I ENDZEITERWARTUNGEN
1 Prophetieverständnisse
Die Revolutionen der letzten Jahrhunderte, angefangen mit der Aufklärung und der französischen Revolution, die industrielle Revolution und der Sozialismus brachten auch für Christen eine Revolution, und zwar im prophetischen Bibelverständnis. Verstand man bisher die Propheten im Geiste des Evangeliums, was gerade jetzt vonnöten war, sollten sie nun nicht mehr für die Kirche gelten, sondern erst zukünftige Erfüllung für Israel haben, und zwar wörtlich. Von den Hinweisen in den Propheten, besonders in Jesaja, auf die Kirche blieb nichts mehr übrig, außer die messianischen Ankündigungen. Betroffen von der radikalen Umdeutung evangelischer Wahrheiten war auch die Offenbarung, die nach dem 6.Kapitel nunmehr ausschließlich auf die Welt und auf Israel gedeutet wurde, natürlich soweit wie möglich buchstäblich. Das verkürzte die Bibel erheblich, für uns als Christen wäre dann ein Viertel der Bibel nicht mehr relevant. Erweckungen, die früher gerade mit der Predigt des prophetischen Wortes stattfanden, sind so nicht mehr möglich.
Die neue prophetische Sicht belebte wieder die Erwartung eines irdischen Reiches, die eigentlich überwunden war. Das hatte noch weitere Konsequenzen. Man war gezwungen, Krieg, Gewalt und Vergeltung, soweit die Propheten und die Offenbarung davon redeten, mit Gottes Plan und Gerechtigkeit zu begründen. Als dann der Staat Israel gegründet wurde, war der Jubel auf christlicher Seite groß. Mit Genugtuung verfolgte man die Erfolge der Israelis im Sinai-Krieg gegen eine Übermacht. Wenn da nicht Gott dahinter stand, Engel sollen erschienen und Wunder geschehen sein, und der gleichen Märchen. Inzwischen ist der Nimbus der Unbesiegbarkeit gewichen, Terroranschläge, gegen die man machtlos ist, erschüttern das „heilige Land“. Was an dem Land heilig sein soll, müsste nach Hesekiel (48) neu vermessen werden, was einen geistlichen Sinn hat. „Machet euch auf und ziehet hin! denn dieses Land ist der Ruheort nicht“ (Mich.2,10).
Ruhe finden die Seelen nur in Jesus (Matth.11,28-30). Darum hätten die Juden keinen eigenen Staat gründen brauchen, zumal er mit viel Blut erkämpft werden musste. Land hätten sie auch in Amerika bekommen können. Nun aber ringsum vom Islam bedroht und von Arabern (Anteil 23% steigend, durch mehr Geburten) mitbestimmt, ist die Zukunft des jüdischen Staates ungewiss. Wie das ausgeht, weiß noch niemand, außer die erleuchteten Israelpropheten, die offenbar der Geist verlassen hat (1.Kön.22,24). Seitdem sich die Aufmerksamkeit der Welt, besonders aus dem Westen auf den Staat Israel richtet, haben wir auch die Aggression des Islam, unter dem früher Juden und Christen leidlich in Frieden leben konnten.
Alle Deutungen des Geschehens in Nahost, die meist neben der Bibel mit der Zeitung in der Hand versucht wurden, sind auch so überholt wie die Zeitung von gestern. Hängengeblieben ist: Das neue weltliche Israel ist das auserwählte Volk Gottes. Was keiner der apostolischen Väter, Kirchenväter und Reformatoren gewusst hat, nicht einmal die großen Erweckungsprediger wie Wesley, Zinzendorf, Finney u.a., wird heute als biblische Wahrheit verkauft, die Paulus untergeschoben wird. Erklärungen des Apostels, dass „alle gesündigt haben und nicht die Herrlichkeit Gottes erreichen“ (Röm.3), scheinen für die Juden nun nicht mehr zu gelten. Vergessen scheint, dass ihnen zuerst das Evangelium verkündigt wurde, anfangend in Jerusalem, sie aber „sich selbst nicht würdig achteten des ewigen Lebens“ (Apg.13,46).
