1. Die selektive Wahrnehmung und ihr Nutzen
Im ersten Kapitel unseres Buches zum Thema Erfolg und Macht des positiven Denkens werden wir uns der „selektiven Wahrnehmung“ und ihrem Nutzen widmen. „Selektive Wahrnehmung“ – Was ist das eigentlich?
Gehen wir die Frage zunächst einmal medizinisch/psychologisch an: Die selektive Wahrnehmung beschreibt ein Phänomen, bei dem wir in unserer Umwelt nur bestimmte (also selektive) Dinge wahrnehmen. Alles beruht auf einem Mechanismus des Gehirns. Anhand erlernter Muster werden Dinge aus der aktiven Wahrnehmung ausgeblendet. Unbewusster Ablauf und die Tatsache, dass das Gehirn immer auf der Suche nach Mustern ist, sind zwei Eigenschaften der selektiven Wahrnehmung. Wir sind jeden Tag, jede Stunde, Minute und Sekunde unzähligen Arten von Reizen ausgesetzt. Das Gehirn wäre mit der Verarbeitung aller Reize überfordert und versucht anhand von bestehenden und bereits abgespeicherten Mustern die einprasselnden Reize zu verarbeiten und zu sortieren. Dabei ist es völlig natürlich, dass ein paar Dinge wegfallen und nicht weiter Beachtung finden. Die Wahrnehmung wird also auf einige wenige Dinge begrenzt und das funktioniert eben immer am besten mit bestehenden Mustern. Hier kann das menschliche Gehirn ganz sicher sein, denn abgespeicherte Muster sorgen für Sicherheit. Sie sind vertraut und als bereits sicher sowie geprüft im Gehirn abgespeichert.
Wer sagt aber nun dem Gehirn, was es wahrnehmen soll und was nicht? Der Mensch steuert das Gehirn durch sein Unterbewusstsein und teilt ihm mit, was für ihn wichtig ist und was nicht. Aufgrund unserer Erfahrungen im Leben, sowohl im Positiven als auch im Negativen, werden die Muster ähnlich wie in einer Lebensbibliothek abgelegt und bei Bedarf hervorgeholt. Nehmen wir jetzt etwas wahr, was uns bereits vertraut und bekannt vorkommt, so kann das Gehirn diese Wahrnehmung leichter aufnehmen als etwas, das uns völlig unbekannt ist oder fremd erscheint. Auch Dinge, die unsere Emotionen ansprechen, werden deutlich besser vom Gehirn aufgenommen und verarbeitet. Wir rufen also bei allem, was wir sehen, hören, fühlen, spüren oder schmecken unsere Lebensbibliothek ab und entscheiden, ob wir diese Wahrnehmung wirklich haben wollen oder ob wir sie gleich als unbedeutend aussortieren können. Sie kennen das Phänomen sicherlich selbst: Sie kaufen sich ein neues Auto in einer Sonderlackierung und plötzlich fahren „ALLE“ genau so ein Auto mit der gleichen Lackierung, obwohl Ihnen der Verkäufer versichert hatte, dass diese Speziallackierung etwas ganz Besonderes sei und nicht oft verkauft werde. Genau hier setzt das Phänomen der selektiven Wahrnehmung ein. In unserem Gehirn ist abgespeichert, dass wir beim Anblick dieser Lackierung in Freude und Entzückung verfallen. Beim Kauf wird Adrenalin ausgeschüttet und wir sind außer uns vor Aufregung. Unser Gehirn sagt: „Abgespeichert unter positiver Wahrnehmung.“ Um sich ein weiteres positives Feedback zu holen, legt es sich jetzt auf die Lauer und hält Ausschau nach ähnlichen Wahrnehmungen. Schon fallen einem ständig die gleichen Autos in eben genau dieser seltenen Lackierung auf. Das bekannte Muster war abgespeichert und unterbewusst teilten wir unserem Gehirn mit: „Gib mir mehr davon. Ich will mich noch einmal freuen!“
Die Wissenschaft unterscheidet drei Arten von selektiver Wahrnehmung:
a. Bahnung (Priming). Die Psychologie besagt, dass sich ein Reiz auf einen vorher abgespeicherten Reiz beziehen kann und ihn entweder genauso stark reizt wie in der Erstsituation oder es sogar nur einer weniger starken Reizung bedarf, um die Nervenbahnen (Synapsen) genauso stark zu reizen wie bei der Erstsituation. Gehen wir nochmals auf die Speziallackierung zurück: Die Erstsituation ist der Kauf des Autos mit dieser tollen und außergewöhnlichen Lackierung. Jetzt haben wir die Synapsen gereizt und das Gehirn begibt sich in seiner Wahrnehmung gezielt auf gleiche Muster. Sehen wir ein Auto, das entweder GENAUSO aussieht oder der Originallackierung zumindest FAST GENAU-SO ähnlich ist, reizen wir die Synapsen erneut und sie sind auch sofort bereit, sich durch die Wahrnehmung reizen zu lassen. Die Synapsen wurden „sensibilisiert“ oder auch „programmiert“ und die selektive Wahrnehmung hilft ihnen, neue Reize ausfindig zu machen, ohne sich dabei auf Unwichtiges zu konzentrieren.
b. Framing (Einrahmen). Die Rahmen unserer Gesellschaft, unserer Umwelt und unserer Erfahrungen erzeugen im Laufe unseres Lebens feste Vorstellungen oder Glaubenssätze. „Nur wer hart arbeitet, hat Erfolg!“ – Wer kennt diesen Spruch nicht aus seiner Kindheit oder Schulzeit? Wir erzeugen einen bestimmten Rahmen, der als festes Muster ebenfalls in unserem Gehirn abgespeichert ist und verbinden damit etwas ganz Bestimmtes. An dieser Stelle wollen wir Ihnen ein einfaches Experiment aus der Werbung aufzeigen: Wir haben zwei Cola-Dosen. Beide sehen gleich aus und haben denselben Inhalt. Auf einer ist das Markenlogo der Coca-Cola Company abgebildet, auf der anderen nicht. Sie ahnen es vielleicht schon? Welche Cola wurde in zahlreichen Tests mit der besseren Note für Geschmack bewertet? – Richtig: Die Dose mit der Aufschrift. Obwohl beide Getränkedosen den gleichen Inhalt hatten. Das Framing funktioniert hier eindeutig als eine Art Programmierung unseres Gehirns. Der abgespeicherte Rahmen sagt uns: „Das Coca-Cola Logo ist drauf, also schmeckt es“. Das gelingt auch in der Gedankenwelt perfekt: Wir sehen eine Spinne und schreien auf. Ein Mensch mit Glatze und Springerstiefel ist sofort ein Nazi und ein älterer Herr mit Hut in einem großen Mercedes fährt natürlich langsam. Sie sehen, das Framing funktioniert bereits von frühester Kindheit an und ist fester Bestandteil unserer Wahrnehmung.
c. Vergleichbare Effekte. Stellen Sie sich vor, Sie sind als Proband/in eingeladen und haben die Aufgabe, zwei Tasten zu bedienen. Immer wenn Sie einen Ton von links hören, drücken Sie die grüne Taste. Kommt der Ton hingegen von rechts, drücken Sie die rote Taste. Ihr Gehirn erkennt nach kürzester Zeit einen vergleichbaren Effekt: Grün = links und Rot = rechts. Gehen wir mit diesem Beispiel in die Praxis: An der Ampel bedeutet ROT stets stehen bleiben und Grün zeigt an, dass wir losgehen oder losfahren können. Rot = Stopp und Grün = Los. Das menschliche Gehirn legte dieses Muster in seinem Speicher ab und versucht seither weitere Wahrnehmungen zu finden, die vergleichbar sind mit dem Abgespeicherten. Es ist sogar in der Lage, noch eine weitere Ebene hinzuzufügen: Rot = Gefahr und Grün = keine Gefahr. Über die vergleichbaren Effekte können wir zwei Dinge zueinander in Bezug bringen und daraus eine Handlung oder ein Gefühl ableiten. Uniform = Sicherheit und Zitrone = sauer.
