Alexander und Aristoteles
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Alexander und Aristoteles

Eine späte Begegnung

  1. 108 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Alexander und Aristoteles

Eine späte Begegnung

Über dieses Buch

Alexander der Große (so wurde er später von der Nachwelt benannt) war drei Jahre lang ein Schüler von Aristoteles.In diesem Buch findet eine fiktive Wiederbegegnung in Babylon, ca 4 Wochen vor dem Tod Alexanders, statt.Alexander berichtet darin von seinen Schlachten und seinem Feldzug nach Osten, der ihn bis nach Indien führte.Eine gewaltige Leistung für das Heer und für ihn als Führerpersönlichkeit im relativ jugendlichen Alter.Aristoteles nimmt dabei die Rolle des philosophischen Zuhörers oder Interviewers ein, der die Entscheidungen und Pläne aus seiner Sicht zum Teil kritisch hinterfragt.Im Buch soll die Person Alexanders aus seiner Sicht geschildert werden, dass der Leser sich in ihn hineindenken kann. So ähnlich ist es in einem meiner früheren Bücher erfolgt, als es um Echnaton und Nofretete ging (Tagebücher vom Nil)

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Information

Jahr
2015
ISBN drucken
9783738632255
eBook-ISBN:
9783739294728

Der Zug nach Osten und Indien

„Jetzt wird es ein wenig bunt, denn die nächsten Jahre sind voller Ereignisse. Trotz deiner allseits bekannten Liebe zum Detail, will ich es etwas raffen, sonst findet uns der frühe Morgen hier noch beim Gespräch. Bessos war weit voraus und eine schnelle Verfolgung schied aus. Nach einer kurzen Rast zogen wir weiter nach Osten durch das Elburs-Gebirge. Es galt einige aufsässige Stämme zu unterwerfen, daher teilte ich das Heer in drei Teile auf. In Zadrakarta, der Hauptstadt Hyrkaniens trafen wir wieder zusammen. Innerhalb fruchtbarer Landschaften stiessen wir auf ein grosses Meer, das kaspische oder hyrkanische Meer. Mir schien es so gross wie das Schwarze Meer. Meine mitgereisten Geografen glaubten an eine nördliche Ausbuchtung des Okeanos. Erstmals hatte ich das Gefühl, am Rande der Welt zu stehen. Später, nach Abschluss dieses Feldzuges nach Osten, sollte dieses Meer näher erkundet werden.“
„Ich bin wieder einmal neugierig. Du weisst, wie du eben erwähntest, dass unsere tapferen Seefahrer den Weg bis an die Säulen des Herakles gewagt haben. Dahinter umfliesst nach meiner Ansicht der Okeanos die gesamte Welt. Zieht man also weiter in Richtung der aufgehenden Sonne so müsste man auf dieser Seite der Welt irgendwo wiederum auf den Okeanos stossen. Konntest du auf deinem Zug nach Osten eine Bestätigung dieser meiner These finden?“
„Bislang kann ich dir keine präzise Antwort auf deine Frage geben. Solange ich nach Osten blickte, sah ich immer nur Land und kein Wasser. Aber wir zogen ja weiter. Meine Kundschafter und persische Krieger hatten mir berichtet, dass der Weg weiter durch unwirtliche Gegenden wie Steppen und Wüsten führte. Also liess ich bei der Truppe alles Überflüssige verbrennen. In der Tat, es war nicht einfach, bis nach Susia (Anm. des Autors: in der Nähe der heutigen Stadt Meschad) zu gelangen. Hier erreichte mich eine enttäuschende Nachricht. Der Satrap Satibarzanes war nach dem Tod Dareios’ geflohen, dann liess er seine Unterwerfung melden, hatte es sich aber inzwischen anders überlegt und rief zum Widerstand gegen mich auf. Ich musste meine Pläne, weiter nach Osten zu ziehen, ändern und zog nach Süden nach Artakoana. Erst als unter einigen Schwierigkeiten der treulose Satibarzanes, der sich mit Bessos vereinigen wollte, besiegt und gefallen war, konnte ich meinen Vormarsch nach Nordosten nach Baktrien fortsetzen, um den feigen Mörder Bessos oder Artaxerxes, wie er sich jetzt nannte, zu bestrafen.“
„In Athen wurden Gerüchte kolportiert, dass es nach dem Tod des Dareios zu Unstimmigkeiten mit deinen treuen Makedonen kam. Ist daran etwas Wahres oder sind es nur Boshaftigkeiten deiner Feinde?“
