Macht euch die Erde untertan
Das Zeitalter des Menschen
Unendlich viele Zufälle haben dazu geführt, dass die Erde während einer Zeitspanne von dreieinhalb Milliarden Jahren voller gefährlicher Experimente der Evolution bewohnbar geblieben ist, um ein Lebewesen zu schaffen, das derart sozial orientiert und intelligent ist wie der Mensch. Es ist bedauerlich, dass dieses hochkomplizierte Wesen gegenwärtig im Begriff ist, seine eigene Lebensgrundlage zu zerstören.
Dennoch hat die Erde im Verlauf der Evolution übergangsweise auch Arten geduldet, die noch viel schädlicher waren als wir. Denken wir nur an die ersten Photosynthese-Organismen, die ein ekliges, giftiges Gas namens Sauerstoff produzierten, das eine unglaubliche Zahl an Arten vernichtete. Aber auch diesen Prozess hat die Natur zu ihren Gunsten zu nutzen gewusst und neue Lebensformen hervorgebracht.
Die Dinosaurier wuchsen innerhalb von 300 Millionen Jahren zu riesigen Monstern heran, um sich in einer unbarmherzigen Naturordnung behaupten zu können. Sie sicherten sich ihre evolutionäre Dominanz durch körperliche Größe und Stärke, nicht aber durch geistiges Wachstum.
Dies änderte sich, als vor 65 Millionen Jahren ein riesiger Asteroid mit der Erde kollidierte und alle auf der Erdoberfläche existierenden Lebewesen vernichtete. Es entstanden riesige Flächenbrände und durch die aufgewirbelten Staubteilchen verdunkelte sich die Atmosphäre. Weil es keine Photosynthese mehr gab, verhungerten die monsterartigen Saurier.
Nur eine kleine Gruppe von Nagern überlebte dieses Horrorszenario in ihren Höhlengängen unterhalb der Erde bei Knollen und Wurzeln. Nachdem sie wieder ihre Tunnelgänge verlassen konnten, erwartete sie eine Welt frei von hungrigen Fleischfressern, denen sie vormals als Nahrung dienten. Somit konnten die kleinen Säugetiere als einzige Individuen einer höheren Tierart das Massensterben überleben und die Oberfläche der Erde besiedeln.
Weil alles auf der Erde von einem unsichtbaren evolutionären Impuls geleitet wird, entwickelten sich die kleinen Nager zu immer höheren Lebensformen in der Natur, die sich ordnungsgemäß gegenseitig fraßen oder gefressen wurden.
Aus dieser Evolutionskette entstand vor etwa 200.000 Jahren der Homo sapiens. Aufgrund seines kleinen, vielfältig einsetzbaren Körpers und seiner Intelligenz erhob er sich zur Krönung der Schöpfung im Angesicht der Sonne. Er nahm die Landoberfläche in Besitz und führte eine Verwandlung der Erde und seines ursprünglichen Lebensraumes herbei.
Lange Zeit lebte der Homo sapiens als Jäger und Sammler. Erst als er sich vor etwa 10.000 Jahren aus seinen steinzeitlichen Strukturen löste, entwickelte er sich zum sesshaften Landwirt und Viehzüchter. Fortan benötigte er nur noch ein überschaubares Areal, auf dem Pflanzen gedeihen und Tiere weiden konnten.
Stand dem Jäger und Sammler einst ein scheinbar unerschöpflich großer Lebensraum zur Verfügung, musste sich der sesshafte Mensch mit zunehmender Populationsdichte an das Leben in Siedlungen anpassen. So entwickelte er sich von einem vormals animalischen zu einem zivilisierten Wesen, während er sich selbst Gesellschaftsordnungen schuf, die ihn neu konditionierten. Auch seine technischen Erfindungen und Hilfsmittel des alltäglichen Lebens wurden zunehmend effizienter und komplizierter in ihrer Anwendung.
In einer völlig veränderten Umwelt, in der die Gesetzmäßigkeiten der ursprünglichen Natur nicht mehr existierten und sich die Ressourcen an Land- und Bodenschätzen zunehmend erschöpften, mussten zwangsläufig Verteilungskämpfe zwischen rivalisierenden Gruppen entstehen. Durch seinen tätigen Eingriff in die Natur veränderte der Mensch zwar seine Lebensbedingungen, aber die biologische Programmierung mit ihren physiologischen und psychischen Grundmustern, die seine Reaktion in Stresssituationen bestimmen, blieb bis auf den heutigen Tag erhalten.