Die Reformatoren wussten wenig oder nichts mit der Israelprophetie und überhaupt mit Prophetie anzufangen. Für sie war klar, was das Israel des neuen Bundes ist. Die Wiederentdeckung des Evangeliums beschäftigte sie vollauf. Es war auch eine andere Zeit, das Christentum war noch anerkannt, die christlichen Werte noch allgemein gültig. Erst im 19.Jahrhundert begann ein entschiedener Angriff auf die christliche Kultur, gegen Kirche und Glauben und insgesamt gegen die Religion. Erschreckt durch die gewaltige soziale und geistige Revolution, die sich verbreitende Evolutionstheorie, den Rationalismus, die Bibelkritik etc. sehen Christen die Endzeit gekommen. Viele versuchen, den Propheten Daniel und die Offenbarung zu deuten, es entstehen neue prophetische Gemeinden und Sekten. Doch „Offenbarungschristen“, wie sie genannt wurden, waren sie offenbar nicht. Spurgeon gab demütig zu, dass er das gesamte Buch der Offenbarung nicht verstehe, es aber von Herzen glaube. Von den Auslegungen und Einlegungen seiner Kollegen hielt er nichts. Er konnte sich nur abfällig über die neuen „Propheten“ äußern: „Euer Rätselraten über die Zahl des Tieres, eure napoleonischen Spekulationen, eure Mutmaßungen über einen persönlichen Antichristen – vergebt mir, aber in meinen Augen sind das Knochen für die Hunde … Es scheint mir der reinste Blödsinn, unablässig über ein Harmagedon in Sedan zu murmeln und zwischen die verschlossenen Seiten des Schicksals zu schielen, um das Schicksal Deutschlands zu enträtseln. Selig sind, die die prophetischen Worte der Offenbarung lesen und hören, doch die gleiche Seligkeit hat augenscheinlich nicht ihre vermeintlichen Ausleger getroffen, denn Generation für Generation wurden sie allein durch den Lauf der Zeit des Irrtums überführt“ (Murray S. →). An anderer Stelle: „Das alte Evangelium, (in dem alles erfüllt ist, was die Propheten verheißen haben), ist nicht ausgestorben und wird nicht aussterben, solange der Herr lebt.“
Was ohne den biblischen Bezug bis heute an wilden und widersprüchlichen Deutungen herauskommt, kann man in den vielen Endzeitbüchern lesen. Hier wird generell mit zweierlei Maß gemessen und das Evangelium nahezu ausgeschaltet. Die einen deuten die Messung in Offb.11 auf die Gemeinde, andere Ausleger auf Israel. Ganz Kluge teilen den 2.Vers in beide auf. Wer hat nun Recht? Die Gemeinde lässt sich mit dem Rohrstab des Wortes Gottes prüfen, aber an dem ungläubigen Israel gibt es nichts zu messen, es würde wie der „Hof“ hinausgeworfen. Wenn aber Israel und Gemeinde ein und dasselbe sind, wie wir nachweisen werden, klärt sich der Widerspruch auf.
Andere meinen, der wiederkommende Jesus würde gegen seine Feinde und die Feinde Israels mit aller Härte vorgehen, sie massenweise plagen, erschlagen, töten – Ströme von Blut der Sünder würden fließen. Karl-Hermann Kaufmann ist überzeugt, dass es für die, die das „Schwert aus dem Munde dessen, der auf dem Pferde sitzt“, treffen wird Offb.19,21) „kein Überleben geben wird, sie werden alle gnadenlos sterben und die Vögel werden ihr Fleisch fressen. Nur ein Teil der Zivilbevölkerung bleibt übrig“ (Zeitruf 2/15).
Zum Glück trifft das Wort Gottes die Menschen heute nicht tödlich, so dass sie nach einer Evangelisation alles Leichen wären. In Pergamus jedenfalls ist das „Schwert aus seinem Munde“ das Wort Gottes (Offb.2,16); und selbst die „Totschlagkeule“, über die sich „Fundamentalisten“ bei den Medien beschweren, ist immer noch das Wort. Leider ist diesen Exegeten nicht bewusst, dass sie sich im vollkommenen Gegensatz zum Geist Jesu befinden und eher Mohammed gleichen. Sie selbst würden nie Gewalt anwenden, weil sie dem Evangelium verpflichtet sind, aber was nicht ist, soll ja noch kommen, wenn Jesus erscheint. Ihr Verständnis und ihre Vorstellungen im prophetischen Wort sind brutal.