„So ganz Unrecht hast du nicht. Ich stand vor grossen Problemen. Zu meinen Soldaten gehörten ja nunmehr nicht nur Makedonen und Griechen, sondern viele Perser. Daher musste ich Konzessionen an ihre Vorstellungen und Eigenarten machen um sie für mich und meine Pläne zu gewinnen, was den Makedonen weniger gefiel. Als König der Perser, wie sie mich nun wahrnahmen, konnte ich nicht umhin, einige ihrer gewohnten Gebräuche zu übernehmen. Gut, das Anlegen persischer Tracht und das Tragen des königlichen Stirnbandes haben sie noch toleriert, die meisten zumindest. Es gab jedoch einen Brauch am persischen Königshof, die sogenannte Proskynese, bei der sämtliche Würdenträger zeremoniell vor dem König zu Füssen auf die Knie fallen mussten ohne ihm aber ins Gesicht zu blicken. Für die Perser war das eine seit Generationen ausgeübte Selbstverständlichkeit. Makedonen hingegen sahen solche Gewohnheiten, sollten sie zur Pflicht werden, als Beschneidung ihrer freiheitlichen Gefühle. Mir wurde hinterbracht, dass sich Murren und Empörung unter den führenden Makedonen ausbreiteten, die sich selbst durch grosszügige Geschenke nicht beruhigten. Es gab sgar Pläne, so berichtete man mir, mich aus dem Weg zu räumen. Meinem langjährigen Gefährten Philotas, einem oft herrisch und selbstüberzogenem Mann, dem Sohn Parmenions, kamen diese Gerüchte zu Ohren. Obwohl er mich einige Male darüber unter vier Augen hätte informieren können, zog er es vor zu schweigen. Musste ich daher nicht annehmen, er stehe auf der Seite der Verschwörer? War er selbst an einem Mord an mir interessiert? Er als einer der führenden Köpfe meines Heeres? Die Heeresversammlung entschied auf gemeinsten Verrat. Philotas wurde hingerichtet.“
Aristoteles wurde nachdenklich.
„Wie fühlt man sich, wenn man lange einem anderen Menschen vertraut und dann auf diese Weise schmählich hintergangen wird?“
„Erst einmal ganz unwohl. Schon lange hatte ich das Gefühl, dass er gegen mich intrigiert. Aber Verrat in meinen Reihen konnte und durfte ich nicht dulden. Trug ich nicht die Verantwortung für Tausende von Soldaten, für den ganzen Tross, der uns überall begleitete, für die Ärzte, Künstler und Philosophen? So ein Heer ist ein ziemlich kompliziertes Gebilde, in dem jedes Rädchen in ein anderes greifen muss. Ohne überheblich sein zu wollen, wohl niemand ausser mir wäre in der Lage gewesen, dem ganzen einen Zusammenhalt, ein Zugehörigkeitsgefühl zu bieten. Hephaistion hat mir das immer wieder bestätigt.“
„Hattest du jetzt nicht Angst davor, dass sein Vater Parmenion, der in Ekbatana für den Nachschub und die Verwaltung des persischen Stammgebietes zuständig war, dir in den Rücken fallen würde?“
„Auch Parmenion hatte, wie mir erzählt wurde, oft gegen mich Stimmung gemacht. Aber auf Grund seiner langjährigen Zugehörigkeit habe ich darüber hinweg gesehen. Nun aber war drohte von seiner Seite Gefahr. Die einzige Möglichkeit war, ihn aus dem Weg zu schaffen, bevor die Kunde des Todes seines Sohnes zu ihm gelangte. So schickte ich drei Abgesandte auf Rennkamelen in Begleitung von zwei Arabern nach Ekbatana mit dem schriftlichen Befehl, Parmenion möglichst unauffällig umzubringen. Nach einem Gewaltritt von zehn Tagen erreichten sie Ekbatana und führten meine Order sofort aus.“
Aristoteles schwieg eine ganze Weile. Nach seinen philosophischen Grundsätzen sollte zwar der Tüchtigste über die anderen erhoben sein, einen Mord aber hatte er nie propagiert oder in sein Gedankengebilde eingebaut.
Rhoxane betrat den Raum und durchbrach damit die peinliche Lage.
„Denke daran, dass du dich mit Seleukos, Ptolemaios und Nearchos zur Abstimmung des weiteren Vormarsches des Heeres treffen wolltest?“
„Das habe ich fast vergessen. Richte ihnen aus, sie mögen sich schon mal Gedanken machen und sie mir nachher vortragen. Bedenke, Aristoteles wird uns morgen wieder verlassen und die anderen sind noch länger bei mir.“