Lebte der Homo sapiens früher in natürlichen Höhlen und in ständiger Angst vor Raubtieren, hat er mittlerweile seinen Wohnort in die künstlichen Höhlen der Städte verlegt, was zu schwerwiegenden Veränderungen geführt hat.
Anfangs waren die wachsenden Städte noch Brutstätten für Krankheiten und Epidemien wie Cholera und Typhus, aber seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Kanalisation eingeführt und das Trinkwasser keimfrei aufgearbeitet. Hinzu kam die Erfindung von Impfstoffen und Antibiotika, die zusammen mit einer besseren Ernährung und Hygiene dafür sorgten, dass die Lebenserwartung ständig anstieg.
Auf clevere Art und Weise hat der Mensch die Natur überlistet. Er domestizierte die verschiedensten, meist essbaren Tierarten und trennte sie von ihrer artgerechten Umgebung. Zudem gewährte er den landwirtschaftlich genutzten Pflanzen vor ihrem Verzehr kein natürliches Existenzrecht, um eine möglichst große Menge ernten zu können.
Etwa 40 % des nicht bedeckten Festlandes dient heute dem Anbau von Nutzpflanzen. Auf großen Plantagen gedeihen Mais, Getreide, Gemüse und Obst als Monokulturen, die durch giftige Pflanzenschutzmittel und Gülle künstlich am Leben gehalten werden. Riesige Wälder werden abgeholzt, was unter anderem Bodenerosionen zur Folge hat. Gleichzeitig führt die Entwaldung dazu, dass zahllosen Tier- und Pflanzenarten der Lebensraum entzogen wird. Gesteinsformationen mit ihren anteiligen Mineralien werden tief aus der Erde geholt und zerkleinert. Aber wer weiß schon, ob sich nicht hinter all den geschundenen organischen und anorganischen Stoffen unsichtbare, spezifisch wahrnehmende Bewusstseinszustände und Gefühle verbergen, die von uns aus Unwissenheit und wirtschaftlichen Interessen völlig ignoriert werden?
Trotz aller negativen Entwicklungen war die Lebenserwartung noch nie so hoch wie heute, was gleichzeitig zur weltweiten Bevölkerungsexplosion beigetragen hat. Die Menschheit hat sich allein in den letzten 50 Jahren verdoppelt und jedes Jahr kommen 80 Millionen hinzu, so viele Menschen, wie in ganz Deutschland leben.
Um die wachsende Weltbevölkerung ernähren zu können, benötigen wir größere Anbauflächen, ein stabiles Klima und viel Wasser, zudem sind geringere Treibhausgasemissionen unbedingt erforderlich. Gegenwärtig ist die Nahrungsmittelerzeugung mit steigender Tendenz aber schon für 30 % der Treibhausgase und 70 % des Süßwasserverbrauches verantwortlich.
Die Zahl der Weltbevölkerung wird nach aktuellen Prognosen erst ab 2070 schrumpfen. Nach neuesten ermunternden Berechnungen wird die Erdbevölkerung mit 13 Milliarden Menschen ihren Zenit überschritten haben. Danach können wir uns also wieder auf eine rückläufige globale Bevölkerungszahl freuen.
Je weiter ein Land in seiner sozioökonomischen Entwicklung zurückbleibt, desto später wird es die maximale Bevölkerungszahl erreichen, wie beispielsweise im südlichen Afrika, wo die Bevölkerung vermutlich auch nach dem weltweit zu erwartenden Wendepunkt im Jahr 2070 noch weiter wachsen wird.
Schwer zu glauben, dass es nach diesem prognostizierten Wendepunkt in einer nicht allzu fernen Zukunft dann noch irgendetwas auf diesem bis in die letzte Ecke ausgeplünderten Planeten zu verteilen geben wird.
Wenn der Mensch schließlich alle natürlichen Ressourcen auf der Erde ausgebeutet haben wird, wird er im letzten Schlussakkord vermutlich seine eigene Vernichtung herbeiführen. Betrachtet man jedoch die gesamte erdgeschichtliche Entwicklung, wird man rückblickend feststellen können, dass »das Zeitalter des Menschen« einer bedeutungslosen Phase gleich einem Wimpernschlag entspricht.