Die Welt ist voll Unruhe und Angst, Schulden und Krisen halten die Menschen in Atem, Kriege und Terror erschüttern die Völker. Und dann kommen Evangelisten mit ihrer Vision von der Apokalypse daher und setzen noch eins drauf, was noch schlimmer auf die Menschheit zukommen soll, um die Leute zu bekehren. Darauf reagiert heute keiner mehr. Gottesfurcht, Sündenerkenntnis, Buße bewirken sie damit jedenfalls nicht.
Vertreter der Gewalt- und Angstprophetie verfahren auch mit denen, die eine andere Erkenntnis haben als sie, nicht gerade sanft. So, wie sie es sehen, so ist es, absolut die Wahrheit; alles andere ist Irrlehre, die abgewiesen und ihre Anhänger ausgestoßen werden müssen. Auf eine sachliche Diskussion lassen sie sich erst gar nicht ein. Da gibt es „geisterfüllte“ Prediger, die wissen mit „Babylon“ nichts anzufangen, außer es sich natürlich vorzustellen und ausgraben zu lassen, damit die Offenbarung sich erfüllt. Unverstand! Und völlig abwegig und sinnwidrig, in dem Kriegsheer am Euphrat auf den Iran zu kommen (Offb.9). Was sollten die christlichen Gemeinden in Kleinasien damit anfangen? Zu jener Zeit war wenigstens Babylon noch nicht versunken, Petrus ließ noch daraus grüßen (1.Petr.5,14). Aber heute?
Haarsträubend ist eine Deutung der Siegel, Auslegung kann man es nicht nennen, wie die von Walter Schäble. Seine Kriegs- und Vernichtungsprophetie bezeichnet er als Siegesgeschichte, worin die Öffnung der vier Siegel durch das Lamm Unheil und Grauen ankündigen, das schon begonnen hat. Seine außenpolitische Deutung führt in die Katastrophe, ja sie selbst ist eine Katastrophe. Eine Auslegung, die weltpolitische Dinge und eine unheilvolle Entwicklung (Weltkriege, Rolle der USA und Israel, Globalisierung, Verfolgung, Teuerung, Tod), in den Reitern kommen sieht und verkündigt, kann keine Erbauung für Gottes Volk sein, auch keinen Sünder überführen, sondern bewirkt eine bedrückende Endzeitstimmung.
Spannend wird es erst bei den Ereignissen in der Offenbarung, die sich wörtlich abspielen sollen, wonach die Erde erbebt und die Sterne, auch Saturn und Jupiter, vom Himmel auf die Erde fallen. Wunderlich ist, dass niemand davon getötet wird, kein Haus beschädigt und auch sonst der Weltbetrieb weitergeht. Oder doch? Schäble verkleinert die Sterne zu Kometbrocken, die bis auf einen Überrest Israels und aus den Nationen die Menschen erschlagen. Glücklicherweise wird in diesem Moment die Gemeinde entrückt. Seine Anhänger gingen noch weiter und machten aus Offb.12 einen Fluchtplan aus der Eurozone, dem eine Gruppe folgte und jetzt im Norden festsitzt. Andere aber von ihnen wollen noch durch die „große Trübsal“. Viel Glück! Das Verfolgungsgespenst geht um. Damit schaffen sie sich selbst die Fälle für die Seelsorge.
Die folgende Auslegung jedoch ist bedrohlich: Das Lamm befiehlt seinen Engeln, die Erde, Fische und Schiffe, Trinkwasser, Licht und Gesundheit zu schlagen, so dass der dritte Teil der Menschen stirbt. Vielleicht im Traum oder als Vision. Salafisten haben ähnliche Vorstellungen von Jesu (Isa) Wiederkunft, wenn er den Antichrist vernichtet. Die buchstäbliche Version der Offenbarung hat jedoch auch etwas satirisch Positives, sie vereinigt Juden, Christen und Moslems heute schon; zumindest sind sich die drei „abrahamitischen Religionen“ über das Ende der Ungläubigen einig, wobei jede die Gegenseite für ungläubig hält und umbringen lässt.