Wieder etwas verstimmt verliess Rhoxane den Raum.
„Wie haben die anderen Heerführer darauf reagiert?“ versuchte Aristoteles den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen.
„Die meisten waren etwas eingeschüchtert und wagten nicht mehr gegen meine Pläne zu opponieren. Nur bei Kleitos und Kallisthenes verspürte ich einen gewissen Widerstand. Gerade mit Kallisthenes musste ich noch mal ein ernsthaftes Wort reden, damit er diese Hinrichtung von Philotas in seiner Reisebeschreibung richtig darstellt. Lass mich doch diese unschöne Episode abschliessen, denn nun kommt eine der schwierigsten Strecken auf unserem Weg nach Nordosten. Wir mussten ein hohes Gebirge (Anm.: den Hindukusch) überqueren. Der tiefe Schnee, die Kälte und die Höhe machten uns schwer zu schaffen. Vierzehn Tage härtester Strapazen haben meine Soldaten ertragen. Viele der Altgedienten litten besonders unter der ungewohnten Höhe. Immer wieder galt es, ihnen Mut zuzusprechen, sie zum Durchhalten zu motivieren. Auch die Pferde der Reitertruppe litten unter den schwierigen Bedingungen. Sogar mein tapferer Bukephalos kam wohl an seine Grenzen.“
Die alte Frage nach dem Ende der Welt brannte Aristoteles noch immer auf der Zunge.
„Und jetzt? Konntet ihr von den Höhen des Gebirges den Okeanos sehen?“
„Ich muss dich wieder enttäuschen. Nichts davon! Nur Weite bis zum Horizont! Aber kein Wasser! Und irgendwo dort draussen lauerte der Mörder des Dareios auf uns. Bessos hatte sich nach Baktrien und weiter in die Satrapie Sogdiane zurückgezogen. Bei dieser Verfolgung mussten wir wieder unwirtliche Wüsten durchqueren. Es ging langsam voran. Immer wieder liess ich mich zurückfallen um zu warten, bis die letzten Nachzügler eingetroffen waren. Das liess bei vielen die eintretende Mutlosigkeit aufhellen. Inzwischen wurde Bessos von seinen engsten Mitarbeitern wegen Erfolgslosigkeit gefangen gesetzt und an uns nach Baktra ausgeliefert. Die Perser stimmten für eine grausame Bestrafung. Man liess ihm Ohren und Nase abschneiden und schickte ihn gefesselt nach Ekbatana zurück. Unter härtesten Qualen wurde er dort hingerichtet.“
„Nun war ja der letzte Widersacher aus der Welt, der dir den Königsthron hätte streitig machen können. War jetzt dein Ehrgeiz befriedigt und die Zeit zur Umkehr gekommen?“
„Du stellst immer Fragen, die mir das Gefühl geben, so hättest du an meiner Stelle gehandelt. Bedenke aber, ohne dir nahe treten zu wollen, jenseits von Logik und Analytik gibt es im Menschen noch Impulse, die ihn diese Aspekte der Vernunft verdrängen lassen. Noch war ich nicht an die Grenzen des persischen Grossreiches gelangt. Doch hier in der Satrapie Sogdiane zeigte sich unerwarteter Widerstand, den wir überwinden mussten. Bei der Erstürmung einer Festung traf mich ein Pfeilschuss am Bein, der mich zu einer kurzen Pause in Markanda (Anm.: dem heutigen Samarakand) zwang. Von da aus erreichten wir Kyropolis, der vom ersten König der Achaimeniden errricheten Grenzstadt.“
„Könntest du dir vorstellen, dass dieser Pfeilschuss dir ein Signal der Götter sein sollte, ein weiteres Fortziehen zu überdenken? Bislang waren dir Ares, Apollo, Dionysos und wohl auch Zeus wohlgesinnt. Doch diese Götter sind oft wankelnder Gesinnung. Vor allem, wenn Sterbliche ihnen zur Konkurrenz werden können.“
Alexander liess sich mit der Antwort ein wenig Zeit. Aristoteles hatte wohl mit seiner Frage ein Thema angestossen, dass ihn manchmal nachts, wenn sein Schlaf unruhig war, beschäftigte.
„Ich kann deine Gedanken nachvollziehen. Doch immer versuche ich den Göttern durch Opfer und Spiele zu zeigen, dass ich mir all meine Wege und Erfolge ohne ihre Hilfe und Gunst nicht vorstellen kann. Ich hoffe, dass sie mir weiterhin zur Seite stehen werden.“
„Kann ich daraus auf ein weiteres Vordringen nach Osten schliessen?“
