Das vierte Tagebuch
Love
Love is the source
and love is the end also.
The more you love –
love is spreading like an aura.
Love is the greatest miracle in live.
22. März 1989 – in the morning
Man hört sie, diese völlig überladenen Lastwagen. Irgendwie ist hier so einiges überladen. Aber in mir ist es anders. Ich fühle mich heute ganz besonders leicht. Irgendwie ist etwas von mir abgefallen. Die uralten Ambitionen, Vergangenes nachempfinden zu sollen, vermeintlich Versäumtes nachzuholen usw. Wenn `Innen´ die entspannte Stille immer mehr zu spüren ist, hört der Zustrom der ambitionierten Einflüsterungen auch immer mehr auf. – Oder das liegt jetzt daran, dass mir klar ist, dass ich bald abreise…
Die Revolution von 68 , sie ging an mir damals völlig vorbei, obwohl ich in der Mitte von Berlin wohnte. Ich hatte dafür kein Umfeld, und ich hätte es damals auch gar nicht gebrauchen können. Das kam erst viel später. Die liberalisierte Wirtschaftspolitik zehn Jahre später entzweite die Menschen, und die Gesellschaft wurde insgesamt kälter. Und was machte ich? Ich wurde Sannyasin, denn mir war klar, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann – es sei denn, man steigt aus. – Und ein!
Ich schließe die Vergangenheit jetzt ab. Jetzt ist wieder mal ein Punkt da, wo alles anders werden muss oder „sollte“. Immerhin habe ich bisher ein Aloneness-, Awareness- und Meditations-Training erlebt.
„Man übergieße mich zur Reinigung mit heiligem Quellwasser“, hätte ich dazu im Sufi-Camp hoch in den Bergen zum Spaß vielleicht gesagt…
Zwei Wege führen laut Buddha und Osho zur Freiheit – der eine durch die größtmögliche Anstrengung – um dann irgendwann auf diese Weise ins Nichts zu gelangen… der andere durch Liebe und Gnade und die Hingabe zur Existenz zum Leben. Letzterer ist einfach farbiger und dem Leben zugewandter. Hier allerdings muss man nun damit rechnen, in der Identifikation mit den schönsten Gefühlen der Welt hängen zu bleiben. Klar ist: Spirituelle Phänomene aller Art interessieren mich absolut nicht.
Jeder Tag vergeht wie im Rausch, auch wenn der mind das anders sieht. Ich höre die innere Stimme immer klarer, im Hier, und ich bin wirklich dabei, ihr zu folgen. Every day. Was in diesen Monaten jetzt passiert ist an innerem Wachstum und äußerer Entspannung…. I´m very thankful.
Late evening:
Ich „dachte“ bis zum Frühstück, nun sei es hier sozusagen erstmal alles erledigt so quasi. „May I share my breakfast with you“.
Wir haben ganz ruhig und süß nebeneinander gesessen auf einer der kleinen Bänke, sie rechts neben mir, wir haben gesessen, geplaudert – ruhig und gelassen und völlig in einem Normal-Sein, als seien wir seit dreißig Jahren in Love verheiratet. Just normality.
Wir haben uns mit unseren Tabletts und dem Frühstück darauf ganz einfach so beschäftigt, als würden wir beide das seit Jahrzehnten immer so tun. Wir haben uns unterhalten über dies und das, so wie es mit den anderen Leuten, „ihren und meinen“ auch immer ist, und dann sind wir beide etwas im Ashram rumgelaufen, wie jeder das so macht, for the Waterbottles, Postliste und etc.
Ich bin dann mit ihr zur Grabplatte gegangen, und da hat es KLICK gemacht in der Stille der Unendlichkeit. Und seitdem erlebe ich das, was ich nie geahnte Selbstverständlichkeit nennen kann. Und auch jetzt hier wieder. Sie wollte dann nach Hause, weil sie so schlecht geschlafen hat wegen dem Krach von der Straße. Kann ich mir vorstellen, wie scheiße es da ist. Aber dafür hat sie es nicht weit zum Ashram. Nur um die Ecke.
Das ist die bahnbrechende Mitteilung, die ich hier noch ablassen muss, weil ich es sowieso niemand erzählen kann.