Man könnte solche Auslegungen und Deutungen der Prophetie als Scherz abtun, wenn sie nicht Hochverrat am Evangelium wären. Es gibt meines Wissens keine einzige Auslegung der prophetischen Schriften, die sich als wahr erwiesen hat. Es waren sämtlich politische Spekulationen und falsche Prognosen über die Weltsituation, vor allem aber eine völlige Verkennung des Lammes. Überhaupt ist es eine Anmaßung und Vermessenheit, mit der biblischen Prophetie Politik zu treiben. Die Politik soll man den Politikern überlassen, sie ist Sache der Obrigkeit. Ein Christ, zumal ein Diener des Wortes, hat die geistlichen Mächte zu beurteilen, die wiederum der natürliche Mensch nicht verstehen kann.
Franz Stuhlhofer sieht eine ganze Reihe von Parallelen der Zeugen Jehovas zu manchen evangelikalen Endzeitautoren (Das Ende naht, S. →/27). Einige von ihnen sind als religiöse Schwindler offenbar geworden. Sie täuschten prophetische Erkenntnisse vor, weil sie mit anderen mithalten wollten. Mit Daniel und Sacharja wollten sie die Offenbarung enthüllt haben und enthüllten sich nur selber als Scharlachtane. Judas nennt sie „Wolken ohne Wasser, spätherbstliche Bäume, fruchtleer, zweimal erstorben, Irrsterne“ (Jud.19). Millionen haben sie getäuscht, Millionen daran verdient. Man kann die Falschdeutungen mit den ägyptischen Wahrsagern vergleichen (2.Mo. 7 u. 8): Mose und Aaron taten drei Wunder (Schlange, Wasser in Blut, Frösche), diese ahmten die beiden ägyptischen Zauberer, deren Namen wir in 2.Tim.3 erfahren, nach und vermehrten damit das Unglück, anstatt es zu lindern.
Dass die Welt mit solchen Auslegungen nicht zu überzeugen ist, weil zu viele Ungereimtheiten, ist nicht verwunderlich. Die Endzeitpropheten haben geradezu die bösen Geister geweckt, die gerade das verhindert haben, was die Kirchen und Gemeinden wollten: Neu-Missionierung, Erweckung. Man kann beobachten, wie der Erfolg der Evangelisationen mit der Verbreitung der Endzeitbücher in den letzten 40 Jahren rapide zurückging und jetzt fast ganz erstorben ist.
Vielleicht richtet sich der Zorn des Lammes (Offb.6,17) gerade gegen die falschen Propheten, die Seinen Namen missbrauchen und aus dem Lamm wieder den Löwen machen und selbst den Löwen gespielt haben. Doch Gott sei gepriesen! Der Löwe aus dem Stamme Juda ist das Lamm geworden (Offb.5,6). Das Lamm ist immer ein Lamm, „gestern und heute und in Ewigkeit“ derselbe Jesus (Hebr.13,8). Mit der Horrorprophetie kann man die Menschen nicht gewinnen, eher abschrecken. Wer sich trotzdem bekehrt, tut es aus Angst, nicht aber weil sein Gewissen vor Gott erweckt ist. Es ist nicht ratsam, einem Ungläubigen die Bibel ohne Erklärung zu geben, besser nur ein Evangelium. Doch wie will man ihm die Offenbarung erklären? Dies zwingt geradezu zu einer geistlichen Auslegung der Offenbarung, das heißt sie muss mit dem biblischen Wort des Alten und Neuen Testaments ausgelegt werden und praktisch, d.h. moralisch anwendbar sein.
Die evangelikale Prophetie ist zu 99% jüdische Apokalypse. Ihre Erwartung eines irdischen Königs (Weltherrschers) und irdischen Reiches hat Christus ans Kreuz gebracht. Jetzt existiert kein Christus nach dem Fleische mehr und ebenso wenig ein Israel nach dem Fleische (2.Kor.5,15-17). Es blieb dem Evangelikalismus vorbehalten, „den Sohn Gottes für sich selbst zu kreuzigen und ihn (als Gewaltherrscher) zur Schau zu stellen“ (Hebr.6,6). Eigentlich müssten sie Gewalttäter genannt werden, denn ihre Prophetie verherrlicht Gewalt. Möge so eine Buchstaben-Auslegung niemals dem Verfassungsschutz in die Hände kommen.