Spurensuche
Weil fast alle Veränderungen durch Menschenhand in dieser Welt etwas Negatives bewirken, hasste ich schon als Kind die vielen baulichen Aktivitäten in meinem persönlichen Umfeld, bedrohten sie doch meinen nahe gelegenen Wald, durch den sich ein Bach schlängelte, in dem viele Fische schwammen. Dieser Wald mit seinen Bäumen, die in den Himmel ragten und auf die man klettern konnte, musste nach meiner Auffassung um jeden Preis vor der Bauwut der Menschen und vor überall wütenden Holzfällern geschützt werden.
Dort hatte ich die Freiheit, mich mit all meinen Sinneswahrnehmungen ungestört spüren zu dürfen. Ich konnte den größten Teil des Tages mit gleichaltrigen Freunden eigenverantwortlich gestalten und mich in der freien Natur am Anblick von Käfern, Libellen, Schmetterlingen, Wildbienen und Hummeln erfreuen. Das war Abenteuer pur, ohne Kindergarten und Erzieherinnen, die meinen Tagesablauf nach pädagogisch wertvollen Vorstellungen für mich gestaltet hätten.
Die zahlreichen Insekten und Käfer sind mittlerweile durch den Einsatz von Pestiziden oder Insektiziden massiv bekämpft und durch die Trockenlegung von Auen ihres natürlichen Lebensraumes beraubt worden. Noch während meiner Zeit als junger Erwachsener, als ich oft in meinem Auto übers Land gefahren bin, war die Windschutzscheibe verschmiert von aufgeklatschten Insekten, die man nur mühsam mit Scheibenwischer und Sprühnebel beseitigen konnte. Heutzutage verunreinigen keine Fliegen oder Falter mehr die Sicht, weil die Landwirte die »schädlichen Insekten« vernichtet haben. Mit den wirbellosen Insekten als Nahrungsgrundlage werden auch die Singvögel, Frösche, Eidechsen und Fledermäuse aussterben, weil der Mensch jeden freien Lebensraum auf der Erde für sich beansprucht.
Zu meiner Kinderzeit war die Welt noch nicht von zahllosen stinkenden und Lärm verursachenden Autos bevölkert, die uns heute eine hohe Mobilität ermöglichen, aber auch einen großen Verlust an Lebensqualität mit sich bringen, denn sie nehmen uns die Luft zum Atmen und berauben uns unseres natürlichen, stressfreien Lebensraumes. Ganz zu schweigen von den Produktionskosten und den Ressourcen, die zum Bau eines Autos benötigt werden.
So werden in den nächsten 40 Jahren voraussichtlich vier Milliarden Autos von den Bändern laufen, für deren Produktion Unmengen an Eisenerz, Kautschuk und Leder von Tierhäuten benötigt werden, die auf Frachtern um die ganze Welt transportiert werden, während ein einziges dieser Schiffe so viele Emissionen freisetzt wie sechs Millionen Automobile.
Weit verstreute Ortschaften, die früher durch Wald und Wiesen voneinander getrennt waren, sind mittlerweile durch große, breite Straßen sowie den Neubau von Wohn-, Gewerbe- und Fabrikgebäuden immer mehr zusammengewachsen. Noch heute werden täglich 75 Hektar Landfläche in Deutschland versiegelt, was in einem Jahr der Fläche des Bodensees entspricht. Immer mehr Boden verschwindet unter einer Schicht aus Asphalt und Beton. Fruchtbarer Boden geht durch Schadstoffeinträge in Form von Spritzmitteln und industriellen Altlasten verloren. Ganze Landschaften haben sich innerhalb der letzten 60 Jahre durch den Konsum- und Urlaubswahn des Menschen verändert und nur das weite Meer zwischen den Kontinenten scheint unberührt geblieben zu sein.
In diesem Zusammenhang kann ich mich noch an den Urlaub mit meinen Eltern an der Nordseeküste gegen Ende der Sechzigerjahre erinnern. Sie schickten mich jeden zweiten Tag zum Hafen, damit ich direkt am Kutter von den Fischern die Seezungen für zehn Pfennig pro Stück und die Scholle für fünf Pfennig pro Stück kaufen konnte. Was der Plastiksack mit den gekochten Krabben kostete, daran kann ich mich nicht mehr erinnern.