„Habe ich dir nicht bereits am Beginn unseres Gespräches über den mir innewohnenden Drang nach Neuem und Unbekannten berichtet. Dieses Gefühl wurde in mir wieder übermächtig. Ich wollte weiter bis an die Grenzen der Welt. Es galt nur, meinen Heerführern und der Truppe diesen Gedanken schmackhaft zu machen. Viele hatten ihre Heimat und ihre Familien lange nicht mehr zu Gesicht bekommen. Hier an den Grenzen des persischen Reiches lebte ein kriegerisches Reitervolk, die Skythen, die es verstanden hatten, den Persern zu trotzen. Als Schutz gegen diese Völker hatten die Perser sieben befestigte Städte errichten lassen. Es schien mir geraten, nicht in deren Gebiete, die nach Aussagen persischer Händler endlos sein sollten, einzudringen. Ich hatte mich jedoch in der Haltung der Baktrer und Sogder verschätzt. Sie glaubten, nach dem Tod Dareios’ vom persischen Joch befreit zu sein. Nun fürchteten sie durch unser Heer einen neuen Besetzer. Einer der Auslieferer des Bessos, mit Namen Spitamenes, setzte sich an die Spitze der Freiheitskämpfer, wie er es nannte. Erste Opfer waren die makedonischen Besatzungen, die ich zur Sicherheit in all den eroberten Städten zurückgelassen hatte. Gnadenlos wurden sie samt und sonders ermordet. Das war das Signal für mich, für Ordnung in diesem Gebiet zu sorgen. Die meisten Städte wurden im Sturm genommen, sämtliche Männer mussten mit dem Tod büssen. Die Frauen übergab ich meinen Soldaten. Es war ein grausames Handeln, aber sie hatten es nicht anders verdient. Krateros belagerte bereits die grösste Stadt Kyropolis, ich stiess mit meinem Heer hinzu. Bei der stürmischen Eroberung wurde ich am Hals verletzt, eine Verletzung, die mir eine Ruhephase gebot.“
„Ich bewundere deinen Mut, stets an der Seite, ja an der Spitze deiner Männer an den Kampfhandlungen teilzunehmen. Ist es nicht eine Versuchung des Wohlwollens der Götter? Geböte es nicht deine Sicherheit, aus gehöriger Distanz das Geschehen zu beurteilen und demzufolge nach Betrachtung der Gegebenheiten seine Schlüsse zu ziehen?“
Alexander lachte. So eine Frage konnte nur ein Mann stellen, der nie an einem Feldzug aktiv teilgenommen hatte geschweige denn, je eine Waffe in der Hand gehalten hatte.
„Ich will dir nicht nahe treten, aber zwischen euch Stadtbewohnern, die ihr euch hinter philosophischen Betrachtungen in gesicherten Häusern verschanzt, und den Prinzipien, die hier für die Auseinandersetzungen von Bedeutung sind, liegen Welten. Meine Makedonen und auch inzwischen die ins Heer integrierten Perser sind nur voller Mut und Zuversicht, wenn ich und meine Heerführer in vorderster Front mit ihnen zusammen kämpfen. Da unterscheiden wir uns erheblich von Dareios, der aus sicherem Abstand, umgeben von seiner Leibgarde das Kampfgeschehen beobachtete. In dieser Hinsicht ist und war mein Vater Philipp ein leuchtendes Beispiel. Nur so konnte er Makedonien aus einer Kleinmacht zum Herrscher über Hellas machen.“
„Du kennst mein Prinzip, allen Fragen analytisch nachzugehen. Hast du dir je Gedanken gemacht, wer – sollte dir ein Missgeschick passieren – könnte deine Aufgabe übernehmen oder gar zum König der Makedonen gewählt werden?“
„Wenn und abers kann ich nicht oder nur bedingt gebrauchen. Noch fühle ich mich jung und Gedanken für eine Zeit ohne mich würden mich nur in meinem Tatendrang hemmen. Ich glaube an mich und den Ruf, der mir vorauseilt. Nur allzu oft mussten diejenigen, die an meinem Willen zweifelten, bitter dafür büßen.“
„Diese Kämpfe dort gegen die Aufständischen in dieser Gegend haben sicher einen hohen Blutzoll erfordert.
„Es wird noch dramatischer. Spitamenes war ein gerissener Stratege. In der Nähe von Markanda gelang es ihm durch geschickte Taktik die gesamte, dort stationierte makedonische Truppe zu vernichten. Immer wieder wich er mir und anderen mit seinen skythischen Reitern in die endlosen Steppen aus und versetzte uns eine Reihe von empfindlichen Nadelstichen. Ein wenig breitete sich Unmut und Frust wegen dieser Misserfolge aus.“
