondere den folgenden Fragen stellen, um den Verkaufsprozess markenkonform auszugestalten:
- Wie gut ist die Beratung?
- Wie flexibel kann auf...