Kommen wir nun zum Nutzen der selektiven Wahrnehmung. Der wichtigste Vorteil, den wir aus ihr für unseren persönlichen Erfolg ableiten können, ist ganz sicher zuerst einmal die Erkenntnis, dass es die Wahrnehmung und die selektive Wahrnehmung gibt. Wir nehmen jeden Tag nur einen kleinen Teil aller vorhandenen Reize auf und verarbeiten diese Reize. Manche sind sogar unbewusst gesteuert und wir begeben uns gezielt auf die Suche nach ihnen. Andere wiederum sind schon fest in unserem Gehirn gespeichert, ohne dass wir uns dessen wirklich bewusst sind oder einen Grund sehen, die abgespeicherten Muster zu ändern oder zu durchbrechen. Manche Wahrnehmungen sind vorhanden, aber wir wollen sie schlicht und einfach nicht aufnehmen. Zumindest nicht jetzt. Nicht genau in dieser Situation. Und manche Wahrnehmungen entsprechen schlichtweg nicht der Wahrnehmung. Wir haben nur etwas auf die Wahrnehmung projiziert oder projiziert bekommen. (Coca-Cola = lecker, Rot = Stopp).
Ein tiefer Nutzen der selektiven Wahrnehmung entsteht immer dann, wenn der Mensch sich dessen bewusst ist UND sein Verhalten ändern kann. Ja, genau! Veränderung ist möglich. Die abgespeicherten Muster sind nicht in Stein gemeißelt. Sie sind zwar fest abgelegt in unserer Lebensbibliothek und wir greifen immer wieder gewohnt auf sie zurück, aber sie gelten als VERÄNDER-BAR. Der Nutzen liegt also in dem riesigen Potential, das uns eine veränderte Wahrnehmung im Leben bieten kann. In jedem einzelnen Punkt unseres Lebens erschließt sich ein riesengroßes und bisher nicht genutztes Potential und wir sollten es für eine positive Veränderung in unserem Leben und für mehr Erfolg nutzen.
2. Wie wir uns selbst wahrnehmen und was unsere Eltern damit zu tun haben
Bestimmt ist Ihnen das auch schon passiert: Jemand erzählt Ihnen etwas über Sie und Sie wundern sich, warum Sie so und nicht anders wahrgenommen wurden. Sie können sich gar nicht erklären, wie es zur Abweichung zwischen eigener Wahrnehmung und Wahrnehmung durch andere kommt? Denn Sie selbst sind sich ja eigentlich sicher, wie Sie von anderen wahrgenommen werden. Eben genau so, wie Sie ja auch sind! Da liegt aber ein ganz fataler Fehler in unserer Gedankenwelt. Eine wichtige Präsentation vor den höchsten Chefs in der Firma steht an und Sie sind sehr nervös und angespannt. Während des Vortrages müssen Sie sich mehrfach räuspern, kurz etwas trinken und Sie merken, wie Ihre Stimme immer wieder kurz zittrig wird. Nach der Präsentation ruft Sie Ihr Abteilungsleiter zu sich und gratuliert Ihnen zu Ihrem wirklich gelungenen Vortrag. Er fügt noch hinzu, dass man Ihnen Ihre Aufregung gar nicht angemerkt habe und Sie den Vortrag flüssig sowie sauber vorgetragen haben. So unterschiedlich kann die Eigenwahrnehmung im Vergleich zur Fremdwahrnehmung sein. Dies ist kein Einzelfall, sondern Alltag in unserem Leben. Ständig prallen zwei Welten aufeinander, die häufig übereinstimmen und mindestens genauso oft eben nicht. Die Selbstwahrnehmung bildet zusammen mit der Selbstbeobachtung die Basis für unser Selbstbewusstsein. Die Selbstwahrnehmung weicht ganz oft von der Fremdwahrnehmung ab. Unser Selbstbild setzt sich wiederum aus dem Selbs...