„Man sagt in Athen, ihr hättet den Frust ob der vergeblichen Jagd auf Spitamenes und der Misserfolge oft im Wein ertränkt. Und dann – ich weiss, dass du diese Frage nicht gern hören wirst – wie hat sich denn die Geschichte mit Kleitos abgespielt? Ich würde es gern aus deinem Mund vernehmen, dann kann ich mir ein besseres Urteil bilden.“
„Es hätte mich auch verwundert, wenn diese Frage nicht auf deinem Programm gestanden hätte. Dir dürfte eines bekannt sein: Der Wein lockert die Zunge. Dinge, die man nicht zu sagen wagt, kommen dann ans Tageslicht. Kleitos, der unter meinem Vater schon gedient hatte, war schon ein wenig in die Jahre gekommen und ich wollte ihm einen erholsamen Dienst als Satrap anbieten. Das empfand er jedoch als Herabsetzung, so als wäre er für zukünftige Pläne nicht mehr geeignet. Unversehens begann er zu lästern. Ich sei zu überheblich geworden, der Ruhm sei mir zu Kopf gestiegen und ich würde die alten makedonischen Kampfgefährten gegenüber den Persern vernachlässigen. Meine humorvollen Antworten prallten an ihm ab, ja, er wurde immer dreister. Ich hätte wohl vergessen, dass er mir bei der Schlacht am Grannikos das Leben gerettet hatte. Und als Sohn von Amun Re! Das sei wohl ein Witz, damit würde ich meinen eigentlichen Vater Philipp verleugnen! Das konnte ich mir irgendwann vor den versammelten Heerführern nicht mehr bieten lassen. Ich wollte zu meinem Dolch greifen – aber einer der Leibwächter hatte ihn mir schon abgenommen, um Schlimmeres zu verhindern. In diesem Moment glaubte ich an eine Verschwörung gegen mich und dachte zugleich an das schmähliche Ende des Dareios. Voller Ingrimm entriss ich einem der Wächter den Speer und stiess ihn Kleitos in die Brust. Er sank sofort tot zu Boden. Plötzlich war ich völlig nüchtern. Mir wurde deutlich, was ich angerichtet hatte und wollte mich selbst umbringen. Aber die Wachen hinderten mich daran. Man brachte mich in mein Zelt. Zum erstenmal in meinem Leben war ich zutiefst deprimiert und liess niemanden in mein Zelt. Nach drei Tagen war es Hephaistion, der mich bewegte, wieder unter die Soldaten zu treten. Sie warten auf mich, sagte er, ich solle dieses Ereignis vergessen, es sei im Affekt in einer aufgeheizten Stimmung geschehen. Es war eben kein apollinisches Geschehen, hier hat Dionysos mit seinen dunklen Lebensaspekten seinen Anteil am Sosein gefordert. Hephaistion meinte, er hätte ähnlich gehandelt. Der gute Hephaistion, er war eine treue Seele, wie ein Bruder zu mir, ja, mehr noch, er war der beste Freund meines Lebens. Und hast du uns nicht von Sokrates und Platon berichtet, dass Apollon und Dionysos die Welt des Seins aufspannen? Harmonie und Chaos, Leben und Tod, Selbstbeherrschung und Entgleisung. Vielleicht wäre es einmal Stoff für eine Tragödie, wie sie Aischylos, Euripides und Sophokles den Griechen als Abbild des Lebens nahegebracht haben“
Alexander seufzte ein wenig und mehr zu sich als zu Aristoteles flüsterte er: „Ich weiss, diese Tat wird mir später einmal von allen Geschichtss...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Prolog
  3. Einzug Aristoteles’ in Babylon
  4. Die persönliche Begegnung
  5. Über den Marsch nach Osten
  6. Babylon, Susa und Persepolis
  7. Die Verfolgung und Tod des Dareios
  8. Der Zug nach Osten und Indien
  9. Kämpfe in Indien
  10. Aufstand der Soldaten. Entscheidung zur Umkehr
  11. Alexander in Lebensgefahr
  12. An der Mündung des Indus
  13. Die Rückkehr durch die gedrosische Wüste
  14. Der Aufstand der Makedonen
  15. Der Tod Hephaistions
  16. Einzug in Babylon
  17. Abschied
  18. Personen der Handlung
  19. Eigene Reiseerfahrung zu diesem Thema
  20. Literatur
  21. Abbildungen zu dem Thema
  22. Weitere Bücher des Autors
  23. Impressum