„Normalerweise“ „hätten andere gesagt“, dass ich ja nun gleich bei ihr hätte bleiben können. Das wäre gar nicht gut. Energetisch ist es zu viel. Morgen geht´s weiter. Ich glaube, jetzt wird alles anders. Für mich zumindest, denn der Ashram hat heute einen etwas laschen Eindruck gemacht… der Master kam nicht, mit seinem Erscheinen ist vorläufig nicht zu rechnen. Also weiterhin nur Video. Ein Glück, dass ich das alles schon ganz anders erlebt habe! Extatisch bis zur Decke. Olle Sagar meinte in seiner etwas zynischen Art, die ich in meinem wunderbaren neuen Zustand nicht weiter kommentieren musste, ich sei unter den ganzen hier angereisten Arbeitnehmern und Disco-Gängern einer der wenigen, die noch eine spirituelle Ausstrahlung hätten… meinte er so…
Next day – Donnerstag, 23. März…
Wir haben uns wieder in der Frühstücksgegend getroffen, rein zufällig natürlich, aber gezielt abgezirkelt. Irgendwie habe ich gerade keinerlei Bodenhaftung. Oder gerade. More tomorrow. – Atmen……… Und noch…
Ich sitze hier… sprachlos… aber nicht, weil es kurioserweise angefangen hat, zu regnen… was zur Verwunderung genug Anlass geben könnte…
Was fällt mir noch ein… es gab am 21. einen Zen-Discourse aus der Serie vom Juli 1988 mit dem schönen Titel „Zen: The solitary bird, the cukoo in the forest.“ Würde mir nicht einfallen, wenn ich nicht gerade das neue Gefühl hätte, auch im Wald zu stehen irgendwie… aber joyful… Ich dachte noch, ich würde die letzten Tage hier nur noch so abrattern… Und dann kam sie kurz nach neun. Es war noch sehr ruhig und leer. Und richtig schön von der Atmosphäre her. – Und dann ging´s los.
Das hatte etwas von sharing between the polar opposites, von east and west and man and woman. Als sie sich mir das erste Mal voll zuwandte, als wir beide einander voll offen im Stillstand zugewandt waren, spürte ich diesen exotischen, tiefen Space dieser Frau. Dann erzählte sie mir, wie dermaßen genervt sie von Männern ist…, die alle von ihr natürlich immer nur das eine wollen – und dass sie die Augen abcheckt…
Und dann hat sie ganz tief und ganz lieb durch meine Sonnenbrille „in mich hinein geblickt“. Und dann habe ich sie abgenommen, ihr gesagt, wie ridiculous ich alles Äußere inzwischen finde – und wir haben beide gelacht. Das war unglaublich. – So noch nie erlebt… Synchronicity.
Und auch das merkte ich… mit allen ist diese Frau locker drauf, joked rum, lacht… und die ersten zehn Minuten hatte ich das Gefühl, dass sie Angst vor mir hat. Das war keine Projektion, denn ich hätte ja nie!!!!! im Traum daran gedacht, dass irgendwas Realistisches mit ihr passiert, mit mir, wo „der halbe Ashram“ hinter ihr her ist, wie ich ja öfter mal sah… Und was der immer wieder alles kommentierende Sagar an passender Stelle dann auch noch als die typische Schönheitspower bezeichnete, die jeden auch nur halbwegs mit Vernunft ausgestatten Mann erstmal fertig machen muss… …
25. März: ….. I just leave it to the Master…
Too much! Wenn das Liebe ist, dann ist es wohl noch mehr als das!
Wenn man ein Meditations-Typ ist, also jemand, dessen Weg die Meditation als Ansatz und Praxis und Weg ist, dann ist eigentlich alles soweit geklärt… dann macht man das eben… man meditiert, folgt einer Methode, praktiziert eine Praxis, ob es nun Vipassana ist oder Za-Zen oder etwas aus dem tibetischen Angebot, man hat es eigentlich einfach. Man wartet, bis ein Durchbruch passiert. Man setzt sich hin und meditiert, durch die Jahrzehnte hindurch. Alles loslassen, der Technik vertrauend weitermachen. Aber was ist, wenn man ein Love-Type ist…
A person of love sollte natürlich auch meditieren, die eine oder andere Technik oder Methode kultivieren, aber letztlich ist es nicht der Ansatz, der wirklich zündet. Das ist eben nicht Meditation, sondern eben Love. Tja – und was ist da zu tun, wenn es an verkörperten Liebesobjekten gerade fehlt? Das habe ich mich oft gefragt – und erkannt, dass es um Personen nicht geht, so sehr der Verstand oder der mind oder das Ego das auch nicht wahrhaben will oder nicht kann… etc… aber…
The person of love has to love – and to learn how to love without any conditions, also eben auch und gerade ohne Menschen, die gerade sehr liebenswert sind … das passiert, aber auf die Dauer ist das wohl doch zu einfach – und die Dramen und die ganzen Lieberomane berichten von allen Problemen, die überhaupt nur denkbar sind.
Aber die Seele will lieben, Liebe empfangen und Liebe geben, und so ist der Weg der Liebe „eine ewige Suche nach den passenden Liebesobjekten“, die eben passen, bei denen es leicht ist oder leicht erscheint.
Was Osho immer wieder zu denen gesagt hat, die der Welt entsagen und lieber „Gott“ oder irgendwelche anderen abstrakten Dinge (statt sich selbst erst einmal) zu lieben, das wissen wir ja – also was bleibt….
Keep waiting without waiting and love without conditions.
Genau das tue ich hier seit langem ja auch. Und jetzt das.
