Die Weihnachtstrilogie
Die Liebe der Hirten
Die Hoffnung der Weisen
Der Glauben Mariens
Die Liebe der Hirten
oder
Die Anbetung der Hirten
(Erstaufführung Weihnachten 1981 in St. Franziskus, Marburg - Cappel)
Personen:
Maria
Joseph
Wirt
Ruth
Thomas
Jonas
Johannes
Engel
Frauen, Hirten
I. SZENE
Maria: Joseph, ich kann nicht mehr. Haben wir noch lange zu gehen bis Bethlehem?
Joseph: Nein, Maria, schau, siehst du nicht die Lichter da oben auf dem Hügel, dort ist Bethlehem. Bald haben wir es geschafft. Ruhe dich ein bisschen aus, das letzte Stück ist immer das schlimmste.
Maria: Dank sei dem Herrn! Wir sind da! Schau, Joseph, meine Müdigkeit ist schon fast weg. Dieses Lichtlein am Horizont gibt mir eine solche Hoffnung. Endlich, nach einem so langen Marsch, ausruhen zu können, in der Wärme zu sitzen. Oh, Joseph, wie froh bin ich. Ich habe eine solche Angst gehabt, das Kind könnte noch unterwegs kommen. Ich wollte dir gar nichts sagen, Joseph, aber ich fühle, ich glaube, seine Geburt ist sehr nah. Beeilen wir uns, bitte.
Joseph: Maria, mach dir keine Sorgen. Der Herr, unser Gott, sorgt für uns. Alles wird schon seinen Lauf nehmen. So wie Er es bestimmt hat.
Maria: Joseph, schau, wir sind schon da. Oh, wie viele Soldaten sind heute hier und Reisende wie wir.
Joseph: Dort gegenüber ist die Herberge. Ich werde mal fragen. Du kannst hier auf mich warten und dich ausruhen. Ich komme gleich zurück.
(Joseph klopft an eine Tür, der Wirt öffnet)
Joseph: Der Friede sei mit Euch!
Wirt: Und mit Euch der Frieden. Was wünscht Ihr?
Joseph: Meine Frau braucht dringend einen Platz, wo sie sich ausruhen kann. Die Reise war mühsam und Ihre Zeit ist nah.
Wirt: Was meinst Du damit, ihre Zeit ist nah?
Joseph: Hast Du sie nicht gesehen? Sie wird bald ein Kind gebären.
Wirt: Wie? Meinst du etwa, das kann bei mir passieren? Du hast sie wohl nicht alle, was? Ich habe schon genügend Probleme im Kopf und viel zu tun. Siehst Du nicht, dass mein Haus voll ist? Außerdem, auch wenn ich wollte, könnte ich nicht. Es gibt keinen Platz hier. Bezahlen werdet Ihr nicht können, oder?
Joseph: Etwas Geld habe ich noch. Es ist nicht viel, aber es ist alles was ich habe. Meinen Esel kannst Du auch behalten. Ich kann für dich arbeiten. Bitte, lass uns herein. Meine Frau ist so müde, die lange Reise hat sie fertig gemacht. Habt in Gottes Namen Mitleid mit Ihr. Ich kann ja draußen bleiben, aber gebt Ihr bitte einen Platz zum sich ausruhen.
Wirt: Geh weg! Ich kann Dich nicht mehr hören. Du bist ein Bettler von der schlimmsten Sorte. Geh jetzt oder ich rufe die Soldaten, damit sie dich auspeitschen.
(Joseph geht zögernd zu Maria. Er muss sich eine Träne, die ihm über die Wange rollt, mit der Hand abtrocknen)
Maria: Joseph, was ist, du weinst, warum?
Joseph: Der Wirt will uns nicht hereinlassen und Du bist so erschöpft. (verzweifelt) Was machen wir jetzt?
Maria: Joseph, mach dir bitte meinetwegen keine Sorgen. Bei mir ist alles in bester Ordnung. Ich spüre jetzt nur Freude und Frieden. Ich weiß, dass Er bald kommt. Ich zittere nur vor Freude. Ich weiß, dass es egal ist, wo und wie, Hauptsache, er ist endlich da. Aber wohin könnten wir gehen?
(Maria schaut um sich herum, Ruth kommt näher)
Ruth: Der Friede sei mit Euch.
Maria und Joseph: Und mit Dir der Frieden.
Ruth: Seid Ihr Fremde in der Stadt?
Joseph: Ja, gerade angekommen. Weder Haus noch Freunde haben wir hier. Es gibt nirgendwo einen Platz für uns, und meine Frau braucht dringend Ruhe.