Man stelle sich vor: Eine Seezunge für rund fünf Cent pro Stück! Heute wird sie im Handel oder im Restaurant fast gar nicht mehr oder zu astronomischen Preisen angeboten. Fragt man nach der Ursache an der Fischtheke, bekommt man meist nur eine nichtssagende Antwort der Verkäuferin, die mit einem verständnislosen, abfälligen Blick auf eine einsame Miniaturseezunge unter einem Berg von Eiswürfeln verweist. Mit dem Aussterben zahlreicher Tierarten wird auch für den Menschen eine Vielzahl kulinarischer Erlebnisse unwiederbringlich verloren sein.
Wir haben unseren Wohlstand mit der Ausbeutung unserer Erde und der Zerstörung unseres natürlichen Lebensraumes erkauft. Milliarden Menschen in der Dritten Welt werden ebenfalls nach unserem Lebensstandard streben und Wälder abholzen, Kohle und Öl verfeuern und großzügig Dünger und Pestizide in Verbindung mit genmanipulierten Pflanzen einsetzen. Oder sie werden die Möglichkeit wahrnehmen, als Wirtschafts- und Umweltflüchtlinge in die bereits stark überbevölkerten europäischen oder asiatischen Wohlstandsstaaten einzuwandern.
Während die Weltbevölkerung weiter wächst, hat Deutschland eine rückläufige Geburtenrate zu verzeichnen. Der Bevölkerungsrückgang hierzulande könnte aus ökologischer Sicht auch positive Auswirkungen haben, sofern es möglich wäre, nicht mehr benötigte, versiegelte Landschaften in Naturlandschaften zu verwandeln.
Um aber den ökonomischen Schaden abzuwenden, der sich durch den demographischen Wandel zwangsläufig ergeben wird, gewähren wir aus humanitär berechtigten Gründen Wirtschafts-, Kriegs- und Umweltflüchtlingen aus aller Welt den Zugang in unser Land. Die Zuwanderer sollen als Konsumenten und potentielle Arbeitskräfte im Rahmen einer Willkommenskultur die drohenden sozialen Verwerfungen unserer Gesellschaft ausgleichen, gleichzeitig aber auch durch einen Kulturtransfer neue Impulse und Wertvorstellungen vermitteln.
Bei aller Zuversicht und allem Mitgefühl wird jedoch niemand bestreiten können, dass es eine natürliche, zahlenmäßig bislang noch nicht näher definierte Obergrenze bei der Zuwanderung geben muss, um die natürlich vorhandene Assimilationsfähigkeit der Bevölkerung und das Belastungslimit unseres Lebensraumes nicht zu gefährden, der durch den Zustrom vieler Menschen ein Gebiet bis zur Unkenntlichkeit verändern kann.
Deutschland und Japan durchlaufen derzeit eine ähnliche demographische Entwicklung. Seit 2006 schrumpft die Bevölkerungszahl Japans, weil es auch den Japanern bislang nicht gelungen ist, ein positives Bevölkerungswachstum zu generieren. Bemerkenswert bleibt unter diesem Gesichtspunkt aber die Tatsache, dass die japanische Infrastruktur noch nicht zusammengebrochen ist, obwohl es bislang noch keine Zuwanderung gegeben hat und seit 1982 nur 700 Menschen ein Asylstatus gewährt wurde.
Bis zum Jahr 2050 wird in Deutschland ein Bevölkerungsrückgang von 17 % zu erwarten sein. Schon heute gibt es in unserem Land fast 40 % Singlehaushalte. Immer mehr Frauen entscheiden sich aus den unterschiedlichsten Gründen für ein Leben ohne Kinder. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass heutzutage fast jede zweite Frau mit akademischer Vorbildung keine Kinder hat, im Gegensatz zu Frauen ohne oder mit geringfügiger Ausbildung, die durchschnittlich mit einer Quote von 90 % mindestens ein Kind zur Welt gebracht haben.
Die meisten Frauen betrachten die Erziehung von Kindern nicht mehr als ihre vorrangige Lebensaufgabe und möchten sich auch im Beruf verwirklichen können. Darüber hinaus ist es mittlerweile in vielen Familien aus finanziellen Gründen notwendig, dass beide Elternteile einer Beschäftigung nachgehen.
Um Arbeit und Familie vereinbaren zu können, werden die Kinder in Krippen oder Kitas betreut. Studien haben allerdings ergeben, dass die Stressbelastung von Krippenkindern erhöht ist, da ihre Cortisolwerte im Tagesverlauf eine ungünstige Entwicklung aufweisen. Cortisol gilt als wichtigstes Stresshormon und wird in akuten und wiederkehrenden Bela...