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- German
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Geschichte der Reformation in Dresden und Leipzig
Über dieses Buch
Digitale Neufassung[1839]Dass seit dem Jahre 1817 die großen Taten Gottes des 16. Jahrhunderts vor dem geistigen Auge unserer Zeit genossen aufs Neue vorübergegangen sind und das Reformationszeitalter gleichsam noch einmal von uns durchlebt worden ist, hat unstreitig auf die Bewohner des protestantischen Deutschlands den wohltätigsten Einfluss geäußert und die Liebe zu dem Evangelio vielfach wiederum angeregt. Das Volk besonders ist in unserer Zeit häufig durch Wort und Schrift auf das Werk der Reformation, das ein Werk Gottes war, hingewiesen worden, und es hat sich gern erzählen lassen von den großen Veränderungen, welche durch schwache Werkzeuge vor dreihundert Jahren in der Kirche herbeigeführt worden sind.Auch für die Städte Dresden und Leipzig bricht mit dem künftigen Jahre abermals sein Jubeljahr an. Erst nämlich wurde daselbst, so wie in den übrigen Städten der damals albertinischen Lande die Reformation eingeführt. Die Bewohner Dresdens und Leipzigs nun in nachstehendem Schriftchen darauf hinzuweisen, wie von ihren Vätern vor 300 Jahren für die Wahrheit gestritten worden ist, und ihnen so das Evangelium selbst, für welches jene kämpften, teurer zu machen, drang und zwang den Verfasser sein Herz. Sind ihm doch gerade diese Städte, in denen beiden er einst das Wort des Herrn verkündigte, besonders lieb geworden. Dass beide Städte, was die Reformationsgeschichte derselben anlangt, zusammen gehören, wird jeder zugeben, welcher mit dieser Geschichte einigermaßen vertraut ist. Hoffentlich werden auch andere sächsische Städte Schriftsteller finden, welche die im Jahre 1539 daselbst erfolgte Einführung der Reformation erzählen. Dass die nachstehende Darstellung, ob sie gleich nur eine populäre ist und sein sollte, aus den Quellen geschöpft sei, dafür sollten zum Teil die dem Texte untergesetzten Anmerkungen zeugen.Das Sammeln der in Chroniken und anderen Schriften zerstreuten Nachrichten und die Zusammenstellung derselben zu einer fortlaufenden Erzählung hat übrigens so bedeutende Schwierigkeiten, dass ich, wenn ich nicht völlig erreichte, was ich erreichen wollte, auf eine nachsichtsvolle Beurteilung wohl Ansprüche machen kann. So möge denn das Buch hingehen und Segen stiften, und dem Volk erzählen von den Taten des allmächtigen Gottes!Waldenburg, den 31. Oktober 1838.
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Information
V. Herzog Georg gibt öffentliche Verbote gegen die evangelische Lehre.
Da jedoch nicht bloß im Kloster zu Alt-Dresden, sondern auch unter Dresdens Bürgern die Böhmische Ketzerei, wie man Luthers Lehre nannte, Eingang fand, so erließ Herzog Georg 1522 von Nürnberg aus ein scharfes Mandat gegen die Lutheraner in Sachsen, desgleichen ein Mandat gegen das Lesen des Neuen Testaments, und furchtbare Strafen wurden um diese Zeit über die Evangelischen zu Dresden verhängt.2
Daher erschien denn auch schon 1523 ein Trostschreiben zu Eilenburg: „Allen Brüdern zu Dresden, die dem Evangelio hold sind.“ Um im Meißnischen die alte Lehre so lang als möglich zu erhalten, betrieb Herzog Georg besonders auch die Kanonisation des Bischofs Benno. Dieser Benno hatte im 11. Jahrhundert unter dem Papst Gregor VII. und dem Kaiser Heinrich IV. gelebt, hatte sich bei den Zwistigkeiten, welche zwischen Papst und Kaiser entstanden waren, zum Papst gehalten und wie dieser über den Kaiser den Bannfluch ausgesprochen.3