Der einzige Punkt, was sie richtig sehen, ist die letzte Verantwortung vor Gott: Jeder Mensch wird einmal vor dem großen weißen Thron stehen und Gott Rechenschaft geben müssen über sein Tun, „… sie wurden gerichtet an jeder nach seinen Werken“ (Offb.20,11-15). Mögen sie dann wenigstens den Menschen dieses vorstellen, auch den Gläubigen.
Die Apostel leiten uns an, wie wir die Propheten zu glauben und zu verstehen haben, und zwar im Lichte des Evangeliums. Dieselben reden von der Errettung und Befreiung der Seele, nicht von leiblicher und zeitlicher Befreiung, für eine große Errettung. Die Väter und Söhne Israels, die Glaubenszeugen und Glaubenshelden haben nicht irdische Ziele und Segnungen erwartet, sondern darüber hinaus nach dem Himmlischen und Ewigen ausgeschaut (Hebr.11,9-16), „über welche Errettung Propheten nachsuchten und nachforschten, die von der Gnade gegen euch geweissagt haben“ (1.Petr.1,10). Diese Verheißung, von der hier und im Hebräerbrief die Rede ist, ist die Errettung der Seele, „da Gott für uns etwas Besseres vorgesehen hat, auf daß sie (die altt.Gläubigen), nicht ohne uns vollkommen gemacht würden“ (Hebr.10,39; 11,1). Das Verlangen des Herzens nach Seelenerrettung ist der Schlüssel zum Verständnis der Offenbarung. Handelt es sich um die Seele, dann sind Gesetz und Propheten geistlich zu verstehen, wozu uns Paulus reichlich Anleitung gibt. Damit sind wir auch wieder beim Evangelium und bei der Lehre Jesu und der Apostel. Anhänger und Vertreter der fundamentalistischen Prophetie müssten ihre überkommene Sichtweise hinterfragen. Sie sollten bedenken, dass wir im neuen Bund leben, der seit dem Kreuz für die Juden zuerst und für alle Menschen und alle Zeiten gilt; es ist ein ewiger Bund (Hebr.8,10; 2.Kor.3,6), der nach einer geistlichen Anwendung verlangt und für ein geistliches Leben gestiftet ist. „Indem er sagt: ‚einen neuen‘, hat er den ersten alt gemacht; was aber alt wird und veraltet, ist dem Verschwinden nahe“ (Hebr.8,13).
2 Der Dispensationalismus
2.1 Christlich-zionistische Irrtümer
Mit dem im 19.Jahrhundert aufkommenden Zionismus als einer politischen und sozialen Bewegung verbanden auch Christen prophetische Verheißungen mit Israel. Da Gemeinde und Judentum mit ihren unterschiedlichen Zielen nicht nebeneinander laufen konnten, ordnete man beide zwei verschiedenen Heilsveranstaltungen zu: Dem Zeitalter der Gemeinde sollte nach der Entrückung das jüdische Millennium folgen. Das bedeutete auch, dass der Kirche, die sich bis dahin als das geistliche Israel verstand, diese Identität streitig gemacht wurde. Der Gegensatz Kirche – Israel war geboren. Die Propheten hatten nun keine Bedeutung mehr für die Gemeinde Christi, alle Verheißungen galten jetzt dem jüdischen Volk. Das waren damals die Vorstellungen christlicher Zionisten, die sich mit dem religiösen jüdischen Nationalismus deckten, der eine Rückkehr in „das Land der Väter“ und Errichtung eines jüdischen Staates forderte.
Gewiss wollte man nichts mit den militanten Zionisten zu tun haben, stand man doch himmelweit über dem „irdischen Volk Gottes“. Doch unbemerkt war ein christlicher Zionismus geboren, der weitere Kinder gebar. So erfanden zionistisch angehauchte christliche Bibellehrer weitere zum Zionismus passende Auslegungsmodelle, zum Beispiel das Modell der „Haushaltungen“, später Dispensationalismus genannt, eine moderne Form des Judaismus, den John Nelson Darby (1800-1880), ein ehemaliger anglikanischer Priester in England begründet hat.
Unter „Dispensationalismus“ versteht man die Lehre von den Heilsepochen oder Heilshaushaltungen im Gegensatz zur überlieferten Reichslehre der Kirche. „Dispensation“ ist die lateinisch-englische Übersetzung...