Ruth: Ja, das merke ich schon. Ich habe alles vorhin in der Herberge mit angehört. Ich bin nämlich die Magd dort. Als Lohn für meine Arbeit bekomme ich etwas zum Essen, aber mir macht das nichts aus. Ich bin es schon gewöhnt. Nur, dass er, der Wirt, so grob und böse zu Euch gewesen ist, hat mich seltsam berührt. Ich habe Euch nur einmal gesehen, aber in Eurer Nähe spüre ich, was mir immer gefehlt hat. Deswegen bin ich hier. Ich weiß einen guten Platz für Euch. Seht Ihr den Hügel dort? Oben sind drei Palmen und ein paar Sträucher. Dort, neben den Palmen, ist ein kleiner Stall, der gerade nicht benutzt wird, dort werdet Ihr wenigstens ein Dach über dem Kopf haben. Ich schaue morgen bei Euch vorbei, ja? Hoffentlich geht alles gut.
Joseph: Gelobt sei der Herr. Danke liebe Frau. Du bist uns von Gott geschickt worden.
Maria: Du warst gut zu uns! Der Herr wird es Dir vergelten!
(ein Hirte nähert sich der Gruppe)
Ruth: Thomas, vielleicht könntest du diese Reisenden bis zum Stall dort oben begleiten? Ich muss in die Herberge zurück. Hast Du uns die Milch und die Lämmer geliefert, die wir bestellt hatten?
Thomas: Sag deinem Herrn, dass er von mir in Zukunft nichts mehr kriegen wird. Ich habe alles gehört und musste mich seinetwegen schämen. Wie kann er nur so etwas tun? (zu Maria und Joseph) Hier, diese Milch könnt Ihr haben, vielleicht habt Ihr Durst? Ich werde Euch helfen, ein Feuer zu machen, und mit ein bisschen Brot könntet Ihr schon ein gutes Mahl haben.
Ruth: Thomas, gib mir einen Krug Milch. Ich werde für Euch Butter machen, die bringe ich morgen mit. Aber jetzt muss ich fort. Mein Herr ruft schon nach mir.
Joseph: Auf Widersehen. Gott sei mit Dir.
Thomas: Jetzt geht es bergauf und es ist schon dunkel, aber ich kenne den Weg. Gebt mit Eure Hände. Ich werde Euch führen.
(die drei geben sich die Hände und gehen langsam von der Bühne weg)
II. SZENE
(Jonas und Johannes)
Johannes: (rezitiert langsam fast singend)
Siehe, kommen wird der Herr.
Er wird sein Volk erlösen;
machtvoll schallt sein Ruf.
Wüste und Öde sollen sich freuen,
die Steppe soll jubeln und blühen.
Jonas: Was sagst Du da?
Johannes: Nichts, ich habe ein Lied rezitiert. Das Lied ist so schön. Es ist ein Psalm des Propheten Jesaja.
Jonas: Ich habe jetzt keine Zeit für Lieder. Wo ist Vater? Ich habe Hunger.
Johannes: Da kommt er. Ich höre seine Schritte. Vater! Vater! Du bist endlich da.
Thomas: Der Friede sei mit Euch, meine Söhne. Es ist kalt heute, nicht wahr?
Jonas: Komm ein bisschen näher ans Feuer. Hast Du die Milch und die Lämmer beim Wirt verkauft? Hast Du Geld mitgebracht?
Thomas: Gar nichts habe ich. Mit diesem Wirt werde ich nie mehr Geschäfte machen.
Johannes: Was ist denn passiert, Vater?
Thomas: Ihr wisst, dass er der reichste Mann in der Umgebung ist, nicht wahr? Und dass er ein großes Haus hat. Heute hat er zwei Fremde, die in großer Not waren, nicht hereingelassen. Die Frau, selber fast ein Kind, wird bald Mutter werden. Der Mann war außer sich vor Kummer. Er wollte dem Wirt alles geben, was er bei sich trug. Seinen Esel, seine Sandalen. Sie wollten nur ein Dach über dem Kopf haben. Der Wirt blieb hart. Geschäft ist Geschäft sagte er.
Jonas: Na und?
Thomas: Ich blieb im Schatten. Ich schäme mich, dass ich diesem Wirt nicht meine Meinung gesagt habe, aber ich werde keine Geschäfte mehr mit ihm machen.
Jonas: Und wo ist die Milch, wo sind die Lämmer?
Thomas: Die Lämmer habe ich schon bei den Schafen gelassen. Die Milch habe ich den Reisenden geschenkt.
Jonas: Was, einfach so? Bist du verrückt? Wir haben heute keine Milch für das Abendessen, aber du schenkst diese an zwei fremde Menschen?
Thomas: Jonas, Jonas, sei n...