Doch mochte Meißen und die Umgegend diesem Bischof manches besonders hinsichtlich der Verbesserung des Ackerbaus zu danken haben, und von der Gegend um Lommatzsch hat sich noch jetzt im Mund der gemeinen Leute das Sprichwort erhalten: hier ist Benno gegangen. Zu Ehren dieses Bischofs Benno hatte Emser schon 1512 ein Buch geschrieben, es dem Herzog Georg dediziert, und die elendesten Märchen und Wundergeschichten von Benno erzählt. Diesen Bischof Benno sprach nun der Papst, Hadrianus VI., durch eine vom 31. Mai 1523 datierte Bulle heilig. Luther erzürnte hierüber sehr und gab das Jahr darauf eine Schrift heraus unter dem Titel: „Wider den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll erhaben werden.“ Er sagt in derselben gleich zu Anfang: „Ich bedinge zu voran, dass ich den toten Bischof Benno hiermit weder verurteilt, noch verdammt haben will. Er hat seine Richter, wie alle andere Toten, über welche keinem Menschen gebühret zu richten; es sei denn, dass Gott selber solches offenbare, erstlich durch Wort, hernach durch Zeichen. Ich will nur wider den lebendigen Satan schreiben, der sich jetzt zu dieser Zeit, so von Gottes Gnaden das Evangelium wieder aufgegangen ist, und hell leuchtet, sonst nicht weiß zu rächen, denn dass er Gott zu Spott und seinem Wort zu Schanden ein solch Gaukelspiel vornimmt, dass er sich mit silberner und goldener Geräte und köstlicher Pracht will unter dem Namen Benno (welcher wohl lieber liegenbliebe) lassen erheben und anbeten. Die Heiligen, welche man erhebt, sind gemeiniglich eitel päpstliche Heilige und nicht christliche Heilige, und durch der Heiligen Erhebung wendet sich die Zuversicht der Leute auf Gottes Gnade und Christo ab, und fällt auf die Verdienste und Fürbitte der Heiligen. Und wird so viel Gutes an ihre Kirchen gewendet, dass die guten Werke der Liebe gegen den Nächsten gar nachbleiben, dass also anstatt Gottes die Heiligen kommen, und anstatt der Nächsten Holz und Stein. Nun ist ja den rechten Heiligen nichts lieber, denn dass der Glaube fein und rein, die Liebe brünstig und stätig bleibe unter den Menschen.“4
Da nun aber auf das von Luther gegebene Zeichen, häufige Angriffe auf diesen neuen Heiligen geschahen,5 erließ Herzog Georg im Jahr 1524 am Tage Maria Magdalena ein Edikt, welches an allen Stadttoren angeschlagen wurde, und begleitete es mit einem kaiserlichen Reskript, um es über ganz Deutschland zu verbreiten.6
Doch das Werk, welches im Namen Gottes begonnen war, konnten weder Emser und Alveld mit ihren Schriften, noch Georg mit seinen Drohungen, noch auch der Papst mit seinen Heiligsprechungen, hindern. Das Volk besonders nahm immer mehr Anteil an der evangelischen Lehre, und die Dresdener scheinen nicht die Letzten gewesen zu sein, welche dem wahren Glauben sich zuwandten. War doch auch gerade in Dresden die Unwissenheit unter den Geistlichen so groß, dass selbst ein Laie das Abgeschmackte ihrer Lehren leicht einzusehen im Stand war.7
So erzählt Luther selbst von dem damaligen Pfarrer zu Dresden, Peter Eisenberg: „Der Pfarrherr zu Dresden hat das Beste getan, der aus seiner tiefen Kunst die frommen Leute hat unterrichtet, wie die Kirche sei eher gewesen, denn Gottes Wort, darum solle man der Kirche und nicht Gottes Wort gehorsam sein. Auf solche seine Narrheit ist ihm von einem geantwortet: Stehet doch geschrieben: Im Anfang war das Wort; wo war denn da die Kirche vor Gottes Wort? Da entfiel ihm alle seine Kunst, und wusste nichts darauf zu sagen, denn also: Ich meine, ihr seid auch einmal in meinem Haus gewesen. Damit war der arme lutherische Ketzer beschlossen.“8
Zwar suchte ein gewisser Schwederlich, Minorit in dem Kloster zu Neu-Dresden, in einem besonderen Buch, betitelt: Von derjenigen, die da abfallen von der Religion, großer Gefahr und Bestrafung, die Lehren des Papsttums zu verteidigen, aber, auch er eiferte mit Unverstand und vermochte dem Licht, welches seine Strahlen unter dem Volk selbst ausgebreitet hatte, nicht zu wehren.