Sie ist auch uralt. Wir kennen uns aus den glorreichen Zeiten, in denen die indische Hochkultur maßgebliche Impulse für die weitere Entwicklung der Menschheit setzte, sagen wir vor 22 Jahrhunderten?...
Hier sieht man zwar viele, die Liebe leben, ausstrahlen, suchen, geben, aber gerade hier ist offenbar nur sehr wenig länger anhaltend. Und über Körper Nähe herstellen (lassen) ist gut und schön, aber zu Liebe, die mehr trägt als den heutigen Tag, nämlich in die größeren Bereiche des Alltags hinein, in einer Partnerschaft, Beziehung, Ehe gar für viele als Traum immer noch insgeheim… mit Kindern gar… hier ist das nicht das Thema. Es geht um das Aufwachen, und das in jeder Hinsicht.
Also – what to do… in love… awakening in love ….
Liebe abstrahlen, wenn man durch andere, eine Frau, einen Mann, in love ist, das ist einfach. Ich kenne das. Ich bin vor Jahren zur alten Poona-Zeit phasenweise in der U-Bahn massiv angestarrt worden… aber nicht nur wegen „Orange und Mala“, sondern deshalb… Konkret ist mir vor ein paar Monaten sogar genau das hier per Kartensession prophezeit worden… love… in meditation… „with the Master dazu und mit dabei“…
Ich fahre jetzt zu ihr… Poona mit Abendprogramm….
Ein Glück, dass ich nicht dem Stress ausgesetzt bin, sie mächtig beeindrucken zu müssen, oder „noch weiter rumzukriegen oder sowas alles“. Nein, alles ist völlig normal und selbstverständlich, denn es ist völlig klar, dass sie mich liebt. Und damit ist alles einfach… und ein schönes Maß an Weiterführungs-Excitement bleibt. Toll. Yes.
Next day
Alles schmilzt mit ihr dahin. Ich sehe, wie noch präsentes altes Misery früherer Ereignisse und Erlebnisse verdampft in nichts. So merkbar und gleichzeitig. Allein das ist schon das Therapiewunder erster Klasse. Das romantisch-sexuelle Interesse, sprich diese Anziehung, treibt alles an, aber es geht mit ihr jetzt schon in eine geradezu surreale Gemeinsamkeit. Ich weiß nicht, wie ich das „der Nachwelt beschreiben“ soll…
Vielleicht sage ich mir mal für den mind und für das Tagebuch, das mir jetzt für diese wahnsinnige Zeit noch wichtiger ist als vorher schon…:
Wir sind bestimmt ein inkarniertes tantrisches Paar der Vorgeschichte, und wir kennen uns seit mindestens dreitausend Jahren. Und alles Neue ist mit ihr „ziemlich viel an Input“. Auch das stimmt. Deshalb sind wir uns ja begegnet, damit es „ganz modern“ weitergeht. Was sie zwischendurch bisher schon aus Amerika erzählt hat… meine Güte. Aber offenbar sind wir beide jetzt nach diesen zwei Monaten der absichtslosen Vorbereitung füreinander entsprechend ready… to grow together for a while… oder für länger als eine Weile. Ich habe keine Ahnung.
Erst war es… „mind flies by“… und das geht noch weiter, denn gestern war… „mind disappears“… and the meeting becomes eternity.
Kein Denken… Sein… man sieht sich an und das ist es… die reine Wahrnehmung ist mehr als genug. Kein Denken… just this Moment.
Das wird nicht immer so ein, das ist auch anders in jedem Moment, aber der Grundinhalt dessen, was wir miteinander erleben… ist emptiness.
Kein Denken. Sein…
Der Verstand kann vom Herz beiseitegeschoben werden. Gerade erlebt.
Und dann haben wir uns doch wieder intensiver unterhalten… auf dem Balkon. Leider ist es da zu unruhig und laut durch diese Straße da vorn.
Ansonsten kann man nichts wollen, weil das Hier und Jetzt im Moment so überwältigend in seiner Eindringlichkeit ist… was soll man da noch wollen. Man könnte sagen, es wäre schön, wenn wir nun irgendwo in der Südsee wären… Aber wir sind hier in Poona in diesem Ashram mit Tausenden, wir sind bei Osho, und das hat ja nun den allerersten Vorrang sowieso. Und dass wir beide hier nun auch noch das erleben, was wir erleben------- unglaublich. The synchronicity –
Zorba is Love –
and Buddha is Awareness…
27. März 1989 in the morning
Vor Jahren hat mir ein alter Freund mit großem Fabel für das Weibliche Latein-Amerikas eine Freundin vorgestellt, die nun auch noch passend Mercedes hieß, wie ich mit ihm damals übereinstimmend feststellte. Aber dass an ihr das vielleicht alles Entscheidende fehlte, das kam mir auch sofort rein. Bei der nächsten „Gespielin aus Caracas“ wurde es mir klar, eigentlich auch vorher ja s...