Da jedoch Georg der einzige sächsische Fürst war, welcher an der alten Lehre festhielt, und da nicht nur in den chursächsischen Landen, sondern auch an dem Hof seines Bruders Heinrich in Freiberg der evangelische Glaube ungestört Eingang gefunden hatte, und deshalb in Georgs Herzen Misstrauen entstanden war, so beschloss er, seine Residenz Dresden zur Festung umzuschaffen. Zwar hatte Neu-Dresden schon vorher einen Graben und eine mit Türmen besetzte Mauer, aber die Vorstadt, (zu welcher die jetzige Fischer-, Töpfer-, Rampische- und Pirnaische-Gasse gehörte), stand noch offen. Er ließ daher von 1520 bis 1529 beide Teile vereinigen, dieselben mit einem Wall und Wassergraben einschließen und mit Türmen und dazu gehörigen Werken versehen.9
Wie doch aber selbst die Feinde des Evangeliums oft zur Förderung desselben beitragen müssen! An Herzog Georg sieht man dies recht deutlich! Luther hatte nämlich zur allgemeinen Freude derer, in welchen eine Sehnsucht nach Gottes Wort war, im Jahr 1522 seine Übersetzung des Neuen Testaments ausgehen, lassen, ein Werk, welches ganz geeignet war, dem Volk die Augen zu öffnen, und dasselbe zu einem richtigen Urteil über Wahrheit und Irrtum zu befähigen. Mit Unwillen sah Georg, dass auch in seinen Landen das Luthersche Testament gelesen wurde, und gab nun, wie wir später sehen werden, Befehle gegen den Ankauf der Lutherschen Bibelübersetzung. Doch meinte er zugleich, dass es von großem Nutzen sein werde, wenn von einem römischen Theologen eine Übersetzung des N. T. bearbeitet würde. Niemand schien ihm dazu geeigneter, als Emser, welcher ja schon im Jahre 1523 Anmerkungen über Luthers N. T. herausgegeben und Luthern, wie er wähnte, auf vielfache Irrtümer aufmerksam gemacht hatte. Mit Freuden nahm Emser den Antrag an, besonders da auch die Bischöfe von Meißen und Merseburg das Unternehmen billigten. Herzog Georg ließ nun das Emsersche N. T. zu Dresden im Jahr 1527 bei Wolfgang Stöckel drucken, wurde selbst der Vorredner dieses Buchs, und erteilte Emsern für dasselbe, damit er einen Genuss für seine Arbeit hätte, ein Privilegium auf 2 Jahre. In der Vorrede bürdet er Luthern alle Gewalttätigkeiten und Ausschweifungen der Wiedertäufer und der aufrührerischen Bauern auf, und schilt denselben als einen Verfälscher der heiligen Schrift. „Da nun aber seine Meinung gar nicht sei, die heilige Schrift und das Lesen derselben zu hindern, so habe er Hieronymo Emsern aufgetragen, eine neue und verbesserte Übersetzung auszuarbeiten, und es werde ihm nichts angenehmer sein, als wenn jedermann dieselbe zu seiner Seele Heil und Besten lesen wolle.“ Das Beste an dieser Übersetzung war, dass sie bis auf einzelne Worte, die Emser nach der Vulgate verändert hatte, Luthers Übersetzung wiedergab. So sehr konnte Emser den wahren Sinn der Schriftworte doch nicht verwischen, dass der Leser desselben nicht hätte sehen können, dass, was man damals Christentum nannte, in der Bibel nicht enthalten sei. Und so taten denn Herzog Georg und Emser der Reformation wider ihren eigenen Willen Vorschub.10
Denn dass auch in Dresden die Zahl der Evangelischen nicht abgenommen, sondern sich vermehrt hatte, zeigte sich 1533, wo Georg eine furchtbare Verfolgung über die Lutherischen in Dresden und im Meißnischen überhaupt verhängte. Wer es mit ihm und seinem Klerus nicht halten wollte, wer das Verbot der Speisen übertrat,11 oder sich das heilige Abendmahl nicht nach der Weise der römischen Kirche reichen ließ, wurde entweder des Landes verwiesen oder eingekerkert.
Die Geistlichen, von welchen er dies erfuhr, sendete er zur Bestrafung nach Stolpen, wo der Bischof von Meißen sich aufhielt. Einige derselben wurden dort zu ewiger Gefangenschaft verdammt, andere sind selbst in den Gefängnissen vor Gestank, Hunger und anderem Elend verdorben und umgekommen. Die Verstorbenen wurden sodann durch den Scharfrichter oder Büttel auf einen Karren geworfen und auf dem Schindanger eingescharrt. Verstorbenen Bürgern, welche des Lutherschen Glaubens verdächtig gewesen waren, wurde ebenfalls kein ehrliches Begräbnis gestattet. Man ließ die Toden außerhalb der Mauern der Friedhöfe begraben, oder wohl selbst an solchen Orten, an welchen die Verbrecher hingerichtet zu werden pflegen. Einigen verbannten Bürgern Dresdens wurde, damit es nicht an Spott fehlte, durch die Hand des Henkers ein großes Stück Tuch, welches in der Mitte einen Riss hatte, durch welchen der Verbannte den Kopf stecken musste, übergehängt, und so wurden sie zur Stadt hinausgeführt. 12
Doch größer waren die Verfolgungen, welche über die Evangelischen zu Leipzig von dem Jahr 1522 an verhängt wurden. Schon durch die Leipziger Disputation waren die Bürger Leipzigs auf Luther und seine Lehre aufmerksam geworden; mehrere Laien hatten ihn bei Gelegenheit der Disputation in Leipzig von dem freien Willen und von der Gewalt des Papstes predigen hören,13 und die vielen Schriften, welche hier gegen Luther ausgingen, waren so wenig geeignet, das Papsttum zu schützen, dass vielmehr das Volk begierig ward, die Lehre näher kennenzulernen, welche zu unterdrücken man so besorgt war.
Viele Bürger lasen Luthers Schriften und reisten in benachbarte Orte, in welchen lutherische Prediger waren, um sich weiter aus Gottes Worte unterrichten zu lassen. Auch bei der Universität fanden sich mehr und mehr Freunde des Evangeliums, sodass der Bischof von Merseburg im Jahr 1522 eine Visitation derselben zu veranstalten für nötig hielt, welche zur Folge hatte, dass der Rektor der Universität das Lesen Lutherscher Bücher und das Laufen nach evangelischen Predigern in benachbarte Orte bei Leib- und Lebensstrafe untersagte. Der Rat der Stadt Leipzig ließ es nicht einmal bei bloßen Drohungen bewenden, sondern stellte eine genaue Untersuchung an, ließ die Güter derer, bei welchen sich Luthersche Bücher gefunden hatten, konfiszieren und sie selbst aus Stadt und Land vertreiben. Dies widerfuhr z. B. im Jahr 1522 einem Bürger, Georg Schönichen, welcher sich, nachdem er aus Leipzig, verwiesen worden, nach Eilenburg, welches zu Chursachsen gehörte, begab.
Ähnliche Verfolgungen ließ von dem Jahr 1523 Herzog Georg selbst, gereizt durch die allerdings sehr derbe Sprache, welche Luther gegen ihn führte,14 über die Evangelischen zu Leipzig ergehen.
Wie wenig aber sein Wüten half, mag folgende Erzählung beweisen: Im Herbst des Jahres 1523 kam Sebastian Fröschel, welcher früher in Leipzig studiert, aber auch später Luthern in Wittenberg gehört hatte, auf Besuch nach Leipzig, und wurde von seinen Freunden gebeten, daselbst eine Predigt zu halten. Fröschel willigte ein, und hielt dieselbe in der Johanniskirche zur Erbauung vieler heimlicher Lutheraner. Er versprach hierauf seinen Freunden, dass er auch noch einmal in derselben predigen wolle, und es kamen zu der bestimmten Stunde viele Zuhörer zu der Johanniskirche. Doch sie fanden die Kirche verschlossen, wozu der Propst zu St. Thomas den Befehl gegeben hatte. Doch die Menge des Volks wollte, ohne Gottes Wort gehört zu haben, nicht nach Hause gehen, und ließen den Prediger Fröschel ersuchen, dass er vor ihnen unter freiem Himmel predigen möchte. Doch Fröschel suchte die Leute, als er unter ihnen erschienen war, zu besänftigen, und als besonders zwei Ratsherrn versicherten, dass sie den M. Fröschel in Leipzig behalten, und öffentlich predigen lassen dürften, ging die Menge ruhig auseinander. Doch der Rat zu Leipzig hatte diesen Vorfall schnell an den Bischof zu Merseburg berichtet, welcher den Prediger Fröschel alsbald vor sich forderte. Dieser wunderte sich nicht wenig, als er aus dem Mund des Bischofs vernehmen müsste, dass derselbe die offenbarsten Lehren der heiligen Schrift z. B. von der Rechtfertigung aus dem Glauben für Luthersche Irrtümer erklärte, und erzürnt zu ihm sagte: „Wir wollen dir das Evangelium verbieten zu predigen, oder wir wollen kein Fürst zu Anhalt sein.“ Ja der Bischof tat auch dem Herzog Georg von dem Vorfall Meldung und dieser ließ Fröscheln in der Nicolaischule in Arrest nehmen, und nachher unverhört von der Universität relegieren.
Wie doch durch solche Unbilligkeiten die armen Bürger gekränkt worden sein mögen, welche sich sehnten, dass sie frei das Wort Gottes möchten hören können! Wagten es doch nach Ostern 1524 selbst 104 Bürger die Bitte um Berufung eines evangelischen Predigers15 an eine der Stadtkirchen an den Stadtrat zu stellen.
Der Rat hörte aber die Bitte dieser seiner Untertanen so wenig, dass er das Gesuch vielmehr an Herzog Georg abgab, welcher denn, wie zu erwarten war, antwortete, „sie hätten Prediger genug, und es komme ihnen nicht zu, sich Prediger nach eigenem Gefallen zu erwählen.“ Doch der Herzog lernte nun einsehen, dass alle seine Drohungen die Anhänger Luthers nicht vermindert hatten, und er fing nun an, wirklich blutige Verfolgungen über dieselben zu verhängen. Johann Herrgott, ein Buchhändler, welcher Luthersche Bücher nach Leipzig gebracht hatte, wurde im Jahr 1524 verhaftet, und auf offenem Markt enthauptet. Dasselbe Urteil wurde das Jahr darauf, wo Georg durch die Bauerunruhen, welche er dämpfen half, sehr erbittert war, an 2 lutherischen Bürgern, Übelacker und Ringschmid, vollzogen. Überhaupt bürdete Georg die Bauerunruhen sowohl als die Irrtümer der Wiedertäufer der neuen Lehre gern auf, und als er im Jahr 1525 acht Anhänger Münzers in Leipzig hatte enthaupten und 15 andere mit dem Staupbesen und der Landesverweisung bestrafen lassen, berief er Rat und Bürgerschaft auf die Pleißenburg und erklärte ihnen, dass noch 300 Leipziger Bürger des Anhangs mit der Bauernrotte verdächtig wären, und dass dieselben ebenfalls das Leben einbüßen würden. Doch blieb es bei der Drohung.
Der Bischof von Merseburg tat alles, um Georgs Wut gegen die Lutherischen zu vermehren, kam 1526 selbst nach Leipzig, und ermahnte den Herzog, der sich gerade damals auf dem dasigen Schloss aufhielt, er möge ja nicht schonen, sondern durch seine Strenge der einreißenden Ketzerei einen Damm entgegensetzen. Doch starb dieser Bischof, welchen Luther oftmals als einen Feind des Evangeliums bezeichnet, bald darauf, als er wieder nach Merseburg zurückgekehrt war, und nach seinem Tode ließ auch wirklich die Verfolgung eine Zeitlang nach.
Ein Umstand aber, über welchen selbst die spätere Zeit noch nicht das gehörige Licht zu verbreiten im Stande gewesen ist, erbitterte das Gemüt des Herzogs Georg abermals sehr. Es war dies die sich schnell verbreitende Nachricht, dass er mit mehreren Fürsten ein Bündnis zur Unterdrückung seiner evangelisch gesinnten Anverwandten, des Churfürsten von Sachsen und des Landgrafen von Hessen, geschlossen haben sollte. Dieses Gerücht ging von einem gewissen Otto von Pack aus, welcher Kanzleiverweser des Herzogs Georg war. Dieser Otto von Pack nämlich eröffnete im Jahre 1527 dem Landgrafen Philipp von Hessen insgeheim, dass sich Herzog Georg mit dem König von Böhmen, Ferdinand, den Churfürsten von Mainz und Brandenburg, dem Herzog von Bayern, dem Erzbischof von Salzburg und den Bischöfen von Bamberg und Würzburg im Mai des...
Inhaltsverzeichnis
- Geschichte der Reformation in Dresden und Leipzig
- Technische Anmerkungen
- Vorwort.
- I. Kirchlicher Zustand in Dresden und Leipzig vor der Reformation.
- II. Luther in Dresden.
- III. Herzogs Georg von Sachsen Stellung zu dem Evangelio.
- IV. Die Leipziger Disputation und ihre Folgen.
- V. Herzog Georg gibt öffentliche Verbote gegen die evangelische Lehre.
- VI. Wie Luther die um des Evangelii willen von Herzog Georg Vertriebenen tröstet.
- VII. Georgs Maßregeln, um nach seinem Tod den römischen Glauben in seinen Landen zu erhalten.
- VIII. Einführung der Reformation in Dresden und Leipzig durch Heinrich den Frommen.
- IX. Vollendung der Reformation durch Herzog Moritz.
- Digitale Neufassungen
- Impressum